Geburtshilfe Frauenheilkd 1982; 42(7): 554-557
DOI: 10.1055/s-2008-1036918
Gynäkologie

© 1982 Georg Thieme Verlag Stuttgart · New York

Zur Sterilisation von geistig behinderten Frauen*

Sterilization of Mentally Retarded WomenW. Heidenreich, P. Petersen, J. Schneider
  • Frauenklinik der Medizinischen Hochschule Hannover (Direktoren: Prof. Dr. med. J. Schneider, Prof. Dr. med. A. Majewski)
  • und Arbeitsbereich Psychotherapie der Medizinischen Hochschule Hannover (Leiter: Prof. Dr. med. P. Petersen)
* Für die Durchsicht des Manuskriptes danken die Verfasser Herrn Prof. Dr. jur. Dr. med. R. Wille, Sexualmedizinische Forschungsstelle der Christian-Albrechts-Universität Kiel.
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Publikationsverlauf

Publikationsdatum:
19. März 2008 (online)

Zusammenfassung

An der Frauenklinik der Medizinischen Hochschule Hannover wurden in der Zeit vom 1.6.74 bis 1.6.81 sieben geistig behinderte weibliche Personen sterilisiert, wobei die Entscheidung zur Operation nach reiflicher Überlegung vom Direktor der Klinik persönlich getroffen wurde. In jedem Fall lagen ausführliche Gutachten und Verlaufsbeobachtungen vor, nach denen eine Besserung der Behinderung ausgeschlossen, eine Sterilisation jedoch äußerst wünschenswert erschien.

Trotz schwerwiegender Vorbehalte kann im Ausnahmefall die Sterilisation einer geistig Behinderten ärztlich und ethisch gerechtfertigt sein. Unter folgenden Voraussetzungen erscheint der Eingriff möglich: Die Sterilisation darf nur dann vorgenommen werden, wenn die Betroffene sie nicht erkennbar ablehnt; Diagnose und Prognose der Behinderung müssen zweifelsfrei feststehen; kann die Betroffene die Tragweite des Eingriffs nicht beurteilen, muß der gesetzliche Vertreter für sie entscheiden. In diesen Fällen sollte das Vormundschaftsgericht zustimmen. - Rechtstheoretisch ist allerdings die Frage der Ersatzeinwilligung (durch Vormund) noch nicht hinreichend geklärt.

Abstract

Seven mentally retarded women were sterilized in the Department of Obstetrics and Gynaecology of Medical School Hannover between 1.6.74 and 1.6.81. The decision to operate proceeded only after careful consideration by the director of the clinic. Each case was documented with proof that improvement of the mental situation was unprobable and that sterilization seemed highly desirable. In spite of strong reservation the sterilization of a mentally retarded may medically and ethically be justified in exceptional cases. The operation seems possible by the following: The sterilization may only be performed if the patient does not obviously refuse it. Diagnosis and prognosis of the mental handicap must undoubtedly be proven. If the patient cannot judge the consequence of the operation the legal guardian must decide for her. The court must consent in these cases. Regarding legal theory the decision by the guardian is an open question.