Subscribe to RSS
DOI: 10.1055/a-0582-1903
Schilddrüsenerkrankungen aus Sicht der TCVM
Korrespondenzadresse
Publication History
Publication Date:
16 May 2018 (online)
Schilddrüsenerkrankungen verkörpern aus Sicht der TCVM das Prinzip von Yin und Yang schlechthin. Da die Symptome oft nicht eindeutig sind bzw. vielgestaltig erscheinen, ist eine genaue Diagnose oft schwierig. Als Hilfe für die Einordnung der Symptome in das Diagnosesystem der TCVM werden eingesetzte Rezepturen vorgestellt und anhand von Fallbeispielen erläutert.
#
Grundlagen
Der Hormonstoffwechsel stellt das Grundprinzip der TCM, nämlich das Prinzip von Yin und Yang dar.
In der Endokrinologie spielen insbesondere die 3 Zang Organe Milz (Pi), Niere (Shen) und Leber (Gan) und zusätzlich der San Jiao (3 Erwärmer) eine große Rolle.
Die Milz produziert Qi und Blut. In der Niere ist der Sitz des Ursprungs-Qi (Yuan Qi), der Essenz (Jing), Yin und Yang. Die Leber ist für den harmonischen Fluss von Qi und Blut zuständig und speichert das Blut.
Der San Jiao ist für die Verteilung des Yuan Qi und für die Verteilung der Körperflüssigkeiten zuständig.
Mit Hilfe der Zang Fu Theorie, der Meridiantheorie und des Konzeptes des San Jiao lässt sich das System Organismus erfassen und beschreiben und damit auch Regelkreise des Organismus wie Hormonzyklen und deren Störungen veranschaulichen.
#
Hypothyreose
Die Hypothyreose (Schilddrüsenunterfunktion) tritt deutlich häufiger beim Hund als bei der Katze auf.
Man unterscheidet die primäre und sekundäre Form:
Die primäre Hypothyreose ist durch eine Zerstörung der Schilddrüse durch eine Thyreoiditis, eine idiopathische Atrophie oder iatrogen durch verschiedene Medikamente gekennzeichnet. Sie entwickelt sich oft schleichend und tritt meist im Alter von 1 – 6 Jahren auf. Es gibt eine genetische Disposition für bestimmte Rassen (Dobermann, Retriever, Labrador, Cocker Spaniel, Hovawart).
Die sekundäre Form ist angeboren oder entsteht durch Tumore oder durch die Hemmung der Hypophysenfunktion.
Die Symptome der Hypothyreose sind vielgestaltig:
-
Müdigkeit, reduzierte Leistungsbereitschaft, herabgesetzter Stoffwechsel
-
Gewichtszunahme ohne erhöhte Futteraufnahme
-
Haut- und Haarkleidprobleme
-
Bradykardie
-
neurologische Symptome
-
Verhaltensauffälligkeiten
-
Zyklus- und Fruchtbarkeitsprobleme
Diagnose
Die Diagnose erfolgt in der Regel durch Bestimmung von T4, fT4 und TSH und gegebenenfalls Antikörper im Serum. Dabei werden bestimmte Stadien unterschieden ([Tab. 1]).
Stadium |
Klinik |
T4 |
TSH |
AK gegen Thyreoglobin |
---|---|---|---|---|
Stadium 1 |
Nein |
Normal |
Normal |
↑ |
Stadium 2 |
Nein |
Normal |
↑ |
↑ |
Stadium 3 |
Ja |
↓ |
↑ |
↑ |
Stadium 4 |
Ja |
↓ |
↑ |
Nein |
Die Schwierigkeit der Diagnostik liegt darin, dass es oft eine Überschneidung von euthyreoten und hypothyreoten Werten bei der Bestimmung von T4 gibt.
Viele Patienten zeigen wenig oder keine Symptome außer einem niedrigen T4 Spiegel. Vermutlich handelt es sich dabei um eine Anpassungsreaktion des Organismus auf eine andere Störung. Der Stoffwechsel wird eingeschränkt, um durch eine geringere Konzentration von Schilddrüsenhormonen im Blut Zellschäden zu vermeiden.
