Aktuelle Rheumatologie 1981; 6(3): 88-94
DOI: 10.1055/s-2008-1051223
© Georg Thieme Verlag KG Stuttgart · New York

Kältebehandlung rheumatischer Erkrankungen: Wirkungsweise, Verfahren und therapeutische Prinzipien

Cryotherapy of Rheumatic Diseases: Mode of Action, Methods and Therapeutic PrinciplesKlaus L. Schmidt
  • Aus der Klinik für Physikalische Medizin, Balneologie und Rheumatologie
    am Klinikum der Justus-Liebig-Universität Gießen in Bad Nauheim
    Komm. Gf. Direktor: Prof. Dr. med. K. L. Schmidt
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Publikationsverlauf

Publikationsdatum:
18. Februar 2008 (online)

Abstract

Cold treatment has its roots in ancient medicine, but is actual still today. Cold treatment is defined physically as »Thermotherapy by withdrawal of heat«.
Usually, the term cold treatment means more the longer and intense cold applications and not the short cold stimuli which are typical for hydrotherapeutic procedures according to Kneipp. Effects of cold treatment can only be understood, when it is discriminated carefully between short and longlasting cold applications, because there are significant differences between these two kinds of treatment. Inhibition of inflammation is only possible with longer cold applications (20-30 minutes), however, facilitation of neuromuscular function can be achieved only with short cold stimuli. Cold treatment can be used alone or in combination with exercise therapy, basing on neuromuscular principles. With regard to rheumatology, analgesic, muscle-relaxing and edema-inhibiting effects of cold are especially attractive. Cold ist the most potent antiphlogistic agent in physical medicine which we know. Under certain conditions cold-induced vasoconstriction, cooling of muscles and increasing viscosity of synovia may have unwanted side effects. Cold applications are the treatment of choice in all acute inflammations, but are proved in many other rheumatological indications too. Though cold treatment has not so much contraindications than heat treatment, it is not indifferent and regards special experience and consideration of the patient's specific tolerance.

Zusammenfassung

Die Kältetherapie ist eine aktuelle Behandlungsmethode, ihre Wurzeln reichen bis in die Antike. Definitionsgemäß verstehen wir unter Kältetherapie eine Thermotherapie durch Wärmeentzug; im engeren Sinne sind aber damit intensivere Kälteapplikationen z. B. mit Eis, tiefgefrorenen Gelbeuteln usw. und nicht die Kaltanwendungen der Kneippschen Hydrotherapie gemeint. Für das Verständnis der Wirkungsweise der Kälte- oder Kryotherapie ist die sorgfältige Trennung zwischen Kurzzeit-Kältetherapie (kurze Kaltreize, kurze Pausen) und Langzeit-Kältetherapie (20-30 Minuten, evtl. mehr) wichtig, da die Wirkungen dieser beiden Anwendungsformen teilweise unterschiedlich sind. Eine intensive Entzündungshemmung ist nur mit längerfristigen Kälteapplikationen erreichbar. Die stimulierende Wirkung der Kälte zur Erleichterung neuromuskulärer Bewegungsabläufe durch Rezeptorenreizung andererseits gelingt nur mit kurzen Kältereizen. Kälte kann für sich allein oder in Kombination mit Bewegungstherapie (= Krankengymnastik, insbesondere auf neurophysiologischer Grundlage) angewendet werden. Unter rheumatologischen Gesichtspunkten sind die schmerzlindernden, die muskeldetonisierenden und die ödemhemmenden Wirkungen der Kälte besonders attraktiv; vor allem aber ist Kälte das potenteste physikalische Antiphlogistikum, das wir kennen. Die kältebedingte Vasokonstriktion, die Kühlung der Muskulatur und die Erhöhung der Synovia-Viskosität können sich in besonderen Fällen auch einmal unangenehm bemerkbar machen. Kältetherapie ist bei allen akuten Entzündungen das Mittel der Wahl, hat sich aber auch bei zahlreichen anderen rheumatologischen Indikationen bewährt. Obwohl die Kältebehandlung weniger Kontraindikationen hat als die Wärmebehandlung, ist sie ebenfalls nicht indifferent und bedarf neben der entsprechenden Erfahrung auch der Berücksichtigung der spezifischen Toleranz der Patienten.