Aktuelle Ernährungsmedizin 2008; 33 - A3_6
DOI: 10.1055/s-2008-1079411

Zirkulierende Gallensäuren und Energieumsatz bei Patienten mit Leberzirrhose und gesunden Kontrollen

L Valentini 1, G Brabant 2, E Schütz 1, S Gläser 1, A Omar 1, E Kasim 1, H Lochs 1, J Ockenga 3
  • 1Charité Universitätsmedizin Berlin
  • 2Medizinische Hochschule Hannover
  • 3Klinikum Bremen Mitte

Einleitung: Gallensäuren (GS) dienen zur Lipidresorption und zum Cholesterinabbau. Weniger bekannt sind ihre vielfältige Funktionen als Signalmoleküle. So zeigten Watanabe et al bei Nagetieren (Nature, 2006, 439:484), dass GS über komplexe Reaktionsketten, beginnend mit der Anbindung am G-protein-gekoppelten Zellmembranrezeptor TGR5, die Atmungskette in den Mitochondrien aktivieren. Damit bewirken sie eine Feinregulierung des Energiestoffwechsels. Die Autoren postulieren, dass die Ergebnisse für den Menschen relevant sein könnten. Ziel unserer Untersuchung war es, mögliche Assoziationen zwischen zirkulierenden GS und Energieumsatz (EU) bei gesunden Menschen und Menschen mit krankheitsbedingt erhöhten GS sowohl im Nüchternzustand als auch nach oraler Nahrungsgabe zu ermitteln.

Methoden: Untersucht wurden 8 Leberzirrhose-Patienten (LC) mit transjugulärem intrahepatischem portosystemischem Stent-Shunt (6m/2w, 47±12J, BMI: 25,0±2,6kg/m2) und 10 gesunde Kontrollen (KON) (8m/2w, 43±9,4J; BMI 26,4±3,5kg/m2). Die Probanden wurden zuerst nüchtern beobachtet und dann nach Gabe einer Trinknahrung (200ml, 300kcal) über 60min untersucht. EU wurde mit indirekter Kalorimetrie (Deltatrac) bestimmt, die venösen GS-Spiegel im 15min Takt ermittelt.

Ergebnisse: GS waren bei LC im Vergleich zu KON signifkant erhöht (114±46 vs. 11,6±4,1µmol/L, p<0.001), die Nüchtern-EU jedoch in beiden Gruppen vergleichbar (5,03±0.46 vs. 4,93±0,74 kJ/min, NS). GS korrelierten mit EU im Nüchternzustand sowohl bei LC (r=0.738, p=0.035) als auch bei KON (r=0.748, p=0.013). Nach Gabe der Trinknahrung erhöhten sich EU und GS in beiden Gruppen, es ergab sich jedoch keine direkte Korrelation der area under the curves über 60min für GS (AUCGS) und EU-anstieg (AUCEU). Interessant war, dass sich über den Untersuchungszeitraum ein Zusammenhang zwischen AUCEU und den einzelnen GS-Werten entwickelte, der dem Ursache-Wirkungprinzip widersprechen zu scheint. Bei LC bestand 15min nach Nahrungsaufnahme kein Zusammenhang zwischen dem der Zeit entsprechenden GS-Wert15min und der AUCEU (r=-0.150, NS). Dieser Zusammenhang entwickelt sich aber kontinuierlich und erreicht seinen Höchstwert für GS60min (r=0.733, p=0.025). Wir sahen eine ähnliche Entwicklung auch bei KON.

Schlussfolgerung: Unsere Daten deuten auf eine tatsächliche Feinregulierung des Grundenergiestoffwechsels durch GS, mit Adaptationsmechanismen bei krankheitsbedingt chronischer Exposition gegenüber erhöhten GS-spiegeln. Ein möglicher Zusammenhang zwischen nahrungsinduziertem GS-Anstieg und thermodynamischen Effekt bedarf weiterer Untersuchungen.