Klin Monbl Augenheilkd 1992; 200(2): 105-109
DOI: 10.1055/s-2008-1045721
© 1992 F. Enke Verlag Stuttgart

Der „Blendvisus” - Teil 1 : Physiologische Grundlagen der Visusänderung bei steigender Testfeldleuchtdichte

Vision and Dazzle: Part 1: Physiological Data on the Effect of Test Field Luminance on Visual AcuityB. Hauser, H. Ochsner, E. Zrenner
  • Universitäts-Augenklinik Tübingen, Abteilung für Pathophysiologie des Sehens und Neuroophthalmologie
    (Ärztlicher Direktor: Prof. Dr. Eberhart Zrenner)
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Publikationsverlauf

Manuskript erstmals eingereicht 4.5.1991

zur Publikation in der vorliegenden Form angenommen 30.8.1991

Publikationsdatum:
11. Februar 2008 (online)

Zusammenfassung

Die klinische Sehschärfenprüfung als ein wichtiges Maß für die Funktionstüchtigkeit des Auges mißt die Sehschärfe nur in einem eng definierten Leuchtdichtebereich von 160 bis 320 cd/m2 und kann daher pathologische Sehschärfeminderungen in anderen Leuchtdichtebereichen nicht erfassen. Es wird ein einfaches klinisches Verfahren beschrieben, um die Sehschärfe in Abhängigkeit von der Leuchtdichte zu prüfen. Bei einem Untersuchungsabstand von 80 cm wurden auf einem kleinen Testfeld, dessen Leuchtdichte zwischen 0,1 und 30000 cd/m2 variabel war, Landoltringe verschiedener Größe dargeboten und eine Visus-Leuchtdichte-Funktion erstellt. Es wurde auch die Abhängigkeit von der Darbietungszeit, sowohl bei konstanter als auch bei steigender Testfeldleuchtdichte, untersucht. Nach den hier vorgestellten Ergebnissen kann eine Normalperson durch Erhöhung der Testfeldleuchtdichte ihre Sehschärfe bis in einen Leuchtdichtebereich von 5000 cd/m2 noch deutlich steigern. Die Maximalwerte der Sehschärfe bei optimaler Beleuchtung liegen altersabhängig zwischen 2,2 und 0,9. Bei pathologischen Zuständen fällt der Visus bei hohen Leuchtdichten unter dem subjektiven Gefühl einer Blendung wieder ab. Bei der Prüfung des „Blendvisus” in Abhängigkeit von der Darbietungszeit stellten sich 4 sec als kritische Darbietungszeit heraus, da bei dieser Zeit Normalpersonen gerade ihre maximale Sehschärfe bei hohen Leuchtdichten erreichen. Die physiologischen Grundlagen lassen vermuten, dass Patienten mit neuronalen Helligkeitsanpassungsstörungen durch die reduzierte Darbietungszeit einen stärkeren Visusabfall zeigen. Eine deutliche Altersabhängigkeit fand sich im Vergleich des regulär gemessenen Fernvisus zur Fähigkeit, die Sehschärfe unter optimaler Beleuchtung zu steigern. Ochsner (1989) und Ochsner und Mitarb. (1992) untersuchten die Beziehung zwischen Sehschärfe und Testfeldleuchtdichte bei blendungsempfindlichen Patienten sowie bei Patienten mit Neuritis nervi optici, Retinopathia diabetica und Glaukom mit der hier beschriebenen Methode. Die in dieser Arbeit vorgestellte Methode erwies sich als geeignet, das Symptom Blendungsempfindlichkeit über eine veränderte Visus-Leuchtdichte-Funktion zu erfassen.

Summary

Clinical tests of visual acuity are an important measure of visual function. However visual acuity is usually determined only in narrow range of luminance levels between 160 and 320 cd/m2; therefore losses of visual acuity in other ranges of light intensity can not be detected. In a distance of 80 cm from the patients eyes, Landolt rings of varying sizes were presented on a small test field whose light intensity can be varied between 0.1 and 30000 cd/m2. Thereby an acuity-luminance-function can be obtained. We studied such functions under different conditions of exposure time both with constant and with increasing luminance of the test field. We found that persons with normal vision can increase their visual acuity with increasing test field luminance up to a range of 5000 cd/m2. The maximum values of visual acuity under optimal lightening conditions lie (varying with age) between 2,2 and 0,9. Under pathological conditions visual acuity falls at high luminances accompanied by sensations of glare. Tests of glare sensitivity as a function of exposure time showed 4 sec to be a critical time of exposure since after 4 sec normal persons just reach their maximum visual acuity at high luminances. The underlying physiological mechanisms lead us to suppose that patients with neuronal light adaptation disturbances display a greater visual loss as a result of decreased time of exposure than those with disturbances in the ocular media. Visual acuity as well as the capacity to increase the patients visual acuity under optimal conditions of lighting were both found to be strongly age-dependent. Ochsner (1989) as well as Ochsner et al. (1992) studied the relation between visual acuity and luminance of the test field in glare sensitive patients, in cases of optic nerve neuritis, diabetic retinopathy and glaucoma according to the method described. This method has found to be well suited to relate the symptom “glare sensitivity” to an altered acuity-luminance-function.