Phlebologie 2014; 43(02): 93-98
DOI: 10.12687/phleb2179-2-2014
Medical history
Schattauer GmbH

Merkwürdige Geschichten rund um die Entdeckung und Entwicklung herkömmlicher Antithrombotika

Article in several languages: English | deutsch
M. Haug
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Received: 11 November 2013

Accepted: 09 January 2014

Publication Date:
04 January 2018 (online)

Zusammenfassung

Die Entdeckung eines therapeutischen Effektes war früher meist ein Zufallsereignis. Vielfach war der Weg bis zur Anwendung lang und steinig und nicht selten von merkwürdigen Geschichten begleitet, so bei den Antithrombotika Heparin, Aspirin und Warfarin.

Heparin: Wem gebührt die Anerkennung als Entdecker? Dem Studenten Jay McLean, der neben den gesuchten thromboplastisch wirksamen Cephalin-Komponenten zufällig eine gerinnungshemmende Komponente fand? Oder seinem Chef, der die „zufällige Entdeckung“ McLeans später aufgriff und eben-falls gerinnungshemmende Komponenten isolierte, die sich jedoch chemisch von den McLean´schen unterschieden und zur Ausgangssubstanz des heutigen Heparins wurden?

Aspirin: Als schmerz- und fiebersenkendes Mittel längst bekannt, erfuhr es eine zweite Karriere in der kardiovaskulären Medizin. Erst 1967 erkannte man, dass die Plättchenaktivität inhibiert wird. Die zweite Karriere begann mit der Zulassung für TIA und Herzinfarkt anfangs 1980. Bis dato unbekannt war die Geschichte des Dr. Craven, der bereits 1950 in „obskuren“ Zeitschriften seine Beobachtung publizierte, dass alle seine unter Aspirin stehenden Patienten von Herzinfarkt verschont blieben.

Warfarin:Um 1920 starben tausende Rinder in Nordamerika an inneren Blutungen. Die Ursache fand man im Verzehr des gelagerten „sweet clover“. Erst nach Jahren hatte man die Erklärung: die Umwandlung des ungiftigen Coumarin im Heu in das gerinnungshemmende Dicoumarol durch Pilzinfektion. Bald folgte die Synthese und damit auch der klinische Einsatz als Antithrombotikum. Viel größeren Erfolg aber hatte die Substanz als Rattengift mit dem Namen Warfarin. Die erneute Anwendung beim Menschen erfolgte erst wieder, nachdem ein Soldat seinen Suizidver-such durch Vitamin K-Gabe überstanden hatte.