#
Was ist also zu tun?
Bei einer entsprechenden Klinik und Blutwerten im Stadium 3 und 4 ist eine Substitution mit Thyroxin notwendig. Kräuter können hier sehr erfolgreich zusätzlich eingesetzt werden.
Im Stadium 1 und 2 und bei allein erniedrigtem T4 ist eine Therapie mit Kräutern und/oder Akupunktur angeraten.
#
Symptome nach TCM
Die häufigsten Syndrome bei einer Hypothyreose sind Milz Qi Mangel, Blut Mangel und Milz- und Nieren Yang Schwäche.
Symptome Milz Qi Mangel:
-
Schwäche
-
Müdigkeit, Apathie
-
Inappetenz
-
Blähungen, Ödeme
-
Muskelschwäche
-
Bindegewebsschwäche
-
Gastritis
-
Diarrhoe
-
Puls: schwach
-
Zunge/Schleimhäute: blass, feucht
Symptome Blut Mangel (Leber Blut Mangel):
-
schuppiges Haarkleid (kleine Schuppen)
-
schlechte Horn-/Krallenqualität
-
Leistungsminderung
-
Kot eher trocken
-
Puls: dünn, fadenförmig
-
Zunge/Schleimhäute: blass, trocken
Symptome Milz- und Nieren Yang Schwäche:
-
Abneigung gegen Kälte
-
Hinterhandschwäche
-
Verlangsamung aller Lebensprozesse
-
Müdigkeit, Leistungsschwäche
-
Durchfall
-
Ödeme, Impotenz
-
Puls: langsam, schwach
-
Zunge/Schleimhäute: blass, feucht
#
Therapieziel
Therapieziel ist es, die Milz, die Niere und das Blut zu stärken. Hier kommen klassische Rezepturen wie Shí Quán Dà Bǔ Tāng (Dekokt zum Vervollständigen der Zehn) ([Tab. 3]), Bā Zhēn Tāng (Dekokt der 8 Schätze) ([Tab. 4]) oder auch Shēn Líng Bái Zhū Sǎn (Pulver mit Ginseng, Poria und Atractylodes) ([Tab. 5]) zum Einsatz.
Name |
Wirkung |
In % |
---|---|---|
Angelica sinensis (Dang Gui) |
Tonisiert das Blut |
15 |
Rehmannia rhiz. Praeparata (Shu Di Huang) |
Nährt Blut und Essenz |
18 |
Paeonia lactiflora radix (Bai Shao) |
Nährt das Blut (Leber) |
15 |
Ligustici Rhizoma (Chuan Xiong) |
Bewegt das Blut, löst Stagnation |
6 |
Ginseng radix (Ren Shen) |
Tonisiert das Qi |
6 |
Atractylodis macrocephalae rhiz. (Bai Zhu) |
Tonisiert das Qi und Stärkt die Milz |
9 |
Poria alba (Fu Ling) |
Zerstreut Feuchtigkeit und tonisiert mittleren Jiao |
12 |
Glycyrrhizae radix (Gan Cao) |
Tonisiert Milz Qi und harmonisiert |
4 |
Astragali radix (Huang Qi) |
Tonisiert Qi und hebt das Yang |
9 |
Cinnamomi cortex (Rou Gui) |
Wärmt Yang und zerstreut Kälte |
6 |
Name |
Wirkung |
In % |
---|---|---|
Angelica sinensis (Dang Gui) |
Tonisiert das Blut |
15 |
Rehmannia rhizoma praeparata (Shu Di Huang) |
Nährt Blut und Essenz |
20 |
Paeonia lactiflora radix (Bai Shao) |
Nährt Blut (Leber) |
15 |
Ligustici Rhizoma (Chuan Xiong) |
Bewegt das Blut, löst Stagnation |
8 |
Ginseng radix (Ren Shen) |
Tonisiert Qi |
8 |
Atractylodis macrocephalae rhizoma (Bai Zhu) |
Tonisiert Qi und stärkt die Milz |
12 |
Poria alba (Fu Ling) |
Zerstreut Feuchtigkeit und tonisiert mittleren Jiao |
15 |
Glycyrrhizae radix (Gan Cao) |
Tonisiert Milz und harmonisiert |
4 |
Name |
Wirkung |
In % |
---|---|---|
Ginseng radix (Ren Shen) |
Tonisiert Qi, Yuan Qi |
9 |
