Geburtshilfe Frauenheilkd 2008; 68(9): R97-R118
DOI: 10.1055/s-2008-1038897
GebFra-Refresher

© Georg Thieme Verlag KG Stuttgart · New York

Ultraschall im 1. Trimenon

First Trimester Ultrasound ScreeningM. Schrauder1 , J. Engel1 , M. Schälike2 , T. W. Goecke1 , M. W. Beckmann1 , R. L. Schild1
  • 1Frauenklinik des Universitätsklinikums Erlangen
  • 2Pränatalmedizin und Genetik – MVZ Nürnberg
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Publikationsverlauf

Publikationsdatum:
01. September 2008 (online)

Einführung

Die erste Ultraschalluntersuchung in der Frühschwangerschaft sollte neben dem direkten Nachweis der intakten vitalen Schwangerschaft auch das Alter der Schwangerschaft über die Schädelsteißlänge (SSL) feststellen und eine extrauterine Schwangerschaft oder Uterusanomalien ausschließen. Weitere Fragen, die im Zuge dieser ersten Untersuchung geklärt werden sollten, sind die exakte Lokalisation der Schwangerschaft sowie die Zahl der Embryonen und gegebenenfalls die Chorion- und Amnionverhältnisse.

Ziel der ersten Ultraschalluntersuchung in der Frühschwangerschaft ist es, die intakte vitale Schwangerschaft nachzuweisen, das Alter über die Schädelsteißlänge (SSL) feststellen und eine extrauterine Schwangerschaft oder Uterusanomalien auszuschließen.

Als Orientierung gilt, dass ab einem Chorionhöhlendurchmesser von 10 mm vaginalsonografisch ein Dottersack, ab 20 mm auch Herzaktionen darstellbar sein sollten [1]. Spätestens bei der Ultraschallvorsorgeuntersuchung im Rahmen der Mutterschaftsvorsorge zwischen der 8 + 0 und 11 + 6 SSW sollten alle genannten Punkte durch diese oder eine vorausgegangene Untersuchung geklärt sein. Bezüglich der körperlichen Integrität der Frühschwangerschaft sollte der Nachweis von vier Gliedmaßenknospen sowie der Ausschluss eines generalisierten Hydrops, einer Akranie/Anenzephalie sowie größerer (> 2 cm) zystischer intraabdomineller Raumforderungen erfolgen. Untersuchungen wie die Messung der Nackentransparenz (NT), die der Abschätzung des Risikos für chromosomale Veränderungen dienen, sind gemäß Mutterschaftsrichtlinien nicht Bestandteil der Mutterschaftsvorsorge und bedürfen einer vorherigen Aufklärung [2].

Die Messung der Nackentransparenz (NT) ist gemäß Mutterschaftsrichtlinien nicht Bestandteil der Mutterschaftsvorsorge und bedarf einer vorherigen Aufklärung.

In den letzten Jahren stellte in der Geburtshilfe die Etablierung nicht invasiver Diagnoseverfahren zur Bestimmung des Risikos von fetalen Chromosomenveränderungen einen bedeutenden Schwerpunkt der klinischen Forschung dar. Neben der Verbesserung des direkten Nachweises von strukturellen Veränderungen in frühen Ultraschalluntersuchungen wurde nach indirekten Markern für chromosomale Auffälligkeiten gesucht und biochemische Blutuntersuchungen etabliert. Vor allem die frühzeitige und verbesserte Detektion der Veränderungen rückte in den Mittelpunkt und die Ersttrimester-Diagnostik wurde zunehmend ausgebaut. Eine komplette Diagnostik im ersten Trimenon besteht aktuell in Deutschland aus einer qualifizierten Ultraschalluntersuchung zwischen der 11 + 0 und 13 + 6 SSW sowie einer mütterlichen Blutuntersuchung der Marker PAPP‐A (pregnancy-associated plasma protein A) und freies β‐HCG [3].

Bei der Beurteilung biochemischer Marker muss immer die starke Variation mit dem Schwangerschaftsalter berücksichtigt werden. Beispielsweise ist PAPP‐A vor der 10. SSW als Marker deutlich besser, während freies β‐HCG zwischen der 12. und 14. SSW eine bessere Detektionsrate aufweist. In der Summe adaptieren sich diese Effekte, sodass eine akzeptable Rate im gesamten Untersuchungsintervall erreicht wird [4]. Dennoch ergibt sich insgesamt eine leichte Verbesserung der Risikoabschätzung bei Durchführung der Biochemieuntersuchung in der 9. – 10. SSW im Vergleich zu 11 + 0 – 13 + 6 SSW, sodass von einigen Autoren ein zweizeitiges Vorgehen mit Biochemie, gefolgt vom Ultraschallscreening, empfohlen wird [5, 6].

