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DOI: 10.1055/a-0498-3661
Bulimia nervosa
- Einleitung
- Symptomatik und Klassifikation
- Komorbiditäten
- Epidemiologie und Verlauf
- Ätiologie und Aufrechterhaltung
- Diagnostik
- Behandlung der BN
- Wissenschaftlich verantwortlich gemäß Zertifizierungsbestimmungen
- Literatur
Mit einer Lebenszeitprävalenz von 1 – 2% ist die Bulimia nervosa keine sehr häufig auftretende psychische Störung. Sie ist jedoch mit gravierenden psychischen und körperlichen Begleiterscheinungen verbunden und nimmt unbehandelt oftmals einen chronischen Verlauf. Die kognitive Verhaltenstherapie ist die wirksamste Behandlungsmethode. Zentrale Therapiebausteine sind dabei die Normalisierung des Essverhaltens und der Körperbildstörung sowie die Reduktion dysfunktionaler Stressreaktionen.
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Einleitung
Da die Mehrzahl der an einer Bulimia nervosa erkrankten Personen weiblichen Geschlechts ist, verwenden wir im Text die weibliche Form von Patient, wenn über Menschen mit der Diagnose einer Bulimia nervosa gesprochen wird.
Da uns das gleichzeitige Nennen der weiblichen und männlichen Form bei z. B. Berufen wenig leserfreundlich erscheint, verwenden wir ausschließlich die grammatikalisch männliche Form (abgesehen von Patientin bzw. Patientinnen): Arzt, Therapeut usw. Selbstverständlich ist die weibliche Form mitgemeint.
Patientinnen mit Bulimia nervosa (BN) weisen häufig eine ausgeprägt ambivalente Therapiemotivation auf: Sie wollen einerseits die Kontrolle über das Essverhalten erlangen, andererseits zeigen sie wenig Toleranz gegenüber Änderungen im Essverhalten und damit verbundenen eventuellen Gewichtszunahmen. Die Therapie der BN erweist sich dadurch oftmals als schwierig, sodass es häufig zu einem stagnierenden Therapieverlauf mit anhaltenden Essanfällen und anhaltendem Erbrechen sowie Spannungen innerhalb der therapeutischen Beziehung kommt.
Vor diesem Hintergrund erfordert die Therapie der BN ein Behandlungskonzept, das einerseits die konsequente Arbeit an den Symptomen vorsieht, andererseits auch die Funktionalität der Erkrankung in den Blick nimmt. Beides erfordert ein profundes Störungswissen sowie Gesprächsführungsstile, die bei der Bearbeitung der ambivalenten Änderungsmotivation und im Hinblick auf Motivationseinbrüche zielführend sind.
Ziel des vorliegenden Beitrags ist eine kurze Darstellung zum Stand der Forschung zur BN mit daraus folgenden Implikationen für die Psychotherapie der BN. Nach einer Beschreibung der Symptomatik und Klassifikation der BN sowie epidemiologischen Daten werden die Risikofaktoren und aufrechterhaltenden Faktoren auf der Basis aktueller Forschungsbefunde dargestellt. Darauf aufbauend werden die wichtigsten diagnostischen und therapeutischen Behandlungsmodule und Techniken vorgestellt.
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Symptomatik und Klassifikation
Lisa M. leidet darunter, dass sie immer wieder Essattacken hat, während derer sie alles in sich „hineinstopft“, was sie im Kühlschrank finden kann. Sie schämt sich dafür, kann dieses „tierische“ Essverhalten aber nicht abstellen. Sie verschlingt zum Beispiel eine Familienpackung Speiseeis, 10 Toastbrote mit Schokocreme, 5 Frikadellen mit Ketchup und unglaublich viele Süßigkeiten. Damit sie das Essen leichter erbrechen kann, trinkt sie dann noch einen Liter Milch oder Cola. Wenn nichts mehr hineingeht, steckt sie sich schließlich den Finger in den Hals und erbricht alles wieder. Sie fühlt sich dann zwar ein wenig erleichtert, denn sie will ja nicht zunehmen. Aber sie fühlt sich auch niedergeschlagen, erschöpft und mutlos. Sie hat sich schon oft vorgenommen, sich mehr „im Griff“ zu haben, aber das hilft nichts, sie fühlt sich dem Essen gegenüber machtlos. Es ist wie eine Sucht, sie weiß nicht, wie sie diese Gier nach Essen loswerden kann.
Das dargestellte Fallbeispiel beschreibt bereits wichtige Merkmale der BN wie Essanfälle, Kontrollverlust und den Einsatz von Maßnahmen (z. B. Erbrechen), um nicht an Gewicht zuzunehmen. So sind wiederkehrende Essanfälle nach den Kriterien des DSM-5 ein Hauptmerkmal (Kriterium A) der BN [1]. Charakteristisch für Essanfälle ist der Verzehr großer Nahrungsmengen in einem klar abgrenzbaren Zeitraum (bis zu 2 Stunden; Kriterium A1). Eine weitere Voraussetzung ist, dass der Essanfall mit einem subjektiven Gefühl des Kontrollverlusts verbunden ist (Kriterium A2).
Wenngleich für die Diagnostik keine Gesamtkalorienanzahl für einen Essanfall vorgegeben ist, sollte sich der Diagnostiker an einer Essensmenge orientieren, die in vergleichbaren Situationen in einem vergleichbaren Zeitraum üblicherweise gegessen werden würde.
Patientinnen mit BN fühlen sich ihren Essanfällen ausgeliefert, da sie über die Nahrungswahl und -menge während eines Essanfalls keine Kontrolle haben. Dies äußert sich u. a. auch darin, dass trotz Völlegefühl meist weitergegessen wird. Es kommt allerdings auch vor, dass Patientinnen mit BN ihre Essanfälle planen, indem sie beispielsweise vorab gezielt Nahrungsmittel einkaufen, die sie später bei einem Essanfall konsumieren, sowie einen entsprechenden Zeitraum für den beabsichtigten Essanfall vormerken. Im Rahmen eines solchen Verhaltens zeigt sich der Kontrollverlust darin, dass die Patientinnen beschreiben, sich zu diesen Handlungen getrieben zu fühlen und nicht die notwendigen Strategien zu haben, sich dem geplanten Essanfall zu widersetzen.
Personen mit BN sind in der Regel normalgewichtig bis leicht übergewichtig.
Um einer möglichen Gewichtszunahme entgegenzuwirken, setzen Patientinnen mit BN wiederholt unangemessene kompensatorische Maßnahmen ein (Kriterium B). Die häufigste Maßnahme bezieht sich auf selbstinduziertes Erbrechen, andere Maßnahmen beinhalten den Missbrauch von Laxanzien, Entwässerungsmittel oder anderen Medikamenten (z. B. Schilddrüsenpräparaten), Einläufe, Fasten oder exzessive Bewegung. Eine häufige gegensteuernde Maßnahme zur Gewichtskontrolle bei Patientinnen mit BN und komorbidem Diabetes mellitus ist die reduzierte Verabreichung oder gänzliche Unterlassung der verschriebenen Insulinmenge, um die Metabolisierung der während eines Essanfalls aufgenommen Nahrungsmenge zu verlangsamen.
Zur Diagnosestellung einer BN müssen die Essanfälle und kompensatorischen Maßnahmen durchschnittlich einmal pro Woche über einen Zeitraum von 3 Monaten vorkommen (Kriterium C). Zudem stellt die Überbewertung von Figur und Gewicht für den Selbstwert ein weiteres Kriterium der BN dar. In Abgrenzung zur weit verbreiteten Körperunzufriedenheit in der Gesellschaft, stellen Figur und Gewicht für Patientinnen mit BN einen zentralen Aspekt der Selbstbewertung dar. Demgegenüber nehmen andere Bereiche, wie beispielsweise die Leistungen in der Arbeit, Partnerschaft, Freundschaften und Hobbys, die für Personen ohne BN für die Selbstbewertung wichtig sind, eine geringere Rolle ein. Ebenso sind Gewichtsschwankungen und -zunahmen für die Selbstbewertung bei Patientinnen mit BN wesentlich bedrohlicher als dies bei Personen ohne BN der Fall ist.
