Dtsch Med Wochenschr 2008; 133(15): 795
DOI: 10.1055/s-2008-1075651
Korrespondenz | Correspondence
Leserbrief
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Kontrollierte Studien in deutschsprachigen Publikationen

M. Hanefeld
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Publication Date:
01 April 2008 (online)

Zum Beitrag in DMW 6/2008

Auch und gerade in Zeiten der Globalisierung sind Nationen Wettbewerber. Das gilt besonders für so kompetitive Gebiete wie meinungsbildende klinische Studien, in denen Wissenschaft und Kommerz eine unentwirrbare Zwangsehe eingehen. Der von Herrn Prof. Middeke in seinem Beitrag „Kontrollierte Studien in deutschsprachigen Publikationen” [1] angesprochene „Publikationsimperialismus”, hat zweifellos zur Herausbildung der Meinungsbildnerhoheit anglo-amerikanischer Autoren beigetragen. Befördert durch die Dominanz des Anglosächsischen als moderne Lingua franka, trägt er damit zwangsweise auch zum Bedeutungsverlust deutschsprachiger Publikationen bei.

Dass es dabei nicht immer fair zugeht, zeigt die von Herrn Prof. Middeke vorgestellte Analyse des Cochrane-Zentrums bezüglich der Wiedergabe deutschsprachiger Publikationen zu kontrollierten Studien [2]. Die wirtschaftlichen Folgen des weitgehenden Einflussverlustes deutschsprachiger Publikationen bei der Meinungsbildung lassen sich bei der deutschen Pharmaindustrie besichtigen. Englisch als Lingua franka, zusammen mit der modernen Informationstechnologie, hat eine Weltgemeinschaft der Wissenschaft hervorgebracht, die zu den großartigsten Errungenschaften der modernen Zivilisation zählt. Aber wir sollten dabei unsere Identität schärfen und unserer Sprache den gebührenden Platz in der Wissenschaft erhalten.

„Am Anfang war das Wort” heißt es in der Bibel und am besten kann man es in seiner Muttersprache ausdrücken. Bach, Luther und Einstein, aber auch Robert Koch und viele prominente medizinische Autoren haben dies auf Deutsch getan. Letzterer in der DMW. Deshalb sollten wichtige klinische Studien - nicht nur „Reviews” - auch weiterhin in deutscher Sprache veröffentlich werden. Man sollte auch nicht vergessen, dass selbst englischsprachige Publikationen dem NIH-Prinzip (Not-Invented-Here) unterworfen sind. Meinungsführerschaft bringt Wettbewerbsvorteile, auch im Science Citation Index. Am Anfang war das Wort …, dabei sollte die Wissenschaftssprache Deutsch nicht nur second hand benutzt werden.

Literatur

  • 1 Middeke M. Kontrollierte Studien in deutschsprachigen Publikationen.  Dtsch Med Wochenschr. 2008;  133 229
  • 2 Blümle A, Antes G. Handsuche nach randomisierten kontrollierten Studien in deutschsprachigen medizinischen Zeitschriften.  Dtsch Med Wochenschr. 2008;  133 230-234

Prof. Dr. med. Markolf Hanefeld

Zentrum für Klinische Studien, Forschungsbereich Endokrinologie und Stoffwechsel

Fiedlerstraße 34

01307 Dresden

Email: hanefeld@gwtonline-zks.de