Geburtshilfe Frauenheilkd 1982; 42(3): 226-230
DOI: 10.1055/s-2008-1037268
Gynäkologie

© 1982 Georg Thieme Verlag Stuttgart · New York

Rechtliche Zulässigkeit der Sterilisation (dauernde Empfängnisverhütung)

The Law and Sterilization or Permanent ContraceptionG. Brenner
  • Generalsekretär d. Akademie d. Wissenschaften u. d. Literatur Geschwister-Scholl-Straße 2, 6500 Mainz 1
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Publication Date:
19 March 2008 (online)

Zusammenfassung

Mehrere Urteile des Bundesgerichtshofs befassen sich in den beiden letzten Jahren erneut mit Fragen der ärztlichen Durchführung von Sterilisationen. Diesen höchstrichterlichen Entscheidungen kommt deshalb grundlegende Bedeutung zu, weil eine gesetzliche Regelung fehlt. Unter Zugrundelegung der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs ergibt sich für den Arzt folgendes.

Da es sich bei der Sterilisation um keine dringlichen ärztlichen Maßnahmen handelt, hat der Arzt den zu Behandelnden umfassend aufzuklären. Die Aufklärung erstreckt sich auch auf die möglichen Mißerfolgsquoten einer Sterilisation trotz ordnungsgemäßer Durchführung des Eingriffs.

Trotz Einwilligung des zu Behandelnden darf der Arzt keine Sterilisation vornehmen, die mit den guten Sitten nicht im Einklang steht. Hiervon ausgehend unterliegen Sterilisationen aus sozialen Gründen oder aus Gründen der Gefälligkeit rechtlichen Einschränkungen.

Mangels einer gesetzlichen Regelung ist eine Zwangssterilisation eines Patienten rechtlich unzulässig.

Ist ein Arzt für eine mißlungene Sterilisation aufgrund eines Behandlungsfehlers verantwortlich, stehen dem Patienten bzw. seinem Ehepartner Schadenersatzansprüche zu, sofern die vorgenommene Sterilisation wenigstens auch durch Gründe einer Familienplanung motiviert war. In diesem Zusammenhang ist es für den liquidationsberechtigten Arzt von Bedeutung, daß die von ihm abgeschlossene Berufshaftpflichtversicherung in der Regel diese Vermögensschäden nicht deckt.

Die Rechtsordnung verpflichtet selbst in den Fällen einer Sterilisation aus medizinischen Gründen den Arzt nicht, eine Sterilisation vorzunehmen.

Abstract

Several decisions of the Federal Supreme Court during the past two years judged questions of the admissibility of sterilizations by physicians. These decisions of the supreme court are fundamentally important since there is no statutory regulation. Based on the decisions of the supreme court the physician must know the following. Sterilization is not an urgent medical procedure. The physician is therefore obliged to provide comprehensive Information to the patient. The provided information must include the possible failure rate of sterilization despite the competent operation by the physician.

Even with the consent of the patient the physician may not proceed with a sterilization which is not in keeping with good morals. Therefore sterilizations for social indications or for convenience are limited.

Since statutory regulations are not in existence the forcible sterilization of a patient is unlawful.

If a physician is liable for a failed sterilization because of an error in treatment then the patient or his marital partner may sue for damages when the sterilization was at least partially motivated by family planning. The physician must know that the lability insurance does not usually include these damages.

The law does not oblige a physician to carry out a sterilization even for medical indications.