Klinische Neurophysiologie 1984; 15(4): 198-202
DOI: 10.1055/s-2008-1061020
© Georg Thieme Verlag Stuttgart · New York

Diskrepanzen zwischen klinischen und neurophysiologischen Befunden bei Vigilanzstörungen

Discrepancies between clinical and neurophysiological data in cases with disturbances of vigilanceG. D'Ambrosio, R. Vizioli
  • Clinica Neurologica, Università di Napoli
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Publication Date:
18 March 2008 (online)

Summary

In spite of the fact that animal experimentation has demonstrated the importance of the reticular formation of brain stem in the maintenance of consciousness some discrepancies still exist concerning the localization of this function in man. 40 patients suffering from intracranial tumours localized in brain stem diencephalon and basal ganglia have been reviewed by authors. From this study it could be observed that expanding lesions involving only brain stem did not show troubles of awareness which were also very seldom observed in tumours involving brain stem and neighbouring structures. A higher incidence of troubles of awareness was observed in patients with tumours involving diencephalon and basal ganglia.

Troubles of consciousness seemed unrelated with increase of intracranial pressure because this increase was observed frequently in the first two groups of patients where troubles of consciousness were not present while troubles were observed in 73,4 % of patients where intracranial pressure was not increased.

A short review of troubles of consciousness in brain stem lesions of traumatic, vascular, and tumoral origin has been made by the authors and the discrepancies between neurophysiological data and clinical events is stressed in the light of the fact that hemispheric tumours more frequently than brain stem tumours cause troubles of consciousness. The possibility of a telencephalization of consciousness regulation in man is considered by authors.

Zusammenfassung

Obgleich die Versuche an Tieren erkennen ließen, daß die Formatio reticularis des Hirnstammes die verantwortliche Struktur für das Bewußtsein ist, gibt es heute noch keine übereinstimmenden Daten für die Lokalisation dieser Funktion beim Menschen. Um die Bewußtseinsstörungen zu beurteilen, wurden 40 Patienten untersucht, die an Tumoren des Hirnstammes, der Basalkerne und des Zwischenhirnes erkrankt waren. Aus diesen Untersuchungen geht hervor, daß raumfordernde Prozesse, die nur den Hirnstamm betrafen, keine Bewußtseinsstörungen bewirken; sie waren ebenso selten bei Prozessen, die auch die angrenzenden Strukturen erfaßten. Hingegen fand man einen höheren Prozentsatz von Bewußtseinsstörungen bei Patienten mit Tumoren des Zwischenhirngebietes und der Basalganglien.

Die Bewußtseinsstörung scheint keine einfache Beziehung zu einer intrakraniellen Drucksteigerung zu haben, denn bei Patienten ohne Bewußtseinsstörungen wurde häufiger Hirndruck festgestellt als bei Patienten mit gesteigertem intrakraniellen Druck.

Vergleiche mit Daten aus der Literatur, die Bewußtseinsstörungen bei traumatischen, vaskulären und tumoralen Hirnstammläsionen des Menschen betreffen, zeigen Diskrepanzen zwischen neurophysiologischen und klinischen Befunden bezüglich Häufigkeit der Bewußtseinsstörungen bei Gehirnläsionen. Hemisphärentumoren verursachen Bewußtseinsstörungen häufiger als Hirnstammtumoren. Deshalb wird die Möglichkeit der Telenzephalisation der Bewußtseinsregelung beim Menschen erwogen.