Atractylodis macrocephalae rhizoma (Bai Zhu) |
Tonisiert Qi und Milz |
15 |
Poria alba (Fu Ling) |
Stützt Milz, zerstreut Feuchtigkeit |
15 |
Glycyrrhizae radix (Gan Cao) |
Stützt Mitte, harmonisiert |
10 |
Dioscoreae oppositae rhizoma (Shan Yao) |
Tonisieren Mi Qi, stoppen Diarrhoe |
15 |
Coicis semen (Yi Yi Ren) |
Eliminiert Feuchtigkeit |
8 |
Nelumbinis semen (Lian Zi) |
Stützt Mi Qi, stoppt Diarrhoe |
7 |
Dolichoris lablab semen (Bai Bian Dou) |
Wärmt Milz, zerstreut Feuchtigkeit |
10 |
Amomi xanthioidis fructus (Sha Ren) |
Wärmt Mi, Reguliert Qi |
6 |
Platycodi radix (Jie Geng) |
Stützt Lu Qi, beseitigt Völlegefühl |
5 |
Oft lassen sich die o. g. Syndrome nicht gut unterscheiden oder sie treten gemeinsam auf. Deshalb kommen die genannten Rezepturen auch häufig zum Einsatz. Sie werden oft über einen längeren Zeitraum eingesetzt, zum Teil über ein Jahr lang. Dabei sollte man die Diagnose immer wieder überprüfen. Und gegebenenfalls die Rezeptur anpassen.
Kommen Tiere in unsere Praxis mit entsprechenden Symptomen, die einen Verdacht einer Hypothyreose zulassen, erheben wir eine Anamnese klassisch schulmedizinisch inklusive Labor und gleichzeitig auch eine Diagnose nach TCVM. Bei unklaren Laborbefunden (insbesondere T4) fange ich mittlerweile immer mit Kräutern an, bei einer klassischen Hypothyreose (Stadium 3 und 4) machen wir meist Kräuter zur Hormonsubstitution dazu. Hunde bekommen die chinesischen Kräuterrezepturen als Granulat oder Tabletten verabreicht, in der Regel 2 × tgl. 1 – 2 g mit dem Futter zusammen. Auch das Futter sollte einer Überprüfung unterzogen werden. Bei einem Milz Qi Mangel und auch Milz und Nieren Yang Mangel ist eine Rohfleischfütterung kontraindiziert, hier sollte man auf gekochtes Fleisch umstellen, da dieses von der Milz besser in gutes Gu Qi (Nahrungs-Qi) umgewandelt werden kann.
Bei Blut Mangel ist eine Rohfleischfütterung durchaus sinnvoll.
#
Fallbeispiel 1
Labrador „Tommy“, 4 Jahre alt, männlich kastriert, wird uns vorgestellt, er erscheint seit einigen Monaten müde und antriebslos, läuft nicht mehr gern, mag keinen Regen, liegt gern drin. Das Haut- und Haarkleid ist trocken, am Körperstamm hat er ausgedünntes Fell. Er leidet unter rezidivierenden Otitiden mit meist sehr trockenem Sekret. Tommy ist leicht übergewichtig, bekommt Royal Canin Trockenfutter, trotzdem neigt er zu Durchfällen bzw. hat oft ungeformten, weichen Kot mit Futterbestandteilen. Eine Wärme- oder Kälteintoleranz war nicht zu ermitteln. In beiden Ellenbogen besteht eine Arthrose (er wurde im ersten Lebensjahr an beiden Ellenbogen operiert), dazu kommen häufige Lahmheiten, die mit Schmerzmitteln behandelt werden.
Zunge/Schleimhäute: blass, aber eher trocken
Puls: schwach und tief, gespannt
Die Symptome sprechen für einen Milz Qi und Blutmangel ([Tab. 2]). Die Bewegungsunlust ist aber auch Ausdruck einer Qi- und Blutstagnation hervorgerufen durch die Arthrosen.