Kriterium E der BN sieht darüber hinaus vor, dass die Störung nicht ausschließlich im Rahmen einer Anorexia nervosa (AN) auftreten darf.
Der Schweregrad der BN orientiert sich nach DSM-5 an der Anzahl der wöchentlich eingesetzten unangemessenen kompensatorischen Maßnahmen:
-
leichte Form der BN gelten bis zu 3,
-
mittelgradige Form der BN 4 – 7,
-
schwere Form der BN 8 – 13,
-
extreme Form der BN 14 oder mehr unangemessene kompensatorische Maßnahmen pro Woche
Die Klassifikationskriterien der ICD-10 für die Diagnose einer BN entsprechen weitestgehend denen des DSM-5, allerdings fehlen operationale Kriterien hinsichtlich der notwendigen Dauer und Häufigkeit der Essanfälle, des Kontrollverlusts als Marker eines Essanfalls sowie Kriterien für die Einstufung des Schweregrades, die die Diagnose der BN nach ICD damit oftmals erschweren [2]. Hingegen wird in der ICD-10 darauf hingewiesen, dass in der Vorgeschichte der BN häufig eine AN auftritt. Verbunden mit der fehlenden Operationalisierung von Dauer und Häufigkeit der Essanfälle sowie der aufgrund des fehlenden Kontrollverlust-Kriteriums mangelnden Trennschärfe zwischen übermäßigem Essen und Essanfällen ist zum gegenwärtigen Zeitpunkt im Beta-Draft der ICD-11 [3] geplant, Dauer und Häufigkeit der Essanfälle sowie das Vorhandensein von Kontrollverlust als Voraussetzungsbedingung für die Erfüllung eines Essanfalls in die Kriterien der BN mit aufzunehmen. Dies würde u. a. zu einer Angleichung der BN-Kriterien in den beiden Klassifikationssystemen DSM-5 und ICD-11 führen, was auch aus Forschungssicht wünschenswert ist.
Bulimia nervosa nach ICD-11 [3]
-
Regelmäßige, wiederkehrende Essanfälle, z. B. einmal pro Woche über einen Zeitraum von mindestens einem Monat. Eine Nahrungsaufnahme gilt als Essanfall, wenn der Verzehr der Nahrungsmenge
a) groß oder deutlich anders als normal ist,
b) in einem bestimmten Zeitraum stattfindet,
c) von einem Kontrollverlust begleitet wird, d. h. wenn die Person mit dem Essen nicht aufhören kann oder die gewählten Nahrungsmittel nicht einschränken kann. -
Die Essanfälle werden von wiederholtem unangemessenem kompensatorischen Verhalten begleitet mit dem Ziel, einer Gewichtszunahme vorzubeugen (z. B. selbstinduziertes Erbrechen, Missbrauch von Laxanzien oder Einläufen, übermäßige körperliche Bewegung, Fasten).
-
Die Person ist nicht deutlich untergewichtig und erfüllt demnach nicht die Kriterien einer Anorexia nervosa.
Sowohl im DSM-5 als auch in den geplanten Kriterien der ICD-11 werden Essanfälle definiert als der Verzehr großer Nahrungsmengen innerhalb eines definierten Zeitraums verbunden mit einem subjektiven Kontrollverlust.
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Komorbiditäten
Komorbide Lebenszeitprävalenzen zeigen sich je nach Studie bei 70 – 95% der BN-Betroffenen [4], [5]. Bei erwachsenen Patientinnen mit BN erfüllen 94,5% aller Betroffenen die Kriterien für eine weitere psychische Störung, die meisten davon für 3 oder mehr komorbide psychische Störungen (s. [Abb. 1]) [5]. Ähnlich hoch ist die Anzahl komorbider psychischer Erkrankungen bei Jugendlichen mit BN. Hier erfüllen 88,1% der Betroffenen die Kriterien für eine weitere Störung, davon 21% für eine, 40,1% für 2 und 27,0% für 3 oder 4 weitere psychische Störungen [4].
Angst- und affektive Störungen treten bei Erwachsenen mit BN am häufigsten auf. Bei Jugendlichen mit BN sind affektive und Impulskontrollstörungen die häufigsten komorbiden Störungen.
In einem Review zur Komorbidität der BN mit Persönlichkeitsstörungen (behandlungssuchende und nicht behandlungssuchende Personen mit BN kombiniert) traten die Borderline-Persönlichkeitsstörung, gefolgt von der dependenten, histrionischen und ängstlich-vermeidenden Persönlichkeitsstörung am häufigsten auf [6]. In adoleszenten Stichproben fällt die Komorbidität mit Persönlichkeitsstörungen geringer aus, wobei die Borderline-Persönlichkeitsstörung die häufigste Persönlichkeitsstörung ist. Die relevantesten Komorbiditäten der BN sind in [Tab. 1] gelistet [7].
Diagnose |
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---|---|---|
Angststörungen |
80,6 |
49,9 |
affektive Störungen |
70,7 |
66,2 |
Impulskontrollstörung |
63,8 |
57,8 |
Substanzabhängigkeit oder -missbrauch |
36,8 |
20,1 |
Borderline-PS |
28 |
23,5 |
dependente PS |
21 |
5,9 |
histrionische PS |
20 |
11,8 |
ängstlich-vermeidende PS |
19 |
– |
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Epidemiologie und Verlauf
Die Lebenszeitprävalenz der BN bei Erwachsenen liegt je nach zugrunde liegendem Diagnosesystem bei 1 – 2% [5], [8], bei adoleszenten Stichproben zwischen 1,6 und 2,6% [9], [10]. Die Unterschiede in den Prävalenzen in Abhängigkeit des eingesetzten Diagnosesystems lassen sich dabei auf die Reduktion der notwendigen Häufigkeit von Essanfällen von zwei (DSM-IV) auf einen wöchentlichen Essanfall (DSM-5) zurückführen. Während in bestimmten Berufsgruppen, in denen ein starker Schlankheitsdruck besteht (z. B. Models, Leistungssportlerinnen, Balletttänzerinnen), essstörungsbezogene Symptome häufiger vorkommen [11], [12], ist die Prävalenz für das Vollbild der BN in diesen Gruppen nicht erhöht [13], [14]. Allerdings zeigt sich eine geschlechterspezifische Verteilung der BN.
Mit einem Verhältnis von ca. 10 : 1 sind Frauen deutlich häufiger von der BN betroffen als Männer [1].
Der Erkrankungsbeginn der BN liegt mit 16 – 20 Jahren in der späten Adoleszenz [9] und erreicht das Höchsterkrankungsrisiko für eine BN-Ersterkrankung mit 22 Jahren [15]. Bei der Mehrheit der Betroffenen zeigt der natürliche Verlauf der BN ein fluktuierendes Muster [16]. So kam es in einer prospektiven Studie über einen 5-Jahres-Zeitraum bei 74% der BN-Betroffenen zu einer vollständigen Remission, wovon allerdings 47% wieder rückfällig wurden. Mit einer Remissionsrate von 91% innerhalb eines Jahres zeigt sich für die adoleszente BN zwar eine sehr hohe Remissionsrate, allerdings sind mit 41% die Rückfallraten entsprechend hoch [10].
Ein starkes Schlankheitsstreben, eine längere Erkrankungsdauer, eine stärkere Ausprägung der Überbewertung von Figur und Gewicht sowie persistierende Essanfälle stellen prognostisch ungünstige Faktoren für den natürlichen Verlauf der BN dar [17].
Die Mortalitätsrate und das Suizidrisiko sind bei Patientinnen mit BN erhöht. Eine wiederholte Diagnostik zum körperlichen Zustand und zur aktuellen Suizidalität ist daher wichtig.
