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DOI: 10.1055/a-0591-3625
Das (zu) kleine oder (zu) große Kind: Abklärung von Wachstumsstörungen
Korrespondenzadresse
Publication History
Publication Date:
16 September 2019 (online)
- Wachstum erfassen, Wachstumsstörung abklären
- Labordiagnostik bei Kleinwuchs
- Kleinwuchs
- Hochwuchs
- Wissenschaftlich verantwortlich gemäß Zertifizierungsbestimmungen
- Literatur
Wachstum und Entwicklung zeichnen das Kindesalter aus. Ist das Längenwachstum gestört, bereitet dies Sorge und verlangt nach Abklärung. Ursachen einer Wachstumsstörung sind so vielfältig wie die verschiedenen Faktoren, die das Wachstum beeinflussen. Normvarianten sind häufig, pathologische Störungen dürfen unserer ärztlichen Aufmerksamkeit nicht entgehen. Algorithmen erleichtern daher die zielgerichtete Diagnostik.
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Wachstum erfassen, Wachstumsstörung abklären
Anamnese
Grundlage für die Abklärung einer Wachstumsstörung ist eine ausführliche Eigen- und Familienanamnese ([Tab. 1]). Der Schwangerschafts- und Geburtsanamnese kommt dabei eine besondere Bedeutung zu. Geburtslänge und -gewicht sollten im Hinblick auf das Gestationsalter beurteilt werden mit der Frage, ob eine SGA-Geburt (small for gestational age) oder eine fetale Makrosomie vorgelegen hat.
Die Wachstumsanamnese gibt Aufschluss über den etwaigen Beginn einer Wachstumsstörung. Die Frage nach Ereignissen in zeitlichem Zusammenhang mit der Wachstumsstörung kann einen Hinweis auf auslösende Faktoren geben. Ebenfalls relevant sind:
-
Erfassung von Entwicklungsbesonderheiten
-
durchgemachte und bestehende Erkrankungen
-
erfolgte Operationen
-
Medikamentenanamnese
-
Berücksichtigung von Lebensbedingungen und -stil
-
seelische Besonderheiten und Störungen
Die Familienanamnese umfasst die Körperhöhe der Eltern und deren Entwicklung, aber auch der Geschwister und entsprechende Auffälligkeiten bei anderen Familienmitgliedern: Kommt in der Familie Klein- oder Hochwuchs vor, eine verzögerte oder beschleunigte Entwicklung, gibt es hormonelle Erkrankungen oder Hinweise darauf (z. B. Schilddrüsenerkrankungen, Pubertätsstörungen, Stoffwechseldefekte, ungeklärter unerfüllter Kinderwunsch), sind bei Familienmitgliedern genetische Auffälligkeiten bekannt?
Anamnese |
Frage |
Ziel der Frage/Hinweis auf |
---|---|---|
Schwangerschaftsanamnese |
Erkrankung der Mutter in der Schwangerschaft? |
intrauterine Schädigung |
Einnahme von Medikamenten in der Schwangerschaft? |
intrauterine Schädigung |
|
Rauchen in der Schwangerschaft (wie viel)? |
intrauterine Schädigung |
|
Alkoholkonsum in der Schwangerschaft (welche Schwangerschaftswoche? Wie viel)? |
fetale Alkoholspektrumstörung (FAS) |
|
Ist Pränataldiagnostik erfolgt? |
Chromosomenaberration |
|
Geburtsanamnese |
Gestationsalter, Geburtsgewicht, Geburtslänge? |
Patient SGA-geboren (small for gestational age) Silver-Russell-Syndrom |
Hand- und Fußrückenödeme in der Neugeborenenzeit? |
Ullrich-Turner-Syndrom |
|
angeborene Fehlbildungen (insbesondere Herz, Niere)? |
syndromale Erkrankung, z. B. Ullrich-Turner-Syndrom |
|
Perinatale Hypoglykämien und/oder Mikropenis? |
Prader-Willi-Syndrom oder Wachstumshormonmangel |
|
Auffälligkeiten beim Neugeborenen-Screening? |
angeborene Stoffwechselerkrankung, Mukoviszidose, konnatale Hypothyreose oder adrenogenitales Syndrom |
|
Auffälligkeiten beim Neugeborenen-Hörscreening? |
syndromale Erkrankung konnatale Infektion |
|
Anamnese der Säuglings- und Kleinkindzeit |
Muskelhypotonie? Fütterstörungen? |
Prader-Willi-Syndrom |
Häufige, auch schwere Atemwegsinfekte? |
Mukoviszidose |
|
Regelrechtes Erreichen der Entwicklungsmeilensteine? |
syndromale Erkrankung, z. B. Trisomie 21, Prader-Willi-Syndrom, DiGeorge-Syndrom |
|
Wachstumsanamnese |
Wachstumsdaten so vollständig wie möglich erfragen (Vorsorgeheft, Messungen bei anderen Ärzten) |
ungefähren Beginn der Wachstumsstörung |
Vermuteter Beginn der Wachstumsstörung/Wann ist dies den Eltern und dem Kinderarzt erstmals aufgefallen? |
primordiale/primäre oder sekundäre Wachstumsstörung |
|
Gab es zu Beginn der Wachstumsstörung ein besonderes Ereignis? |
Auslöser der Wachstumsstörung |
|
Eigenanamnese |
Entwicklungsbesonderheiten, Teilleistungsstörungen, Verhaltensauffälligkeiten, chronische Beschwerden ohne organisches Korrelat? |
neurologische/psychosomatische/psychiatrische Erkrankung |
Luftnot? |
Lungen- oder Herzerkrankung |
|
Häufige Atemwegsinfekte ± Gedeihstörung ± Pubertas tarda? |
Mukoviszidose |
|
Chronische Durchfälle, wenn ja seit wann? Beikosteinführung? |
Malabsorptionssyndrom, Zöliakie, chronisch entzündliche Darmerkrankung, Nahrungsmittelallergie |
|
Blutige Stühle? |
chronisch entzündliche Darmerkrankung |
|
Gelenkbeschwerden, unklare Hauterscheinungen? |
Autoimmunerkrankung/rheumatische Erkrankung |
|
Auffälliges Essverhalten ± Gewichtsverlust? |
Essstörung (Anorexia nervosa, Bulimie, atypische Essstörung) |
|
Müdigkeit, Kälteintoleranz, Obstipationsneigung, Gewichtszunahme? |
Hypothyreose |
|
Verminderte Wachstumsgeschwindigkeit seit dem 2. Lebensjahr, „Putten“-artiges Aussehen? |
Wachstumshormonmangel oder verminderte Wachstumshormonwirkung |
|
Z. n. Malignomtherapie (Chemotherapie, Radiatio) oder neurochirurgischer Therapie? |
auf Hypopituitarismus als Folgeerkrankung (Cave: andere Regelkreise) Schädigung des Rückenmarks (bei dysproportioniertem Kleinwuchs) |
|
Kopfschmerzen ± Sehstörungen/Doppelbilder? |
intrakranielle Raumforderung/Kraniopharyngeom? |
|
Gewichtszunahme, Akne, Dehnungsstreifen, Stimmungsschwankungen, Kopfschmerzen? |
Cushing-Syndrom |
|
Ernährungsanamnese |
Ausreichende Kalorien- und Nährstoffzufuhr? |
Mangel-/Fehlernährung |
Medikamentenanamnese |
explizite Frage nach Dauermedikation |
Glukokortikoide (inhalativ/systemisch), Insulin, Amphetaminderivate, Antiepileptika |
Sozialanamnese |
Lebensbedingungen (Wohnen, Schule, sozialer Kontext)? |
psychosoziale Ursache der Wachstumsstörung |
Familienanamnese |
Konsanguinität der Eltern? |
genetische Formen der Wachstumsstörung |
Wachstumsstörungen (Kleinwuchs, Hochwuchs) in der Familie? |
genetische Formen der Wachstumsstörung |
|
Pubertätsbeginn und -verlauf der Eltern? |
konstitutionelle Verzögerung von Wachstum und Entwicklung konstitutionelle Akzeleration von Wachstum und Entwicklung |
|
Endokrinopathien in der Familie (u. a. Hypothyreose/Hashimoto-Thyreoiditis, unerfüllter Kinderwunsch, Hirsutismus bei Frauen, Diabetes mellitus, Wachstumshormonmangel, Akromegalie, endokrine Tumoren)? |
familiäre Belastung |
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Berechnung der genetischen Zielgröße
Der genetische Zielgrößenbereich errechnet sich auf Basis der Elterngrößen ([Tab. 2]). Auch die Größen von Geschwistern sollten abgefragt werden, gehen in die Berechnung aber nicht ein.
Die genetische Zielgröße erlaubt es, die aktuelle Größe und den Wachstumsverlauf eines Patienten im Kontext seiner Familie zu beurteilen.
Einschränkend muss jedoch erwähnt werden, dass diese wertvolle Schätzhilfe in den Extremen (d. h. sowohl bei Klein- und Hochwuchs als auch bei einer großen Differenz der Elterngröße) sehr ungenau ist.
Geschlecht des Kindes |
Berechnung |
---|---|
Mädchen |
[Körperhöhe des Vaters (in cm) − 13 cm + Körperhöhe der Mutter (in cm)] ∕ 2 |
Jungen |
[Körperhöhe des Vaters (in cm) + 13 cm + Körperhöhe der Mutter (in cm)] ∕ 2 |
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Körperliche Untersuchung
Diese umfasst einen vollständigen internistischen und neurologischen Status. Besonderes Augenmerk wird dabei auf die Entwicklung sekundärer Geschlechtsmerkmale i. S. einer Pubertätsentwicklung gelegt.
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Korrekte Messung
Die korrekte Messung der aktuellen Größe des Kindes ist Voraussetzung für die Beurteilung im Hinblick auf eine Wachstumsstörung. Kinder, die noch nicht selbst stehen können, werden im Liegen gemessen. Hierzu sind 2 Personen erforderlich. Sowie das Kind stehen kann, wird es im Stehen gemessen. Die Verwendung einer geeichten Messlatte ist für zuverlässige Werte unverzichtbar. Das Kind steht mit geschlossenen Füßen und gestreckten Beinen mit dem Rücken an der Messlatte, Augenwinkel und Oberkante der Ohrmuschel bilden dabei eine waagerechte Linie („Frankfurter Linie“). Auch bei Kindern und Jugendlichen ist die Körperhöhe bereits tageszeitabhängig und ein gewisser Messfehler lässt sich trotz großer Erfahrung nicht immer vermeiden.
Wiederholte Messungen machen im klinischen Alltag daher durchaus Sinn.
Lena (13 ½ Jahre) kommt zur Abklärung einer Wachstumsstörung. Bereits bei Geburt in der 37. Schwangerschaftswoche war sie kleiner als ihr Zwillingsbruder, aber mit einer Geburtslänge von 45 cm (− 1,31 SDS) und einem Geburtsgewicht von 2,35 kg (− 0,9 SDS) noch normal für das Gestationsalter ([Abb. 1]). Die Mutter gibt keine chronischen Erkrankungen oder Gesundheitsstörungen in der Schwangerschaft an. Medikamenteneinnahmen, Zigaretten- oder Alkoholkonsum in der Schwangerschaft werden ebenso verneint.
Eine Pränataluntersuchung war nicht erfolgt. Die Schwangerschaft war unkompliziert bis zum vorzeitigen Blasensprung Ende der 36. SSW, die Geburt erfolgte per Sectio, Lena ist die Erstgeborene. Die postnatale Adaptation war zügig, es gab keine Auffälligkeiten in der Neonatalperiode. Lena wurde bis zum 4. Lebensmonat voll gestillt. Das Einführen der Beikost sei unkompliziert gewesen.