Parameter |
Ist Wert |
Referenzwert |
---|---|---|
Erythrozyten |
5,0 |
5,5 – 8,5 Tpt/l |
Hb |
7,9 |
9,3 – 11,8 mmol/l |
T4 |
7,8 |
16,7 – 57,9 nmol/l |
fT4 |
8,0 |
7,7 – 47,6 pmol/l |
TSH |
0,06 |
< 0,6 ng/dl |
Hier war das Therapieziel, die Milz und das Blut zu stärken und Schmerzen zu beenden und Stagnation zu beseitigen.
Tommy bekam die Rezeptur Shí Quán Dà Bǔ Tāng (Dekokt zum Vervollständigen der Zehn Schätze ([Tab. 3])) für 10 Wochen.
Wirkung der Rezeptur:
-
Blut ergänzend und stützend
-
Qi ergänzend und stützend
-
Qi/Yang wärmend
Zunge/Schleimhäute: blass, feucht
Puls: schwach, tief
Gleichzeitig wurde die Fütterung umgestellt auf selbstgekochtes Fleisch. Dabei wurde eine Unverträglichkeit von Rind und Huhn festgestellt (davon bekam er sofort Durchfall), sodass er bis heute ein Futter auf Basis von Pute, Ente, Pferd und Schwein bekommt.
Nach 4 Wochen war Tommy wesentlich fröhlicher, wollte wieder spielen und nach draußen gehen, die Erythrozyten und der Hb waren fast wieder normal.
Nach weiteren 6 Wochen waren die Blutwerte im Normbereich, nur das T4 war weiterhin zu niedrig.
Es trat kein Durchfall mehr auf. Haut- und Haarkleid waren glänzend und dicht. Eine Otitis trat nicht mehr auf. Tommy bewegte sich wieder viel und mit viel Freude und erhielt Physiotherapie für seinen Bewegungsapparat, die Schmerzmittel konnten weitestgehend weggelassen werden.
Tommy bekam dann die Rezeptur Bā Zhēn Tāng (Dekokt der 8 Schätze [Tab. 4]) für weitere 12 Wochen.
Wirkung der Rezeptur:
-
Blut ergänzend und stützend
-
Qi ergänzend und stützend
-
Chong Mai stützend, Uterus stützend
Zunge/Schleimhäute: blass, feucht
Puls: schwach, tief
Bei einer erneuten Testung von T4 war dieses immer noch zu niedrig. Es lagen dann aber keine klinischen Symptome einer Hypothyreose mehr vor.
Ein Jahr nach der Erstvorstellung wurde Tommy goldimplantiert, da durch die Arthrose der Ellenbogen immer wieder Probleme auftraten.
Tommy ist insgesamt 12 Jahre alt geworden. Der T4 Spiegel lag sein ganzes Leben deutlich unter der Norm, er zeigte aber nie wieder klassische Symptome einer Hypothyreose, sodass ich nicht wieder eine Rezeptur dagegen einsetzen musste.
Bei Tommy hatten sich die Symptome einer Hypothyreose entwickelt, weil die Milz zu schwach war, das angebotene Futter entsprechend zu transformieren. Deshalb war es vermutlich sekundär zu einer Blutschwäche gekommen und es zeigten sich dann Symptome einer Milz Qi- und Blut Schwäche. Mit Kräutern konnte relativ schnell Abhilfe geleistet werden, eine grundlegende Änderung wurde sicher jedoch durch die Veränderung der Fütterung gelegt, die dann die Milz wieder in die Lage versetzte, das Futter zu transformieren und als Gu Qi und Blut dem Körper zur Verfügung zu stellen. Die permanent erniedrigten T4 Werte ignorierten wir und besannen uns darauf, dass wir Tiere behandeln und keine Laborwerte.
Eine weitere Rezeptur, die häufig bei Hypothyreose zur Anwendung kommt, ist Shén Líng Bái Zhû Sǎn, ein Pulver mit Ginseng, Poria und Atractylodis ([Tab. 5]).
