Physikalische Medizin, Rehabilitationsmedizin, Kurortmedizin 1992; 02(3): 78-83
DOI: 10.1055/s-2008-1062108
© Georg Thieme Verlag Stuttgart · New York

Die sympathische Reflexdystrophie (RSD) der oberen Extremität - Klinische, szintigraphische und dynamometrische Langzeitbeobachtungen

Reflex sympathetic dystrophy of the hand - Results of clinical scintigraphic and dynamographic long-term investigationsV. Fialka, I. Zifko, B. Schneider, S. Schimmerl
  • Univ.-Klinik f. Phys. Med. und Rehab. (Vorstand: Univ.-Prof. DDr. E. Ernst)
  • Institut für med. Statistik der Univ. Wien (Suppl. Leiter: Univ.-Prof. Dr. V Schreiber)
  • Zentrale Klinik für Radiodiagnostik der Univ. Wien (Vorsand: Univ.-Prof. Dr. H. Pokieser)
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Publication Date:
19 March 2008 (online)

Summary

Objective:The results of clinical, three phase bone scan and dynamometrie long-term observation performed in 32 patients with RSD are presented.

Subjects:32 patients with reflex sympathetic dystrophy (RSD) were divided into two groups according to the dominance of the hand suffering from RSD (group 1: n = 14 injury of non dominant extremity, group 2: n = 18 injury of dominant extremity). The trauma dated back with an average of 2.2 months. All patients were treated with therapeutic exercise. Treatment lasted 3 months and was administered three times weekly. Control examination was performed 40.8 months after the trauma.

Design:Clinical examination comprised of pain rating according to the verbal rating scale (VRS). Results of goniometric measurements, measurements of the circumference of the affected extremity and of skin temperature were compared to those of the healthy side. Additionally patients underwent grip strength measurements and three phase bone scan examination.

Results:At first examination 96.9 % of the patients complained of rather severe or very severe burning pain. In allmost all the cases the limb was swollen and 1 °C warmer than the healthy one. In 93.8% range of movement was reduced. Control examinations demonstrated a normalization of joint stiffness in 78.1 %, edema in 21.9%, and 10% still complained of strong pain.

The comparative three phase bone scan at first examination revealed an increase in the uptake scan alone and was normalized at control examination. Grip strength measurements suggested a general loss of muscle power in patients with RSD. Relative deficits of muscle power were found in the hand suffering from RSD.

Conclusion:Despite the normalization of objective parameters subjective complaints of pain and muscle weaknesses could be documented. This leads to the hypothesis of autonomic pain which is independent of objective parameters. In regard to residual symptoms psychotherapy combined with a functional occupational therapy program should be administered. The success of such a program cannot be predicted by present data.

Kurzfassung

Ziel:Ziel der Studie ist es, die Spätfolgen der Reflexdystrophie an 32 Patienten mit Reflexdystrophie (RSD) mindestens 21 Monate nach Trauma klinisch, szintigraphisch und dynamometrisch zu dokumentieren. Die Ergebnisse bei Befall der nicht dominanten Extremität (= Gruppe 1) sollen mit jenen bei Erkrankung der dominanten Extremität (= Gruppe 2) verglichen werden.

Patienten:32 Patienten mit RSD der oberen Extremität wurden in zwei Gruppen eingeteilt (Gruppe 1 : n = 14: Erkrankung der nicht dominanten Extremität, Gruppe 2: n = 18: Erkrankung der dominanten Extremität). Das Zeitintervall zwischen Trauma und Erstuntersuchung betrug durchschnittlich 2,2 Monate. Alle Patienten wurden nach der Erstuntersuchung drei Monate lang 3 ×/Woche krankengymnastisch behandelt. Die Kontrolluntersuchung erfolgte 40,8 Monate nach dem Trauma.

Methoden:Die klinische Untersuchung umfaßte die Beurteilung des Schmerzes nach der “verbal rating scale” (VRS), die goniometrische Messung der Gelenkbeweglichkeit nach der Neutral-Null-Methode, die Umfangmessung der betroffenen Extremität, sowie die Beurteilung der Temperaturdifferenz der Hautoberfläche jeweils im Vergleich zur gesunden Seite. Ergänzend wurden eine Dynamometrie der Faustschlußkraft und eine Drei-Phasen-Szintigraphie durchgeführt.

Ergebnisse:Die Ergebnisse der Erstuntersuchung ergaben bei 96,9% starke bis sehr starke Schmerzen (verbal rating scale). Bei allen Patienten war die Hand geschwollen. 93,8% wiesen einen reduzierten Bewegungsumfang im Handgelenk auf. Die Hauttemperatur war auf der betroffenen Seite um durchschnittlich 1,0 °C erhöht. Bei der Kontrolluntersuchung hatten noch 18,8% starke und 3,1% sehr starke Schmerzen. Der Bewegungsumfang war bei 21,9% eingeschränkt. Während die durchschnittliche Hauttemperaturdifferenz in Gruppe 1 - 0,9 °C betrug, war sie in Gruppe 2 mit 0,01 °C nahezu seitengleich. Die Drei-Phasenszintigraphie ergab bei der Erstuntersuchung in der Knochenphase eine diffuse Aktivitätserhöhung mit Punctum maximum im Bereich der Läsion. Bei der Kontrolluntersuchung hatte sich die vormals erhöhte Aktivität weitestgehend normalisiert. Dynamometrische Messungen der Faustschlußkraft konnten wegen der anfänglich starken Schmerzen erst bei der Kontrolluntersuchung durchgeführt werden. Sie ergaben allgemein reduzierte Kräfte an beiden Händen sowie relative Kraftdefizite der verletzten Hand.

Schlußfolgerung:Die bei der Kontrolluntersuchung weitestgehende Normalisierung der objektiven Befunde bei noch vorhandener subjektiver Restsymptomatik und reduzierter Kraft spricht für eine Verselbständigung des Schmerzes. Eine Psychotherapie in Kombination mit funktioneller Ergotherapie scheint in dieser Spätphase angezeigt. Die Antwort auf den Effekt mit und ohne derartige Therapien kann aufgrund der vorliegenden Daten nicht gegeben werden.

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