Psychother Psychosom Med Psychol 2008; 58 - S64
DOI: 10.1055/s-2008-1061570

Prävalenz und Korrelate von Depersonalisation in Deutschland–eine Repräsentativerhebung

M Michal 1, ME Beutel 1
  • 1Klinik und Poliklinik für Psychosomatische Medizin und Psychotherapie, Mainz

Depersonalisation (DP) ist durch andauernde oder immer wiederkehrende Gefühle der Unwirklichkeit und Abgelöstheit vom eigenen Selbst und der Umwelt gekennzeichnet. Es werden Prävalenzen von 1.7–2.4% in der Allgemeinbevölkerung [1] berichtet. Demnach würde DP zu den eher häufigen Störungen zählen. Trotzdem wird DP so gut wie nicht erforscht. Herbst 2006 führte die Psychosomatik/Mainz eine bevölkerungsrepräsentative Erhebung von DP durch. Bei einer Responserate von 61.9% konnten 1.287 Personen im Alter von 14- befragt werden. DP wurde mit der Cambridge Depersonalisation Scale [2] erhoben, weitere psychische Störungen mit dem PHQ-D [3]. Des Weiteren machten die Teilnehmer Angaben zu ihrer medizinischen Anamnese. 1.9% der Bevölkerung zeigten pathologische DP, 9.7% fühlten sich durch DP zumindest etwas beeinträchtigt. DP-Betroffene waren seltener verheiratet und wiesen ein niedrigeres Haushaltseinkommen auf. DP war stark mit anderen psychischen Störungen, insbesondere Angst und Depression assoziiert. DP-Betroffene berichteten, dass–nach Kontrolle für andere psychische Störungen–sich ihre Eltern häufiger vor dem 18 Lj. scheiden ließen und dass ihre Kindheit häufiger durch Ablehnung und Strafe belastet war. Des Weiteren zeigten sich robuste Assoziationen mit Erkrankungen wie Hypertonie, chronische Lungenkrankheiten, Migräne und Schmerz. Die Ergebnisse sprechen dafür, dass DP ein unabhängige Entität ist, deren klinische Bedeutung bisher massiv vernachlässigt wurde.

Literatur: 1. Hunter EC, Sierra M, David AS (2004) The epidemiology of depersonalisation and derealisation. A systematic review. Soc Psychiatr Epidemiol 39: 9-18 2. Michal M, Sann U, Niebecker M, Lazanowski C, Aurich S, Kernhof K, Overbeck G (2004) Die Erfassung des Depersonalisations- Derealisationssyndroms mit dem Fragebogen zu Dissoziativen Symptomen. Z Psychosom Med Psychother 50: 271-287. 3. Loewe B, Spitzer RL, Zipfel S, Herzog W. PHQ-D Gesundheitsfragebogen für Patienten (German Version of the Patient Health Questionnaire). Karlsruhe: Pfizer; 2002.