Wirkung der Rezeptur:
-
Qi stützend und ergänzend
-
Mitte stützend, Nässe ausleitend
-
Diarrhoe beendend, Qi emporhebend
Milz Qi Mangel mit Feuchtigkeit (Umwandlungsfunktion der Milz gestört)
Chronische Diarrhoe, Inappetenz, Müdigkeit, Gewichtsverlust
Malabsorptionssyndrom
Zunge/Schleimhäute: blass, feucht
Puls: schwach, tief
#
#
Hyperthyreose
Die Hyperthyreose (Schilddrüsenüberfunktion) stellt in erster Linie ein Problem bei Katzen dar. Sie tritt vor allem bei älteren Tieren auf und gilt heute als die häufigste Endokrinopathie der Katze.
In den meisten Fällen handelt es sich dabei um eine adenomatöse Hyperplasie der Schilddrüse oder ein Adenom. Seltener können auch Karzinome bestehen.
Ätiologisch werden in der Literatur prädisponierende Faktoren, wie die häufige Verwendung von Antiparasitaria, Düngemittel, Herbizide und vor allem die Fütterung von Dosenfutter (hoher Gehalt an endokrinen Disruptoren wie Bisphenol A) diskutiert.
Die klinischen Symptome bei Hyperthyreose sind variabel:
-
beschleunigter Stoffwechsel
-
Polyphagie bei gleichzeitigem Gewichtsverlust
-
Veränderungen am Herz-Kreislaufsystem (Tachykardie und Arrhythmie)
-
Magen-Darm-Symptome (Erbrechen, Durchfall)
-
Dyspnoe
-
Verhaltensveränderungen (gesteigerte Aktivität bis hin zur Aggressivität)
Weitere Symptome können auftreten.
Diagnose
Die Diagnose erfolgt anhand von Laborparametern, vorzugsweise T4 und fT4.
#
Klassische Therapie
Die Therapie erfolgt vorzugsweise mit Thiamazol in Tablettenform. Auch eine chirurgische Therapie kann durchgeführt werden, im Anschluss muss aber meist Thyroxin gegeben werden.
Thiamazol wird oft nicht so gut vertragen, trotz normalisierter Schilddrüsenhormonwerte treten oft erhebliche Nebenwirkungen auf. Dazu kommt, dass die Besitzer oft Probleme haben, die Tabletten in die Katze zu bekommen, bei Freigängern ist eine pünktliche regelmäßige Verabreichung manchmal nur schwer machbar.
Hier kann die chinesische Phytotherapie sehr hilfreich sein.
#
Symptome nach TCM
In der Humanmedizin wird die Hyperthyreose vorzugsweise als Leberfeuer beschrieben, dessen Hitze das Yin austrocknet, es besteht also ein Yin Mangel, der auf einem Yang Überschuss beruht.
Diese Symptomenkonfiguration haben wir auch in der Tiermedizin, es bestehen aber auch oft Schleim Hitze Muster.
Symptome Schleim Hitze:
-
Chronisches Erbrechen
-
Schleimiges Erbrechen, wenig Durst
-
Inappetenz oder Fressattacken
-
Gewichtszunahme, Lethargie
-
Durchfälle
-
Puls: tief, schwach oder gespannt, schlüpfrig
-
Zunge/Schleimhäute: eher blass, feucht
Diese Symptome treten häufig am Anfang der Entwicklung einer Hyperthyreose auf. Aufgrund einer Milz Qi Schwäche ist die Transformation von Flüssigkeiten gestört, es kommt zur Anhäufung von Feuchtigkeit und Schleim im San Jiao (3 Erwärmer). Daraus entsteht pathologisches Feuer, das man als eine Art Reibungshitze in einem Qi gefüllten Raum verstehen kann.
Symptome Yang Überschuss, Leberfeuer, Blutstagnation:
-
Polyphagie bei gleichzeitiger Gewichtsabnahme
-
Unruhe, Reizbarkeit, Hyperaktivität
-
Müdigkeit, Schwäche
-
Palpitationen, Tachykardie
-
Puls: gespannt, schnell,
-
Zunge/Schleimhäute: rot, trocken, evtl. Belag
Hier hat sich durch falsches Futter (zu Yang-lastig wie Getreide, Zucker, viel Trockenfutter) oder endokrine Disruptoren oder auch andere Ursachen zunächst eine Leber Qi Stagnation entwickelt, die zur Entwicklung von Hitze geführt hat. Dieses Feuer steigt nach oben und trocknet das Yin und die Körperflüssigkeiten.