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Verwendung korrekter Referenzperzentilen
Ob ein Kind „zu klein“ oder „zu groß“ ist, hängt maßgeblich von den verwendeten Referenzwerten ab. Die Größe variiert bedingt durch Lebensbedingungen, ethnische Zugehörigkeit und auch über die Zeit (säkularer Trend). Daher ist es wichtig, aktuelle, an einer ausreichend großen, repräsentativen Stichprobe erhobene und für die Zielgruppe zutreffende Referenzwerte anzuwenden. In [Tab. 3] sind die in Deutschland am häufigsten verwendeten Referenzen aufgeführt.
Studie |
Jahr |
Art der Studie |
Stichprobe |
---|---|---|---|
Tanner Whitehouse |
1966 |
Längs- und Querschnitt |
2000 |
Brandt/Reinken |
1980 |
Längsschnitt |
1790 |
Prader (Züricher Longitudinalstudie) |
1988 |
Längsschnitt |
274 |
Hesse |
1997 |
Längs- und Querschnitt |
2820 |
Kromeyer-Hauschild |
2001 |
Querschnitt, Metaanalyse |
34 422 |
Voigt Frühgeborene |
2006 |
Querschnitt aus Perinataldaten |
2,3 Mio. |
KiGGS |
2011 |
Querschnitt |
17 079 |
Fenton, Kim Frühgeborene |
2013 |
Metaanalyse |
fast 4 Mio. |
Für deutsche Früh- und Neugeborene Kinder sind valide Referenzdaten die auf Basis der Perinataldaten erhobenen Normwerte von Voigt und Mitarbeitern. 2013 haben Fenton und Kim [2] die gängigen Daten für Frühgeborene in einer Metaanalyse zusammengefasst. Die resultierenden Perzentilenkurven ([Abb. 1 a] und [Abb. 7 a]) sind daher für viele Ethnien anwendbar.
Für alle Reifgeborenen sind die im Rahmen der KiGGS-Studie an gesunden Kindern außerhalb medizinischer Einrichtungen erhobenen Daten aktuell und valide. Die zugrunde liegende Stichprobe ist groß und repräsentativ für in Deutschland lebende Kinder (Kurven s. [Abb. 1 b] und [Abb. 7 b]) [3]. Neben den nicht syndromalen gibt es auch für einige mit Wachstumsstörung einhergehende Krankheitsbilder eigene Perzentilenkurven (chronische Niereninsuffizienz, Silver-Russell-Syndrom, Ullrich-Turner-Syndrom, Prader-Willi-Syndrom, Down-Syndrom, Cornelia-de-Lange-Syndrom, Rubinstein-Taybi-Syndrom, Achondroplasie, Marfan-Syndrom, Williams-Beuren-Syndrom). Spezifische Perzentilenkurven helfen, den Wachstumsverlauf zu prognostizieren und zu beurteilen, ob das Wachstum störungsspezifisch normal verläuft oder nach weiteren wachstumsstörenden Faktoren gesucht werden sollte.
Ein einzelner Messpunkt ist nur von eingeschränktem Wert, erst bei mehreren Messpunkten lässt sich die Wachstumsgeschwindigkeit ermitteln [4] ([Abb. 1 c] und [Abb. 7 c]), hierfür sollten mindestens 4 Monate zwischen den Messungen liegen.
Ermittlung der Wachstumsgeschwindigkeit: 2 Messpunkte, mindestens 4 Monate Abstand.
Körperhöhe, Gewicht, BMI und Wachstumsgeschwindigkeit werden als Perzentilenwerte angegeben. Bei sehr kleinen und sehr großen Kindern ermöglicht die Angabe der Standardabweichungen bezogen auf die mittlere Alters- und eine sinnvolle Darstellung von Werten außerhalb des Bereichs 3. – 97. Perzentile. Die Beziehung zwischen Perzentile und Standardabweichung ist in [Tab. 4] dargestellt.
SDS |
Perzentile |
---|---|
− 2 |
2,3 |
− 1,88 |
3 |
− 1,28 |
10 |
− 1 |
15,9 |
− 0,67 |
25 |
− 0,5 |
30,9 |
0 |
50 |
+ 0,5 |
69,1 |
+ 0,67 |
75 |
+ 1 |
84,1 |
+ 1,28 |
90 |
+ 1,88 |
97 |
+ 2 |
97,7 |
Zeitraum (Alter) |
Jungen |
Mädchen |
---|---|---|
Konzeption bis Geburt (40 Wochen) |
46 – 55,5 cm |
|
1. Lebensjahr |
23 – 27 cm |
|
2. Lebensjahr |
10 – 14 cm |
|
3. Lebensjahr |
ca. 8 cm |
|
4. – 5. Lebensjahr |
ca. 7 cm/Jahr |
|
6. – 8. Lebensjahr |
ca. 5 – 6 cm/Jahr |
|
9. Lebensjahr |
ca. 5 – 6 cm/Jahr |
5,52 ± 0,83 cm/Jahr |
10. Lebensjahr |
ca. 5 – 6 cm/Jahr |
5,10 ± 0,83 cm/Jahr |
11. Lebensjahr |
4,94 ± 0,70 cm/Jahr |
4,68 ± 0,82 cm/Jahr |
12. Lebensjahr |
4,58 ± 0,70 cm/Jahr |
4,26 ± 0,82 cm/Jahr |
13. Lebensjahr |
4,22 ± 0,69 cm/Jahr |
3,84 ± 0,82 cm/Jahr |
14. Lebensjahr |
3,86 ± 0,69 cm/Jahr |
3,42 ± 0,82 cm/Jahr |
15. Lebensjahr |
3,50 ± 0,69 cm/Jahr |
|
16. Lebensjahr |
3,14 ± 0,69 cm/Jahr |
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Bedeutung der Proportionen
Viele Wachstumsstörungen gehen mit einer Veränderung der Proportionen einher. Aus diesem Grund werden bei vermuteter Wachstumsstörung zusätzliche Körpermaße erhoben. Hierzu gehören die Bestimmung der Spannweite und der Sitzhöhe ([Abb. 2], [Abb. 3]), aus der sich zusammen mit der Gesamthöhe die Beinlänge ermitteln lässt.
Spannweite und Sitzhöhe im Verhältnis zur Gesamthöhe geben Aufschluss über die Proportionen und erlauben so die Differenzierung zwischen proportionierten und dysproportionierten Wachstumsstörungen, wobei der Übergang fließend ist.
Die Spannweite wird von Fingerspitze zu Fingerspitze bestimmt, sie ist beim Kind etwa 1 cm kürzer als die Körperhöhe, beim Jugendlichen ist sie etwa gleich und beim Erwachsenen ist die Armspanne etwa 5 cm länger als die Körperhöhe. Das Verhältnis aus Armspanne und Körperhöhe wird umgangssprachlich auch als „Affen-Index“ oder im englischen Sprachraum „ape index“ bezeichnet. Für eine orientierende Beurteilung kann die nebenstehende Abbildung hilfreich sein [5] ([Abb. 1 d] und [Abb. 7 d]).
Die Sitzhöhe wird auf einem genormten Hocker bestimmt, die Beinlänge kann aus der Gesamthöhe abzüglich Sitzhöhe errechnet werden. Für die Beurteilung des Verhältnisses von Sitzhöhe zu Gesamthöhe sind Perzentilen sehr hilfreich ([Abb. 1 e] und [Abb. 7 e]) [6].
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Biologische Reife vs. chronologisches Alter
Variabilität kennzeichnet biologische Prozesse, so auch die von Wachstum und Entwicklung. Wachstumsstörungen aber weisen häufig eine über die normale Schwankungsbreite hinausgehende Abweichung auf. Die Beurteilung der Mineralisierung der Handwurzelknochen und Epiphysenfugen der linken Hand im Vergleich mit Standardaufnahmen erlauben die Abschätzung des „biologischen Alters“. Alle Methoden hierfür sind untersucherabhängig und setzen Erfahrung voraus. Automatisierte Verfahren (wie BoneExpert) sind nicht sehr verbreitet. Eine Abweichung von ± 1 Jahr im Vergleich zum chronologischen Alter gilt als normal. Anhand von Tabellen lässt sich aus der aktuellen Körperhöhe und der biologischen Reife die Endgröße abschätzen. Einschränkend sollte aber immer erwähnt werden, dass die zugrunde liegenden Daten alt sind, die Vorhersage für gesunde Individuen ohne Grunderkrankungen, Hormonstörungen oder genetische Besonderheiten entwickelt wurden und mit einem erheblichen Fehler belastet sein können, insbesondere vor Erreichen einer Knochenreife von 12 Jahren. Ungeachtet dieser Vorbehalte sind Knochenreifebestimmung und Endgrößenabschätzung ein wertvolles Instrument in der Beurteilung von Wachstumsstörungen [7].
Bis 2. Lebensjahr: Wachstum weitgehend populationsunabhängig.
Nach 2. Geburtstag: Wachstumsverlauf populationsabhängig.
Auffälliges Wachstum bei Schneiden der Perzentilen: Anstieg oder Abfall um > 15 Perzentilenpunkte (ca. 0,5 SDS), Wachstumsgeschwindigkeit anhaltend oder wiederholt < 25. oder > 75. Perzentile.
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Normaler Wachstumsverlauf
Das schnellste Wachstum erfolgt intrauterin. Innerhalb von 9 Monaten entwickelt sich eine einzige Zelle mit diploidem Chromosomensatz, die befruchtete Eizelle, zu einem vollständigen, lebensfähigen kleinen Menschen von 46 – 55 cm (3. – 97. Perzentile) beim Mädchen und 47 – 55,5 cm (3. – 97. Perzentile) bei Jungen. Nie wieder wächst ein Mensch so schnell wie in dieser Zeit.
Auch im 1. Lebensjahr ist das Wachstum noch schnell: So wachsen Mädchen im Durchschnitt 24,5 cm und Jungen 25,5 cm ([Abb. 4], [Abb. 1 a] und [Abb. 7 a], [Abb. 1 b] und [Abb. 7 b]). Intrauterin und im 1. Lebensjahr ist das Wachstum weitgehend IGF-1-unabhängig. Auch wenn kleine Eltern tendenziell kleinere Babys haben und große Eltern große, findet ein Kind seine genetische Zielperzentile doch häufig erst im Laufe des 2. Lebensjahres. In der Kindheit nimmt die Wachstumsgeschwindigkeit allmählich ab [4], [8], [9].
Das Wachstum ist in den ersten 2 Lebensjahren in allen beobachteten Populationen recht ähnlich, erst danach werden ethnische Unterschiede der Wachstumskurve augenfällig.
Die Erwachsenengrößen sind populationsspezifisch signifikant unterschiedlich.
Für die Diagnose eines pathologischen Wachstums ist die Körperhöhe bezogen auf die Geschlechts- und Populationsperzentile weniger entscheidend als eine auffällige Wachstumsgeschwindigkeit, die zum Schneiden der Perzentilen bzw. einer Veränderung des Größen-SDS führt.
