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DOI: 10.1055/a-0579-2136
Körperwahrnehmung bei Rückenschmerzen
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Publication Date:
10 July 2018 (online)
- Änderung der Körperwahrnehmung
- Test der Körperwahrnehmung
- Training der Körperwahrnehmung
- Zusammenfassung
- Literatur
Aktuelle Studien belegen Körperwahrnehmungsprobleme bei Phantomschmerzen, CRPS und beim Karpaltunnelsyndrom. Leiden Patienten mit Rückenschmerzen ebenfalls unter Störungen der Körperwahrnehmung? Wie kann man solche Symptome testen, und mit welchen Übungen diesem Phänomen begegnen? Der folgende Artikel bietet praxisnahe Antworten auf diese Fragen.
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Die Körperwahrnehmung findet im sensorischen Kortex statt. Ein sogenannter Homunkulus zeigt in Form eines kleinen Männchens die Proportionen der verschiedenen Körperareale entsprechend deren Repräsentation auf der Gehirnrinde auf ([Abb. 1]).
Je größer die Repräsentationsareale im sensorischen Homunkulus sind, umso besser ist das Differenzierungsvermögen des Zentralen Nervensystems. Entsprechend werden Areale mit großem Repräsentationsareal sehr gut vom Gehirn wahrgenommen. Dieses Differenzierungsvermögen ist im Gesicht, an Zunge und Lippen sehr gut sowie an den Fingerspitzen am besten ausgeprägt.
Gehirn-Training Die Evolution trainierte das Gehirn. So verbesserte sich die Wahrnehmung in einem Körperteil, je mehr man sich auf diesen konzentrierte und ihn benutzte. Heute können wir mit dem richtigen „Fingerspitzengefühl“ unterschiedlichste Stoffe oder Oberflächen erkennen, Zunge und Nase nehmen verschiedenste Geschmacksrichtungen bis hin zu Pheromonen wahr. Demgegenüber belegen andere Körperregionen wie die LWS oder das Knie nur kleine Bereiche im sensorischen Kortex. Die Wahrnehmung dieser Regionen erfolgt merklich undifferenzierter als die Sinneswahrnehmung von Fingern oder Händen. Wenn es also um den eigenen Rücken geht, können wir lediglich sagen, ob sich dieser „verspannt“ anfühlt.
Das Gehirn arbeitet – wie dies auch von der Muskulatur bekannt ist – getreu dem Motto „Use it or lose it!“. Im Klartext: Ein viel benutzter Körperbereich wird kortikal gut repräsentiert. Gleichzeitig sprechen einige Indizien dafür, dass sich ein sensorisches Repräsentationsareal durch Schmerzen verändert.
Änderung der Körperwahrnehmung
Phantomschmerzen
Anhand von Phantomschmerzen wird deutlich, dass Schmerzen die Körperwahrnehmung verändern. In den 1980er-Jahren wurde nachgewiesen, dass das Phantom-Phänomen mit der Repräsentation im sensorischen Kortex zusammenhängt [23]. Der Neurowissenschaftler Ramachrandran manipulierte mittels eines Spiegels die Wahrnehmung seiner Patienten: das Betrachten des Spiegelbildes der noch vorhandenen Hand linderte den Phantomschmerz der amputierten Hand.
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CRPS und CTS
Zur Jahrtausendwende wiesen verschiedene Forscher auch bei beim CRPS (Complex Regional Pain Syndrome; vormals: Morbus Sudeck) ähnliche Veränderung im sensorischen Homunkulus nach [1], [7], [8], [11], [21]. Später wurden erfolgreiche klinische Studien zur Normalisierung dieses Phänomens durchgeführt [17], [18], [22]: Moseley konnte Schmerz und Schwellung einer CRPS-Hand durch eine Kombination aus Laterality Recognition, Imaginary Movements sowie Spiegelbox-Übungen reduzieren [17].
