Ernährung & Medizin 2008; 23(3): 114-116
DOI: 10.1055/s-2008-1081365
Originalia und Übersichten
Volkskrankheit Typ-2-Diabetes
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Volkskrankheit Typ-2-Diabetes: Epidemiologie, Prävention, Therapie

Hellmut Mehnert
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Publikationsdatum:
03. September 2008 (online)

Die epidemiologischen Daten des Diabetes sind erschütternd: Etwa 6–8 Millionen Menschen – davon 95 % mit einem Typ-2-Diabetes – haben nach Schätzungen in Deutschland einen bekannten manifesten Diabetes, 2–3 Millionen eine noch unerkannte manifeste Zuckerkrankheit und ca. 10 Millionen weisen eine gestörte Glukosetoleranz auf, eine Stoffwechselstörung, die für 50 % der Betroffenen ein Vorstadium des später manifesten Diabetes darstellt und die in kardiovaskulärer Hinsicht bereits Krankheitswert hat. Diese Zahlen sind aus mindestens fünf verschiedenen Gründen in ständiger Zunahme begriffen:

Die Menschen werden älter und erleben noch ihren Diabetes im Alter, den sie früher wegen vorzeitigen Todes nicht erlebt hätten. Die Diagnostik der Zuckerkrankheit hat sich intensiviert, die Erkennung der Erkrankung erfolgt im Schnitt früher und die Behandlung des Diabetes hat sich erheblich verbessert mit der Folge einer längeren Lebensdauer der Betroffenen. Dies führt natürlich zu einer erhöhten Prävalenz von Diabetikern in der Bevölkerung. Die genetische Komponente beider Diabetesformen (Typ 1 und vor allem Typ 2) bedingt eine gewisse verstärkte Weitergabe des diabetischen Erbgutes dank der erheblich verbesserten Quote der perinatalen Mortalität der Neugeborenen diabetischer Mütter. Die diagnostischen Kriterien wurden verschärft, da bereits bei niedrigeren Blutzuckerwerten, als man früher gedacht hatte, diabetische Folgeschäden auftreten. Hierdurch kommt es zu einer weiteren Erhöhung der Prävalenz von neu hinzu diagnostizierten Diabetikern. Ganz im Vordergrund stehen die beklagenswerten Verhältnisse im Hinblick auf Überernährung und Bewegungsmangel in der Bevölkerung. Dies gilt leider bereits für das Kindes- und Jugendalter, wo wir zunehmend Typ-2-diabetische Patienten antreffen, die früher – in Übereinstimmung mit der damals gültigen Nomenklatur „Altersdiabetes” – so nicht aufgetreten sind.

Die ständige Verbesserung der Früherfassung in Klinik und Praxis ist das Gebot der Stunde, wobei bestimmte Risikofaktoren (wie die Typ-2-diabetische Familienanamnese sowie die androide Stammfettsucht und weitere Facetten des metabolischen Syndroms, z. B. Hypertonie, Dyslipoproteinämie, gestörte Glukosetoleranz und Gerinnungsstörung), besondere Hinweise auf die Notwendigkeit einer Frühdiagnose liefern.

Präventionsstudien haben gezeigt, dass durch Änderungen des Lebensstils eine erhebliche Verbesserung im Hinblick auf die Manifestationsrate des Typ-2-Diabetes bei Probanden mit gestörter Glukosetoleranz zu erreichen ist. So wurden in zwei voneinander unabhängigen großen Studien jeweils 58 % (NNT 6 bzw. 7) weniger manifeste Diabetiker durch eine Änderung des Lebensstils präsentiert im Vergleich zur Kontrollgruppe, bei der derartige Maßnahmen nicht so intensiv durchgeführt wurden [1], [2]. Die durch Medikamente erzielte Besserung fällt demgegenüber insgesamt geringer aus.

Abb. 1 Diabetes-Prävention braucht Bewegung. Gegen mangelnde Compliance helfen regelmäßige Termine oder Sport in der Gruppe.

Literatur

  • 1 The Diabetes Prevention Program: baseline characteristics of the randomized cohort. The Diabetes Prevention Program Research Group. Diabetes Care 2000 23: 1619-1629
  • 2 Eriksson J, Lindström J, Valle T. et al . on behalf of the Finnish Diabetes Prevention Study Group. Prevention of Type II diabetes in subjects with impaired glucose tolerance: the Diabetes Prevention Study (DPS) in Finland.  Diabetologia. 1999;  42 793-801
  • 3 Drucker D J, Nauck M A. The incretin system: glucagon-like peptide-l receptor agonists and dipeptidyl peptidase-4 inhibitors in type 2 diabetes.  Lancet. 2006;  368 1696-1705
  • 4 Holstein A. et al . Lower incidence of severe hypoglycemia in type 2 diabetic patients treated with glimepiride versus glibenclamide.  Diabetologia. 2000;  43(Suppl.) A 40 abs. 157
  • 5 Mehnert H. Typ-2-Diabetes. 4. Aufl München; Medikon 2005
  • 6 Janka H U, Plewe G, Riddle M C. et al . Comparison of basal insulin added to oral agents versus twice-daily premixed insulin as initial insulin therapy for type 2 diabetes.  Diabetes Care. 2005;  28 254-259

Prof. Dr. Hellmut Mehnert

Forschergruppe Diabetes e. V.

Drosselweg 16

82152 Krailling

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