Dtsch Med Wochenschr 1994; 119(24): 875-878
DOI: 10.1055/s-2008-1058774
Kasuistiken

© Georg Thieme Verlag KG Stuttgart · New York

Importierte Cholera-Infektion mit einem neuen nicht-agglutinierenden Cholera-Erreger

Imported cholera infection caused by a new nonagglutinating strain of Vibrio choleraeM. Emeis, O. Liesenfeld, R. Stephan, S. Panzer-Heinig, B. Stück
  • I. und II. Innere Abteilung der Kinderklinik Wedding, Universitätsklinikum Rudolf Virchow, Institut für Medizinische Mikrobiologie und Infektionsimmunologie der Freien Universität, und Fachgebiet für Enterobakteriazeen, Robert-Koch-Institut des Bundesgesundheitsamtes, Berlin
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Publikationsverlauf

Publikationsdatum:
25. März 2008 (online)

Zusammenfassung

Bei einem 15jährigcn Mädchen entwickelten sich innerhalb von 24 Stunden nach der Rückkehr von einer fünfwöchigen Urlaubsreise nach Pakistan Erbrechen und ausgeprägte Durchfälle, die zu einer Dehydratation mit dem Bild eines hypovolämischen Schocks führten. Im Vordergrund standen ein nicht mehr meßbarer diastolischer Blutdruck, ein beginnen des prärenales Nierenversagen mit einem Serum-Kreatinin von 4,4 mg/dl und eine metabolische Acidose (pH 7,21, Basenüberschuß -16,9 mmol). Initial wurde eine Rehydratationstherapie durchgeführt (Tag 1: 9280 ml, Tag 2: 4850 ml), unter der sich der Zustand der Patientin rasch besserte und sich voluminöse Stuhlabgänge entwickelten. Ein gleichzeitig bestehender Harnwegsinfekt mit Klebsiella pneumoniae wurde zunächst mit Co-trimoxazol behandelt. Der Nachweis von Vibrio cholerae der neuen Serogruppe O 139, Synonym Bengal, im Stuhl führte nach 3 Tagen zu einer Umstellung der Therapie auf Tetracyclin (50 mg/kg · d). Die Patientin konnte am 6. Tag des statio nären Aufenthalts in gutem Allgemeinzustand auf die Isolierstation verlegt werden. Bei dem nachgewiesenen Cholera-Erreger handelt es sich um eine nicht-agglutinierende Serogruppe, die sich jedoch klinisch und epidemiologisch nicht von den klassischen Cholera-Erregern unterscheidet. Seit Ende 1992 wird in Bangladesch und Indien eine explosionsartige Ausbreitung dieser neuen Serogruppe beobachtet.

Abstract

Within 24 hours of returning from a five-week holiday in Pakistan a 15-year-old girl developed vomiting and massive diarrhoea leading to severe dehydration with hypovolaemic shock. The diastolic blood pressure was no longer measurable and prerenal renal failure occurred with a serum creatinine of 4.4 mg/dl and metabolic acidosis (pH 7.21, base excess -16.9 mmol). Initially treatment consisted of rehydration (day 1: 9280 ml, day 2: 4850 ml). The patient's condition rapidly improved and she had voluminous stools. A concurrent urinary infection due to Klebsiella pneumoniae was first treated with cotrimoxazole. As a new strain of Vibrio cholerae, serogroup O 139, was isolated from stool, treatment was changed to tetracycline (50 mg/kg daily). Regaining a good general state she was transferred to an isolation ward on the 6th hospital day. The isolated choleraorganism belongs to a nonagglutinating serogroup which is indistinguishable clinically and epidemiologically from the classical Vibrio strains which cause cholera. Since the end of 1992 this new serogroup has been causing an explosive spread of cholera in Bangladesh and India.