Der Pubertätsbeginn unterliegt unterschiedlichsten endogenen und exogenen Einflüssen. In der Pubertät passieren für das Wachstum 2 wesentliche Dinge: Unter dem Einfluss der Sexualsteroide steigt das IGF-1 signifikant an und die Sexualsteroide selbst führen an der Wachstumsfuge zu einem vermehrten Längenwachstum, aber zugleich einer Reifung und dem Verschluss der Epiphysenfugen. Dies zeigt sich klinisch durch den Pubertätswachstumsschub und den steilen Abfall der Wachstumsgeschwindigkeit anschließend. Als Faustregel kann gelten, dass ein Mädchen nach der Menarche noch etwa 4 – 5 cm wächst, im Einzelfall kann dies jedoch natürlich weniger oder auch mehr sein. Da die männliche Pubertät kein vergleichbares, auf einen klaren Zeitpunkt festlegbares Ereignis hat, gibt es für die Jungen leider keinen entsprechenden Anhaltswert.
Lena (13 ½ Jahre) gibt an, sich gesund zu fühlen, sie besucht die 8. Klasse der Realschule mit guten Leistungen bis auf Sport. Lena sei immer gewachsen, allerdings sehr langsam. Ihre Körperhöhe habe die 3. Perzentile nie erreicht.
Familienanamnese ist leer, insbesondere für Wachstumsstörungen und Endokrinopathien. Körperhöhe des Vaters 187 cm, Körperhöhe der Mutter 168 cm, genetische Zielgröße 171 cm (76 Perzentile), Körperhöhe des Zwillingsbruders 172 cm (82. Perzentile) und der 8-jährigen Schwester 133 cm (75. Perzentile).
Lena fällt bei der körperlichen Untersuchung mit einer leichten Struma und vielen Naevi auf. Der Entwicklungsstand ist pubertär, allerdings bisher nur mäßig ausgeprägte Schambehaarung (P3 nach Tanner) und fehlendes Brustwachstum (B1 nach Tanner). Der übrige Untersuchungsbefund ist unauffällig.
Gemessene Körpermaße: aktuelle Körperhöhe 143 cm (< 3. Perzentile, − 2,2 SDS), bei der Früherkennungsuntersuchung J1 im Alter von 12 ¾ Jahren war die Körperhöhe mit 141 cm bestimmt worden. Gewicht 35 kg, Spannweite 140 cm, Sitzhöhe 80,1 cm ([Abb. 1 b]).
Berechnete Größen: Wachstumsgeschwindigkeit 2,7 cm/Jahr (für das Lebensalter niedrignormal), Quotient Sitzhöhe/Gesamthöhe 0,56 (> + 2,5 SDS) der Armspannen/Körperhöhenquotient 0,98 (vermindert), Body-Mass-Index kg/m² (27. Perzentile; [Abb. 1 c], [Abb. 1 d], [Abb. 1 e]).
Das Handradiogramm ergab ein biologisches Alter (Knochenalter) von 12 Jahren ([Abb. 5]) und damit eine Abweichung zum chrononologischen Alter von 1 ½ Jahren. Die prospektive Endgröße berechnet sich auf dieser Basis mit 153 cm.
Damit ist Lena für ihr Alter und ihre Familie deutlich zu klein, die Proportionen sind zugunsten der Rumpflänge leicht verschoben. Sie ist in der Kindheit perzentilenparallel unterhalb der 3. Perzentile gewachsen, jetzt schneidet sie trotz einer altersnormalen Wachstumsgeschwindigkeit die Perzentilen nach unten, da eine Östrogenwirkung bisher ausgeblieben ist und sie noch keinen Pubertätswachstumsschub erfahren hat. Bezogen auf die biologische Reife ist die Wachstumsgeschwindigkeit deutlich vermindert. Die aufgrund des Handradiogramms zu erwartende Endgröße liegt deutlich unterhalb des Bevölkerungsnormal- und genetischen Zielgrößenbereichs. Lena ist kleinwüchsig.
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Labordiagnostik bei Kleinwuchs
Primäres Ziel der Labordiagnostik ([Tab. 6]) ist es, organische Erkrankungen auszuschließen, die zu einer Wachstumsstörung führen können. Art und Umfang der Diagnostik hängt von Anamnese und Befund ab. Besonders bei endokrinologischen Parametern ist die Bestimmungsmethode relevant und das Vorliegen altersentsprechender Normwerte.
Bei einer Anamnese von vorangegangenem Hochwuchs und vorzeitigem Auftreten sekundärer Geschlechtsmerkmale muss die Diagnostik um die Bestimmung von Gonadotropinen und Sexualsteroiden erweitert werden. Befunde, die auf eine bekannte syndromale Störung hinweisen, werden ggf. durch entsprechende molekulargenetische Untersuchungen weiter abgeklärt.
Parameter |
Ausschluss von |
---|---|
BSG = Blutkörperchensenkungsgeschwindigkeit, CRP = C-reaktives Protein, fT44 = freies Thyroxin, Ig = Immunglobulin, IGF-1 = insulin-like growth factor (insulinähnlicher Wachstumsfaktor), IGFBP-3 = insulin-like growth factor binding protein 3, SHOX = short stature homeobox gene, TSH = thyreoideastimulierendes Hormon, γ-GT = γ-Glutamyltransferase |
|
BSG, CRP, Eisen, Ferritin |
chronisch entzündlichen Erkrankungen |
Serumelektrolyte, Kreatinin, Harnstoff, ggf. Kreatinin-Clearance |
Niereninsuffizienz |
Transaminase, γ-GT, Bilirubin, Albumin |
Lebererkrankung |
Transglutaminase-IgA und Gesamt-IgA-Antikörper, ggf. Gliadin-IgA |
Zöliakie |
TSH, fT4 |
Hypothyreose |
Gonadotropine, Karyogramm bei Mädchen |
Ullrich-Turner-Syndrom |
25-OH-Vitamin D, PTH |
Rachitis |
IGF-1, IGF-BP3 |
Wachstumshormonmangel |
ggf. SHOX-Gen-Analyse einschließlich flankierender Regionen |
Léri-Weill-Syndrom |
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Kleinwuchs
Kleinwuchs ist zunächst nur ein Symptom, keine Erkrankung. Er ist definiert als eine Körperhöhe unterhalb der 3. Perzentile bzw. mehr als 2 Standardabweichungen unterhalb der mittleren Altersnorm. Dies bedeutet, dass allein aufgrund der Definition 3% aller Kinder von Kleinwuchs betroffen sind, ohne dass dies zugleich bedeutet, dass sie krank sind.
Normvarianten sind häufig. Pathologische Kleinwuchsformen umfassen schwere Allgemeinerkrankungen, insbesondere solche, die zu einer verminderten Nährstoffaufnahme führen, endokrinologische und genetische Störungen.
Eine Erwachsenengröße von < 150 cm gilt in Deutschland als Behinderung.
Mögliche Klassifikationen des Kleinwuchses sind in [Tab. 7] aufgeführt. [Tab. 8] gibt einen Überblick über die Vielfalt von Diagnosen, die zu einem Kleinwuchs führen können.
Art |
Einteilung nach |
---|---|
proportionierter/dysproportionierter Kleinwuchs |
Erscheinungsbild des Patienten |
primordialer (primärer)/sekundärer Kleinwuchs |
Wachstumsverlauf |
Kleinwuchs mit verzögerter/normaler/beschleunigter Knochenreifung |
biologische Reife des Patienten |
Normvariante/begleitender Kleinwuchs bei Allgemeinerkrankung/endokriner Kleinwuchs/genetischer Kleinwuchs |
Ursache |
Ursache |
Form |
---|---|
Normvarianten |
|
chronische Allgemeinerkrankungen |
|
Stoffwechselerkrankungen |
|
psychosoziale und psychiatrische Ursachen |
|
Endokrinopathien |
|
chromosomale und syndromale Störungen |
|
Skelettdysplasien |
|
iatrogene Ursachen |
|
Häufige Ursachen von Kleinwuchs
Konstitutionelle Verzögerung von Wachstum und Entwicklung (KEV)
Der Pubertätsbeginn ist gesteuert vom Anspringen des hypothalamischen Taktgebers, einem chronobiologischen Steuerzentrum, dessen genaue Funktion bisher nicht abschließend geklärt ist. Bekannt ist, dass der Pubertätsbeginn – und im Fall der Frau auch die Menopause – genetisch mitbestimmt ist. Zum jetzigen Zeitpunkt identifizierte Gene erklären jedoch nur 7,4% der Variabilität des Pubertätsbeginns [10], auch wenn Zwillingsstudien eine genetische Ursache für 50 – 80% der Variabilität nahelegen [11].
Eine späte mütterliche Menarche oder ein später väterlicher Pubertätswachstumsschub und Stimmbruch erhöhen die Wahrscheinlichkeit, dass eine Jugendliche oder ein Jugendlicher ebenfalls einen späten Pubertätsbeginn haben wird.
Das Menarchealter der Mutter hat den größten Vorhersagewert für Pubertätsbeginn und Menarche der Mädchen, bei den Jungen scheint eine positive Familienanamnese für KEV sowohl in der mütterlichen als auch der väterlichen Linie die Wahrscheinlichkeit zu erhöhen, dass der Jugendliche ebenfalls spät in die Pubertät kommen wird.
Bedingt durch das Ausbleiben der Pubertät zum erwarteten Zeitpunkt ist die Knochenreifung der Jugendlichen verzögert. Die Hormonspiegel sind länger präpubertär als bei Gleichaltrigen. Nach einer spät eingetretenen, aber normal verlaufenen Pubertät erreichen die Patienten eine Endgröße im genetischen Zielgrößenbereich, wobei die Erwachsenengröße der betroffenen Jungen häufig im unteren genetischen Zielgrößenbereich liegt, während bei Mädchen eine spätere Menarche mit einer höheren Erwachsenengröße korreliert [12].
Die Knochenreifung ist bei Patienten mit KEV verzögert, vor allem zum Zeitpunkt der erwarteten Pubertät. Die Unterscheidung zwischen einer KEV und einem krankhaften hypogonadotropen Hypogonadismus kann schwierig sein. Die Testung mit einem langwirksamen GnRH-Analogon (Buserelin-Test) kann die Unterscheidung erleichtern. Allerdings deckt dieser Test nur Störungen auf hypophysärer Ebene sicher auf, nicht auf hypothalamischer Ebene.
Die Diagnose darf endgültig erst retrospektiv gestellt werden nach Erreichen einer normalen Erwachsenengröße im genetischen Zielgrößenbereich und einer späten, aber normal verlaufenen Pubertät, die zu einer vollständigen körperlichen Reife geführt hat. Vor Abschluss der Entwicklung ist es eine Verdachtsdiagnose, da andere Formen des hypogonadotropen Hypogonadismus differenzialdiagnostisch immer in Betracht gezogen werden müssen.
Bei der KEV handelt es sich nicht um eine Erkrankung, sondern um eine Normvariante der Entwicklung.
Eine Therapie ist aus medizinischer Indikation nicht erforderlich. Bei starkem Leidensdruck, insbesondere bei Jungen, kann die kurzdauernde Gabe von Androgenen erwogen werden. Obwohl von topisch zu verabreichendem Testosteron-Gel eine gute Wirksamkeit zu erwarten ist, ist es für die Pubertätsinduktion nicht zugelassen. Damit bleiben für die Therapie die niedrigdosierte intramuskuläre Gabe von Testosteron-Enanthat oder die orale Gabe von Testosteron-Undekanoat übrig, unter der die Leberfunktion überwacht werden sollte.
