Rofo 2008; 180 - WI_PO_90
DOI: 10.1055/s-2008-1074015

Strahlenexposition durch diagnostische und interventionelle Röntgenanwendungen: Erfassung der kumulativen 5-Jahresdosis von Krebspatienten

G Brix 1, S Nissen-Meyer 2, U Lechel 1, J Nissen-Meyer 2, J Griebel 1, EA Nekolla 1, C Becker 2, M Reiser 2
  • 1Bundesamt für Strahlenschutz, Medizinische Strahlenhygiene und Dosimetrie, Oberschleissheim
  • 2München

Ziele: Bei der Bewertung der aus Röntgenanwendungen resultierenden Strahlenexposition der Bevölkerung stellt die unterschiedliche Dosisbelastung verschiedener Personengruppen einen wichtigen Aspekt dar. So werden z.B. Krebspatienten häufig geröntgt, haben aber oft eine verkürzte Lebenserwartung. Ziel der Studie war es, diesen Aspekt für Patienten mit den zehn häufigsten Krebserkrankungen zu quantifizieren. Methode: Anhand der Krebsstatistik des Robert-Koch-Instituts wurden die zehn häufigsten Krebserkrankungen und die entsprechenden ICD-Codes identifiziert. Es handelt sich um Tumoren des Darms (16,8%), der Brust (13,0%), der Prostata (11,5%), der Lunge (10,6%), der Blase (6,1%), des Magens (4,6%), der Nieren (3,9%), des Pankreas (3,0%) sowie um Melanome (3,3%) und Non-Hodgkin-Lymphome (2,9%). Für alle Patienten, denen im Jahr 2000 am Klinikum der Ludwig-Maximilians-Universität (Großhadern) erstmals der entsprechende ICD-Code zugewiesen wurde, wurden die folgenden Angaben aus dem KIS/RIS ermittelt: Patientennummer und Alter bei Diagnosestellung sowie Datum und Aufnahmeparameter für jede der in den nachfolgenden fünf Jahren durchgeführte diagnostische und interventionelle Röntgenanwendung. Aus diesen Daten wurde für jeden Patienten die Zeit zwischen Diagnosestellung und letzter Röntgenuntersuchung im 5-Jahreszeitraum sowie die kumulative effektive 5-Jahresdosis berechnet. Ergebnis: Die genannten personen- und untersuchungsspezifischen Daten wurden für insgesamt 1652 Krebspatienten (Alter: 61,1 +- 13,9 Jahre) erhoben. Für die zehn untersuchten Tumorarten lag die mittlere Untersuchungsdauer im Klinikum zwischen 8,4 (Magentumoren) und 23,9 (Brusttumoren) Monaten. Für die mittlere Fünfjahresdosis ergaben sich Werte zwischen 8,6 (Prostatatumoren) und 68,8 mSv (Pankreastumoren). 5,4% der Patienten erhielten eine Dosis zwischen 100 und 200 mSv, 1,2% zwischen 200 und 300 mSv sowie 0,2% zwischen 300 und 375 mSv (Maximum). Schlussfolgerung: Die ermittelten Dosiswerte stellen eine untere Abschätzung dar, da Untersuchungen der Patienten in anderen Einrichtungen nicht berücksichtigt wurden. Dennoch belegen sie, dass Krebspatienten eine hochexponierte Subpopulation innerhalb der Bevölkerung darstellen. Die Exposition ist jedoch bei den meisten dieser Patienten strahlenbiologisch nicht relevant, da sie aufgrund ihres im Vergleich zur Normalbevölkerung erhöhten Lebensalters sowie ihrer in der Regel deutlich verkürzten Lebenserwartung einen möglicherweise strahleninduzierten Sekundärtumor nicht erleben werden.

Korrespondierender Autor: Brix G

Bundesamt für Strahlenschutz, Medizinische Strahlenhygiene und Dosimetrie, Ingolstädter Landstr. 1, 85762 Oberschleissheim

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