#
Therapie nach TCM
Vorzugsweise werden 2 Rezepturen eingesetzt bzw. auch Variationen dazu, bei Schleim Hitze Mustern eine Variation zu Er Chen Tang, dem Dekokt der 2 Abgestandenen ([Tab. 6)], bei Leberfeuer und Yang Überschuss eine Variation von Hai Zao Yu Hu Tang ([Tab. 7)].
Pin Yin |
Name |
Wirkung |
In % |
---|---|---|---|
Ban Xia |
Pinellia rhizoma |
Trocknet Feuchtigkeit, transformiert Schleim |
30 |
Chen Pi |
Citri reticuatae pericarpium |
Bewegt Qi, transformiert Schleim |
30 |
Fu Ling |
Poria alba |
Vertreibt Feuchtigkeit, stärkt die Milz |
20 |
Zhi Gan Cao |
Glycyrrhizae präparatae |
Harmonisiert und stärkt die Milz |
10 |
Chuan Xiong |
Ligustici Chuangxiong |
Bewegt Blut |
10 |
Pin Yin |
Name |
Wirkung |
In % |
---|---|---|---|
Chuan Bei Mu |
Bulbus fritillaria |
Transformiert Schleim, nährt das Yin |
8 |
Ban Xia |
Pinelliae rhiz. |
Transformiert Schleim, trocknet Feuchtigkeit |
8 |
Qing Pi |
Citri peric. Viridae |
Bewegt Qi und beseitigt Schmerz |
4 |
Chen Pi |
Citri peric. |
Bewegt Qi und trocknet Feuchtigkeit |
6 |
Dang Gui |
Angelica sinensis |
Nährt und bewegt Blut, geht in die LB |
6 |
Chuan Xiong |
Ligustici chuanxiong |
Bewegt Blut |
4 |
Huang Qin |
Scutellaria |
Löscht Feuer, löst Schleim |
4 |
Lian Qiao |
Forsythiae fructus |
Klärt Hitze, antitoxisch |
4 |
E Zhu |
Zedoariae rhizoma |
Bricht Stasen und löst Massen |
6 |
San Leng |
Sparganii rhizoma |
Bricht Stasen auf, bewegt Qi, reduziert Schmerz |
6 |
Shu Di Huang |
Rehmanniae präparata |
Nährt Blut, Yin und Jing |
12 |
Shan Yao |
Dioscorae oppos. Rhizoma |
Tonisiert Qi und nährt Jing |
8 |
Bai Shao |
Paeonia albae |
Nährt Blut und erweicht Leber, nährt Leber |
8 |
Mu Li |
Ostrae conchae |
Beruhigt hochschlagendes Leber Yang |
8 |
Bai Zhu |
Atractylodes macroceph. |
Nährt das Qi |
8 |
Selbstverständlich sollte die Fütterung angepasst werden, soweit das bei Katzen möglich ist.
Diese Rezepturen werden von mir in der Regel als hydrophiles Konzentrat eingesetzt, da dann die Akzeptanz durch die Patienten in der Regel sehr gut ist. Granulate und Tabletten eignen sich nur bedingt, aber auch das geht bei einigen Katzen. Hier hilft nur ausprobieren.
#
Fallbeispiel 2
Katze „Schumpi“, 12 Jahre alt, weiblich kastriert, Wohnungskatze, hat in den letzten Jahren 1 – 2 × pro Monat erbrochen, seit 3 Monaten allerdings erbricht sie 2 – 3 × pro Woche Schleim, sehr selten Futterbrei. Haut- und Haarkleid, Schleimhäute erscheinen normal, Herz/Lunge sind ohne besonderen Befund. Das Verhalten ist unverändert. Die Katze leidet unter starkem Zahnsteinbefall mit erheblicher Gingivitis. In letzter Zeit meidet sie ihren Lieblingsplatz an der Heizung. Sie erhält eine Mischung aus handelsüblichen Trocken- und Feuchtfutter.