Hinsichtlich der Remissionsraten im Therapieverlauf zeigt sich, dass der prozentuale Anteil der vollremittierten erwachsenen Patientinnen mit der Dauer des Follow-ups steigt, mit bis zu 27% über ein 4-Monats-Follow-up [18] und bis zu 70% an vollständig remittierten Patientinnen 12 Jahre nach stationärer Therapie [19]. Wenngleich deutlich unter der gewichteten Sterberate der AN, zeigt sich mit einer standardisierten Mortalitätsratio von 1,93 auch für die BN eine erhöhte Mortalitätsrate im Vergleich zur Normalbevölkerung [20]. Darüber hinaus ist das Suizidrisiko bei Personen mit BN erhöht [21]. Patientinnen mit geringerer Symptomausprägung gemessen anhand der Häufigkeit von Essanfällen und unangemessenen kompensatorischen Maßnahmen weisen eine bessere Prognose hinsichtlich des Behandlungsverlaufs auf [22]. Des Weiteren sind für den Therapieverlauf prognostisch günstige Prädiktoren u. a. eine rasche Reduktion der Häufigkeit unangemessener kompensatorischer Maßnahmen und des gezügelten Essverhaltens [23], [24], [25], [26] sowie eine rasche Reduktion im Depressionsschweregrad [27].
Eine rasche Reduktion des gezügelten Essstils, der kompensatorischen Maßnahmen und des Depressionsschweregrades sind für den Therapieverlauf prognostisch günstig. Zur Vermeidung chronischer Verläufe empfiehlt sich daher eine wiederholte diagnostische Erfassung dieser Variablen gerade zu Therapiebeginn.
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Ätiologie und Aufrechterhaltung
Kognitiv-behaviorale Modelle gehen von einer multifaktoriellen Entstehung und Aufrechterhaltung der BN aus. Basierend auf der vorgenommenen Unterteilung in verhaltenstheoretischen Lernmodellen werden im Folgenden die zentralen Befunde zu ätiologischen und aufrechterhaltenden Faktoren der BN in prädisponierende, auslösende und aufrechterhaltende Faktoren unterteilt, für die sowohl individuelle als auch umweltbezogene Faktoren und deren Interaktion von Bedeutung sind (für eine ausführlichere Darstellung siehe [28]). Eine zusammenfassende Darstellung findet sich in [Abb. 2].
Prädisponierende individuelle und umweltbedingte Faktoren
Individuelle Faktoren
Familienstudien und populationsbasierte Zwillingsstudien weisen auf eine genetische Beteiligung an der Entstehung der BN hin, wenngleich der Einfluss der Erblichkeit für die BN je nach Studie mit 28 – 83% sehr stark variiert. In einer molekulargenetischen Studie fand sich eine signifikante Kopplung der BN mit dem Chromosom 10p und 14q, Replikationen hierzu stehen allerdings noch aus. Studien zum Zusammenhang der BN mit Genen, die einen Einfluss auf Appetit, Stimmung und Gewichtsregulation nehmen, zeigen hingegen ein sehr uneinheitliches Bild: In einigen Studien zeigte sich eine Assoziation mit dem Serotonintransporter 5-HTTLPR sowie den Serotoninrezeptoren 5-HT2A und 5-HT2C, in anderen wiederum nicht. Vor dem Hintergrund der hohen Heterogenität dieser Studien erscheint es wahrscheinlicher, dass genetische Faktoren in der Interaktion mit der Umwelt an der Entstehung der BN beteiligt sind. So zeigte sich eine stärkere Ausprägung im „Sensation Seeking“ bei Frauen mit bulimischen Symptomen und früherer Missbrauchserfahrung, die Trägerinnen des kurzen 5-HTTLPR bzw. des A1-Allels der Genvariante DRD2 Taq1A waren (für einen Überblick siehe [29]).
Eine genetische Beteiligung an der Entstehung der BN ist plausibel, aber noch nicht eindeutig geklärt.
Neben genetischen und erblichen Faktoren wurden im Zusammenhang mit der Entstehung der BN Diätverhalten und Fasten sowie Adipositas in der Kindheit als ätiologisch relevante individuelle Faktoren untersucht. Während der Zusammenhang von restriktivem Essverhalten und der späteren Entstehung bulimischen Essverhaltens durch eine Reihe von prospektiven Studien als gesichert gilt [30], ist die Rolle kindlicher Adipositas als Risikofaktor weniger eindeutig. Zwar liefern retrospektiv erhobene Daten an Patientinnen mit BN Hinweise für eine ätiologische Bedeutung der kindlichen Adipositas für eine spätere BN [31], prospektive Studien hierzu stehen allerdings noch aus.
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Umweltfaktoren
Eine Reihe von Umweltfaktoren wurde bez. der Entstehung der BN empirisch untersucht. Für die meisten der untersuchten Faktoren lässt sich allerdings nur bedingt eine kausale Schlussfolgerung im Hinblick auf ihre Rolle bei der Entstehung der BN treffen, da die meisten Befunde aus retrospektiven und Querschnitterhebungen stammen und prospektive Studien selten sind.
Einige Studien liefern Hinweise für eine familiäre Transmission von bulimischem Essverhalten. So zeigte sich über verschiedene retrospektive und Querschnittstudien hinweg, dass elterliches Essverhalten (insbesondere ein restriktiver Ernährungsstil), elterliche Kommunikation zum Thema Figur, Essen und Bewegung sowie der ernährungsbezogene Erziehungsstil der Eltern in Bezug auf das Essverhalten der Kinder Einfluss nimmt [32]. In einer prospektiven Studie waren u. a. mütterliches restriktives Essverhalten und mütterlicher Schlankheitsdrang erfasst zum Zeitpunkt der Geburt des Kindes prädiktiv für das Überessen des Kindes 5 Jahre später [33].
Wahrgenommener Schlankheitsdruck und ein internalisiertes Schlankheitsbild sind Risikofaktoren für die Entstehung einer BN.
Missbräuchliche Erfahrungen scheinen ebenfalls mit späteren spezifischen Ess- und Gewichtsproblemen assoziiert zu sein. Eine Metaanalyse über verschiedene Querschnittstudien ergab eine 2,7-fach erhöhte Wahrscheinlichkeit eines sexuellen Missbrauchs für Personen mit im Vergleich zu Personen ohne BN. Für andere Formen des Missbrauchs zeigte sich eine 2,6-fache Erhöhung bei körperlichem und 4,1-fache Erhöhung bei emotionalem Missbrauch [34]. Auch prospektiv zeigte sich über mehrere Studien hinweg eine Assoziation von missbräuchlichen Erfahrungen in der Kindheit mit einer signifikant erhöhten Wahrscheinlichkeit von selbstinduziertem Erbrechen bzw. der Entwicklung einer partiellen BN bei adoleszenten Frauen [35], [36] und anderen Essstörungen [37].
Soziokulturelle Einflüsse gehören zu den empirisch am besten untersuchten umweltbedingten Risikofaktoren für die Entstehung von Essstörungen. In der Tat zeigen sowohl Studien im Querschnitt- als auch longitudinalen Design, dass v. a. der wahrgenommene soziokulturelle Schlankheitsdruck und die Internalisierung des extremen Schlankheitsideals westlicher Industrieländer mit der Entwicklung bulimischer Symptome assoziiert sind [30].
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Auslösende individuelle und umweltbedingte Faktoren
Individuelle Faktoren
Persönlichkeitsvariablen, die als Auslöser für eine BN untersucht wurden, umfassen impulsives Verhalten, Perfektionismus, negative Emotionalität und Selbstwert. Einer Metaanalyse zufolge berichten Personen mit im Vergleich zu Personen ohne BN [38], unter positiver und negativer Stimmung vermehrt impulsiv zu handeln. Dies deckt sich auch mit Ergebnissen von Studien, die impulsives Verhalten anhand von Paradigmen erfasst haben, die motorische Verhaltensinhibition erfassen. Hier zeigte sich über mehrere Studien hinweg, dass BN-Patientinnen motorische Inhibitionsdefizite (und damit ein starkes Annäherungsverhalten) v. a. auf störungstypische Reize aufweisen [39]. Darüber hinaus zeigt sich über verschiedene prospektive Studien hinweg, dass negative Emotionalität, im Sinne einer erhöhten Tendenz zur Wahrnehmung negativer Emotionen, die Entstehung bulimischer Symptome prädiziert [40].
