Notfallmedizin up2date 2008; 3(3): 201-219
DOI: 10.1055/s-2008-1038828
Reanimation

© Georg Thieme Verlag KG Stuttgart · New York

Hilfsmittel zur Reanimation

Christoph Sven Menzel, Jens-Christian Schewe, Henning Krep
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Publication Date:
01 October 2008 (online)

Kernaussagen

Die Überlebenswahrscheinlichkeit für einen außerklinischen, nicht traumatisch bedingten Herz-Kreislauf-Stillstand bleibt weiterhin gering. Nur etwa 10 % der Patienten überleben mit einem geringen oder keinem neurologischen Defizit.

Nach neueren Studienergebnissen scheint für das Überleben dieser Patienten der durch die Thoraxkompressionen hervorgerufene koronare Perfusionsdruck von entscheidender Bedeutung zu sein. Diesen Erkenntnissen tragen die aktuellen Leitlinien des ERC von 2005 Rechnung, indem das Verhältnis aus Beatmungen, Defibrillationen und Thoraxkompressionen deutlich zugunsten der Thoraxkompressionen verschoben wurde.

Reanimationsassistenzgeräte können die Effektivität der Thoraxkompressionen erhöhen. Da es jedoch bisher keine eindeutige wissenschaftliche Evidenz bezüglich eines Überlebensvorteils für die Patienten gibt, existieren vonseiten des ERC oder der ASA momentan keine generellen Empfehlungen für den Einsatz eines dieser Geräte. In speziellen Situationen kann unter Umständen jedoch der Einsatz eines Reanimationsassistenzgerätes erwogen werden. In den ERC‐Leitlinien werden folgende Geräte erwähnt:

ACD und ITD

  • ACD (Cardiopump): Handbetriebenes Thoraxkompressionsgerät, welches über eine aktive Thoraxdekompression den venösen Rückfluss zum Herzen fördert und dadurch eine bessere koronare Perfusion und ein höheres Herzzeitvolumen bewirken kann.

  • Das ITD (Impedanzventil) ist ein kleines Plastikventil, welches zwischen Beatmungsgerät und ‐tubus gesteckt und während der Thoraxentlastung bzw. ‐dekompression den Lufteintritt in den Thorax verhindert. Hierdurch wird bei manueller CPR eine Steigerung des negativen intrathorakalen Drucks in der Entlastungsphase, oder bei ACD‐CPR während der Thoraxdekompression, erzielt. Folge dieses Effektes ist eine Förderung des venösen Rückflusses zum Herzen. Das ITD kann prinzipiell auch an einer Beatmungs- oder Larynxmaske betrieben werden, Voraussetzung ist jedoch ein abgedichtetes Beatmungssystem.

  • ACD und ITD wirken synergistisch und sollten sinnvollerweise in der Anwendung kombiniert werden.

  • Es konnte für die ACD‐CPR in Verbindung mit dem ITD in einer präklinischen Studie ein signifikant verbessertes Kurzzeitüberleben gezeigt werden, der Einfluss auf das Langzeitüberleben bleibt jedoch unklar. In einer Cochrane-Analyse zeigte sich kein Vorteil bezüglich der Langzeitüberlebensrate für die ACD‐CPR im Vergleich zur konventionellen CPR.

  • Die Qualität der ACD‐CPR ist abhängig von der Übung des Helfers.

Mechanische Stempel-CPR

  • Ein gasbetriebener Stempel komprimiert das Sternum des Patienten, der auf einem Unterlagebrett liegt.

  • In klinischen Studien konnte kein Überlebensvorteil für die Patienten gezeigt werden.

  • Die Geräte haben heutzutage nur noch historische Relevanz und stellen frühe Entwicklungen von Reanimationshilfsgeräten dar.

LUCAS

  • Das LUCAS ist ein relativ kleines und leichtes (6,5 kg) Reanimationsassistenzgerät, welches gasbetrieben aktive Kompressionen und Dekompressionen in einer Frequenz von 100/min mit einer Eindrücktiefe von ca. 5 cm liefert.

  • Der Betrieb des LUCAS ist unabhängig vom Stromnetz, benötigt jedoch ca. 60 l/min Druckluft (bzw. Sauerstoff).

  • Aufgrund der unterschiedlichen Ergebnisse der experimentellen und klinischen Studien kann zurzeit keine Empfehlung für den Routineeinsatz des LUCAS gegeben werden.

  • In speziellen Situationen, wie zum Beispiel bei einer CPR während des Transports eines unterkühlten Patienten bis zum Anschluss an die extrakorporale Zirkulation, ist das LUCAS in Einzelfallberichten erfolgreich eingesetzt worden.

AutoPulse

  • Das AutoPulse ist ein Reanimationsassistenzgerät vom Typ der CPR‐Westen, weiterentwickelt als sogenanntes „load-distributing band“. Die Thoraxkompressionen werden akkubetrieben durch ein breites Band erzeugt, welches den Thorax mikroprozessorgesteuert semizirkulär um 20 % in der der anterior-posterioren Ausdehnung komprimiert.

  • Das Gerät kann in einem diskontinuierlichen Modus, welcher nach 30 Kompressionen eine Pause von 3 Sekunden zur Ventilation des Patienten einlegt, sowie in einem kontinuierlichen Modus, in dem das Gerät mit einer Kompressionsfrequenz von 80 ± 5/min ohne Unterbrechungen arbeitet, betrieben werden.

  • Aktuell ist die Studienlage zum AutoPulse widersprüchlich, sodass eine generelle Empfehlung für das Gerät nicht gegeben werden kann.

  • Durch den automatischen Betrieb eignet es sich für den Einsatz in speziellen Situationen, wie zum Beispiel bei einer prolongierten CPR oder während des Transportes eines hypothermen Patienten bis zum Anschluss an die extrakorporale Zirkulation.

  • Ein Einsatz des AutoPulse während der Akut-PCI ist bedingt möglich. Das Gerät ist zwar röntgenundurchlässig, schräge Strahlengänge werden jedoch nicht behindert.

Die Datenlage bezüglich der Effektivität der genannten Reanimationsassistenzgeräte und deren Einfluss auf das Überleben der Patienten ist widersprüchlich, daher existiert für keines der aufgeführten mechanischen Reanimationsgeräte oder Reanimationshilfsmittel eine Empfehlung des ERC für einen generellen Einsatz. Einen automatisierten Betrieb und damit eine unterbrechungsfreie und konstante Reanimation, wie sie in den aktuellen ERC‐Leitlinien gefordert wird, bieten möglicherweise das AutoPulse und das LUCAS. Ein effektiver Einsatz dieser mechanischen Geräte ist jedoch nur durch intensive Ausbildung und regelmäßiges Training zu erzielen. Eine aktive Dekompression und damit einen verbesserten venösen Rückfluss zum Herzen bieten die ACD‐CPR und auch das LUCAS. Diese theoretischen Vorteile führten jedoch in Studien bisher nicht zu Vorteilen für das Überleben der Patienten.

Literatur

Dr. Christoph Sven Menzel

Klinik für Anästhesiologie und Operative Intensivmedizin
Universitätsklinikum Köln

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