Zunge/Schleimhäute: geschwollen, feucht
Puls: kräftig, leicht überflutend, weder schnell noch langsam
Im Zuge der Zahnsteinentfernung erfolgte eine Blutentnahme, dabei waren fast alle Werte im Normbereich (BB, Niere, Pankreas, Leber) ([Tab. 8]).
Parameter |
Ist Wert |
Referenzbereich |
---|---|---|
GLDH |
7,65 U/l |
< 6 U/l |
T3 |
84,4 ng/dl |
33 – 167 ng/dl |
T4 |
4,7 µg/dl |
0,9 – 2,9 µg/dl |
Diagnose
Hyperthyreose. Nach TCM: Schleim (leicht Hitze).
#
Therapie
Er Chen Tang, 2 × tgl. 5 Tropfen
#
Verlauf
Das Erbrechen hörte nach 1 Woche gänzlich auf. Die Rezeptur wurde noch für 3 weitere Wochen gegeben. Kontrolle T4: 3,4 µg/dl (0,9 – 2,9 µg/dl). Für 6 weitere Wochen wurde die gleiche Rezeptur verabreicht. Kontrolle T4: 2,7 µg/dl (0,9 – 2,9 µg/dl).
#
Epikrise
T4 Werte erholten sich innerhalb von 10 Wochen. Die Fütterung blieb gleich, da die Katze nichts anderes akzeptierte. Für weitere 6 Wochen wurde eine Mitte regulierende und stärkende Rezeptur verabreicht (Si Jun Zi Tang + Chen Pi). Seitdem erfolgt eine Kontrolle T4/T3 einmal im Jahr und ist weiterhin im Normbereich.
#
#
Fallbeispiel 3
Katze „Lilly“, weiblich kastriert, 10 Jahre alt, zeigt in der letzten Zeit gehäuftes Erbrechen. Sie frisst extrem viel, hat aber innerhalb eines Jahres 1,5 kg Gewicht verloren und erscheint eher dünn. Sie ist sehr unruhig geworden und leicht reizbar. Die Auskultation des Herzens ergab eine Tachykardie. Die Katze erhält kommerzielles Trockenfutter.
Zunge/Schleimhäute: rötlich, wenig Belag, eher trocken
Puls: eher schnell, drahtig
Diagnose
Hyperthyreose. Nach TCM Schleim/Hitze mit stärkerer Hitzeausprägung und Yin Mangel Symptomen (Yang Überschuss).
#
Therapie
Variation zu Hai Zao Yu Hu Tang, 2 × tgl. 10 Tropfen (orale Gabe von Thiamazol war nicht möglich).
#
Verlauf
Nach 4 Wochen: Verbesserung des Allgemeinbefindens: kein Erbrechen mehr, insgesamt ruhiger geworden, nicht mehr so reizbar. Immer noch Polyphagie, aber Gewicht gehalten. Keine Veränderungen der Laborwerte ([Tab. 9]).
Parameter |
Ist Wert |
Referenzbereich |
---|---|---|
Erythrozyten |
4,5 |
5 – 10 Tpt/l |
Hb |
5,6 |
5,6 – 9,3 mmol/l |
CK |
3,2 |
< 2,2 µmol/l*s |
T4 |
3,2 |
0,9 – 2,9 µg/dl |
fT4 |
34,4 |
6,4 – 33,3 pmol/l |
T3 |
224 |
33 – 167 ng/dl |
fT3 |
0,9 |
0,8 – 1,4 pmol/l |
Nach 6 Monaten: Gewichtszunahme um 1 kg, kein Erbrechen, keine Unruhe mehr. Erholung der Blutwerte. Tachykardie, Polyphagie geblieben. T4 und fT4 im Normbereich, T3 immer noch zu hoch.
#
Epikrise
„Lilly“ ist mittlerweile 13 Jahre alt. Sie erhält diese Rezeptur weiterhin 1 × täglich. Weglassen oder eine Veränderung der Rezeptur hatte wieder zu einer Verschlechterung der Allgemeinsymptome geführt. Der T3 Spiegel ist nach wie vor leicht erhöht. Alle anderen Laborwerte (Niere, Leber, Pankreas, BB) sind im Normbereich. Frauchen füttert eine Mischung aus Trockenfutter und Frischfleisch.
