Dtsch Med Wochenschr 1997; 122(50): 1547-1552
DOI: 10.1055/s-2008-1047798
Kasuistiken

© Georg Thieme Verlag KG Stuttgart · New York

Cushing-Syndrom mit lebensbedrohlichen infektiologischen Komplikationen

Cushing syndrome with life-threatening infectious complicationsS. Kloehn, T. Arendt, A. Reinecke-Lüthge, H.-J. Klomp, H. Mönig
  • Klinik für Allgemeine Innere Medizin (Direktor: Prof. Dr. U. R. Fölsch), Institut für Pathologie und Pathologische Anatomie (Direktor: Prof. Dr. G. Klöppel) und Klinik für Allgemeine und Thoraxchirurgie (Direktor: Prof. Dr. B. Kremer) der Christian-Albrechts-Universität zu Kiel
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Publikationsverlauf

Publikationsdatum:
25. März 2008 (online)

Zusammenfassung

Anamnese und Befund: Während der Behandlung einer Gesichtsphlegmone mit Corneabeteiligung in der HNO- und Augenklinik wurde der 54jährige Patient wegen sich rasch entwickelnder Dyspnoe in die Medizinische Klinik verlegt. Anamnestisch waren eine Herzinsuffizienz, eine arterielle Hypertonie, ein Diabetes mellitus sowie eine Femurfraktur nach einem Bagatelltrauma bekannt. Klinisch fanden sich eine zentrale Zyanose, Knöchelödeme, ein cushingoider Habitus und Ekchymosen. Über der Lunge waren ubiquitär klingende Rasselgeräusche auskultierbar. Die Körpertemperatur betrug 38,9°C.

Untersuchungen: Die klinisch-chemischen Parameter waren im Sinne einer akuten Entzündung verändert. Es bestand eine respiratorische Globalinsuffizienz. Im Röntgenbild des Thorax stellte sich neben einer Herzverbreiterung ein rechtsseitiges Infiltrat dar. Das EKG wies auf einen alten Vorderwandinfarkt sowie auf eine Linksherzbelastung hin.

Therapie und Verlauf: Die sich weiter verschlechternde respiratorische Funktion machte eine maschinelle Beatmung notwendig. Nach breiter antibiotischer sowie antimykotischer Therapie der vermuteten Pilz-Pneumonie konnte der Patient nach 28 Tagen extubiert werden. Mit einer Cortisolausscheidung von über 3300 µg/24 h und einem durch 1 mg Dexamethason nicht supprimierbaren Cortisol wurde ein pathologischer Hypercortisolismus diagnostiziert. Die weiteren endokrinologischen Tests wiesen auf einen Nebennierenprozeß hin. Im Computertomogramm konnte ein 3 cm großer Nebennierentumor links dargestellt werden, der operativ entfernt wurde und sich histologisch als Adenom erwies.

Folgerung: Heute sind die infektiologischen Komplikationen auf Grund der cortisolbedingten Immunsuppression beim Cushing-Syndrom selten, weil es meist vorher erkannt und behandelt wird. Bei Patienten mit schweren und protrahiert verlaufenden Infektionen sollte jedoch an das Vorliegen eines pathologischen Hypercortisolismus gedacht werden.

Abstract

History and admission findings: During treatment of phlegmon of the face, which involved the cornea, a 54-year-old man was transferred to the medical ward because of dyspnoea of rapid onset. He was known to have arterial hypertension with heart failure and diabetes mellitus, and to have sustained a fracture of the femur after minimal trauma. He had central cyanosis, ankle oedema, cushingoid appearance and ecchymoses. Loud rales ware heard over both lungs. Body temperature was 38.9°C.

Investigations: Laboratory tests indicated acute inflammation and he had signs of global respiratory failure. X-ray of the thorax showed cardiomegaly and an infiltrate in the right lung. The ECG indicated an old myocardial infarct and left heart strain.

Treatment and course: Mechanical ventilation with intubation became necessary because of deteriorating respiratory function. Broad-spectrum antibiotics and antibiotics against suspected fungal pneumonia were administered; he was extubated after 28 days. Cortisol excretion of more than 3300 µg/24 h and failure of cortisol suppression after 1 mg dexamethasone were diagnostic of hypercortisolism. Other endocrine tests revealed an adrenal lesion, shown by computed tomography to be an adrenal tumour, 3 cm in diameter. It was excised and histologically proved to be an adenoma.

Interpretation: Nowadays infectious complications due to cortisol-associated immunosuppression are rare in Cushing disease, because of its early recognition and treatment. But hypercortisolism should be considered in patients with severe and prolonged infections.