Sorgen um die Figur und Gewicht sowie Körperunzufriedenheit gelten als Risikofaktoren.
Gleichermaßen liefern Studien Hinweise, dass Personen mit aktueller und remittierter BN im Vergleich zu gesunden Personen durch signifikant höhere Ansprüche gegenüber sich selbst gekennzeichnet sind [38], [41]. Prospektive Studien hingegen liefern ein eher uneinheitliches Bild zur Rolle des Perfektionismus für die Entstehung der BN. Ähnlich wie Perfektionismus nimmt auch der Selbstwert in kognitiv-behavioralen Ätiologiemodellen eine zentrale Rolle ein. In Querschnitterhebungen zeigen sich niedrigere Werte im Selbstwert bei BN-Patientinnen im Vergleich zu gesunden Kontrollpersonen [42], wenngleich die meisten prospektiven Studien keinen Zusammenhang zwischen negativem Selbstwert und der Entstehung von Essstörungssymptomen finden konnten [30]. Letzteres könnte allerdings auch auf die zu geringe Anzahl an Neuerkrankungen im Follow-up zurückzuführen sein.
Trotz der Unterschiede, die sich in den genannten Faktoren zwischen Personen mit und ohne BN finden, ist eine kausale Schlussfolgerung in Bezug auf die Rolle dieser Faktoren für Entstehung der BN allerdings schwierig, da die meisten Studien aus retrospektiven und Querschnitterhebungen stammen und damit zunächst als Korrelate der BN eingestuft werden müssen. Demgegenüber zeigt sich in einer Reihe von prospektiven Studien, dass Sorgen um die Figur und das Gewicht sowie Körperunzufriedenheit robuste Risikofaktoren für die Entstehung der (zumindest subklinischen) BN darstellen [30].
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Umweltbedingte Faktoren
Retrospektive Erhebungen liefern zwar Hinweise, dass kritische Lebensereignisse, chronischer und interpersoneller Stress im Vorfeld einer AN- und BN-Erkrankung eine Rolle spielen [43]. Demgegenüber liefern andere Studien Hinweise, dass dieser Zusammenhang zum einen auch bei anderen psychischen Störungen (retrospektiv erhoben) besteht, zum anderen durch die Komorbidität mit anderen psychischen Störungen erklärt wird [44]. Dennoch ist es sinnvoll, diese Ereignisse im Rahmen der Fallkonzeption zu erfassen, da sie meist für die Patientinnen subjektiv von hoher Bedeutung sind.
Negative Kommentare über Gewicht und Figur scheinen ebenfalls die Entstehung der BN zu begünstigen. So zeigte sich in mehreren Studien eine negative Korrelation negativer körperbezogener Kommentare vonseiten der Mütter mit der Körperunzufriedenheit und bulimischem Essverhalten bei deren Töchtern [45]. Darüber hinaus weisen auch einige longitudinale Studien auf den Einfluss negativer verbaler Äußerungen auf körperbezogene Sorgen hin [32]. Das folgende Fallbeispiel illustriert derartige Zusammenhänge.
Vera M. berichtet, dass das Thema „Körpergewicht“ immer ein Thema in ihrer Familie gewesen sei. Die Mutter habe sehr auf ihre eigene Figur geachtet, habe zum Beispiel einmal in der Woche ihren Diättag gemacht und an solchen Tagen nichts gegessen. Die Mutter habe aber auch das Gewicht ihrer Tochter Vera sehr kritisch beäugt und immer wieder verletzende Kommentare gemacht. Sie erinnere sich, dass die Mutter öfter zu ihr gesagt habe, dass sie weniger essen solle, damit sie nicht „aufgehe wie ein Hefeteig“. Sie habe darunter sehr gelitten und dann auch versucht, weniger zu essen, um abzunehmen.
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Aufrechterhaltende individuelle und umweltbedingte Faktoren
Individuelle Faktoren
Restriktives Essverhalten und kognitive Nahrungsrestriktion (d. h., der Versuch, durch selbst auferlegte Regeln den Verzehr bestimmter Nahrungsmittel einzuschränken) konnten in mehreren experimentellen und Feldstudien als relevante Faktoren für vermehrtes Essen identifiziert werden [46]. Ein weiterer Faktor, der sich über mehrere Feldstudien hinweg als zentral für die Aufrechterhaltung der BN gezeigt hat, ist negativer Affekt.
Negativer Affekt ist bei Personen mit BN im Vorfeld eines Essanfalls signifikant stärker ausgeprägt, als dies vor einer regulären Mahlzeit bzw. allgemein der Fall ist [47].
Weniger einheitlich hingegen ist die Befundlage hinsichtlich der Veränderung des negativen Affektes infolge eines Essanfalls sowie infolge unangemessener kompensatorischer Maßnahmen. Einerseits ergaben sich in Feldstudien Verbesserungen im negativen Affekt sowohl im Zuge eines Essanfalls als auch im Zuge kompensatorischer Maßnahmen [48], während sich in anderen Feldstudien eine Reduktion des negativen Affektes lediglich im Anschluss an den Einsatz kompensatorischer Maßnahmen zeigte [47]. Die Unterschiede in den Befunden könnten dabei auf die Erfassung des negativen Affektes zurückzuführen sein: In den meisten Studien wird negativer Affekt lediglich als globales Maß erfasst, wodurch sich eine Veränderung in der Qualität einer Emotion im Zuge eines Ess-Brech-Anfalls nicht erfassen lässt. In der Tat zeigen Feldstudien, die u. a. die Qualität der Emotion berücksichtigen, dass sich Emotionen wie Schuld, Ärger, Angst und Trauer im Zuge eines Essanfalls und im Zuge kompensatorischer Maßnahmen reduzieren, während andere Emotionen sich nicht verändern oder im Zuge bulimischen Verhaltens hinzukommen [48].
Marie hat vor allem dann Essanfälle, wenn sie unangenehme Gefühle erlebt. Ihr letzter Essanfall wurde zum Beispiel dadurch ausgelöst, dass sie sich innerlich sehr unter Druck und angespannt gefühlt habe. Sie habe den ganzen Tag in der Bibliothek für die Mathematik-Klausur gelernt. Der Lernstoff sei sehr schwer und sie habe Angst bekommen, dass sie die Klausur nicht schaffen werde. Als sie abends nach Hause gekommen sei, habe sie sich so sehr unter Druck gefühlt, dass sie sich gar nicht habe entspannen können. Sie sei dann „über den Kühlschrank hergefallen“ und habe sich nur noch auf das Essen konzentriert. Allmählich sei sie dann ruhiger geworden, habe sich aber auch Vorwürfe gemacht, dass sie sich wieder habe so „gehen“ lassen. Das habe sie traurig gemacht und sie habe sich Sorgen gemacht, dass sie durch diese Essanfälle auch noch übergewichtig werden könne.
Ein Mechanismus, der in Bezug auf den Zusammenhang von negativem Affekt und bulimischem Essverhalten untersucht wurde, ist die Annahme, dass es Patientinnen mit BN an Strategien fehlt, adäquat mit negativen Stimmungen umzugehen. In der Tat zeigt eine Reihe von Fragebogenerhebungen, dass Patientinnen mit BN verglichen mit gesunden Personen vermehrt von dysfunktionalen Emotionsregulationsstrategien berichten [49]. In einer prospektiven Studie war darüber hinaus Grübeln mit der Entstehung einer BN assoziiert [50]. Diese Befunde unterstützen die Annahme, dass der Zusammenhang von negativen Emotionen auf bulimisches Essverhalten über dysfunktionale Strategien der Emotionsregulation vermittelt wird.