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Familiärer Kleinwuchs
Kinder mit kleinen Eltern haben eine niedrige genetische Zielgröße. Diese Kinder wachsen in aller Regel perzentilenparallel und innerhalb ihres genetischen Zielgrößenbereichs, aber u. U. unterhalb des Bevölkerungsnormbereichs. Die Proportionen sind normal, die Knochenreifung ist normal und es errechnet sich eine prospektive Endgröße im genetischen Zielgrößenbereich bei perzentilenparallelem Wachstum innerhalb des Zielperzentilenbereichs. Eine Indikation zur Durchführung von Labordiagnostik besteht nur bei V. a. auf eine erbliche, therapierbare Form des Kleinwuchses.
Beim familiären Kleinwuchs handelt es sich um eine Normvariante ohne Krankheitswert und ohne Therapieindikation, auch wenn die Betroffenen u. U. unter ihrer geringen Körperhöhe leiden.
KEV ist eine Verdachtsdiagnose, gesichert erst retrospektiv nach Erreichen einer normalen Erwachsenengröße und vollständigen sexuellen Reife.
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Idiopathischer Kleinwuchs
Der idiopathische Kleinwuchs stellt keine definierte Krankheitsentität dar, vielmehr fasst er als Ausschlussdiagnose all diejenigen Patienten zusammen, deren Körperhöhe unterhalb der 3. Perzentile liegt, ohne dass eine Ursache identifiziert werden kann. Dabei kann die Wachstumsgeschwindigkeit normal oder leicht perzentilenflüchtig sein. Beim idiopathischen Kleinwuchs ist die Knochenreifung altersgerecht, es finden sich keine Stigmata, die auf einen syndromalen Kleinwuchs hinweisen, und die Laborparameter liegen alle im Normbereich.
Unter Behandlung mit Aromatasehemmern wurde in Studien zwar eine Verlangsamung der Knochenreifung beobachtet, eine Verbesserung der Endgröße aber wurde nicht erreicht. In den USA sind Wachstumshormone zur Behandlung des idiopathischen Kleinwuchses zugelassen und führen in einigen Fällen auch zu einer Verbesserung des Wachstums und der Endgröße [13]. In Europa ist weder die Behandlung mit Wachstumshormonen allein noch in Kombination mit einem langwirksamen GnRH-Analogon für die Behandlung von familiärem und/oder idiopathischem Kleinwuchs zugelassen.
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Primordialer Kleinwuchs/SGA-Geburt
Die meisten Kinder (80 – 90%), die entsprechend dem Gestationsalter zu klein und/oder zu leicht (< 3. Perzentile) geboren werden (small for gestationale age, SGA) holen in den ersten Lebensmonaten und -jahren auf und erreichen ihre genetische Zielperzentile spätestens bis zum 4. Geburtstag. Auf Kinder mit intrauteriner Wachstumsverzögerung (intrauterine growth retardation, IUGR) aber trifft dies nicht immer zu.
Der primordiale Kleinwuchs kann begleitet sein von Dysmorphien (wie Mikrozephalie oder fazialen Auffälligkeiten) und kann mit Entwicklungsverzögerung einhergehen. In diese Gruppe von Patienten fällt auch der Kleinwuchs bei verschiedenen Syndromen wie Silver-Russell-Syndrom, Williams-Syndrom, fetale Alkoholspektrumstörung (FAS) und Kleinwuchs nach intrauterinen Infektionen.
Fehlen jegliche weitere Symptome oder (syndromale) Auffälligkeiten, wurden Endokrinopathien ausgeschlossen und liegt die Körperhöhe eines Kindes (dessen Geburtslänge und/oder -gewicht > 2 SDS unterhalb der mittleren Norm für das Gestationsalter lagen) am 4. Geburtstag ≥ 2,5 Standardabweichungen unterhalb der mittleren Altersnorm, ≥ 1 Standardabweichung unterhalb der mittleren genetischen Zielgröße und die Wachstumsgeschwindigkeit ist verlangsamt (≤ 0 Standardabweichungen, kein Aufholwachstum), so besteht ein „Kleinwuchs bei SGA-Geburt ohne Aufholwachstum“. Bei einigen dieser Patienten lässt sich ein Defekt im IGF-1-Gen oder IGF-1-Rezeptorgen nachweisen [14].
Normvarianten sind die häufigste Ursache von Kleinwuchs. KEV, familiärer und idiopathischer Kleinwuchs sind Normvarianten und bedürfen keiner Therapie – therapiebedürftige Differenzialdiagnosen müssen jedoch ausgeschlossen werden.
Der Kleinwuchs nach SGA-Geburt ohne Aufholwachstum bis zum 4. Geburtstag stellt eine zugelassene Indikation dar für die Behandlung mit rekombinantem Wachstumshormon. Nicht alle diese Patienten reagieren auf die Behandlung mit einer signifikanten Verbesserung von Wachstumsgeschwindigkeit und Endgröße, aus diesem Grund sollte der Therapieerfolg nach 1 Jahr reevaluiert werden.
Da kein Wachstumshormonmangel vorliegt, erfolgt die Behandlung mit supraphysiologischen Dosen. Die Therapie sollte nach umfassender Aufklärung durch einen Kinder- und Jugendendokrinologen initiiert und überwacht werden.
Indikation für eine Therapie mit rekombinantem Wachstumshormon bei Kleinwuchs nach SGA-Geburt:
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Alter > 4 Jahre
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Geburtslänge und/oder -gewicht < −2 SDS
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Körperhöhe < −2,5 SDS und < −1 SD bezogen auf die genetische Zielgröße
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Wachstumsgeschwindigkeit < 0 SDS
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Ausgewählte seltenere Ursachen von Kleinwuchs
Chronische Allgemeinerkrankungen als Ursache von proportioniertem Kleinwuchs
Eine ausgeprägte Anämie kann zu Gedeih- und Wachstumsstörung führen. Neben den häufigen Ursachen für eine Anämie (Eisenmangel, Blutung etc.) muss insbesondere bei Patienten mit Migrationshintergrund auch an genetische Ursachen der Anämie gedacht werden, wie Thalassämie und Sichelzellanämie.
Die Zöliakie ist charakterisiert durch Bauchschmerzen, Durchfälle sowie Gedeih- und Wachstumsstörung. Nicht immer sind die anamnestischen Angaben jedoch richtungsweisend, die Wachstumsstörung kann das einzige Symptom einer Zöliakie sein. Die Bestimmung der Transglutaminaseantikörper gehört daher immer zur Abklärung bei unklarem Kleinwuchs. Da ein Immunglobulin-A-Mangel eine Zöliakie verschleiern kann, muss auch dieser Parameter grundsätzlich mitbestimmt werden.
Eine Wachstumsstörung kann Hinweis auf eine schwere Allgemeinerkrankung sein.
Mangel- oder Fehlernährung können zu einer Gedeih- und Wachstumsstörung führen. Die Anamnese fördert hier nicht immer die entscheidenden Informationen zutage. Ein genaues Ernährungsprotokoll mit Auswertung im Hinblick auf Kalorien- und Nährstoffgehalt kann hier bei der Unterscheidung zu Störungen mit Maldigestion oder Malabsorption helfen. Unter Realimentation/gezielter Beseitigung des Mangelzustands normalisieren sich Gedeihen und Wachstum.
Häufige und schwere Atemwegsinfekte, Gedeih- und Wachstumsstörung, Durchfälle und/oder Fettstühle können auf eine Mukoviszidose hinweisen. Ein Schweißtest und ggf. weiterführende genetische Untersuchungen können die Diagnose sichern. Nach Einführung des Neugeborenen-Screenings auf Mukoviszidose 2017 ist jedoch davon auszugehen, dass die Zahl Betroffener, die erst spät durch die Wachstumsstörung auffallen, deutlich rückläufig sein wird.
Schweres Asthma beeinträchtigt Gewichtsentwicklung und Wachstum ebenso wie schwere, vor allem zyanotische Vitien oder erworbene schwere Herzerkrankungen, z. B. eine Herzinsuffizienz auf dem Boden einer Myokarditis.
Bei allen bisher genannten Allgemeinerkrankungen ist eine Therapie der Grundkrankheit der Schlüssel zu einer Normalisierung des Wachstums. Eine spezifische wachstumsfördernde Therapie ist weder indiziert noch erforderlich.
Anders sieht das beim Kleinwuchs aufgrund einer chronischen Niereninsuffizienz aus. Die Niereninsuffizienz führt zu Gedeihstörung, Inappetenz und Wachstumsverlangsamung bis hin zum -stillstand und durch verschiedene Mechanismen zusätzlich zu einer Pubertas tarda.
Da der Kleinwuchs zu Beginn der Erkrankung das einzige klinische Zeichen sein kann, muss bei Kleinwuchs immer eine Niereninsuffizienz ausgeschlossen werden.
Die Ursachen des renalen Kleinwuchses sind in [Tab. 9] dargestellt [15].
Bereich |
Ursache |
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metabolische Faktoren |
Mangelernährung metabolische Azidose renale Anämie |
endokrine Faktoren |
Wachstumshormon-/IGF1-Resistenz hypergonadotroper Hypogonadismus Glukokortikoidbehandlung |
renale Osteopathie |
Auch bei der Niereninsuffizienz steht die Therapie der Grunderkrankung durch einen Kindernephrologen im Vordergrund. Die Wachstumsprognose verbessert sich deutlich nach frühzeitiger Transplantation bei Patienten mit terminaler Niereninsuffizienz.
Wenn das Wachstum sich nach Optimierung der konservativen Therapie (hochkalorische Ernährung, Ausgleich von Säure-Basen-Haushalt und Elektrolytverschiebungen, Substitution mit 1,25-OH-Vitamin D und Erythropoietin) nicht ausreichend erholt, stellt der Kleinwuchs bei chronischer Niereninsuffizienz eine Indikation für eine Behandlung mit rekombinantem Wachstumshormon dar.
Das Längenwachstum kann bei schwerer juveniler idiopathischer Arthritis (JIA) nicht nur aufgrund der chronischen Inflammation, sondern auch durch den systemischen Gebrauch oraler Glukokortikoide beeinträchtigt sein. JIA ist die häufigste Ursache chronischer kindlicher Gelenkbeschwerden und betrifft zwischen 50 und 150 von 100 000 Kindern und Jugendlichen unter 16 Jahren. Das Ausmaß des Kleinwuchses hängt maßgeblich vom Schweregrad der Erkrankung ab. Die Wirksamkeit von Wachstumshormonen zur Therapie des Kleinwuchses bei JIA konnte in mehreren Studien [16] belegt werden. Eine Zulassung in Europa für diese Indikation wurde von der europäischen Zulassungsbehörde EMA jedoch abgelehnt mit dem Argument, dass neue, das Wachstum weniger beeinträchtigende Therapieformen zur Verfügung stehen.
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Endokrine Ursachen von Kleinwuchs
Verschiedene endokrine Störungen führen zu Kleinwuchs, hierzu gehören die Hypothyreose, das Cushing-Syndrom und die Rachitis. Ein schlecht eingestellter Diabetes mellitus Typ I führt aufgrund der Allgemeinbeeinträchtigung wie auch aufgrund des gestörten Glukosestoffwechsels zu einem Gewichtsverlust und einer Wachstumsstörung (Mauriac-Syndrom). Bei gut eingestelltem Diabetes wächst und gedeiht ein Kind ganz normal.
Der Wachstumshormonmangel ist eine seltene Ursache von Kleinwuchs. Sind Allgemeinerkrankungen und Hypothyreose ausgeschlossen, der Kleinwuchs proportioniert, das Wachstum gestört (Schneiden der Perzentilen) und die Knochenreifung verzögert, so muss auch diese Ursache ausgeschlossen werden.
Wachstumshormonmangel ist eine seltene Ursache von Kleinwuchs. Die Indikation zur aufwendigen Testung sollte daher streng gestellt werden.