Eine Studie aus dem Jahre 2012 zeigt, dass selbst beim schmerzfreien Karpaltunnelsyndrom (CTS) die Körperwahrnehmung gestört zu sein scheint [25]. Beim Laterality-Recognition-Test erkannten die Forscher signifikante Unterschiede der Körperwahrnehmung von gesunder und betroffener Seite.
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Test der Körperwahrnehmung
Die nachfolgend vorgestellten Testverfahren wurden an der Lendenwirbelsäule untersucht. Im Fokus stand dabei zumeist der chronische nicht-spezifische Rückenschmerz (Chronic Non Specific Low Back Pain bzw. CNSLBP).
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Zwei-Punkte-Diskrimination (TPD)
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Laterality-Recognition-Test
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Zeichnen des eigenen Rückens
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Stimulus-Lokalisation
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Motor-Control-Impairment (MCI)
Zwei-Punkte-Diskrimination
Das für die Untersuchung und Behandlung der Hand etablierte Verfahren der Zwei-Punkte-Diskrimination (Two-Point-Discrimiation, TPD) wurde für die LWS adaptiert [15], [16]. Unter Verwendung einer Schublehre wurde die Schwelle des Erkennens zweier auseinander liegender Kontaktpunkte auf der Rückenhaut zwischen erstem Lendenwirbel und Beckenkamm in horizontaler und vertikaler Richtung gemessen ([Abb. 2]).
Die Messung erfolgte mit konstantem Druck auf die Haut des Patienten in 5 mm-Schritten entweder absteigend von 10 cm oder aufsteigend von 1 cm. Ab- und aufsteigende Messungen wurden kombiniert, um Ratespiele der Testpersonen auszuschließen. Bei Gesunden lag der durchschnittliche TPD-Wert bei 44 mm, während bei Rückenschmerzpatienten der Wert auf 62 mm anstieg. Nach Catley können TPD-Werte über 60 mm mit 90%iger Sicherheit als „abnormal“ bezeichnet werden [3].
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Laterality-Recognition-Test
Um die Links-Rechts-Diskrimination zu beurteilen, wurde „Recognise“ entwickelt. Die Software vom Neuro Orthopaedic Institute (www.noigroup.com) spielt u. a. 56 Bilder eines rotierten männlichen Rumpfes in verschiedenen Positionen randomisiert ab. 28 Aufnahmen zeigen eine Rechtsrotation, 28 eine Drehung nach links.
Seitenerkennung Im Jahre 2009 verglichen Bray und Moseley 21 Patienten mit unspezifischen chronischen Rückenschmerzen mit 14 asymptomatischen Personen [2]. Beide Gruppen erhielten zwei Aufgaben mit jeweils zwei aus 40 Bildern bestehenden Tests. Die Probanden sollten die Fotos dahingehend beurteilen, ob ein Rumpf links- oder rechtsrotiert abgebildet ist. Als Kontrollaufgabe sollten Hände als links- oder rechtsseitig beurteilt werden.
Treffsicherheit Die Analyse beider Tests erfolgte anhand von Antwortzeit und Treffsicherheit. Berücksichtigt wurde, ob die Teilnehmer der Patientengruppe unter uni- oder bilateralen Rückenschmerzen litten. Während sich die Antwortzeiten für alle Gruppen ähnlich verhielten, war die Treffsicherheit unterschiedlich. So unterliefen bilateralen CNSLBP-Patienten mehr Fehler als Personen mit unilateralen Rückenschmerzen. Diese wiederum beurteilten die Fotos mit der Rumpfrotation schlechter als symptomfreie Personen. Bei den Beurteilungsaufgaben zur Hand wurde dieses Phänomen nicht beobachtet.
Demgemäß eignet sich der Laterality-Recognition-Test, um bei CNSLBP-Patienten eine Störung der Rumpfwahrnehmung festzustellen und um den Behandlungsverlauf zu dokumentieren.
