Klin Monbl Augenheilkd 1994; 205(12): 329-335
DOI: 10.1055/s-2008-1045539
Klinische Studien

© 1994 F. Enke Verlag Stuttgart

Kombinierte Obliquusoperation mit Ansatzverlagerung bei Strabismus sursoadductorius

Combined Superior Oblique Tendon Tuck and Inferior Oblique Recession With Transposition of the Insertion for Congenital Superior Oblique PalsyMichael Gräf, Thomas Krzizok, Herbert Kaufmann
  • Universitäts-Augenklinik für Schielbehandlung und Neuroophthalmologie Gießen (Leiter: Prof. Dr. H. Kaufmann)
Further Information

Publication History

Manuskript eingereicht am 25.05.94

in der vorliegenden Form angenommen am 09.09.94

Publication Date:
08 February 2008 (online)

Zusammenfassung

Hintergrund Die kombinierte Obliquusoperation ist die Methode der Wahl zur Therapie eines dekompensierten Strabismus sursoadductorius (dekompensierte kongenitale Obliquus-Störung) oder einer Trochlearisparese mit großen vertikalen und rotatorischen Deviationen. Anhand der vorgelegten Daten soll überprüft werden, ob die zusätzliche Veränderung des Limbusabstandes der schrägen Augenmuskeln in diesen Fällen geeignet ist, stark voneinander abweichende vertikale und die rotatorischen Schielwinkel zu korrigieren.

Patienten und Methoden 38 Patienten, bei denen eine kombinierte Obliquusoperation wegen eines monolateralen dekompensierten Strabismus sursoadductorius durchgeführt wurde, wurden drei Gruppen zugeordnet. Gruppe A: 14 Patienten, die bei subjektiver Messung auch nach dreitägiger diagnostischer Okklusion trotz großer Vertikaldeviation nur eine geringe Exzyklodeviation aufwiesen. Es erfolgte eine Faltung der vorderen Hälfte des M. obl. sup. um 5 oder 6 mm mit Verlagerung zum Hinterrand der Insertion kombiniert mit einer Rücklagerung des M. obl. inf. um 5 oder 6 mm mit Verlagerung der Insertion aus der ursprünglichen Verlaufsrichtung um 4 bis 6 mm zum Limbus hin. Gruppe B: 15 Patienten, bei denen keine Diskrepanz zwischen Vertikal- und Zyklodeviation bestand. Es wurde eine Sehnenfaltung des M. obl. sup. um 5 oder 6 mm kombiniert mit einer Rücklagerung des M. obl. inf. um 5 oder 6 mm in seiner Verlaufsrichtung durchgeführt. Gruppe C: 9 Patienten bei denen keine Diskrepanz zwischen Vertikal- und Zyklodeviation, aber ein kleinerer Schielwinkel als in Gruppe B bestand. Es wurde eine Sehnenfaltung des M. obl. sup. um 6 mm kombiniert mit einer hinteren Tenotomie des M. obl. inf. vorgenommen. Die Operationseffekte wurden als Differenz der präoperativ nach dreitägiger diagnostischer Okklusion und eine Woche sowie drei bis sechs Monate postoperativ subjektiv gemessenen Schielwinkel ermittelt.

Alle Winkelmessungen erfolgten nach dem Konfusionsprinzip an der Tangententafel nach Harms in 2,5 m Abstand unter Dissoziation des beidäugigen Sehens mit einem Dunkelrotglas vor dem fixierenden, nicht betroffenen Auge. Die Operationen wurden entsprechend dieser subjektiv gemessenen Deviationen dosiert.

Ergebnisse Die Reduktion der Vertikaldeviation nach drei Monaten betrug in den Gruppen A/B/C in Primärposition 12,1°/6,8°/6,8°, in 25° Adduktion des betroffenen Auges 18,4°/13,8°/9,5°. Die Reduktion der Zyklodeviation bei Geradeausblick betrug 6,4°/8,0°/5,6°. Als Nebenwirkung trat in allen Gruppen ein klinisch wenig relevantes postoperatives Brown-Syndrom auf. In allen Gruppen bestanden signifikante positive Korrelationen zwischen dem Ausmaß der präoperativen Deviation und dem Operationseffekt.

Schlußfolgerung Durch die kombinierte Obliquusoperation mit gleichzeitiger Ansatzverlagerung bei Strabismus sursoadductorius können die Vertikal- und Zyklodeviation selektiv reduziert werden.

Summary

Background The combined superior oblique tendon tuck and inferior oblique recession is the method of choice for the treament of congenital and acquired superior oblique muscle palsies with large vertical and cyclodeviations. An additional transposition of the insertions is indicated if the vertical deviation differs greatly from the excyclodeviation.

Patients and methods 38 patients who underwent combined oblique muscle surgery for congenital superior oblique muscle palsy were divided into 3 groups. Group A: 14 patients with small excyclodeviations in spite of large vertical deviations, even after diagnostic occlusion of 3 days. A superior oblique tendon tuck of 5 or 6 mm with transposition of the new insertion to the posterior margin of the original insertion was performed combined with a recession of the inferior oblique muscle of 5 or 6 mm with anterior displacement of 4-6 mm. Group B: 15 patients without a discrepancy between the vertical deviation and the cyclodeviation. They were treated with a conventional superior oblique tendon tuck of 5 or 6 mm combined with a recession of the inferior oblique muscle. Group C: 9 patients without a discrepancy between the vertical deviation and the cyclodeviation, but deviations smaller than in group B. A conventional superior oblique tendon tuck of 6 mm combined with a posterior tenotomy of the inferior oblique muscle was performed. The surgical effect was calculated as the difference between the preoperative deviation after diagnostic occlusion of 3 days and the postoperative deviations (1 week and 3 to 6 months). All angles of deviation were measured subjectively after dissociation of the binocular vision with a dark red filter in front of the fixating, not affected eye at 2.5 m distance using the Harms tangent screen.

Results 3 months postoperatively, the vertical deviation was diminished in primary position by 12.1°/6.8°/6.8° in groups A/B/C, in 25° adduction of the affected eye by 18.4°/13.8°/9.5°. The reduction of the cyclodeviation in primary position was 6.4°/8.0°/5.6°. As a side effect a clinically insignificant, consecutive Brown syndrome occurred in each group. In each group a significant positive correlation between the preoperative deviation and the surgical effect was found.

Conclusions The combined superior oblique tendon tuck and inferior oblique recession with transposition of the insertions is a suitable method for a selective treatment of the vertical deviation and the cyclodeviation in congenital superior oblique palsy.