Klinische Neurophysiologie 1997; 28(1): 11-17
DOI: 10.1055/s-2008-1060147
Originalarbeit

© Georg Thieme Verlag Stuttgart · New York

Elektrophysiologie komplexer Sätze: Ereigniskorrelierte Potentiale auf der Wort- und Satzebene

Electrophysiology of complex sentences: word and sentence-level ERPsTh. F. Münte, O. Schwirtz, B. M. Wieringa, M. Matzke, S. Johannes
  • Neurologische Klinik mit Klinischer Neurophysiologie der Medizinischen Hochschule Hannover
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Publication History

Publication Date:
18 March 2008 (online)

Summary

Event-related brain potentials were recorded in a group of German-speaking (n = 12) and a group of English-speaking subjects (n = 12) while they read sentences containing relative clauses in their respective mother language. These relative clauses were manipulated such that in half of the sentences the subject of the main clause was also the subject of the relative clause, while in the other half it served as the object of the relative clause.

ERPs were recorded from 32 channels and were analysed on the word and the sentence level. On the word level the results of the English group replicated the study by King and Kutas [7] with differences at all positions following the relative pronoun. However, the comparision to the German study, which did not reveal any consistent differences, suggests that word-class differences due to the rearrangement of the word-order in the two sentence types was the reason for the differences. On the sentence level, an extended negativity was found onsetting at word 3 of the relative clause for the object-relative clauses in both languages. This is a likely correlate of the different working memory loads posed by the two sentence types. The investigation underscores the utility of sentence level ERPs.

Zusammenfassung

Ereigniskorrelierte Hirnpotentiale wurden in einer Gruppe deutscher (n = 12) und einer englisch-sprachiger (n = 12) Probanden registriert, während diese in ihrer jeweiligen Muttersprache Sätze lasen, die Relativsätze enthielten. Diese Sätze waren so manipuliert, daß das Subjekt des Hauptsatzes gleichzeitig auch als Subjekt des Nebensatzes fungierte, in der anderen Hälfte jedoch das Objekt des Nebensatzes darstellte.

Die ereigniskorrelierten Potentiale wurden in 32-Kanaltechnik registriert und auf der Ebene der Einzelwörter sowie auf der Satzebene analysiert. Für die englische Gruppe wurden auf der Wortebene Unterschiede ab dem zweiten Wort des Relativsatzes gefunden und insoweit die Befunde von King und Kutas [7] repliziert. Bei Vergleich mit den Ergebnissen der deutschen Gruppe, für die sich keine konsistenten Unterschiede zeigten, liegt jedoch nahe, daß die Differenzen in der englischen Gruppe auf die in dieser Sprache notwendige Veränderung der Wortfolge und somit den Vergleich unterschiedlicher Worklassen an den einzelnen Positionen im Satz zurückzuführen sind. Auf der Satzebene wurde in beiden Sprachen für die Objekt-Relativsätze eine ausgedehnte Negativität gefunden, die mit der vermehrten Belastung des Arbeitsgedächtnis für diese Sätze erklärt wird. Die Ergebnisse unterstreichen die Notwendigkeit satzbasierende ereigniskorrelierte Potentiale in die Analyse von Sprachprozessen miteinzu-beziehen.

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