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Zeichnen des eigenen Rückens
In einer früheren Studie von Moseley wurde sechs CNSLBP-Patienten ein Bild mit der schematischen Zeichnung eines Rückens gezeigt [19]. Auf der Grafik waren lediglich die Schulterpartie sowie der untere Teil des Beckens angedeutet. Die Probanden wurden aufgefordert, die Begrenzungslinien ihres Rückens auf der Zeichnung zu ergänzen. Dabei sollten sich die Testpersonen nicht auf das objektive Aussehen ihres Rückens konzentrieren, sondern vielmehr auf die Art und Weise, wie sich dieser anfühlt. Zum zweiten sollten die Probanden die von ihnen wahrgenommenen Wirbel einzeichnen. Zusätzlich wurde die Zwei-Punkte-Diskrimination gemessen. Die Analyse zu den einzelnen Datenerhebungen offenbarte diverse Auffälligkeiten ([Tab. 1]).
Einzeichnen der Begrenzungslinien des eigenen Rückens |
Einzeichnen der wahrgenommenen Wirbel |
Zwei-Punkte-Diskrimination |
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Zur Körperwahrnehmung des Rückens wurde ein spezieller Fragebogen entwickelt [25]: der Fremantle-Back-Awareness-Questionnaire wurde auch in einer deutschen Version validiert [4].
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Training der Körperwahrnehmung
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Taktiles sensorisches Training und Graphästhesie
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Motor Imagery
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Laterality-Recognition
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Isolierte Low-Load-Anspannung lokaler Muskeln
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Dissoziationsübungen
Taktiles Sensorisches Training und Graphästhesie
Taktiles Sensorisches Training bei CRPS-Patienten funktioniert besser, wenn die Betroffenen während des Übens ein Bild des betroffenen Körperareals sehen [20].
Im Rahmen einer Fallstudie mit drei chronischen Rückenschmerzpatienten setze Wand eine Reihe von Übungen zur Körperwahrnehmung in Form eines progressiven Trainings ein [27]. Den Probanden wurden verschiedene taktile Reize am Rücken appliziert – zunächst während der Betrachtung eines Rückenbildes, im zweiten Schritt ohne Bild. Die Testpersonen sollten auf einer Zeichnung jene Punkte markieren, an denen ihr Rücken berührt wurde. Gesteigert wurden die Anforderungen zuerst durch die motorische Vorstellung von Bewegung, später durch dissoziative Übungen. Die Resultate waren sehr gut: nach fünf Monaten waren alle Patienten beschwerdefrei.
Graphästhesie In einer Schweizer Studie wurden 40 Rückenschmerzpatienten mit Bewegungskontroll- und Graphästhesie-Übungen therapiert [8] ([Abb. 3]). Die Patienten bewerteten anhand des Roland-Morris-Fragebogens die Verbesserung ihrer täglich empfundenen Behinderung am Ende mit ca. 40%. Im Vergleich mit einer ähnlich gestalteten Fallserien-Studie mit gleichen Inhalten und Zielen, jedoch ohne Graphästhesie-Übungen, waren die Resultate gleichartig [14].
Trainingsaufbau Prinzipiell sollte jedes Übungsprogramm so aufgebaut sein, dass in jedweder Phase die Voraussetzung für die nächsthöhere Stufe geschaffen wird. Für das Graphästhesie-Training bedeutet dies etwa eine Veränderung des Berührungs-Stimulus. Die Reizsetzung erfolgt dann klein- statt großflächig, spitz oder stumpf etc. Oder aber die Intention der taktilen Stimuli ist anders geartet, und der Patient soll anstatt Berührungspunkte zu identifizieren, nun Buchstaben oder Wörter auf seinem Rücken lesen oder Rechnungen ausführen.
Für jede Trainingsphase sind zwei Wochen vorgesehen. Können die Aufgaben nicht erfüllt werden, wird die Phasendauer wochenweise verlängert. Sollten Bedenken des Patienten auftreten oder Flare-Ups imponieren, wird der Schwierigkeitsgrad der Übung reduziert oder der Fokus weg vom betroffenen Körperteil gelenkt.
Eine Zusammenfassung, wie das Training zur Verbesserung der Körperwahrnehmung stufenweise gesteigert werden kann, ist nachfolgender Tabelle zu entnehmen ([Tab. 2]).
