Dtsch Med Wochenschr 1997; 122(6): 156-160
DOI: 10.1055/s-2008-1047590
Kasuistiken

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Septisches Aneurysma des Myokards bei Mitralklappenendokarditis: Klinische und pathologisch-anatomische Befunde

Septic myocardial aneurysm in endocarditis affecting the mitral valve: clinical and autopsy findingsH. Omran, H. Reichel, P. Wirtz, W. Jung, R. Rabahieh, U. Pfeifer, D. Pfeiffer, B. Lüderitz
  • Medizinische Klinik und Poliklinik (Direktor: Prof. Dr. B. Lüderitz) und Institut für Pathologie der Rheinischen Friedrich-Wilhelms-Universität Bonn (Direktor: Prof. Dr. U. Pfeifer) sowie Medizinische Klinik Kardiologie (Leitender Arzt: Dr. P. Wirtz), Kreiskrankenhaus Mechernich
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Publikationsverlauf

Publikationsdatum:
25. März 2008 (online)

Zusammenfassung

Anamnese und klinischer Befund: Eine 68jährige Patientin wurde mit seit 3 Monaten bestehendem Fieber und Abgeschlagenheit zugewiesen. Ihr Allgemeinzustand war deutlich reduziert. Die Körpertemperatur betrug 38,5°C. Die Auskultation des Herzens ergab ein 3/6 Systolikum mit Punctum maximum über dem Erb'schen Punkt und Fortleitung in die Herzspitze. Über beiden Lungenfeldern waren ohrferne Rasselgeräusche zu hören. Die Halsvenen waren gestaut; es bestanden Knöchelödeme.

Untersuchungen: Klinisch-chemisch zeigten sich eine Erhöhung der Aktivität des C-reaktiven Proteins auf 17,3 mg/dl (normal bis 0,9 mg/dl) und eine Leukozytenzahl von 19 300/µ. In den Blutkulturen konnten β-hämolysierende Streptokokken (Streptococcus agalactiae) nachgewiesen werden. Das EKG zeigte eine Sinustachykardie mit einer Frequenz von 98/min. In der transthorakalen Echokardiographie fielen ein hämodynamisch nicht relevanter Perikarderguß, eine Vergrößerung der Herzhöhlen, eine hochgradige Mitralinsuffizienz und eine große Vegetation auf dem posterioren Mitralsegel auf. In der transösophagealen Echokardiographie wurde zusätzlich eine 3 × 4 cm große Raumforderung in der Hinterwand des linken Ventrikels, ausgehend vom posterioren Mitralklappenring, gefunden. Das posteriore Mitralklappensegel war perforiert. Die Raumforderung kommunizierte mit der Vegetation auf dem posterioren Mitralsegel.

Therapie und Verlauf: Die Patientin wurde unter dem Verdacht einer komplizierten Verlaufsform der Endokarditis der Mitralklappe mit Abszeßbildung des posterioren Mitralklappenrings und septischem Aneurysma des Myokards mit begleitender Perikarditis und hämodynamisch nicht relevantem Perikarderguß auf die medizinische Intensivstation verlegt. Sie starb 30 Minuten nach Verlegung im plötzlichen Herz-Kreislauf-Stillstand. Bei der Obduktion wurden die echokardiographischen Befunde bestätigt.

Folgerung: Obwohl paravalvuläre Abszesse im Rahmen einer Mitralklappenendokarditis selten sind, sollte bei der transösophagealen echokardiographischen Untersuchung gezielt auch danach gesucht werden, um rechtzeitig eine chirurgische Therapie einleiten zu können.

Abstract

History and clinical findings: A 68-year-old woman was hospitalized because of fever and tiredness for 3 months. Her general condition was clearly impaired. She had a mild fever of 38.5°C and on auscultation a 3/6 systolic murmur, maximal parasternally in the 3rd intercostal space, transmitted to the apex. There were distant râles over both lungs, the neck veins were distended and there was ankle oedema.

Investigations: C-reactive protein was raised to 17.3 mg/dl (normal up to 0.9 mg/dl), WBC count 19,300/µl. β-haemolysing streptococcus (S. agalactiae) was grown in the blood culture. The ECG showed sinus tachycardia (rate of 98/min) and transthoracic echocardiography demonstrated a small pericardial, enlarged ventricles, marked mitral regurgitation and a large vegetation on the posterior mitral leaflet, as well as a 3 × 4 cm mass in the posterior wall of the ventricle, originating from the posterior mitral valve ring and communicating with the vegetation on the mitral valve. The posterior mitral leaflet was perforated.

Treatment and course: As endocarditis of the mitral valve with a complicated course was suspected - abscess of the posterior mitral valve ring and septic myocardial aneurysm with associated pericarditis and haemodynamically insignificant effusion - she was transferred to the intensive care unit where she died suddenly of circulatory arrest only 30 min after transfer. Autopsy confirmed the echocardiographic findings.

Conclusion: Paravalvar abscess in the course of mitral valve endocarditis is rare, but should be looked for at transthoracic echocardiography so that any necessary surgical intervention can be untertaken early.