Bei Mädchen > 8 Jahren und Jungen > 9 Jahren mit ↓IGF-1 im Serum: Wiederholung der Bestimmung nach Sexualsteroid-Priming.
Die pulsatile Sekretion des Wachstumshormons erschwert die Diagnostik. Hilfreich ist die Bestimmung des wachstumshormonabhängigen Faktors IGF-1, der bei Wachstumshormonmangel, aber auch anderen Störungen erniedrigt ist (s. Infobox). Ist die Patientin > 8 Jahre oder der Patient > 9 Jahre alt und noch präpubertär, sollte vor einer ausführlichen Testung der Wachstumshormonsekretion die Untersuchung nach Gabe von Sexualsteroiden erfolgen („Priming“). Steigt das IGF-1 an, so ist ein Wachstumshormonmangel ausgeschlossen, wenn nicht, muss sich die Testung der stimulierten und ggf. spontanen Wachstumshormonsekretion anschließen. Zur Sicherung der Diagnose bedarf es zweier unabhängiger, pathologischer Tests.
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Wachstumshormonmangel
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Mangelernährung, Malabsorption, auch kurzzeitige Durchfallerkrankung
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chronische organische Erkrankungen
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Deprivation, Depression
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ab 8. Geburtstag bei Mädchen, 9. Geburtstag bei Jungen: Mangel an Sexualsteroiden durch konstitutionelle Verzögerung von Wachstum und Entwicklung oder hypogonadotropen Hypogonadismus
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Hypothyreose
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schwere Leberfunktionsstörungen
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Adipositas
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schlecht eingestellter Diabetes mellitus
Nach Sicherung der Diagnose eines Wachstumshormonmangels und vor Beginn einer Therapie mit rekombinantem Wachstumshormon muss eine Bildgebung des Gehirns mit dünnen Schichten im Bereich Hypothalamus/Hypophyse zwingend erfolgen.
Die Ursachen eines Wachstumshormonmangels sind in [Tab. 10] dargestellt.
Bereich |
Ursache |
---|---|
GHRH = growth hormone releasing hormone, Wachstumshormon-Releasing-Hormon |
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idiopathischer Wachstumshormonmangel |
klassisch, Sonderform: neurosekretorische Dysfunktion |
angeborene Fehlbildungen von Hypothalamus und/oder Hypophyse |
septooptische Dysplasie, „empty sella“, andere Mittellinienfehlbildungen |
Tumoren |
Kraniopharyngeom, Germinom u. v. a. |
Bestrahlungsfolge |
Radiatio mit Schädigung von Hypothalamus/Hypophyse |
Trauma |
traumatische Geburt aus Beckenendlage/Hypophysenstielabriss, Schädelbasisfraktur u. v. a. |
Infektion |
Z. n. Meningitis |
genetische Veränderungen |
Mutation des Wachstumshormongens (Fehlen, Bioinaktivität, Kowarski-Syndrom), Mutation des GHRH-Rezeptors, Mutationen verschiedener Transkriptionsfaktoren im Bereich von Hypothalamus und Hypophyse (z. B. PROP1, PIT1, SOX3 u. v. a.) |
Die Therapie mit gentechnologisch hergestelltem humanen Wachstumshormon erfolgt so physiologisch wie möglich durch eine subkutane Gabe vor dem Zubettgehen und ersetzt das fehlende oder unzureichend wirksame Hormon. Die Dosis ist physiologisch, die Indikation eindeutig. Eine Hypoglykämieneigung ist nur eine der weitgreifenden Folgen eines Wachstumshormonmangels, die es durch die Therapie zu vermeiden gilt.
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Genetische Ursachen von Kleinwuchs
Viele Syndrome, mit und ohne nachgewiesenen Gendefekt, führen zu Kleinwuchs. Eine kleine Auswahl dieser Störungen ist in [Tab. 8] dargestellt. Bei den meisten dieser Störungen ist der Kleinwuchs mehr oder weniger dysproportioniert und zugunsten der Rumpflänge verschoben. Damit erhöht sich der Sitzhöhen-Gesamthöhen-Quotient, während der Armspannen-Körperlängen-Quotient sinkt.
Laborbefund von Lena (13 ½ Jahre): TSH deutlich erhöht, freies Thyroxin leicht erniedrigt, Autoantikörper gegen thyreoidale Peroxidase erhöht, Gonadotropine stark erhöht, FSH > LH, Östradiol für das Alter deutlich zu niedrig, IGF-1 für das Lebensalter erniedrigt, für das biologische Alter und den Entwicklungsstand normal.
Lena hat eine Hashimoto-Thyreoiditis mit leichter Hypothyreose und einen hypergonadotropen Hypogonadismus. Der Hypogonadismus erklärt das niedrige IGF-1.
Chromosomenanalyse: Mosaikbefund 45 X0 in 60% der untersuchten Metaphasen, 46 XX in 40%.
Lena hat ein Ullrich-Turner-Syndrom. Der Mosaikbefund und die relativ gute genetische Zielgröße erklären, dass sie zunächst mit einer normalen Geschwindigkeit, aber unterhalb der 3. Perzentile gewachsen ist. Das Ausbleiben der Pubertät erklärt das Schneiden der Perzentilen nach unten. UTS-Patientinnen haben ein erhöhtes Risiko, an einer Hashimoto-Thyreoiditis zu erkranken. Die Hypothyreose ist nicht die Ursache des Kleinwuchses, sondern die Chromosomenaberration.
Lena erhielt nach Diagnosestellung eine Thyroxin-Substitution. Lena und ihre Familie haben sich nach umfassender Aufklärung trotz der für eine UTS-Patientin relativ guten Wachstumsprognose und der bereits fortgeschrittenen Knochenreifung für eine Therapie mit rekombinantem Wachstumshormon entschieden. Ab dem 14. Geburtstag erhielt sie eine Pubertätsinduktion mit Östrogen und im Verlauf zyklischer Gabe von Gestagen. Lena hat eine Erwachsenengröße von 158 cm erreicht.
Ein Teil des Kleinwuchses beim Ullrich-Turner-Syndrom ist Folge eines „Gendosisdefekts“ des auf den Geschlechtschromosomen kodierten SHOX-Gens. Fehlt ein Geschlechtschromosom, fehlt auch ein SHOX-Gen. Auch der isolierte SHOX-Gen-Defekt, sporadisch oder familiär, führt zu Kleinwuchs, im Vollbild des Léri-Weill-Syndroms mit charakteristischer Wachstumsstörung der Radiusepiphysen (Madelung-Deformität), die zur Bajonettstellung des Unterarms führt. Auch für die SHOX-Gen-Mutation ist rekombinantes Wachstumshormon zur Therapie zugelassen. In beiden Fällen, UTS und SHOX-Gen-Defekt, erfolgt die Therapie mit supraphysiologischen Dosen.
Kleinwuchs ist das häufigste klinische Zeichen beim Ullrich-Turner-Syndrom und kann bis zum Ausbleiben der Pubertät das einzige sein.
Rekombinantes Wachstumshormon ist für die Therapie des Kleinwuchses bei Ullrich-Turner-Syndrom zugelassen, die Indikation ist im Einzelfall zu prüfen.
Wie bei SGA-Geburt ohne Aufholwachstum und Ullrich-Turner-Syndrom kann kaum vorhergesagt werden, ob und um wie viel sich die Endgröße im Einzelfall verbessern lässt [1].
Eine weitere Patientengruppe kann von einer Therapie mit rekombinantem Wachstumshormon bei Kleinwuchs profitieren, obgleich kein Wachstumshormonmangel vorliegt: Patienten mit Prader-Willi-Syndrom (PWS). Ursache der Störung ist eine Veränderung des langen Arms von Chromosom 15 (15 q11–13). Charakteristisch ist eine Anamnese von Fütter- und Gedeihstörung im Säuglingsalter, eine Muskelhypotonie und Akromikrie sowie ab der Kindheit eine Adipositas, die monströse Ausmaße annehmen kann. Der deutlichen Verbesserung der Endgröße durch eine Wachstumshormonbehandlung, Verbesserung von Körperzusammensetzung und BMI und verbesserten psychomotorischen Entwicklung steht eine Zunahme von Schlafapnoen, durchaus mit Todesfolge, gegenüber [17]. Dennoch scheinen die Vorteile der Behandlung bei PWS-Patienten zu überwiegen.
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Psychiatrische und psychosoziale Ursachen von Kleinwuchs
Anorexia nervosa geht mit einer hypothalamischen Störung und einer Störung der Hypothalamus-Hypophysen-Gonaden-Achse (Pubertas tarda oder sekundäre Störungen) einher, sodass davon ausgegangen werden muss, dass der Kleinwuchs sich nicht nur durch den Nährstoffmangel erklärt.
Eine besondere Herausforderung stellt der psychosoziale Kleinwuchs dar, der alle Merkmale eines Wachstumshormonmangels aufweisen kann. Häufig sichert erst die Normalisierung des Wachstums nach Veränderung des sozialen Umfelds die Diagnose.
[Tab. 11] stellt einige wichtige Ursachen von Kleinwuchs, richtungsweisende Punkte der Anamnese und Befunde sowie diagnostische Maßnahmen zusammen. Das Flussschema in [Abb. 6] stellt einen Algorithmus zum diagnostischen Vorgehen bei Kleinwuchs dar.