Phase |
Sensorisches Training |
Motorisches Training |
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1 |
Lokalisation: |
Erkennen der Seite: |
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2 |
Lokalisation und Art des Stimulus: |
Imitation von gezeigten Bewegungen: |
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3 |
Graphästhesie 1: |
Isometrische Low-load-Rekrutierung lokaler Muskeln: |
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4 |
Graphästhesie 2: |
Kleine Bewegungen mit maximalem Feedback: |
|
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5 |
Graphästhesie 3: |
Volle Bewegungen mit maximalem Feedback: |
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Motor Imagery
Mittels regelmäßig durchgeführter Motor Imagery können u. a. Qualität, Quantität und Timing einer Bewegung verbessert werden. Angewandt wird die Bewegungsvorstellung beispielsweise zur Leistungssteigerung im Sport [4], [5]. In der Physiotherapie liegt der Fokus des mentalen Trainings dagegen auf der Rückführung kortikaler Veränderungen, die als Treiber für chronische Rückenschmerzen identifiziert wurden [4].
Bewegungsvorstellung Bei der Motor Imagery wird zwischen kinästhetischer und visueller Bewegungsvorstellung unterschieden. Die kinästhetische Bewegungsvorstellung konzentriert sich auf das Anfühlen einer Bewegung. Dabei wird der primär sensomotorische Kortex mehr aktiviert, wenn sich das Anfühlen der Bewegung egozentrisch auf die eigene als allozentrisch auf eine andere Person bezieht [13]. Im Gegensatz hierzu beobachtet die visuelle Bewegungsvorstellung eine Bewegung von außen.
Sowohl bei der Beobachtung einer Bewegung als auch bei deren Ausführung sind Spiegelneurone aktiv [24]. Diese unterstützten das motorische Lernen durch Imitation [9], [12], [13].
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Isolierte Low-Load-Anspannung lokaler Muskeln
M. transversus abdominis
Für das Training des M. transversus abdominis (MTA) sollte der Patient in einem ruhigen Raum möglichst entspannt in Rücken- oder Seitlage auf der Behandlungsbank gelagert werden. Der Bauch zwischen Symphyse und unterem Rippenbogen muss zur Palpation und Beobachtung der Atmungsexkursion frei sein. Mittels Ultraschallgerät kann der Tonus des querverlaufenden Bauchmuskels vom Therapeuten genauer überprüft und vom Patienten visualisiert werden. Dabei hat sich gezeigt, dass das Erlernen einer isolierten, kompensationsfreien Low-Load-Anspannung des MTA unter visueller Kontrolle eines Ultraschallgeräts für die meisten Patienten am praktikabelsten ist.
Wortwahl Für den Behandlungserfolg ist die Wahl der Worte bei einer therapeutischen Anweisung entscheidend. Aufforderungen wie „Ziehen Sie Ihren Bauch ein!“ oder „Ziehen Sie den Bauchnabel zur Wirbelsäule!“ resultieren oftmals in einem überschnellen und zu starken Anspannen des MTA. Dieses wiederum führt dann zum kompensatorischen Anspannen der globalen Bauchmuskulatur. Um dem Patienten diese Kompensation zu veranschaulichen, soll dieser leicht hüsteln. Via Ultraschall wird deutlich, dass beim Hüsteln nicht allein der MTA ruckartig anspannt, sondern gleichzeitig auch die schrägen Bauchmuskeln kontrahieren.
Entsprechend sollen Anweisungen an den Patienten durch die Vermittlung von Bildern erfolgen. Formulierungen wie „Spannen Sie Ihren Bauch an, als ob Sie den Reißverschluss Ihrer Jeans zuziehen!“ oder „Spannen Sie Ihren Bauch an, als ob Sie Ihre vorderen Beckenspitzen [SIAS] zur Mitte ziehen!“ veranschaulichen das Übungsziel.