(Kognitive) Nahrungsrestriktion, negativer Affekt und Defizite in der Emotionsregulation sind relevante aufrechterhaltende Faktoren von bulimischem Essverhalten. Eine detaillierte Erfassung dieser Variablen im Rahmen einer Verhaltensanalyse ist daher zentral.
Eine ausgeprägte Körperunzufriedenheit als emotionales Korrelat der Überbewertung von Figur und Gewicht in Bezug auf den Selbstwert ist nicht nur für die Entstehung, sondern auch für die Aufrechterhaltung der BN von zentraler Bedeutung.
Von Relevanz ist auch, dass gewichts- und körperbezogene Reize bei BN-Patientinnen deutlich stärker mit dem allgemeinen Selbstwert verknüpft zu sein scheinen, als dies bei gesunden Personen der Fall ist [53]. Dies ist deshalb wichtig, weil Patientinnen mit BN bei der Betrachtung anderer (dickerer und dünnerer) Körper durch Aufwärtsvergleiche gekennzeichnet sind, während gesunde Personen Abwärtsvergleiche durchführen [54]. Darüber hinaus lenken Patientinnen mit BN in Situationen, in denen sie ausschließlich mit dem eigenen Körper konfrontiert sind, ihre Aufmerksamkeit (gemessen anhand der Blicke mittels Blickbewegungsmessung) vermehrt auf negativ bewertete Körperzonen. Demgegenüber findet sich bei gesunden Frauen ein ausgewogenes Blickmuster zwischen positiv und negativ bewerteten Körperzonen [55].
Vor dem Hintergrund der Befunde, die eine enge Verknüpfung von gewichts- und körperbezogenen Reizen mit dem allgemeinen Selbstwert nahelegen [53], sollten im Rahmen der Verhaltensanalyse nicht nur der körperbezogene Selbstwert, sondern auch leistungsbezogene und soziale Aspekte des Selbstwertes erfasst werden. Zudem gilt es zu eruieren, inwieweit diese durch das Körperbild der Patientin beeinflusst werden.
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Umweltbedingte Faktoren
Neben den genannten individuellen Faktoren gibt es umweltbedingte Faktoren, die an der Aufrechterhaltung der BN beteiligt zu sein scheinen:
-
das gesellschaftlich determinierte Schlankheitsideal
-
die hohe Verfügbarkeit von Nahrungsmitteln
-
unterschiedliche Stressoren
Bezüglich des gesellschaftlichen Schlankheitsideals und der damit zusammenhängenden Körperunzufriedenheit wird auf die vorangegangenen Abschnitte verwiesen.
Hinweise aus der experimentellen Forschung zeigen, dass die Konfrontation mit hochkalorischen Nahrungsmitteln mit dem Auftreten von Essanfällen bei der BN assoziiert ist. Blickbewegungs- und Reaktionszeitstudien sowie Studien, die die elektrokortikale Aktivierung bei der Betrachtung hochkalorischer und neutraler Reize erfassen, konnten zeigen, dass hochkalorische Nahrungsreize bei Personen mit im Vergleich zu Personen ohne BN deutlich mehr Aufmerksamkeit binden [56]. Darüber hinaus führt die geschmackliche, aber auch die visuelle und olfaktorische Konfrontation mit hochkalorischem Essen bei Patientinnen mit BN zu einem stärkeren Anstieg des subjektiven Essdrangs und des Kontrollverlusts sowie des negativen Affekts [57], [58], was wiederum die Wahrscheinlichkeit eines Essanfalls prädiziert [46], [47].
Gerade vor dem Hintergrund der starken Verfügbarkeit von hochkalorischem Essen ist es daher wichtig, mit BN-Patientinnen Strategien zum Umgang mit der hohen Verfügbarkeit von Nahrungsmittelreizen zu erarbeiten.
Auch unterschiedliche belastende Ereignisse (Stressoren) werden mit bulimischem Essverhalten in Verbindung gebracht, indem gezeigt werden konnte, dass sowohl leistungsbezogene als auch evaluative und soziale Stressoren bei BN-Patientinnen zu einem Anstieg des Essdrangs führen [59]. Darüber hinaus kommt es im Vorfeld eines Ess-Brech-Anfalls zu einem zunehmenden Anstieg des subjektiv empfundenen Stresserlebens, zudem berichten BN-Patientinnen an Tagen mit Ess-Brech-Anfällen vermehrt von subjektivem Stresserleben im Vergleich zum Stresserleben an anderen Tagen.
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Diagnostik
Körperliche Diagnostik
Da bei Patientinnen mit BN aufgrund des Erbrechens häufig eine Hypokaliämie und damit verbunden Veränderungen im Elektrokardiogramm vorliegen (sowie andere Komplikationen auftreten können), sollte der Hausarzt vor Therapiebeginn (d. h. im Verlauf der probatorischen Sitzungen) immer auch den körperlichen Zustand erfassen, um ggf. eine stationäre Aufnahme in Betracht zu ziehen. Neben der Anthropometrie gehören hierzu auch ein Elektrokardiogramm und Laborparameter (Blutbild, Elektrolyte, Nierenstatus). Darüber hinaus zeigt die Untersuchung der Mundhöhle und Speicheldrüsen, ob und inwiefern durch das Erbrechen Zahnschäden und vergrößerte Ohr- und Zungengrundspeicheldrüsen vorliegen. In Abhängigkeit der bulimischen Symptomatik ist die Konzentration der Speichel-Amylase im Serum bei Patientinnen mit BN erhöht, sodass eine Erfassung der Amylase auch im Rahmen der Verlaufsdiagnostik sinnvoll sein kann [60].
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Psychologische Diagnostik
Für die Behandlungsplanung der BN sollte immer eine vertiefende, auf die Therapieplanung der BN ausgerichtete Diagnostik durchgeführt werden. Aufgrund der hohen Komorbidität der BN mit anderen psychischen Störungen wird zudem die Erfassung des gesamten Spektrums der psychischen Störungen anhand eines strukturierten Interviews empfohlen.
Das strukturierte klinische Interview sowie das Diagnostische Interview für Psychische Störungen gelten als Goldstandardinstrumente.
Für die vertiefende BN-Diagnostik sollten ein strukturiertes Verfahren zur Erfassung der Psychopathologie der BN, eine Verhaltensanalyse und Tagebücher zum Einsatz kommen. Strukturierte essstörungsspezifische Interviews im deutschen Sprachraum sind u. a. die Eating Disorder Examination (EDE; deutschsprachige Fassung [61]) und die Child Eating Disorder Examination (Ch-EDE; deutschsprachige Fassung [62]). Neben einer kategorialen Diagnostik kann man mittels dieser Verfahren die mit Essstörungen assoziierte Psychopathologie detailliert erfassen. So erheben z. B. EDE und Ch-EDE zentrale Aspekte wie
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gezügeltes Essverhalten,
-
essensbezogene Sorgen sowie
-
Sorgen um Gewicht und Figur.
Die Erfassung der Psychopathologie der BN sollte systematisch anhand eines auf Essstörungen ausgerichteten Interviews erfolgen.
Gerade aufgrund der Befunde, die zeigen, dass eine rasche Reduktion in der BN-Symptomatik prognostisch günstig ist (z. B. [24]), eignet sich der Einsatz validierter Fragebögen – nicht nur für die frühe Identifikation von Verdachtsfällen, sondern auch zur Verlaufsevaluation. Ein Überblick über die gängigsten Verfahren findet sich in den S3-Leitlinien zur Diagnostik und Behandlung von Essstörungen [60]. So erfasst der EDE-Questionnaire (EDE-Q) sowohl in der Erwachsenenversion als auch in der Kindversion bezogen auf einen Zeitraum der vorangegangenen 28 Tage Informationen zur Häufigkeit relevanter Kernaspekte der einzelnen Essstörungen entsprechend der diagnostischen Kriterien. Zusätzlich werden anhand der Skalen gezügeltes Essverhalten, essensbezogene Sorgen sowie Sorgen um Gewicht und Figur zentrale Aspekte der mit Essstörungen assoziierten Psychopathologie erhoben. Beide Fragebogenverfahren stehen kostenlos zur Verfügung (s. [Kasten]).