Diagnose |
richtungsweisende Anamnese und/oder Befund |
Diagnostik |
---|---|---|
Normvarianten |
||
konstitutionelle Verzögerung von Wachstum und Entwicklung (KEV) |
Wachstumsgeschwindigkeit normal bis zum erwarteten Pubertätswachstumsschub, proportioniert, Familienanamnese positiv für KEV, Knochenreifung verzögert |
Anamnese, körperliche Untersuchung, Handradiogramm regelmäßige Kontrollen |
familiärer Kleinwuchs |
Körperhöhe der Eltern gering, niedriger genetischer Zielgrößenbereich, aktuelle Körperhöhe im Bereich der genetischen Zielperzentile, perzentilenparalleles Wachstum, proportioniert, Knochenreifung normal |
Elterngröße/genetischer Zielgrößenbereich, Handradiogramm, Wachstumsgeschwindigkeit, ggf. Labordiagnostik z. A. erblicher Kleinwuchsformen |
idiopathischer Kleinwuchs |
Kleinwuchs mit Körperhöhe < 3. Perzentile bei normal großen Eltern, sonst keine erkennbaren Auffälligkeiten, proportioniert, normale Wachstumsgeschwindigkeit, normale Knochenreifung |
umfassende Ausschlussdiagnostik einschließlich Labor und Handradiogramm |
Chronische Erkrankungen |
||
Anämie |
Blässe, Abgeschlagenheit, ggf. Bauchschmerzen; ggf. Splenomegalie, meist sekundärer Kleinwuchs, proportioniert |
Differenzialblutbild, ggf. Hämoglobinelektrophorese |
Mangelernährung |
Gewichtsverlust vor Wachstumsstörung, Ernährungsanamnese |
Ernährungsprotokoll mit Berechnung der Kalorien- und Nährstoffzufuhr |
Zöliakie |
Bauchschmerzen, Malabsorption, Anämie, Wachstumsstörung kann das einzige Symptom sein, meist sekundärer Kleinwuchs, proportioniert |
Transglutaminase-Antikörper und Immunglobulin A, bei Sicherung der Diagnose pädiatrisch-gastroenterologische Betreuung |
chronisch entzündliche Darmerkrankungen |
Bauchschmerzen, blutige Stühle, Gedeihstörung, sekundärer Kleinwuchs, proportioniert |
Calprotektin im Stuhl, C-reaktives Protein, bei Erhärtung der Verdachtsdiagnose pädiatrisch-gastroenterologische Betreuung |
chronische Niereninsuffizienz |
häufige Harnwegsinfekte in der Eigenanamnese, sekundärer Kleinwuchs, proportioniert Gedeihstörung, retardierte Knochenreifung |
Laborparameter der Nierenfunktion: Serumkreatinin, Serumharnstoff, Serumnatrium, Serumkalzium, Kreatinin-Clearance, Hormonstatus: fT4, TSH, Parathormon, alkalische Phosphatase, IGF-1, IGFB3, ggf. Wachstumshormonstimulationstests unter stationären Bedingungen, Bildgebung: Handradiogramm, Sonografie der Nieren, ggf MRT |
juvenile idiopathische Arthritis |
schmerzhafte Gelenkschwellungen, Gangstörung, Exanthem, sekundärer Kleinwuchs, ggf. Medikamentenanamnese: steroidale Antirheumatika |
wenn die Diagnose noch nicht gestellt ist: Differenzialblutbild, Blutsenkungsgeschwindigkeit, Entzündungsparameter, Rheumafaktor, Bildgebung, Antikörperdiagnostik; bei gesicherter Diagnose pädiatrisch-rheumatologische Betreuung |
intrauteriner Kleinwuchs ohne Aufholwachstum |
Geburtslänge oder -gewicht ≤ − 2 SD, Körperhöhe mit 4 Jahren ≤ − 2,5 SD, Körperhöhe bezogen auf die genetische Zielgröße ≤ − 1 SD, Wachstumsgeschwindigkeit ≤ − 0 SD, Knochenreifung normal |
umfassende Ausschlussdiagnostik einschließlich Labor und Handradiogramm |
Endokriner Kleinwuchs |
||
Hypothyreose |
ggf. positive Familienanamnese, Obstipation, Kälteintoleranz, ggf. Struma, sekundärer Kleinwuchs, Knochenreifung retardiert, proportioniert |
Bestimmung von TSH, fT4 und ggf. Autoantikörper gegen thyreoidale Peroxidase, Handradiogramm, Schilddrüsensonografie |
adrenogenitales Syndrom |
ggf. Androgenisierungszeichen, Zeichen des Cortisolmangels (Fatigue, Muskelschwäche), erst Hochwuchs, dann Kleinwuchs, Knochenreifung akzeleriert |
Handradiogramm, Profil der Nebennierenrindensteroide im Urin oder Serum, ggf. ACTH-Test |
Pubertas praecox |
vorzeitige Pubertätszeichen, erst Hochwuchs, dann Kleinwuchs, Knochenreifung akzeleriert |
Handradiogramm, beim Mädchen Sonografie des inneren Genitales, Sexualsteroide, Gonadotropine, ggf. GnRH-Test |
Wachstumshormonmangel, neonatal |
Hypoglykämien im Neugeborenen- und Säuglingsalter, Geburtslänge und -gewicht können normal sein, häufig Mikropenis, Icterus prolongatus, Mittelliniendefekt?, zunehmender Kleinwuchs, verzögerte Knochenreifung |
Handradiogramm, Bestimmung von IgF-1 und IGFBP3, Testung der Wachstumshormonsekretion unter stationären Bedingungen; bei Bestätigung der Diagnose Bildgebung des Gehirns und der Hypophysenregion, Testung auf andere Ausfälle hypophysärer Hormone |
Wachstumshormonmangel im Kindesalter |
zunehmender Kleinwuchs, Schneiden der Perzentilen, kleinkindhaftes Aussehen, Akromikrie, Hypoglykämien, verzögerte Knochenreifung, zerebrale Infektionen, Schädelverletzung oder -bestrahlungsbehandlung in der Eigenanamnese |
Handradiogramm, Bestimmung von IgF-1 und IGFBP3, Testung der Wachstumshormonsekretion unter stationären Bedingungen; bei Bestätigung der Diagnose Testung auf Ausfälle anderer hypophysärer Hormone, Bildgebung des Gehirns und der Hypophysenregion |
Genetischer Kleinwuchs |
||
Trisomie 21 |
pränatale Diagnostik?, Hypotonie, Epicanthus, rundes Gesicht, Mikrognathie, Brachyzephalie, Vitium, Vier-Finger-Furche, primärer Kleinwuchs, im Verlauf deutlicher werdend, grenzwertige Proportionen |
Chromosomenanalyse, störungsspezifische Wachstumsperzentilen anwenden |
Silver-Russell-Syndrom |
dreiecksförmiges Gesicht, Asymmetrie, Klinodaktylie, primordialer Kleinwuchs, häufig Gedeihstörung |
Imprinting-Defekt auf Chromosom 11p15.5, humangenetisches Konsil |
Cornelia-de-Lange-Syndrom |
primordialer Kleinwuchs, Gesichtsdysmorphien, Intelligenzminderung, Fütter- und Gedeihstörung, gastroösophagealer Reflux |
humangenetisches Konsil, Assoziation mit verschiedenen Genloci (NIPBL; 5p13.2; SMC1A; Xp11.22-p11.21; SMC3;10q25.2; RAD21; 8q24.11; HDAC8; Xq13.1) |
DiGeorge-Syndrom |
Gesichtsdysmorphie, Gaumenspalte, Ösophagusfistel, Vitium, Entwicklungsverzögerung |
Chromosomenanalyse mit Fluoreszenz-in-situ-Hybridisierung: Mikrodeletion Chromosom 22, humangenetisches Konsil, Echokardiografie, Knochenstoffwechseluntersuchung z. A. von Hypoparathyreoidismus |
kraniofaziales Syndrom |
Gesichtsdysmorphie, Gaumenspalte, primärer Kleinwuchs |
Untersuchung aller hypophysären Hormone, Bildgebung |
Ullrich-Turner-Syndrom (UTS) |
nur Mädchen betroffen, Hand-und Fußrückenödeme im Neugeborenenalter, Vitium, Nierenfehlbildung |
Karyotyp 45 X0 oder Mosaik, die Gonadotropine steigen meist schon in der Kindheit an, humangenetisches Konsil |
Noonan-Syndrom |
Klinik ähnlich wie UTS, auch Jungen betroffen, assoziiert mit anderen Vitien als UTS |
Sequenzierung des PTPN11-Gens auf Chromosom 12q24.13 |
Skelettdysplasien |
dysproportionierter Kleinwuchs mit kurzen Extremitäten |
humangenetisches Konsil, Diagnostik je nach Phänotyp |
hereditäre hypophosphatämische Rachitiden (Phosphatdiabetes u. a.) |
Auffälligkeiten ab 2. Lebensjahr, Skelettdeformitäten Achsenfehlstellung der Beine, Watschelgang, Mittelohrschwerhörigkeit, oft positive Familienanamnese |
alkalische Phosphatase, Serum- und Urinkalzium, Serum- und Urinphosphat, Serum- und Urinkreatinin, Parathormon, 25-OH Vitamin D, 1,25(OH)2 Vitamin D, ggf. FGF-23; Berechnung des Kalzium/Kreatinin-Quotienten im Urin, Bestimmung der Phosphatrückresorption (TRP) oder des Phosphattransportmaximums (TmP/GFR), weiterführende molekulargenetische Diagnostik |
Psychiatrische Kleinwuchsursachen |
||
Anorexia nervosa/Bulimie |
Gewichtsverlust, auffälliges Essverhalten, induziertes Erbrechen, Zahnschmelzdefekte, Ausbleiben der Pubertät, sekundärer Kleinwuchs, proportioniert, verzögerte Knochenreifung |
psychiatrische Diagnose, Handradiogramm, ggf. Knochendichtebestimmung bei Jugendlichen, Überwachung der Laborparameter im Hinblick auf die Essstörung, nicht zur Diagnostik bei Kleinwuchs |
fetale Alkoholspektrumstörung (FAS) |
mütterlicher Alkoholkonsum in der Schwangerschaft, auffällige Fazies, Entwicklungs-/Verhaltensauffälligkeiten, Lernschwäche, primärer Kleinwuchs |
klinische (Verdachts-)Diagnose, Vorstellung in einem spezialisierten Zentrum, interdisziplinäre Betreuung |
ADHS unter Amphetamin-Derivaten |
Gewichtsverlust und Wachstumsverlangsamung nach Therapiebeginn |
keine |
psychosomatischer Kleinwuchs |
Deprivation, Kindesmisshandlung, Mangel-/Fehlernährung, Gedeih- und Wachstumsstörung, proportioniert, retardierte Knochenreifung |
kann einen Wachstumshormonmangel vortäuschen |
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Hochwuchs
Auch Hochwuchs ist zunächst einmal nur ein Symptom und keine Erkrankung. Er ist definiert als eine Körperhöhe > 2 SDS oder oberhalb der 97,5. Perzentile und betrifft damit, wie der Kleinwuchs, statistisch 2,5% der Bevölkerung. Dennoch suchen deutlich weniger Groß- als Kleinwüchsige eine medizinische Abklärung, was u. a. damit zusammenhängt, dass Hochwuchs gesellschaftlich deutlich akzeptierter ist als Kleinwuchs.
Das Spektrum möglicher Ursachen eines Hochwuchses ist jedoch deutlich kleiner als beim Kleinwuchs.
Leon (10 ½ Jahre) wird vorgestellt, da er deutlich größer ist als seine Klassenkameraden. Bei Geburt mit 39 + 2 SSW war er normal groß (53,5 cm, 73. Perzentile) und normal schwer (3,8 kg, 75. Perzentile; [Abb. 7 a]). Schwangerschaft und Geburt waren unauffällig. Bis zu seinem 5. Lebensjahr war das Wachstum beschleunigt, seitdem wächst er oberhalb der 97. Perzentile.
Häufige Ursachen von Hochwuchs
Konstitutionelle Akzeleration von Wachstum und Entwicklung
Ebenso, wie es „Spätentwickler“ gibt, gibt es die konstitutionell akzelerierte Entwicklung. Häufig ist die Familienanamnese positiv für frühnormale Pubertät. Wie die konstitutionelle Entwicklungsverzögerung ist auch die Akzeleration eine Normvariante, die mit einer normalen Erwachsenengröße endet. Auch bei dieser Diagnose müssen krankhafte Störungen u. U. ausgeschlossen werden, und sie gilt erst retrospektiv als gesichert.
Leon (10 ½ Jahre) gibt an, sich gesund zu fühlen. Er besucht die 5. Klasse des Gymnasiums und spielt in seiner Freizeit Handball. Leon sei schon im Kindergarten für ein Schulkind gehalten worden und seit der 1. Klasse der Größte in der Klasse. Es besteht ein gewisser Leidensdruck, da er immer für älter gehalten wird.
In der Familie gibt es viele große Menschen, ansonsten ist die Familienanamnese leer, insbesondere für kardiale, orthopädische oder ophthalmologische Erkrankungen und Endokrinopathien.
Untersuchungsbefund: gesunder, großer Junge, Entwicklungsstand präpubertär.
Gemessene Körpermaße: aktuelle Körperhöhe 160 cm (< 97. Perzentile, + 2,3 SDS), bei der Früherkennungsuntersuchung U11 im Alter von 10 Jahren und 4 Monaten war die Körperhöhe mit 158 cm bestimmt worden.
Gewicht 48 kg, Spannweite 161,5 cm, Sitzhöhe 80 cm ([Abb. 7 d] und [Abb. 7 c]).
