Z Orthop Unfall 1993; 131(1): 42-50
DOI: 10.1055/s-2008-1039903
© 1993 F. Enke Verlag Stuttgart

Fibröse Dysplasie versus osteofibröse Dysplasie

Morphologische, differentialdiagnostische und klinische AspekteErfahrungen aus dem Knochengeschwulst-Register WestfalenFibrous Dysplasia versus Osteofibrous Dysplasia: Morphological, Differential Diagnostic and Clinical AspectsA. Bosse1 , W. Niesert1 , P. Wuisman2 , A. Roessner1
  • 1Gerhard-Domagk-Institut für Pathologie (Direktor: Prof. Dr. W. Böcker)
  • 2Orthopädische Klinik (Direktor: Prof. Dr. W. Winkelmann) Westfälische Wilhelms-Universität
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Publication Date:
18 March 2008 (online)

Zusammenfassung

Unter den 152 Knochenläsionen mit fibröser Dysplasie (FD) der Jahre 1978 bis 1990 im Knochengeschwulst-Register Westfalen ließen sich elf osteofibröse Dysplasien (OFD) der Tibia abgrenzen.

Histologisch ist dieses von Campanacci erstmalig beschriebene Krankheitsbild durch den Ersatz des normalen Knochens durch ein osteofibröses Stroma gekennzeichnet, dessen Faserknochenbälkchen im Gegensatz zur FD von einem regelmäßigen Saum prominenter kubischer Osteoblasten umgeben sind, anteilig reife Lamellenknochenstrukturen enthalten und eine zonale Gliederung mit Betonung der neugebildeten Knochenbälkchen kortikalisnah aufweisen. Radiologisch sind exzentrische, in der Regel in der Diaphyse gelegene Osteolysen der Tibia mit mattglasartigem Aspekt charakteristisch. Differentialdiagnostisch müssen eine FD und auch das Adamantinom berücksichtigt werden. Letzteres kommt ebenso wie die OFD nahezu ausschließlich in der Tibia vor und verlangt aufgrund der malignen Potenz ein radikaleres therapeutisches Vorgehen. Das in der vorliegenden Untersuchung zusätzlich nachweisbare Adamantinom in Koexistenz mit einer osteofibrösen Stromareaktion ist aufgrund der absoluten Rarität dieser Läsion bisher nicht eindeutig bezüglich der formalen Pathogenese und Therapie einzuordnen. Das Durchschnittsalter der elf Patienten mit einer OFD lag mit 9 Jahren wesentlich unter dem derjenigen mit einer FD (30 Jahre). Sämtliche Läsionen waren ausschließlich in der Tibia lokalisiert. Therapeutisch ist zunächst Zurückhaltung geboten, da ein chirurgischer Eingriff vor der Pubertät oftmals von einem Rezidiv gefolgt ist (hier bei zwei Patienten). Eine Operation sollte nur bei drohenden oder eingetretenen Komplikationen wie ausgeprägter Knochenfehlstellung oder Pseudoarthrosenbildung durchgeführt werden. Wird bei der OFD erst nach der abgeschlossenen Skelettreife operativ vorgegangen, ist in der Regel nicht mehr mit einem Rezidiv im Gegensatz zur FD zu rechnen. Somit ist die Prognose der OFD bei Beachtung einer möglichst zurückhaltenden chirurgischen Intervention besser einzuschätzen als die der FD, bei der ein ausgedehnter Skelettbefall nicht selten ist und das Auftreten von Rezidiven noch im Erwachsenenalter möglich sein kann. Der von anderen Autoren mitgeteilte aggressivere Verlauf der OFD ist somit nicht vorbehaltlos zu übernehmen, sondern muß einschränkend auf die Fälle bezogen werden, bei denen zu früh, d. h. noch während der Skelettreifung, operiert wurde.

Abstract

Among 152 fibrous dysplasias (FD) collected in the Bone Tumor Registry of Westfalia from 1978 - 1990 there were 11 cases of osteofibrous dysplasia of the tibia (OFD).

Histologically, this lesion, which was first described by Campanacci, is characterized by an osteofibrous stroma replacing normal bone, showing trabeculae which, unlike in FD, are surrounded by a regular rim of prominent cubic osteoblasts, mature lamellar bone and zonal segmentation with newly formed trabeculae mostly in the cortical region. Radiologic features are excentric, usually diaphyseally localized osteolytic lesions of the tibia with ground glass appearance. Differential diagnosis includes FD and adamantinoma. Just like OFD, the latter occurs almost exclusively in the tibia, its potential malignancy calling for a more radical therapeutical procedure. Being such a rare lesion, there are no clear guidelines regarding formal pathogenesis and therapy of adamantinoma in combination with osteofibrous stromal reaction. The mean age of the eleven patients with OFD was nine years, which is considerably lower than that of patients with FD (30 years). The lesions were found exclusively in the tibia. Surgical therapy is often followed by a recurrence of the tumor (in two cases in the present material), so it should be avoided, where possible. Thus, surgery should only be performed if complications are imminent, such as marked bone deformation or pseudoarthrosis. Unlike in FD, once bone maturation is completed, surgical treatment of OFD is not normally followed by recurrent disease. Thus, the prognosis of OFD with restricted surgical therapy is more favourable than that of FD, which frequently shows extensive skeletal involvement and recurrent disease even after many years. The more aggressive course of OFD reported by other authors must therefore be explained by too early surgical intervention, i.e. during bone maturation.