Für den deutschsprachigen Raum sind die Materialien des EDE in elektronischer Form frei verfügbar:
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Für Erwachsene EDE (Interview): http://dgvt-verlag.de/e-books/1_Hilbert_Tuschen-Caffier_EDE_2016.pdf
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Für Erwachsene EDE-Q (Fragebogen): http://dgvt-verlag.de/e-books/2_Hilbert_Tuschen-Caffier_EDE-Q_2016.pdf
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Für Kinder Ch-EDE (Interview): http://www.dgvt-verlag.de/e-books/3_Hilbert_ChEDE_2016.pdf
-
Für Kinder Ch-EDE-Q (Fragebogen): http://www.dgvt-verlag.de/e-books/4_Hilbert_ChEDE-Q_2016.pdf
Der Einsatz eines Ernährungs- und Essanfallstagebuchs ermöglicht eine fundierte Verhaltensdiagnostik im Hinblick auf vorangehende, begleitende und folgende Komponenten von Ess-Brech-Anfällen bei zeitgleicher Erfassung der Mahlzeitenmenge und -struktur.
Im Unterschied zur retrospektiven Befragung durch Fragebögen und Interview liefern Tagebücher deutlich genauere Informationen zu situativen Faktoren von Essanfällen.
Es empfiehlt sich, das Ernährungs- und Essanfalltagebuch über die gesamte Therapiespanne zu nutzen, da es eine gute Grundlage für die Erfassung des Therapieverlaufs und eine fundierte therapeutische Auseinandersetzung mit Rückfällen ermöglicht.
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Behandlung der BN
Für die Indikation, Planung und Durchführung einer Behandlung der BN können Therapeuten auf evidenzbasierte Empfehlungen in der revidierten Fassung der S3-Leitlinie zurückgreifen (http://www.awmf.org/leitlinien/detail/ll/051-026.html; AWMF Register Nr. 051-026). Der Evidenzgrad beeinflusst, wie stark und verbindlich die in den Leitlinien angeführten Behandlungsempfehlungen formuliert werden:
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Eine A-Empfehlung ist eine „Soll“-Empfehlung und zeigt an, dass die Empfehlung auf einer sehr hohen empirischen Evidenz fußt. Daher sollte einer A-Empfehlung Folge geleistet werden.
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Eine B-Empfehlung ist eine „Sollte“-Empfehlung. Sie basiert auf einer geringeren empirischen Evidenz als die A-Empfehlung und ist daher weniger verbindlich.
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Noch weniger verbindlich ist eine „Kann“-Empfehlung (Empfehlungsgrad „O“), da hierfür lediglich Expertenmeinungen oder Extrapolationen von Studienbefunden mit Evidenzgraden IIa, IIb oder III zu einer ähnlichen Thematik vorliegen.
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Ein Klinischer Konsensuspunkt („KKP“) ist eine Expertenempfehlung der Leitliniengruppe, die ausschließlich auf Erfahrungswissen in der Behandlung von Patientinnen mit Essstörung beruht.
Innerhalb der Essstörungen ist der Forschungsstand zur BN am besten.
Aufgrund des guten Forschungsstands zur BN lassen sich für diese Erkrankung klare Behandlungsempfehlungen mit hohen Evidenzgraden formulieren:
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Sowohl Jugendlichen als auch Erwachsenen mit BN soll als Behandlungsverfahren der ersten Wahl eine Psychotherapie angeboten werden (A-Empfehlung).
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Da die kognitive Verhaltenstherapie (KVT) das am besten beforschte Psychotherapieverfahren mit der höchsten Evidenz darstellt, sollte sie Jugendlichen und Erwachsenen mit BN als erstes angeboten werden (B-Empfehlung).
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Wenn KVT im Einzelfall nicht wirksam ist oder von Personen mit BN nicht gewollt wird, kann Erwachsenen mit BN als Alternative eine interpersonelle Therapie (IPT) empfohlen werden (B-Empfehlung), die allerdings in Deutschland im Rahmen der Richtlinienpsychotherapie nicht zugelassen ist.
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Alternativ kann auch tiefenpsychologisch fundierte Psychotherapie empfohlen werden (O-Empfehlung).
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Bei Kindern und Jugendlichen kann auch der Einbezug der Familie (familienbasierte Therapie) empfohlen werden (B-Empfehlung).
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Eine Pharmakotherapie soll bei Personen mit BN immer nur in Kombination mit Psychotherapie angeboten werden (A-Empfehlung).
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Wenn eine Pharmakotherapie angeboten wird, dann sollte Fluoxetin eingesetzt werden (B-Empfehlung), wobei eine Behandlung mit 60 mg/Tag wirksamer ist als eine Dosis von 20 mg/Tag. Ein Behandlungsversuch mit Fluoxetin sollte mit einer Mindestdauer von 4 Wochen unternommen werden, allerdings ist für den Therapieerfolg von einer längeren Dauer auszugehen.
Für die Behandlung der BN mittels Pharmakotherapie ist in Deutschland ausschließlich Fluoxetin zugelassen.
Da für die KVT die meisten Befunde mit der höchsten empirischen Evidenz vorliegen, wird im Folgenden die kognitiv-verhaltenstherapeutische Behandlung der BN detaillierter beschrieben. Für ausführliche Empfehlungen zur Behandlung der BN sowie zur Darstellung anderer therapeutischer Ansätze zur Behandlung der BN wird auf die revidierte Fassung der S3-Leitlinie verwiesen (http://www.awmf.org/leitlinien/detail/ll/051-026.html; AWMF Register Nr. 051-026).
Die kognitive Verhaltenstherapie ist die Therapie der ersten Wahl bei BN. Eine Pharmakotherapie – hier ist für die BN ausschließlich Fluoxetin zugelassen – sollte nur in Kombination mit Psychotherapie angeboten werden.
Kognitive Verhaltenstherapie bei BN
Die kognitiv-verhaltenstherapeutische Behandlung der BN ([Tab. 2]) schließt an die fundierte BN-Diagnostik mit einer kognitiven Vorbereitung an (s. auch [28], [63]). Ziel dieser Phase ist es, mit der Patientin die Vor- und Nachteile der BN herauszuarbeiten, wodurch der Therapeut einen guten Einblick in aufrechterhaltende Faktoren der Essstörung erhält und die Behandlungsmotivation der Patientin verbessert.
Aufbauend auf den diagnostischen Befunden aus Interview, Fragebögen und Tagebüchern sowie der Herausarbeitung der für die Patientin wichtigsten Vor- und Nachteile der BN vermittelt der Therapeut der Patientin ein plausibles Erklärungsmodell für die Entstehung und Aufrechterhaltung ihrer Störung. Hierbei ist es wichtig, dass der Therapeut dieses Modell nicht doziert, sondern das Modell in einem interaktiven Vorgang mit der Patientin erarbeitet. Gemeinsam mit der Patientin kann im Anschluss ein Veränderungsmodell abgeleitet werden.
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Es hat sich in der Therapie bewährt, den Patientinnen eine Woche Bedenkzeit zu geben, sich aktiv für oder gegen eine Therapie zu entscheiden und eine direkte Einflussnahme vonseiten des Therapeuten zu vermeiden.
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Das individuelle Störungsmodell sollte nicht durch therapeutisches Dozieren, sondern im Dialog mit der Patientin erarbeitet werden. Dies fördert erfahrungsgemäß die Motivation der Patientin und kann die Therapeut-Patient-Beziehung stärken.
