Aktuelle Ernährungsmedizin 2008; 33 - A4_4
DOI: 10.1055/s-2008-1079416

Untersuchungen des Geschmacksempfindens bei Patienten mit kolorektalem Karzinom unter Chemotherapie

K Kucz 1, S Maluck 1, O Kohl 2, D Hanrieder 1, M Wiese 3, A Weimann 4
  • 1Fachbereich Ökotrophologie, Hochschule Anhalt, Bernburg
  • 2Forschung und Entwicklung, Clinica Wirtschafts- und Catering Systeme GmbH und Co. KG, Düsseldorf
  • 3Fachbereich Akutgeriatrie, Klinikum St. Georg gGmbH, Leipzig
  • 4Abt. Klinische Ernährung der Klinik für Allgemein- und Visceralchirurgie, Klinikum St. Georg gGmbH, Leipzig

Einleitung: Folgen antitumoröser Therapien sind u.a. Motilitätsstörungen, Malassimilation, Appetitlosigkeit und Geschmackswahrnehmungsstörungen. Diese Faktoren bewirken ein beeinträchtigtes Essverhalten und führen zu Gewichtsabnahmen. Durch entsprechende Anpassung des Angebots von Speisen und Suppelementen kann dem Entstehen einer Mangelernährung vorgebeugt werden.

Methodik: Bei 60 Patienten (29 Frauen) mit kolorektalen Tumoren unter Chemotherapie mit einem Durchschnittsalter von 68±8 (Range:52–91) Jahren wurden am Klinikum St. Georg Leipzig Geschmacksuntersuchungen durchgeführt. Hierbei wurden die Wahrnehmungsschwellen für die Grundqualitäten süß, salzig, sauer, bitter und umami ermittelt. Ein, in der Sensorik anerkanntes, Testverfahren, die „three-alternative-forced-choice“ Methode, fand hierbei Anwendung. Zusätzlich wurde der Ernährungszustand anhand MNA™ ermittelt. Zum statistischen Vergleich der Daten wurden 130 gesunde Normalpersonen (66 Frauen) im Alter von 51–84 (Median:62±5) Jahren herangezogen.

Statistik: Mann-Whitney-U-Test (p<0.01)

Resultate: Der MNA™ zeigte signifikante Unterschiede zwischen den beiden Gruppen. Im Vergleich erzielten die Gesunden signifikant höhere 26 (24–30) Punkte, die Tumorpatienten 20 (8–28) Punkte. Anhand des Mann-Whitney-U-Tests wurden für die Tumorpatienten bei vier der fünf Geschmacksqualitäten signifikant erhöhte Wahrnehmungsschwellen ermittelt:

Tab.1: Wahrnehmungsschwellen (WS) Tumorpatienten vs. Kontrollgruppe

* p<0,01

Geschmacksqualitäten

kolorektale Tumorpatienten

Gesunde

n=60

n=130

süß

6 (3–8) *

4 (2–7)

salzig

5 (3–7) *

4 (2–7)

sauer

5 (3–7) *

4 (2–6)

bitter

7 (5–8) *

6 (3–8)

umami

7 (5–8)

7 (5–8)

Konklusion: Neben dem signifikant schlechteren Ernährungszustandes der Tumorpatienten im Vergleich mit den Gesunden, zeigt die Studie ebenso eine verminderte Sensibilität der Geschmackswahrnehmung für Patienten mit kolorektalen Tumoren. Sie nehmen die Grundqualitäten später wahr als Gesunde. Dies könnte ein Grund für eine verminderte Nahrungsaufnahme sein.

Zur Erhöhung der Therapieeffektivität, zur Verbesserung der Prognose und der Lebensqualität ist ein Entgegenwirken des Gewichts- und Muskelmasseverlustes notwendig. Dies könnte durch eine den geschmacklichen Besonderheiten angepasste Ernährung positiv beeinflusst werden.