Berechnete Größen: Wachstumsgeschwindigkeit 6,5 cm/Jahr (90. Perzentile), Quotient Sitzhöhe/Gesamthöhe 0,5 (untere Norm) der Armspannen/Körperhöhenquotient 0,5 (oberhalb der Norm), Body-Mass-Index 18,75 kg/m² (50,9. Perzentile; [Abb. 7 e] und [Abb. 7 d]).
Körperhöhe des Vaters 199 cm, Körperhöhe der Mutter 182 cm, genetische Zielgröße 198 cm (> 97. Perzentile). Die Aussagekraft dieser Vorhersage ist jedoch begrenzt, da Leons Mutter als Jugendliche eine wachstumsbremsende Therapie erhalten hat und so die genetische Zielgröße u. U. höher ist. Leon ist Einzelkind, die Cousinen und Cousins sind jedoch auch groß.
Das Handradiogramm ergab ein biologisches Alter (Knochenalter) von 10 ½ Jahren und ist damit altersgerecht. Die prospektive Endgröße berechnet sich auf dieser Basis mit 202 cm.
Damit ist Leon für sein Alter zu groß, für seine Familie aber noch normal groß. Wie bei Hochwüchsigen häufig, sind die Proportionen ganz gering zugunsten der Beinlänge verschoben. Die aufgrund des Handradiogramms zu erwartende Endgröße liegt oberhalb des Bevölkerungsnormal- und im genetischen Zielgrößenbereich. Leon ist hochwüchsig.
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Familiärer Hochwuchs
Kinder großer Eltern haben eine hohe genetische Zielgröße. Sie wachsen in aller Regel perzentilenparallel und innerhalb ihres genetischen Zielgrößenbereichs, wenn auch oberhalb des Bevölkerungsnormbereichs. Die Proportionen sind normal, wenngleich häufig grenzwertig zugunsten der langen Röhrenknochen verschoben. Die Knochenreifung ist normal und es errechnet sich eine prospektive Endgröße im genetischen Zielgrößenbereich. Eine Indikation zur Durchführung von Labordiagnostik besteht allerdings bei V. a. eine erbliche Form des Hochwuchses aufgrund von Anamnese, Familienanamnese oder Untersuchungsbefund.
Der familiäre Hochwuchs ist eine Normvariante, es gibt keine medizinische Therapieindikation. Die Therapie birgt, insbesondere bei Mädchen, das Risiko für unerwünschte gravierende Spätfolgen.
Fragen, die bei Therapiewunsch von familiärem oder idiopathischem Hochwuchs gestellt werden sollten:
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Wer möchte die Behandlung?
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Warum wird die Behandlung gewünscht?
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Was ist das Ziel? Normal um jeden Preis?
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Wie effektiv ist die Behandlung und wie sicher?
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Welche Rolle spielen gesellschaftliche Normen und die Kultur?
Auch wenn die Betroffenen u. U. unter ihrer Körperhöhe leiden, ist der familiäre Hochwuchs ohne Krankheitswert und ohne Therapieindikation. Die Gabe hochdosierter Sexualsteroide führt, frühzeitig begonnen, zu einem beschleunigten Verschluss der Epiphysenfugen und einem statistisch nachweisbaren Verlust an Endgröße, wobei eine präzise Vorhersage, ob und wie viel Endgröße eingespart werden kann, an der Ungenauigkeit der Vorhersagemethoden scheitert. Bei zu spätem Behandlungsbeginn kann jedoch sogar eine Steigerung der Endgröße nicht ausgeschlossen werden. Die Nebenwirkungsrate ist jedoch insbesondere bei Mädchen erheblich (Fertilitätsminderung, erhöhtes Malignomrisiko) [18]. Aufgrund der negativen Auswirkungen ist die Behandlung in Holland und den skandinavischen Ländern obsolet, in Deutschland gibt es noch Zentren, wo die Behandlung bei ausgeprägtem Leidensdruck angeboten wird.
Es handelt sich um eine kosmetische Behandlung bzw. um eine Behandlung aus psychosozialer Indikation. Während die Literatur zur psychischen Belastung durch Kleinwuchs aussagekräftig ist, fehlen Daten zur psychischen Beeinträchtigung Jugendlicher und Erwachsener durch Hochwuchs, die eine Therapie rechtfertigen würden – auch wenn der Alltag für Erwachsene mit einer Körperhöhe von deutlich > 200 cm durchaus erschwert ist.
Leon und seine Familie haben sich nach umfassender Aufklärung und Einholen einer Zweitmeinung gegen eine Behandlung entschieden. Die Pubertät hat bei Leon zeitgerecht eingesetzt und ist normal verlaufen. Seine Erwachsenengröße beträgt 203 cm, er ist auch rückblickend mit seiner Entscheidung zufrieden.
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Idiopathischer Hochwuchs
Der idiopathische Hochwuchs ist das Pendant zum idiopathischen Kleinwuchs und ebenso wie dieser eine Ausschlussdiagnose und nicht einer einzelnen Ursache zuzuordnen. Kann mit den derzeit zur Verfügung stehenden Untersuchungsmethoden keine krankhafte Störung gefunden werden, gilt auch der idiopathische Hochwuchs als Normvariante. Für die Therapie gilt das Gleiche wie beim familiären Hochwuchs.
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Ausgewählte seltenere Ursachen von Hochwuchs
Endokrine Ursachen von Hochwuchs
Hyperthyreose kann zu einer Beschleunigung des Wachstums und der Knochenreifung führen. Bestehen weitere Symptome wie u. a. Tachykardie, Wärmeintoleranz oder Durchfälle, so ist Labordiagnostik indiziert ([Tab. 13]). Die Therapie ist abhängig von der Ursache der Hyperthyreose.
Bei einer Pubertas oder Pseudopubertas praecox kommt es durch die vorzeitige Wirkung von Sexualsteroiden sowohl zu einer Wachstumsbeschleunigung als auch zu einem vorzeitigen Verschluss der Epiphysenfugen. Dadurch sind die Patienten initial für ihr Alter zu groß, die Körpergröße bleibt langfristig aber unter der genetischen Zielgröße und u. U. im Bereich des behindernden Kleinwuchses.
Bei der Pubertas praecox vera kommt es zum vorzeitigen Anspringen des zentralen Taktgebers. Die Störung ist selten, mädchenwendig und bei diesen meist idiopathisch. Dennoch muss nach Diagnosesicherung eine hirnorganische Ursache zwingend ausgeschlossen werden. Nur der rechtzeitige Therapiebeginn sichert eine gute Endgröße. Ab einer Knochenreifung von 12 Jahren oder mehr ist häufig keine wesentliche Endgrößenbesserung mehr zu erreichen. Die Therapie besteht in der Gabe langwirksamer GnRH-Agonisten, die zu einer Suppression der Hypothalamus-Hypophysen-Gonaden-Achse führen. Zur Verfügung stehen die Substanzen Leuprorelin und Triptorelin, die je nach Präparat und Ansprechen auf die Therapie im Intervall von 3 Wochen bis 3 Monaten verabreicht werden müssen, solange die Pubertät unterdrückt werden soll. Eine engmaschige kinderendokrinologische Überwachung dieser Therapie ist unabdingbar.
Schilddrüsenhormonüberschuss und vorzeitige Wirkung von Sexualsteroiden führen zur Wachstumsbeschleunigung und zur Akzeleration der Knochenreifung.
Die isosexuelle Pseudopubertas praecox ist gekennzeichnet durch einer regelkreisunabhängige vorzeitige Hormonwirkung. Häufigste Ursache beim Mädchen ist die autonome Ovarialzyste, beim Jungen das nicht erkannte adrenogenitale Syndrom auf dem Boden eines adrenalen Enzymdefekts, der beim Mädchen zur heterosexuellen Pseudopubertas praecox führen kann. Aber auch hormonproduzierende Tumoren oder eine exogene Hormonzufuhr müssen in die Differenzialdiagnose einbezogen werden.
Bei ausgeprägter Adipositas kommt es zum sog. Adiposogigantismus, einer komplexen metabolischen und endokrinologischen Störung, bei der eine Kreuzreaktion von im Überschuss vorhandenen Insulin am IGF-1-Rezeptor ebenso eine Rolle spielt wie die Aromatisierung von Androgenen in den Adipozyten und ein Einfluss des Gewichts und der Nährstoffbilanz auf hypothalamische Strukturen.
Findet sich bei Hochwüchsigen ein erhöhtes IGF-1, so besteht V. a. einen hypophysären Gigantismus durch einen Wachstumshormonüberschuss, eine extrem seltene endokrine Ursache von Hochwuchs. Bei dieser Störung bleibt der Wachstumshormonspiegel auch bei hohen Glukosewerten hoch, sodass die „Glukosesuppression“ als diagnostischer Test eingesetzt werden kann. Die Therapie dieser Störung ist schwierig und sollte erfahrenen Zentren vorbehalten bleiben.
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Syndromale Ursachen von Hochwuchs
Verschiedene Syndrome gehen mit Hochwuchs einher ([Tab. 13]), viele von ihnen sind jedoch ausgesprochen selten. Man unterscheidet nach klinischen Kriterien den proportionierten vom nicht proportionierten Hochwuchs.
Das Fragile-X-Syndrom gehört mit einer Inzidenz von ca. 1 : 5000 [19] zu den häufigeren syndromalen Ursachen bei proportioniertem Hochwuchs. Die Störung ist charakterisiert durch die mentale Retardierung und charakteristische klinische Auffälligkeiten ([Tab. 13]).
Eine der häufigeren, in 7 von 10 Fällen familiären, Ursachen des dysproportionierten Hochwuchses stellt das Marfan-Syndrom dar ([Tab. 12]). Zwar ist der Hochwuchs nicht therapierbar, dennoch ist die Diagnose aufgrund der assoziierten kardialen, orthopädischen und ophthalmologischen Störungen für die langfristige Lebensqualität der Patienten entscheidend.
