Zentralbl Chir 2008; 133(5): 452
DOI: 10.1055/s-2008-1076960
Kommentar

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Kommentar zu F. Pfeffer et al.

Comment to F. Pfeffer et al.R. T. Grundmann1
  • 1Kreiskliniken Altötting-Burghausen
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Publication Date:
15 October 2008 (online)

Die vorliegende Arbeit analysiert die Frage, ob man eine beidseitige Leistenhernie simultan oder zweizeitig versorgen soll. Sie kommt zu dem Schluss, dass die vielfach geäußerte Meinung, dass speziell bei bilateralen Leistenhernien die laparoskopische Technik gewählt werden sollte, aufgrund der Datenlage nicht belegt sei. Die Wahl der Methode könne sich vielmehr nach dem Standardverfahren des Hernienzentrums richten, eine spezielle Operationsmethode für bilaterale Leistenhernien sei nicht gerechtfertigt. Man kann der Schlussfolgerung von Pfeffer et al. aufgrund der von ihnen erbrachten Analyse folgen. In die Diskussion zur Versorgung von Leistenhernien fließen heute aber auch ökonomische Gesichtspunkte ein, diese werden in der vorliegenden Arbeit nicht analysiert. So steht es außer Zweifel, dass die offenen Netzverfahren – idente Rezidivraten vorausgesetzt – für das Krankenhaus das kostengünstigere Vorgehen im Vergleich zur laparoskopischen Chirurgie darstellen, wie randomisierte Studien z. B. von Liem et al. [2], Wellwood et al. [5] oder Johannson et al. [1] belegen. Allerdings konnten in diesen Studien laparoskopisch versorgte Patienten, wenn auch statistisch nicht signifikant, früher die Arbeit wieder aufnehmen und die Inzidenz postoperativer Schmerzen war geringer. Für die Versorgung bilateraler Hernien kommen diese Vorteile nun deutlicher zum Tragen, dementsprechend kommt der Health Technology Assessment (HTA) Bericht von McCormack et al. [3] – für die englischen Gesundheitsbehörden erstellt – zu der Schlussfolgerung, dass speziell für die Versorgung bilateraler symptomatischer Hernien die laparoskopische Versorgung das kostengünstigste Verfahren für Krankenkassen und Gesellschaft darstellen könnte. Die Operationszeit als ein Kostentreiber wirke sich nicht in gleicher Weise wie bei dem einzeitigen Vorgehen zu Ungunsten der Laparoskopie aus und die kürzere Rekonvaleszenzzeit mache sich bei beidseitigem Vorgehen deutlicher positiv bemerkbar. Bewiesen sei dies allerdings erst, wenn die in den Studien nachgewiesene verbesserte Rekonvaleszenz sich auch in realiter in kürzerer Arbeitsunfähigkeit niederschlage. Eine Studie von van den Oever [4] belegt, dass in Belgien im Jahr 1994 etwa 1,5 Milliarden belgische Francs (40 BEF ∼ 1 €) für die Krankenhausversorgung von Leistenhernienpatienten von den Krankenkassen ausgegeben wurden, im Vergleich dazu waren die Ausgaben für die Arbeitsunfähigkeit wesentlich höher und betrugen 2,5 Milliarden belgische Francs. Die höheren Kosten des laparoskopischen Vorgehens wären mehr als kompensiert, wenn die Patienten im Mittel bereits zwei Tage früher ihre normale Arbeit wieder aufnehmen könnten. Diese Ausführungen sollen nicht den Folgerungen von Pfeffer et al. widersprechen, möchten aber darauf hinweisen, dass es auch aus ökonomischen Gründen sinnvoll ist, dass erfahrene Zentren bilaterale Hernien laparoskopisch versorgen. Das häufig gegen das laparoskopische Vorgehen vorgebrachte Argument, dass dieses Verfahren teurer sei – was es bei einseitiger Versorgung auch ist –, gilt eben nicht für die simultane Versorgung beidseitiger Hernien, zumindest unter sozioökonomischen Gesichtspunkten.

Literatur

  • 1 Johansson B, Hallerbäck B, Glise H et al. Laparoscopic mesh versus open preperitoneal mesh versus conventional technique for inguinal hernia repair. A randomized multicenter trial (SCUR Hernia Repair Study).  Ann Surg. 1999;  230 225-231
  • 2 Liem M SL, Halsema J AM, van der Graaf Y on behalf of the Coala trial group et al.,. Cost-effectiveness of extraperitoneal laparoscopic inguinal hernia repair: A randomized comparison with conventional herniorrhaphy.  Ann Surg. 1997;  226 668-676
  • 3 McCormack K, Wake B, Perez J et al. Laparoscopic surgery for inguinal hernia repair: systematic review of effectiveness and economic evaluation.  Health Technology Assessment. 2005;  9 (No. 14)
  • 4 van der Oever R, Debbaut B. Kostenanalyse der Leistenhernienchirurgie bei ambulanter und stationärer Versorgung.  Zentrabl Chir. 1996;  121 836-840
  • 5 Wellwood J, Sculpher M J, Stoker D et al. Randomised controlled trial of laparoscopic versus open mesh repair for inguinal hernia: outcome and cost.  BMJ. 1998;  317 103-110

Prof. Dr. R. T. Grundmann

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