Diagnostik |
Vorbereitung |
Intensivphase |
Nachsorge |
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Normalisierung des Essverhaltens
Ziel dieses Moduls ist eine Wiedererlangung von Hunger und Sättigung durch den Aufbau einer regelmäßigen und ausgewogenen Mahlzeiteneinnahme, die ausreichende Mengen und für die Patientin „verbotene“ Nahrungsmittel mit einschließt. Hierfür werden unterschiedliche Interventionen eingesetzt.
Alle Interventionen wollen Patientinnen nicht zu Veränderungen zwingen, sondern sie anhand von Techniken der Gesprächsführung zur Veränderung motivieren [28].
Ein wesentlicher Baustein hin zu einer Normalisierung des Essverhaltens ist das gemeinsame Erstellen von Mahlzeitenplänen, die die gesundheitlichen Aspekte zur Verteilung der Makronährstoffe nach den Empfehlungen der Deutschen Gesellschaft für Ernährung (www.dge.de) berücksichtigen. Vor allem bei Patientinnen, die Schwierigkeiten in der Wahrnehmung von Hunger und Sättigung berichten, sollte zunächst eine dreigeteilte Mahlzeitenstruktur (morgens, mittags, abends) mit mindestens einer warmen Mahlzeit täglich (inkl. eines Nachtisches) gewählt werden.
Zwischenmahlzeiten sollten erst eingesetzt werden, wenn die Patientin Hunger und Sättigung ausreichend gut wahrnehmen kann.
Eine Normalisierung des Essverhaltens beinhaltet auch einen entspannten Umgang mit „verbotenen“ Nahrungsmitteln.
Sogenannte „verbotene“ Nahrungsmittel sollten sukzessive, u. a. in Form von Zwischenmahlzeiten und als Nachtisch, in den alltäglichen Speiseplan integriert werden. Aufgrund der hohen Angst, die mit hochkalorischen Nahrungsmitteln einhergeht, sind Mahlzeitenbegleitungen auch in der ambulanten Therapie der BN eine wichtige therapeutische Interventionsmethode.
Um die Veränderungsmotivation der Patientin zu erhalten, empfiehlt sich ein graduiertes Vorgehen bei der Integration „verbotener“ Nahrungsmittel in den regulären Ernährungsplan.
Die therapeutische Mahlzeitenbegleitung soll Patientinnen mit BN unterstützen, Nahrungsmittel, die im Alltag vermieden werden (z. B. Butter beim Frühstück, warme Mahlzeiten, Süßigkeiten) oder lange nicht mehr konsumiert wurden, wieder in den Alltag zu integrieren. Während die meisten Mahlzeitenbegleitungen aus Zeitgründen in der therapeutischen Praxis und nahegelegenen Restaurants und Mensen stattfinden, sollten Mahlzeitenbegleitungen nach Möglichkeit auch im heimischen Umfeld erfolgen. In der Vorbereitung einer solchen Mahlzeitenbegleitung sollten Ziele der Mahlzeitenbegleitung (z. B. Lernen, wieder Butter zu essen; langsames Essen lernen) formuliert und dysfunktionale Kognitionen und damit einhergehende Emotionen im sokratischen Dialog identifiziert werden. Im Anschluss an die Mahlzeitenbegleitung sollte die Intervention im Hinblick auf das formulierte Ziel nachbesprochen werden.
In der Regel reicht eine alleinige Erstellung eines Mahlzeitenplans nicht aus, um ein normales Essverhalten zu erzielen. Ein kontinuierliches Dokumentieren des Essverhaltens in Form eines Ernährungs- und Essanfalltagebuchs ermöglicht die Identifikation von situativen Faktoren und dysfunktionalen Gedanken, die restriktives Essen bzw. Ess-Brech-Anfälle aufrechterhalten. Sie sollten daher über die gesamte Therapiespanne hinweg zum Einsatz kommen. Für weitere Informationen zum Einsatz dieser Tagebücher verweisen wir auf die Literatur [28].
Das Führen von Ernährungs- und Essanfalltagebüchern ist für die Patientinnen mit einem gewissen Aufwand verbunden. Ein therapeutischer Nutzen daraus ergibt sich durch die regelmäßige Einbindung dieser Tagebücher in die Therapie.
Da das Gewicht bei einigen Patientinnen mit BN unter dem zu erwartenden Gewicht liegt, kann u. U. ein Gewichtsvertrag sinnvoll sein. Dieser sollte die wöchentlich notwendige Gewichtszunahme und entsprechende Konsequenzen bei Nichteinhaltung beinhalten. Die Wahl der Konsequenzen (Bestrafung) sollte nur in Absprache mit der Patientin erfolgen. Wichtig ist darüber hinaus, dass der aversive Reiz dem unerwünschten Verhalten (Gewichtsabnahme bzw. Ausbleiben der vereinbarten wöchentlichen Gewichtszunahme) kontingent folgt. Bei Erreichen des Zielgewichts kann ein Gewichtshaltevertrag, der bei Nichteinhaltung ebenfalls mit Konsequenzen verbunden sein sollte, sinnvoll sein.
Es ist wichtig, dass die Patientin den Gewichtsvertrag nicht als Bestrafungselement des Therapeuten wahrnimmt. Daher empfiehlt sich, die Patientin schon zu Therapiebeginn über dieses Instrument aufzuklären und ihr zunächst eine Phase zuzugestehen, in der sie mit therapeutischer Unterstützung versucht, die wöchentliche Zielvereinbarung ohne Gewichtsvertrag zu erreichen.
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Körperbildtherapie
Ziel der Körperbildtherapie ist es, die Überbewertung von Figur und Gewicht für den Selbstwert zu reduzieren und eine bessere Akzeptanz des eigenen Körpers mit all seinen Vorzügen sowie Mängeln zu erzielen. Hierfür eignen sich:
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expositionsorientierte Ansätze und
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kognitive Interventionen.
Bei der Körperbildexposition im Spiegel werden Patientinnen unter therapeutischer Anleitung instruiert, ihren Körper wiederholt und über einen längeren Zeitraum zu betrachten und beschreiben. Ziel dabei ist die Gewöhnung an den eigenen Körper, dessen Anblick im Alltag oftmals vermieden wird. Darüber hinaus soll die Patientin eine entspanntere Haltung gegenüber ihrem Körper entwickeln, indem sie lernt, diesen ganzheitlich zu betrachten. Bei der BN konnte gezeigt werden, dass sich durch die Figurexposition körperbezogene Ängste und dysfunktionale körperbezogene Kognitionen effektiv reduzieren lassen [65].
In der Regel werden bis zu 6 konsekutive Sitzungen à 120 Minuten (inkl. Nachbesprechung) durchgeführt.
Für weitere Informationen zum konkreten Vorgehen bei der Figurexposition im Spiegel verweisen wir auf [28].
Ergänzend zur Figurkonfrontation stellen kognitive Interventionen einen wichtigen Therapiebaustein dar; sie zielen auf eine Veränderung typischer körperbezogener Denkfehler ab. Typische Denkfehler beinhalten z. B. Übergeneralisierungen („Wenn ich zunehme, sieht mich keiner mehr“), abergläubisches Denken („Wenn ich vom Eis auch nur probiere, habe ich morgen 2 Kilo mehr auf der Waage“) und Katastrophisierungen („Wenn ich auch nur 1 Kilogramm zunehme, sehe ich fett aus“). Über den sokratischen Dialog können solche kognitiven Verzerrungen herausgearbeitet und systematisch nach dem Realitätsgehalt überprüft werden. Unterstützend kann hier ein Körperbildtagebuch eingesetzt werden [28], wobei darauf geachtet werden soll, dass die Patientin zeitgleich nicht zu viele Tagebücher führt.
Unter Berücksichtigung neuerer Ergebnisse aus der Expositionsforschung ist es sinnvoll, die Figurkonfrontation möglichst variabel zu gestalten, d. h. an unterschiedlichen Tagen, zu unterschiedlichen Zeiten, in unterschiedlicher Kleidung und bei unterschiedlichem Sättigungsgrad.