Die Angabe der biochemischen Marker-Werte erfolgt in Form sogenannter MoM-Werte (multiple of the median), eine Darstellung der gemessenen Konzentration als Vielfaches des Medianwertes eines Normalkollektivs derselben Schwangerschaftswoche. Der neue Algorithmus der FMF-Deutschland verwendet anstelle der MoM-Werte sogenannte DoE-Werte (degree of extremeness), welche die Abweichung von der Regressionslinie als Vielfaches der Bandbreite an der betreffenden Stelle angeben [3].

Im Durchschnitt treten chromosomale Veränderungen mit einer Häufigkeit von etwa 6 auf 1000 Lebendgeburten auf, wobei Aneuploidien und speziell eine Trisomie 21 mit einer Prävalenz von 1 zu 800 die größte Gruppe darstellen [7].

Im Durchschnitt treten chromosomale Veränderungen mit einer Häufigkeit von etwa 6 auf 1000 Lebendgeburten auf, wobei Aneuploidien und speziell eine Trisomie 21 mit einer Prävalenz von 1 zu 800 die größte Gruppe darstellen.

Den Eltern gegenüber muss im Rahmen der Aufklärung betont werden, dass auch bei völlig „gesunden“ Kindern auffällige Ergebnisse auftreten können (für die Nackentransparenz [NT]-Messung bei etwa 4 – 5 % der Fälle, entsprechend der sog. „Falsch-positiv-Rate“). Somit kann die definitive Diagnose chromosomaler Veränderungen erst mittels einer Chorionzottenbiopsie oder Amniozentese gestellt werden. Dennoch ist die Ersttrimester-Diagnostik in vielen Fällen sinnvoll und von den Eltern gewünscht, um die Entscheidung für oder gegen eine invasive Untersuchung zu erleichtern und nicht nur vom Altersrisiko abhängig zu machen.

Die ärztliche Empfehlung zur Durchführung einer Chromosomenanalyse wird in Deutschland aktuell ab einem errechneten adjustierten Risiko von > 1 : 300 zum Zeitpunkt der Ersttrimester-Diagnostik ausgesprochen [2, 3]. Andere Vorgehensweisen und Grenzwerte werden aktuell national und international diskutiert.

Die ärztliche Empfehlung zur Durchführung einer Chromosomenanalyse wird in Deutschland aktuell ab einem errechneten adjustierten Risiko von > 1 : 300 zum Zeitpunkt der Ersttrimester-Diagnostik ausgesprochen.

Die diagnostische Genauigkeit einer pränatalen Ultraschalluntersuchung ist aufgrund der günstigeren Größenverhältnisse im zweiten Trimenon höher als im ersten. Dennoch ist das erste Trimenon der günstigste Zeitraum für eine Risikoabschätzung fetaler Aneuploidien [8], da Normwerte für die NT- und Nasenbeinmessung hauptsächlich für ein Schwangerschaftsalter zwischen der 11 + 0 und 13 + 6 SSW etabliert und in großen Studien validiert wurden. Darüber hinaus ist es auch für die werdenden Eltern wichtig, frühzeitig über mögliche Auffälligkeiten beim Kind informiert zu werden, um weitere Untersuchungen durchführen zu lassen, falls nötig und gewünscht. Die psychische Entlastung bei Vorliegen eines unauffälligen Untersuchungsbefundes im ersten Trimenon, vor allem bei Risikoschwangerschaften, ist ebenfalls von Bedeutung.

In diesem Refresher soll ein Überblick über die aktuellen sonografischen Marker und Standarduntersuchungen im Rahmen der Ultraschalldiagnostik im ersten Trimenon vermittelt werden. Schwerpunkte sind die Messung der Nackentransparenz (NT, nuchal translucency), der Nasenbeinlänge (NBL, nasal bone length) und des frontomaxillaren Gesichtswinkels (FMF angle, frontomaxillary facial angle) sowie die Beurteilung des Vierkammerblicks, der Trikuspidalklappe (TCV, tricuspid valve) und des Blutflusses im Ductus venosus (DV). Als weitere relevante Marker im ersten Trimenon sind eine singuläre Nabelschnurarterie, eine nicht darstellbare Harnblase, eine fetale Megazystis sowie der Nachweis einer Omphalozele zu nennen [5, 9, 10].

Dr. med. Michael Schrauder

Frauenklinik des Universitätsklinikums Erlangen

Universitätsstraße 21 – 23

91054 Erlangen

eMail: Michael.Schrauder@uk-erlangen.de