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M. multifidus
Das isolierte Anspannen der Mm. multifidi erfolgt aus der Bauchlage. Der Therapeut legt seinen Zeige- und Mittelfinger im Pinzettengriff beidseits dicht an den Dornfortsatz eines lumbalen Wirbels an. Der Patient soll nun an dieser Stelle den Muskel langsam und leicht anspannen.
Visualisierung Um eine Multifidus-Spannung zu generieren, eignen sich Anleitungen wie: „Machen Sie ein leichtes Hohlkreuz!“ oder „Stellen Sie sich vor, Ihr Kreuzbein ist ihr Schwanz wie bei einem Hund, und Sie wollen diesen Schwanz nun heben“. Falls die Anweisung vom Patienten umgesetzt werden kann, soll dieser die Muskelspannung nun ohne Bewegung realisieren. Auf diesem Weg wird aus einer „globalen“ eine „lokale“ Aktivität.
Wahrnehmungsübung Um das Gefühl einer Multifidus-Spannung zu vermitteln, eignet sich folgende Wahrnehmungsübung im Stand: Die Hände des Patienten liegen beidseits paravertebral auf Höhe von L5. Anschließend macht der Patient einen Schritt nach vorne und spürt die sofortige Kontraktion des M. multifidus. Im nächsten Zug versucht er, die lokale Muskelanspannung zu reproduzieren, ohne einen Schritt zu machen. Ziel der Übung ist, die Multifidus-Spannung so klein wie möglich, dabei aber noch fühlbar zu halten: „Je weniger, desto besser.“
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Dissoziative Übungen
Wahrnehmungsübungen Spezielle Bewegungen sind nur dann „echte“ Wahrnehmungsübungen, wenn der Fokus des wachen und motivierten Patienten allein auf der Wahrnehmung liegt. Er soll spüren, wo und wie eine Bewegung stattfindet und welche Muskeln sich hierfür an- und entspannen. Auf Grund der übungsbedingten schnellen mentalen Ermüdung des Patienten wird die Übungszeit kurz, die Übungsfrequenz aber hoch gewählt. Folglich soll mehrmals täglich geübt werden.
Dissoziatives Üben bedeutet das bewusste Bewegen von Körperabschnitten unabhängig voneinander. Folglich sollen weiterlaufende Bewegungen angrenzender Körperabschnitte aktiv und bewusst verhindert werden. Als praktische Übung soll der Patient eine Hüft-Flexion ohne weiterlaufende LWS-Flexion durchführen oder sein Becken samt LWS still halten, während er die BWS in Flexion, Extension oder Rotation bewegt ([Abb. 4]).
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Zusammenfassung
Die aktuelle Studienlage liefert deutliche Indizien, dass chronische Schmerzen die Körperwahrnehmung beeinträchtigen können. Unklar bleibt, wie stark die Wahrnehmungsstörungen ausgeprägt sind. Dessen ungeachtet kann die Körperwahrnehmung eines Patienten zuverlässig auf verschiedene Arten getestet und somit auch deren Störung erfasst werden. Für die Therapie stehen unterschiedliche Möglichkeiten bereit. Die Effektivität der vorgestellten Therapieform wurde bei CRPS-Patienten am besten nachgewiesen. Bei Rückenschmerzen ist die Evidenz der Effektivität weiterhin unklar, diesbezügliche Studien müssen folgen.
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Prof. Dr. Hannu Luomajoki
ist Physiotherapeut und leitet das Masterprogramm muskuloskeletale Physiotherapie an der ZHAW Winterthur. Er ist Mitglied der NOI (Neuroorthopädisches Institut, „Butler-Gruppe“) und forscht unter anderem zu den Themen unspezifische Kreuzschmerzen und Chronifizierungsrisiko bei Schmerzpatienten.
Fritz Zahnd
ist Physiotherapeut (OMT) und Dozent in einem Master-Programm für muskuloskeletale Physiotherapie an der Fachhochschule Winterthur. Er ist Mitbegründer des Schweizerischen Verbandes für Orthopädische Manipulative Physiotherapie (SVOMP) und publiziert in mehreren Fachbüchern und Zeitschriften zur Manuellen Therapie und Trainingstherapie.
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Literatur
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