Z Orthop Unfall 2008; 146(4): 510-519
DOI: 10.1055/s-2008-1038702
Infektionen

© Georg Thieme Verlag KG Stuttgart · New York

Die bakterielle und abakterielle Osteitis des Beckens: Manifestations- und Therapieformen

Pelvic Osseous Infections: Clinical Outcome and Surgical TreatmentO. Weber1 , S. Gravius1 , S. Henkel1 , P. Berdel1 , C. Burger1 , D. C. Wirtz1
  • 1Klinik und Poliklinik für Orthopädie und Unfallchirurgie, Universitätsklinikum Bonn
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Publication Date:
14 August 2008 (online)

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Zusammenfassung

Hintergrund: Ossäre Beckeninfekte können als bakterielle Entzündungen, aber auch als sterile Veränderungen auftreten. Neben der exogenen Keiminokkulation, gibt es die hämatogene bakterielle Absiedelung in die Beckenstrukturen. Daneben existiert noch die Möglichkeit der Infektausbreitung per continuitatem. Dagegen wird die abakterielle Entzündung als Folge von periostalen Mikrotraumen oder lokaler ossärer Minderperfusion angesehen. Bei Beteiligung der Synarthrosen ist die Besonderheit der pelvinen Instabilität zu beachten. Die Therapie reicht von der konservativen Therapie über Drainagenanlage bis hin zur Resektion osteitisch veränderter Knochenareale bei stabilem Beckenring. Bei instabilem Beckenring ist eine Restabilisierung vorzunehmen. Material und Methode: Retrospektiv wurden die Eingriffe am knöchernen Becken nachuntersucht, bei denen osteitische Veränderungen des Beckenskelettes vorlagen. Es konnten 15 Patienten identifiziert werden. Neben der Verlaufs- und Manifestationsform wurden die diagnostischen und therapeutischen Maßnahmen analysiert. Der Nachuntersuchungszeitraum betrug im Mittel 18 Monate. Ergebnisse: Bei 9 Patienten handelte es sich um eine chronische Osteitis. In 5 Fällen konnte ein ORSA-Befall der Wunden nachgewiesen werden. Bei 2 Patienten handelte es sich um eine sterile Symphysenosteitis. 6 Patienten wiesen eine akute Beckenosteitis auf. Die klinischen Symptome reichten von mäßig erhöhten Infektwerten, ggf. assoziiert mit Schmerzen in der betroffenen Region bis hin zu einem septischen Krankheitsbild bei zwei Patienten mit Abszess. Das bakteriologische Spektrum wies verschiedene, oxacillinsensible Keime nach. Neben konventionellem Röntgen und CT wurden Fistelgänge radiologisch dargestellt. Einmal wurde eine Knochen-3-Phasenszintigrafie durchgeführt. Zur Beurteilung der Beckenstabilität wurde bei Befall der Synarthrosen Einbeinstandaufnahmen angefertigt. Dreimal lag eine Beckeninstabilität vor. Bei 12 Patienten hatte der Infekt keinen Einfluss auf die Beckenstatik. In 14 Fällen erfolgte die offene operative Revision, und einmal wurde eine CT-gesteuerte Drainage platziert. Schlussfolgerung: Die Lokalisation und Form der Osteitis bedingt unterschiedliche Symptome und beeinflusst das weitere operative Vorgehen. Isolierte Fistelrevisionen ohne Sanierung des Fistelausgangspunkts bringen keinen Erfolg. Die chronisch fistelnde Form zeigt bei fördernder Fistel wenig Klinik und neigt erst bei Fistelverschluss zur Exazerbation. Die akute bakterielle Osteitis zeigt aufgrund der abszedierenden Weichteilbeteiligung sowohl lokale als auch systemische Infektzeichen. Als Besonderheit ist die sterile Symphysenosteoarthritis zu nennen, die von der bakteriellen Form zu trennen ist. Osteitisch veränderte Areale sollten durch Resektion saniert werden. Infekte der Symphyse oder der Iliosakralfuge können die Beckenstatik beeinflussen und erfordern bei Instabilität neben der Resektion auch eine Beckenringrestabilisierung.

Abstract

Background: Pelvic osteomyelitis is a bacterial infection of the pelvine skeleton. Apart from rare haematogen diffusion, it can occur after pelvic trauma or operation. Furthermore, it exists a sterile osteitis pubis after repetitive periostial microtrauma. Chronic progressions are possible. Further problems are fistulas and abscesses. With involvement of symphysis or iliosacral joint, the development of septic pelvine instability is possible. Due to the anatomic complexity of the pelvis, this affection can be neglected or underdiagnosed. Methods: We have analysed septic pelvic operations performed during 1997 to 2006. We excluded septic affections of the hip joint after joint replacement. In 15 cases we found both radiological and microbiological signs of osseous inclusion in terms of pelvic osteomyelitis. Results and Conclusion: 15 patients were operated after preoperatively performed bacterial asservation and conventional X‐ray, fistula scanning and pelvic CT scans. In 3 cases we placed drainages into abscess formations under CT-guidance. In 14 cases osseous infected areas existed in the pelvic skeleton and we performed a local bony resection. In 3 patients we performed removal of bacterially contaminated metal implants. In 3 cases an additional pelvic instability due to involvement of the symphysis was present. Here we resected the infected joint and performed an arthrodesis to reestablish the pelvic ring stability. Due to the localisation of the infected pelvic bone, different regimes of therapy are necessary. Iliac osteomyelitis can be treated by resection or sequestrectomy, pubic osteomyelitis or sterile osteitis can be treated similarly. Septic iliosacral joint infections as well as septic symphysis joint infections can be treated by resection and can lead to a pelvic ring instability. Simple revision surgery of fistula without removement of the fistula's origin will fail, as 9 of our patients had already had several fistula revisions without any signs of healing.

Literatur

Dr. Oliver Weber

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