Hauptkriterien |
Nebenkriterien |
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Skelettales System:
Okulares System:
Kardiovaskuläres System:
Genetik und Familienvorgeschichte:
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Skelettales System:
Augen:
Kardiovaskuläres System:
Haut und Bindegewebe:
Lunge:
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Diagnose |
richtungsweisende Anamnese und/oder Befund |
Diagnostik |
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* HOMA = Homeostasis Model Assessment = Insulin (µU/ml) × Glukose (mmol/l)/22,5 als Parameter zur Beurteilung der Insulinsensitivität/Erfassung einer Insulinresistenz |
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Normvarianten |
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konstitutionelle Akzeleration von Wachstum und Entwicklung |
Knochenreifung leicht akzeleriert, Wachstumsgeschwindigkeit normal bis zum erwarteten Pubertätswachstumsschub, proportioniert, Familienanamnese positiv für frühnormale Pubertät |
Anamnese, körperliche Untersuchung, Abgrenzung gegen Pubertas praecox, Handradiogramm, regelmäßige Kontrollen |
familiärer Hochwuchs |
Körperhöhe der Eltern groß, hoher genetischer Zielgrößenbereich, aktuelle Körperhöhe im Bereich der genetischen Zielperzentile, perzentilenparalleles Wachstum, proportioniert, Knochenreifung normal, hohe Endgrößenerwartung |
Elterngröße/genetischer Zielgrößenbereich, Handradiogramm, Wachstumsgeschwindigkeit, ggf. Diagnostik z. A. erblicher Hochwuchsformen |
idiopathischer Hochwuchs |
Körperhöhe der Eltern normal, normaler genetischer Zielgrößenbereich, aktuelle Körperhöhe oberhalb der genetischen Zielperzentile, perzentilenparalleles Wachstum, proportioniert, Knochenreifung normal |
Handradiogramm, Wachstumsgeschwindigkeit, Diagnostik z. A. anderer Hochwuchsformen |
Endokrine Ursachen von Hochwuchs |
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Hyperthyreose |
beschleunigtes Wachstum, Struma, Diarrhö, Hitzeintoleranz, feinschlägiger Tremor, arterieller Hypertonus, Tachykardie, Exophthalmus, akzelerierte Knochenreifung |
Labor: TSH, fT4, Autoantikörper gegen den TSH-Rezeptor, Schilddrüsensonografie, Handradiogramm |
Adipositas/Adiposo-Gigantismus |
Body-Mass-Index (BMI) > 97. Perzentile, Acanthosis nigricans, Hirsutismus bei Mädchen, frühnormaler Pubertätsbeginn, leicht beschleunigtes Wachstum, leicht akzelerierte Knochenreifung |
Bestimmung des BMI, Labor: Blutglukose, Insulin und HOMA-Index*, Nebennierenandrogene, Gonadotropine, Sexualsteroide, Fettstoffwechsel |
Pubertas praecox |
Gonadarche und Adrenarche ♀ < 8 J., ♂ < 9 J., Fortschreiten der Pubertät, beschleunigtes Wachstum, akzelerierte Knochenreifung |
Handradiogramm, ♀ Sonografie des inneren Genitales, Labor: Gonadotropine, GnRH-Test, Bildgebung Gehirn nach Sicherung der Diagnose |
isosexuelle Pseudopubertas praecox einschließlich McCune-Albright-Syndrom und adrenogenitalem Syndrom bei Jungen (AGS) |
♀ < 8 J. Gonadarche, keine Adrenarche ♂ < 9 J. Gonadarche ± Adrenarche, Café-au-lait-Flecken?, beschleunigtes Wachstum, akzelerierte Knochenreifung |
Handradiogramm, ♀ Sonografie des inneren Genitales, Labor: Gonadotropine, Sexualsteroide, ♂: Nebennierenrindensteroide (tandemmassenspektrografische Untersuchung) im Urin, im Serum ggf. nach ACTH-Stimulation, Molekulargenetik nach Sicherung der Diagnose AGS, Tumormarker bei Tumorverdacht |
heterosexuelle Peudopubertas praecox bei Mädchen, einschließlich adrenogenitalem Syndrom (AGS) |
Adrenarche, keine Gonadarche ♀ < 8 J., ♂ < 9 J., Androgenisierung (Akne, Hirsutismus, Klitorishypertrophie), beschleunigtes Wachstum, akzelerierte Knochenreifung |
Handradiogramm, Sonografie Nebennieren, Labor: Nebennierenrindensteroide (tandemmassenspektrografische Untersuchung) im Urin, im Serum ggf. nach ACTH-Stimulation, Molekulargenetik nach Sicherung der Diagnose AGS, Tumormarker bei Tumorverdacht |
hypophysärer Gigantismus |
beschleunigtes Wachstum, akzelerierte Knochenreifung, Vergröberung der Gesichtszüge, große Hände und Füße, arterielle Hypertonie, vermehrtes Schwitzen, Glukosetoleranzstörung |
Handradiogramm, Labor: IGF-1, IGF-BP3, bei ↑IGF-1: Glukosesuppressionstest, nach Diagnosesicherung: Bildgebung des Gehirns |
Genetische Ursachen von proportioniertem Hochwuchs |
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Fragiles-X-Syndrom |
mentale Retardierung, große abstehende Ohren, überstreckbare Gelenke, Makroorchidie, Wachstumsbeschleunigung in der Peripubertät, häufig akzelerierte Knochenreifung, dadurch Erwachsenengröße meist normal |
Handradiogramm, bei klinischem Verdacht humangenetisches Konsil, Sequenzierung des FMR1-Gens (Chromosom Xq27.3) [19] |
Sotos-Syndrom |
Makrosomie bei Geburt, Fütterprobleme und Muskelhypotonie in der frühen Säuglingszeit, Makro- und Dolichozephalie, Balkonstirn, antimongoloide Lidspalten, mentale Retardierung, beschleunigtes Wachstum in der Kindheit, akzelerierte Knochenreifung, häufig Erwachsenengröße im oberen Normbereich |
Handradiogramm, bei klinischem Verdacht humangenetisches Konsil, ggf. Sequenzierung des NSD-1-Gens auf Chromosom 5q35 (Sotos-Syndrom 1): Mutationen finden sich in 60% der betroffenen Patienten mit Sotos-Syndrom, des NFIX- und APC2-Gens auf Chromosom 19p13 (Sotos-Syndrom 2 und 3) [19] |
Weaver-Syndrom |
Makrosomie bei Geburt, Makrozephalie mit relativer Mikrogenie, breite Stirn, Hypertelorismus und Telekanthus, langes Philtrum, tiefsitzende Ohren, Camptodaktylie, Muskelhypotonie, Hernien in der Anamnese, mentale Retardierung, akzelerierte Knochenreifung, dadurch normale Erwachsenengröße |
Handradiogramm, bei klinischem Verdacht humangenetisches Konsil, Sequenzierung des EHZ2-Gens (Chromosom 7q36.1) [19] |
Genetische Ursachen von dysproportioniertem Hochwuchs |
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Marfan-Syndrom |
normale Geburtsmaße, beschleunigtes Wachstum, dysproportioniert mit Sitzhöhe zu Gesamthöhe < 0,85 und Armspanne zu Gesamthöhe > 1,05, Ghent-Kriterien erfüllt ([Tab. 12]) |
bei klinischem Verdacht humangenetisches Konsil, Sequenzierung des FBN1-Gens (Chromosom 15q21.1) [19] |
Klinefelter-Syndrom |
dysproportionierter Hochwuchs mit überschießender Beinlänge, häufig Lernschwierigkeiten, verminderte Hodengröße |
bei klinischem Verdacht Karyotyp 47 XXY, humangenetisches Konsil |
Triple-X-Syndrom |
mit 1 : 1000 häufig, oft kaum Symptome, verzögerte Entwicklung möglich, dysproportionierter Hochwuchs mit überschießender Beinlänge |
bei klinischem Verdacht Karyotyp 47 XXX, humangenetisches Konsil |
Beckwith-Wiedemann-Syndrom |
dysproportionierter Hochwuchs, Omphalozele, Makroglossie, viele assoziierte Fehlbildungen |
Imprinting-Defekt auf Chromosom 11p15.5 (gleiche Region wie bei Silver-Russell-Syndrom) |
Homozystinurie |
marfanähnliches Erscheinungsbild, Ectopia lentis, mentale Retardierung |
bei klinischem Verdacht humangenetisches Konsil, Sequenzierung des Gens für Cystathionine beta-Synthase (Chromosom 21q22.3) |
Die Diagnose wird zunächst klinisch gestellt auf Basis der revidierten Ghent-Kriterien ([Tab. 12]). Die Diagnose wird gestellt, wenn
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mind. 4 Hauptkriterien in 2 Organsystemen erfüllt sind und ein 3. Organsystem beteiligt ist,
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1 bekannte pathogene Mutation im FBN-1-Gen nachgewiesen wurde und 1 Hauptkriterium erfüllt sowie 1 weiteres Organsystem betroffen ist und
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in der Familie 1 Fall von Marfan-Syndrom diagnostiziert wurde, 1 Hauptkriterium erfüllt und 1 weiteres Organsystem betroffen ist.
Syndromaler Hochwuchs sollte erkannt werden, um – wenn möglich – Spätfolgen durch assoziierte Störungen zu vermeiden.
[Tab. 13] gibt einen Überblick über mögliche Ursachen von Hochwuchs, anamnestischen und/oder klinischen Hinweisen und diagnostischen Konsequenzen. [Abb. 8] enthält ein Flussdiagramm, das die Diagnostik bei Hochwuchs erleichtern soll.
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Wenn das Längenwachstum gestört ist, sind die Gründe zur ärztlichen Vorstellung oft psychosozialer Natur, weil Leidensdruck beim Kind oder den Eltern besteht.
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Wachstumsstörungen sind zuerst jedoch nur ein Symptom und keine Erkrankung. Dennoch kann eine pathologische Störung Grund für das gestörte Längenwachstum sein. Kleinwuchs bereitet dabei größere Sorge als Hochwuchs, da dieser gesellschaftlich deutlich weniger akzeptiert ist als Hochwuchs.
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Grundlage für die Abklärung einer Wachstumsstörung ist eine ausführliche Eigen- und Familienanamnese.
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Der körperlichen Untersuchung folgen die Berechnung der genetischen Zielgröße und eine korrekte Messung der Proportionen, um die biologische Reife dem chronologischen Alter gegenüberzustellen.
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Kleinwuchs ist definiert als eine Körperhöhe unterhalb der 3. Perzentile bzw. mehr als 2 Standardabweichungen unterhalb der mittleren Altersnorm. Eine Erwachsenengröße von < 150 cm gilt in Deutschland als Behinderung.
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Pathologische Kleinwuchsformen umfassen schwere Allgemeinerkrankungen, endokrinologische und genetische Störungen.
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Hochwuchs ist definiert als eine Körperhöhe > 2 SDS oder oberhalb der 97,5. Perzentile. Das Spektrum möglicher Ursachen eines Hochwuchses ist jedoch deutlich kleiner als beim Kleinwuchs.
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Eine häufige Ursache von Hochwuchs ist die konstitutionelle Akzeleration von Wachstum und Entwicklung, vor allem der familiäre Hochwuchs.
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Seltenere Ursachen des Hochwuchses sind ebenfalls endokriner sowie syndromaler Natur, viele von ihnen sind jedoch ausgesprochen selten. Man unterscheidet nach klinischen Kriterien den proportionierten vom nicht proportionierten Hochwuchs.
Wissenschaftlich verantwortlich gemäß Zertifizierungsbestimmungen
Wissenschaftlich verantwortlich gemäß Zertifizierungsbestimmungen für diesen Beitrag ist Dr. med. Esther M. Nitsche, Lübeck.
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Esther M. Nitsche
Dr. med.; Studium der Humanmedizin an der Goethe-Universität Frankfurt a. M., Facharztausbildung Kinder- und Jugendmedizin an der Universitätsklinik Lübeck, 1994 – 1995 DFG-geförderter Forschungsaufenthalt am Institut für Biochemie der Universität Ottawa, Kanada, und am W. Alton Jones Cell Science Center, Lake Placid, USA. 2000 Schwerpunktbezeichnung Neonatologie, 2008 Zusatzbezeichnung Pädiatrische Endokrinologie und Diabetologie, seit 2002 niedergelassen in eigener Praxis (Allgemeinpädiatrie und Schwerpunkt pädiatrische Endokrinologie).
Interessenkonflikt
Erklärung zu finanziellen Interessen
Forschungsförderung erhalten: nein; Honorar/geldwerten Vorteil für Referententätigkeit erhalten: ja, von einer anderen Institution (Pharma- oder Medizintechnikfirma usw.); Bezahlter Berater/interner Schulungsreferent/Gehaltsempfänger: nein; Patent/Geschäftsanteile/Aktien (Autor/Partner, Ehepartner, Kinder) an Firma: nein.
Erklärung zu nichtfinanziellen Interessen
Die Autoren geben an, dass kein Interessenkonflikt besteht.
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Literatur
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Korrespondenzadresse
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Literatur
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