Zeitschrift für Phytotherapie 2008; 29(3): 107
DOI: 10.1055/s-2008-1082546
Editorial
© Sonntag Verlag in MVS Medizinverlage Stuttgart GmbH & Co. KG

Medizinstudenten wünschen sich mehr Lehre bei der Phytotherapie

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Publikationsverlauf

Publikationsdatum:
24. Juli 2008 (online)

Bekanntlich werden Phytopharmaka sehr häufig zur symptomatischen Therapie bei Erkältungskrankheiten und wegen ihrer Nebenwirkungsarmut im Kindes- und Jugendalter eingesetzt. Dementsprechend sollte man annehmen, dass sich Medizinstudenten daran erinnern, wenn sie mit Phytotherapie behandelt worden sind. In der ersten Vorlesung für den Querschnittsbereich 12 (Rehabilitation, Physikalische Therapie, Naturheilverfahren) dieses Sommersemesters habe ich, um die Gestaltung der Themen noch gezielter an den studentischen Bedürfnissen ausrichten zu können, einen kleinen Fragebogen an die Medizinstudenten im letzten Semester vor dem Praktischen Jahr ausgegeben, in dem ich sie u.a. nach ihrem Interesse an verschiedenen Verfahren aus der Physikalischen Medizin, der Naturheilkunde und der Komplementärmedizin befragte, aber auch nach ihren Erfahrungen mit diesen Methoden bei eigenen Erkrankungen.

Von den 190 Studenten, die die Pflichtvorlesung an diesem Tag besuchten, haben 110 den Fragebogen beantwortet. Alle kannten die Phytotherapie, interessiert waren 65 Studenten, sehr interessiert 31. Damit war ihr Interesse für die Phytotherapie gleich hoch wie für die Physikalische Therapie und die Entspannungsverfahren, nur die Akupunktur war noch etwas gefragter. Eigene Erfahrungen mit Naturheilverfahren, Physikalischer Therapie und Komplementärmedizin als Patient hatten 32, von diesen gaben nur 7 an, mit Phytotherapie behandelt worden zu sein. Natürlich ist es möglich, dass sich nicht alle Studenten in diesem Augenblick an frühere Erkrankungen und Therapien erinnerten, aber die Ergebnisse lassen vermuten, dass ihr hohes Interesse auf anderen Quellen, die durch diesen Fragebogen nicht eruierbar waren, basiert. Nur 2 Studenten gaben übrigens an, an keinem der Verfahren, die auf dem Fragebogen genannt wurden, interessiert zu sein. Einer davon gab den Kommentar ab: Warum besteht eine Anwesenheitspflicht, wenn man den »Hokuspokus« überhaupt nicht hören will? Viele Studenten verlangten auf der anderen Seite, dass Vorlesung und Kursprogramm für Naturheilverfahren intensiviert werden müssten.

Was kann man aus diesen Ergebnissen ableiten? Natürlich weiß ich nicht, aus welchen Gründen 80 Studenten den Fragebogen nicht beantwortet haben. Dennoch ist deutlich geworden, dass ein hohes Interesse der Medizinstudenten an der Phytotherapie, aber auch an anderen naturheilkundlichen und komplementärmedizinischen Verfahren besteht. Dies dürfte nicht nur für die Universität Rostock gelten. Aufgrund der Kommentare der Studenten auf dem Fragebogen wurde aber auch deutlich, dass ihnen das Lehrangebot in diesem Bereich nicht ausreicht. Andererseits werden jedoch die meisten haupt- und nebenamtlichen Lehrangebote an deutschen Universitäten in diesem Bereich über Stiftungen und andere Drittmittel finanziert; dies ist mir für kein anderes medizinisches Fach auch nur in annähernder Größenordnung bekannt. Damit ist klar ersichtlich, wie groß die Lücke zwischen dem hohen Anspruch der Studenten und der universitären Realität in Deutschland noch ist. Hoffen wir, dass die Betroffenen es in gemeinsamen Anstrengungen erreichen, dass in nicht allzu ferner Zukunft die in einigen anderen Staaten bereits selbstverständliche staatliche Förderung der universitären Forschung und Lehre in der Naturheilkunde auch in Deutschland realisiert werden wird. Die Patienten jedenfalls werden für ein rationales Therapieangebot durch gut ausgebildete Ärzte, wie es die Phytotherapie darstellt, sehr dankbar sein.

Karin Kraft, Rostock