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Reduktion dysfunktionaler Stressreaktionen
Neben restriktivem Essverhalten gelten externe (umweltbezogene) und interne (in der eigenen Person begründete) Stressoren sowie damit assoziierte negative Emotionen als zentrale aufrechterhaltende Faktoren von Ess-Brech-Anfällen. Zusätzlich zu einem Fertigkeitstraining, das den Umgang mit Stressoren verbessern soll, kann es sinnvoll sein, Patientinnen mit essanfallsrelevanten Nahrungsmitteln zu konfrontieren, ohne dass diese jedoch konsumiert werden. Solche Nahrungsmittelkonfrontationen sollten allerdings nur dann durchgeführt werden, wenn sich die Patientin nicht mehr restriktiv ernährt. Denn dies könnte u. U. zu einer verstärkten kognitiven Kontrolle in Bezug auf verbotene Nahrungsmittel führen. Nahrungsmittelkonfrontationen sollten im Detail vorbesprochen werden, damit die Patientinnen das Rational – eine Reduktion des Heißhungers ohne Nahrungskonsum – verinnerlichen können.
Während einer Nahrungskonfrontation werden die Patientinnen angeleitet, an den essanfallsrelevanten Nahrungsmitteln so lange zu riechen und zu schmecken, bis der Heißhunger bei einer Skala von 0 bis 100 auf unter 30 abfällt, ohne dass dabei gegessen wird. Im Anschluss werden die Nahrungsmittel entsorgt. Während die ersten Sitzungen unter dauerhafter Anwesenheit des Therapeuten stattfinden (in der Regel in der Praxis), führt die Patientin diese mit zunehmendem Therapiefortschritt in Abwesenheit des Therapeuten in Hochrisikoorten (z. B. zu Hause, im Auto) und -situationen (z. B. nach einer negativen Stimmungsinduktion durch Musik) durch. Für weitere Informationen zum Einsatz der Nahrungskonfrontation verweisen wir auf [28].
Führen Sie keine Nahrungskonfrontation mit Reaktionsverhinderung bei BN-Patientinnen durch, die sich noch restriktiv ernähren. Dies könnte die ohnehin stark ausgeprägte kognitive Kontrolle in Bezug auf verbotene Nahrungsmittel verstärken.
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Rückfallprophylaxe
Zur Rückfallprophylaxe gehört, dass man in der Therapie frühzeitig Übungssituationen herstellt, in denen die Patientin gelernte Bewältigungsstrategien einsetzen kann. Übungssituationen ergeben sich aus der regelmäßigen Analyse der Ernährungs- und Essanfallstagebücher. Rückfälle sollten in der Therapie gezielt aufgegriffen werden mit dem Ziel, gelernte Strategien hinsichtlich ihrer Wirksamkeit zu optimieren.
Gegen Therapieende können in Form eines Risikokalenders prospektiv kritische Situationen für die Zeit nach der Therapie identifiziert und entsprechende Rückfallszenarien entworfen werden (z. B. „Montags habe ich ab 12 Uhr bis abends Lehrveranstaltungen. Wenn ich nicht vorher zu Mittag esse, werde ich abends einen Essanfall haben.“). Darauf aufbauend kann die Patientin dann die gelernten Bewältigungsstrategien einsetzen.
Das Anfertigen von Bewältigungsaudioaufnahmen kann für künftige Risikosituationen sehr nützlich sein. Dabei entwerfen Therapeut und Patientin gemeinsam ein Skript für eine konkrete Risikosituation. Das Abhören eines solchen Skripts vor Eintreten der Risikosituation kann die Selbstwirksamkeit der Patientin erhöhen.
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Der Erkrankungsbeginn der BN ist in der späten Adoleszenz. Die Erkrankung wird häufig lange verheimlicht und nimmt oftmals unbehandelt einen chronischen Verlauf. Komorbide psychische und Persönlichkeitsstörungen sind häufig. Kennzeichnend für BN-Patientinnen ist eine ambivalente Therapiemotivation, die einerseits vom hohen Wunsch nach einer Genesung, andererseits von einer geringen Toleranz gegenüber Änderungen im Essverhalten und Gewicht geprägt ist. Daher ist die Förderung der Therapiemotivation durch entsprechende Techniken der Gesprächsführung sehr wichtig. Behandlungsmethode der Wahl ist die kognitive Verhaltenstherapie. Da eine rasche Reduktion des gezügelten Essverhaltens sowie der Häufigkeit unangemessener kompensatorischer Maßnahmen Prädiktoren für einen günstigen Therapieverlauf sind, sollten Interventionen, die auf eine Normalisierung des Essverhaltens abzielen, frühzeitig in der Therapie implementiert werden.
Wissenschaftlich verantwortlich gemäß Zertifizierungsbestimmungen
Wissenschaftlich verantwortlich gemäß Zertifizierungsbestimmungen für diesen Beitrag ist Prof. Dr. Stephan Zipfel, Tübingen.
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Jennifer Svaldi
Prof. Dr. Seit 2014 W3-Professorin für Klinische Psychologie und Psychotherapie am Institut für Psychologie der Universität Tübingen und Leiterin der an den Lehrstuhl angegliederten psychotherapeutischen Hochschulambulanz für psychische Störungen des Kindes-, Jugend- und Erwachsenenalters. Zudem ist sie Mitglied im Leitungsgremium der Tübinger Akademie für Verhaltenstherapie (TAVT gGmbH) und der Tübinger Akademie für Kinder- und Jugendlichenpsychotherapie (TAKT gGmbH). Forschungsschwerpunkte sind Mechanismen der Entstehung und Aufrechterhaltung der Körperbildstörung und von pathologischem Essverhalten bei Risikopopulationen, Personen mit Übergewicht und Personen mit der Diagnose einer Essstörung.
Brunna Tuschen-Caffier
Prof. Dr. Nach Professuren an den Universitäten in Bielefeld und Siegen seit 2007 W3-Professorin für Klinische Psychologie und Psychotherapie an der Albert-Ludwigs-Universität Freiburg. Sie leitet die Hochschulambulanz für psychische Störungen des Kindes-, Jugend- und Erwachsenenalters, ist Vorsitzende der Institutsleitung des Freiburger Ausbildungsinstitutes für Kinder- und Jugendlichenpsychotherapie (Fakip GmbH) sowie Mitglied im Leitungsgremium des Freiburger Ausbildungsinstitutes für Verhaltenstherapie des Erwachsenenalters (FAVT GmbH). Ihre Forschungsschwerpunkte liegen im Bereich der experimentellen Psychopathologieforschung (z.B. bei Angst- und Essstörungen) sowie der Psychotherapieforschung (z.B. Mechanismen der Expositionstherapie bei Patientinnen mit der Diagnose einer Essstörung).
Interessenkonflikt
Jennifer Svaldi gibt regelmäßig Vorträge und Workshops zur Psychotherapie der Essstörungen, hat in den letzten drei Jahren finanzielle Zuwendungen von Novo Nordisk und Sanofi Aventis erhalten sowie Buchbeiträge und Zeitschriftenartikel zu Essstörungen für Hogrefe, Otto Hoffmanns, Wiley & Sons und Urban und Vogel erstellt.
Brunna Tuschen-Caffier hat in den letzten drei Jahren finanzielle Zuwendungen für Workshops zur Diagnostik und Psychotherapie von Essstörungen erhalten sowie Buchbeiträge und Zeitschriftenartikel zu Essstörungen für Hogrefe, Otto Hoffmanns, Wiley & Sons und Urban und Vogel erstellt. Zudem ist sie Geschäftsführerin und Vorsitzende der Institutsleitung eines Ausbildungsinstituts für Kinder- und Jugendlichenpsychotherapie (Fakip GmbH) und Mitglied der Institutsleitung des Freiburger Ausbildungsinstituts für Verhaltenstherapie (FAVT GmbH).
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Publication History
Publication Date:
11 September 2018 (online)
Georg Thieme Verlag KG
Stuttgart · New York
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