Klin Monbl Augenheilkd 2018; 235(05): 638-645
DOI: 10.1055/a-0589-6449
Statement
Georg Thieme Verlag KG Stuttgart · New York

Stellungnahme des Berufsverbandes der Augenärzte Deutschlands, der Deutschen Ophthalmologischen Gesellschaft und der Retinologischen Gesellschaft zur Therapie choroidaler Neovaskularisationen bei anderen Erkrankungen als der neovaskulären altersabhängigen Makuladegeneration[*]

Stand Oktober 2017 Berufsverband der Augenärzte Deutschlands e. V., Deutsche Ophthalmologische Gesellschaft, Retinologische Gesellschaft e. V.
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Publikationsverlauf

Publikationsdatum:
08. Mai 2018 (online)

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Kernaussagen

  1. Choroidale Neovaskularisationen (CNV) können nicht nur bei der altersabhängigen Makuladegeneration (AMD), sondern auch im Rahmen zahlreicher anderer Makula- und Netzhauterkrankungen unterschiedlichster Ätiologie auftreten und unbehandelt zu einem erheblichen, irreversiblen Visusverlust führen.

  2. Die Diagnostik der CNV sowie die Indikationsstellung zur Therapie soll wie bei der neovaskulären AMD erfolgen:

    • bei der Erstdiagnose: bestkorrigierter Visus, Fundusuntersuchung, Untersuchung mittels optischer Kohärenztomografie (OCT) und Fluoreszenzangiografie

    • bei der Verlaufskontrolle: bestkorrigierter Visus, Fundusuntersuchung, OCT-Untersuchung und je nach Befund Fluoreszenzangiografie

  3. Die Behandlung der aktiven CNV soll mittels IVOM (intravitreale operative Medikamenteneingabe) von VEGF-Inhibitoren erfolgen, wenn ein Visus von mindestens 0,05 vorliegt oder berechtigte Aussicht besteht, dass der Visus unter Therapie auf über 0,05 ansteigen kann.

  4. Zugrunde liegende Erkrankungen können unter anderem sein (hier nur eine Auswahl):

    • hohe Myopie

    • angioide Streifen

    • Chorioretinopathia centralis serosa

    • aktive und inaktive Uveitiden unterschiedlicher Genese inklusive Retinochoroiditiden, Chorioretinitiden und Chorioiditiden

    • Verletzungen des Auges

    • Netzhautdystrophien, z. B. Morbus Best, und Musterdystrophien

    • idiopathische CNV

    • subretinale Raumforderungen (Osteome, Hamartome, Nävi)

      Wenn bei den genannten Krankheiten keine CNV als Komplikation vorliegt, soll keine IVOM mittels VEGF-Inhibitoren erfolgen.

  5. Zur Therapie einer CNV bei pathologischer Myopie sind in Deutschland Ranibizumab und Aflibercept zugelassen.

  6. Für die Therapie einer CNV im Rahmen anderer Erkrankungen als der neovaskulären AMD und der pathologischen Myopie ist in Deutschland unabhängig von der zugrunde liegenden Erkrankung seit 12/2016 Ranibizumab zugelassen. Der Einsatz der anderen VEGF-Inhibitoren Aflibercept und Bevacizumab ist „off-label“ möglich.

  7. Aufgrund der im Vergleich im Allgemeinen deutlich schlechteren Behandlungsergebnisse soll eine Therapie mittels photodynamischer Therapie (PDT) nur in Ausnahmefällen bei extrafovealer Lage erfolgen.

  8. Nach initialer einmaliger intravitrealer Verabreichung soll die weitere Aktivität der CNV in den ersten 6 Monaten monatlich kontrolliert werden (siehe 2.). Bei persistierender oder erneuter Aktivität soll jeweils eine weitere IVOM erfolgen. Je nach Verlauf kann mehr als 6 Monate nach der letzten IVOM gegebenenfalls in größeren Intervallen kontrolliert werden. In begründeten Einzelfällen (z. B. Patienten, die häufige Reinjektionen benötigen) kann im Verlauf auch ein anderes Therapieschema (z. B. „treat and extend“) erwogen werden.

  9. Fällt der Visus während der Anti-VEGF-Therapie unter 0,05 oder ist ein weiteres positives Behandlungsergebnis nicht zu erwarten (z. B. in Gegenwart von Atrophie und/oder Fibrose), soll die Therapie abgebrochen werden, es sei denn, es besteht eindeutig die Möglichkeit, dass der Visus unter Therapie wieder auf über 0,05 ansteigen kann.

  10. Bleibt eine Besserung unter Therapie aus oder kommt es zu einer Verschlechterung, kann der Wechsel auf einen anderen VEGF-Inhibitor erwogen werden.

* Diese Stellungnahme erscheint ebenfalls in der Zeitschrift Der Ophthalmologe, Springer Verlag, Berlin, Heidelberg.