Klin Monbl Augenheilkd 1982; 181(7): 46-53
DOI: 10.1055/s-2008-1055167
© 1982 F. Enke Verlag Stuttgart

Zur ärztlichen Aufklärungspflicht - juristische Aspekte - Erwartungen der Patienten*

Medical Enlightenment - Legal Aspects - Patients' ExpectationsE. Gramer, W. Leydhecker, G. K. Krieglstein
  • Univ.-Augenklinik Würzburg (Direktor: Prof. Dr. Dr. h. c. W. Leydhecker)
* Nach einem Referat bei der Tagung der Vereinigung Bayerischer Augenärzte, Würzburg 23.-24. Oktober 1981.
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Publication Date:
11 February 2008 (online)

Zusammenfassung

Die bei Ärzten und Juristen bestehende Unsicherheit über Form und Inhalt der präoperativen Aufklärung steht im Gegensatz zu ihrer zunehmenden Bedeutung als „Auffangstatbestand” im Arzthaftungsrecht. Die in ständiger Rechtsprechung entwikkelten Grundsätze zur Patientena ufklärung bieten dem Arzt eine oftmals nur schwer verständliche Orientierungshilfe. Für Routineoperationen an großen Kliniken ist daher eine einheitliche, pragmatische Lösung erforderlich. Da der Operationsverlauf bei Glaukom- und Katarakt-Operationen an der Universitäts-Augenklinik Würzburg seit Jahren mit Hilfe computerlesbarer Belegbögen dokumentiert wird, konnten auf der Grundlage dieser Vorinformationen schriftliche Patienteninformationen entwikkelt und ihre Anwendbarkeit geprüft werden. Mit dem Ziel, Aufschlüsse über die Erwartungen der Patienten zur Aufklärung zu erhalten, wurden 222 Patienten befragt. Diese Ergebnisse werden zusammenfassend dargestellt. Die Stufenaufklärung stellt besonders bei Glaukomkranken die beste Methode dar, um den Besonderheiten der Erkrankung, den ärztlichen und juristischen Anforderungen sowie den Erwartungen der Patienten gerecht zu werden. Dabei hat sich ein Informationsbuch, geschrieben für den Patienten, besonders bewährt. Fast alle Patienten empfanden die angebotene präoperative Aufklärung als umfassend und ihrem Verständnis angemessen, was sich auch in der überdurchschnittlich hohen Wiedergabe der Aufklärungsinhalte 4 bis 6 Tage nach der Information zeigt. Angaben zu Operationskomplikationen werden, wie die Nachbefragung ergab, besonders rasch aus dem Gedächtnis verdrängt. Eine schriftlich festgelegte Aufklärung, die dem Patienten zuvor nach Hause mitgegeben wird, mit zusätzlicher mündlicher Erläuterung noch offener Fragen durch einen Arzt bei stationärer Aufnahme, wird den Erwartungen am ehesten gerecht. Das Aufklärungsgespräch wird dabei in den wenigsten Fällen mit dem Operateur persönlich erwartet. Eine psychologische Untersuchung des Angstniveaus aufgeklärter und nicht aufgeklärter Patienten ergab, dass die von uns angebotene Aufklärung die präoperative Angst nicht steigert. Der Bereich der Augenheilkunde ist für eine schriftliche Festlegung der Aufklärungsinhalte besser geeignet als andere operative Fächer, da Krankheiten mit infauster Prognose glücklicherweise selten sind.

Summary

There is some uncertainty among doctors and lawyers about the form and content of presurgical medical enlightenment of the patient.

Presurgical enlightenment is of increasing significance with respect to malpractice suits. Current jurisdiction has developed principles of enlightenment that are often difficult for the doctor to handle. For routine procedures in major hospitals a standardized, pragmatically designed consent form is therefore necessary.

At Würzburg University Eye Hospital the results of glaucoma and cataract surgery have been documented for years by using computer-readable forms. On the basis of these large-scale results from many thousands of procedures a written consent form was developed and tested for its suitability. Two hundred and twenty-two patients were questioned on their expectations as to proper enlightenment. The results of these broadly scattered interviews are summed up and presented. Especially with glaucoma patients, the best method of enlightenment, satisfying both medical and legal requirements, is an information booklet designed for lay people together with verbal information furnished by the doctor. Nearly all of the patients interviewed found the preoperative enlightenment complete and sufficiently clear. The majority of them could repeat the contents of the enlightenment form four to six days after the operation. This speaks well for the adequacy of the enlightenment. As a rule, the written consent form was supplemented by verbal enlightenment from the operating physician immediately before hospitalization of the patient. A psychological investigation of preoperative anxiety with enlightened and non-enlightened patients revealed that the enlightenment form did not increase preoperative anxiety.

Surgical ophthalmology lends itself to a written consent form more readily than other surgical disciplines, because diseases with poor prognoses for life are fortunately rare.