#
#
#
Fazit
Diese Beispiele zeigen, dass auch Störungen der Schilddrüse sich gut in TCM Muster einordnen lassen. Auf dieser Grundlage ist eine Therapie vor allem mit Kräutern sehr effektiv und hilfreich und kann unter bestimmten Umständen die Therapie mit Hormonen ersetzen oder auch sinnvoll ergänzen.
Hyper- und Hypothyreose werden in der Praxis in den letzten Jahren beim Kleintier immer häufiger diagnostiziert und stellen durchaus eine Herausforderung für die Therapie dar. Die Symptome sind vielgestaltig, die Labordiagnostik oft nicht eindeutig, der Griff zur Tablette erfolgt sehr schnell, die Therapieergebnisse sind dabei oft nicht befriedigend. Dazu kommt, dass die Compliance des Besitzers und des Patienten, speziell Katzen, oft ein weiteres Problem darstellen.
Hier hat es sich insbesondere in meiner Praxis bewährt, chinesische Kräuterrezepturen einzusetzen.
In recent years the diagnosis of hyperthyroidism and hypothyroidism in small animal practice has increased and definitely present a challenge for therapy. The symptoms are varied, the laboratory diagnosis often ambiguous, the resolve to use tablets rapid and the therapeutic outcome often unsatisfactory. In addition, the compliance of the owner and the patient, especially cats, often presents an additional challenge. Evidence from the authorʼs veterinary practice has proven that small animals suffering from hyperthyroidism and hypothyroidism can benefit immensely from Chinese herbal formulas.
Key words: TCVM syndrome, hyperthyroidism and hypothyroidism, Chinese herbal medicine
Anhang: Bezugsquellen für Kräuter sind bei der Verfasserin zu erfragen.
#
#
Katrin Noack
Studium der Veterinärmedizin in Leipzig; seit 1993 niedergelassen mit eigener Kleintierpraxis in Cottbus, Schwerpunkt: TCVM; 1997 Zusatzbezeichnung Akupunktur; 2004 Bachelor für Akupunktur der Li Zhi Zhen Universität Wien; 2006 Abschluss chinesische Kräuterheilkunde bei der SMS; 2007 erfolgreiche Prüfung bei der IVAS; 2011 Weiterbildungsermächtigung für Akupunktur; seit 2008 Dozentin bei den berliner fortbildungen für TCVM; Mitglied bei der GGTM (seit 1997), IVAS, GERVAS, SMS
-
Literatur
- 1 Chen JK, Chen TT. Chinesische Pharmakologie I und II. Bad Kötzting: Verlag systemische medizin; 2012
- 2 Focks C. Leitfaden Chinesische Medizin. München und Jena: Verlag Urban & Fischer; 2010
- 3 Kalg A. Chinesische Arzneipflanzen. München und Jena: Verlag Urban & Fischer; 2009
- 4 Kubiena G. Chinesische Syndrome verstehen und anwenden. Wien-München-Berlin: Verlag Wilhelm Maudrich; 2000
- 5 Van Nghi N. Hoang Ti Nei King So Quenn („Lehrbuch des Gelben Kaiser“). Uelzen: medizinisch-literarische Verlagsgesellschaft; 1996
Korrespondenzadresse
-
Literatur
- 1 Chen JK, Chen TT. Chinesische Pharmakologie I und II. Bad Kötzting: Verlag systemische medizin; 2012
- 2 Focks C. Leitfaden Chinesische Medizin. München und Jena: Verlag Urban & Fischer; 2010
- 3 Kalg A. Chinesische Arzneipflanzen. München und Jena: Verlag Urban & Fischer; 2009
- 4 Kubiena G. Chinesische Syndrome verstehen und anwenden. Wien-München-Berlin: Verlag Wilhelm Maudrich; 2000
- 5 Van Nghi N. Hoang Ti Nei King So Quenn („Lehrbuch des Gelben Kaiser“). Uelzen: medizinisch-literarische Verlagsgesellschaft; 1996