Schlüsselwörter
Knochenschmerzen - Gelenkschmerzen - Differenzialdiagnostik - nicht entzündliche Erkrankungen - Malignome
Einleitung
Muskuloskelettale Schmerzen bei Kindern und Jugendlichen sind häufig – sie betreffen etwa jedes 5. Schulkind. Die Hälfte aller Kinder und Jugendlichen klagen im Laufe ihrer körperlichen Entwicklung über anhaltende oder wiederkehrende Schmerzen am Bewegungsapparat gemäß Schätzungen im Rahmen internationaler Studien [1], [2]. Aufgrund der zahlreichen Erkrankungen ist die Differenzierung dieser Beschwerden komplex. Das breite differenzialdiagnostische Spektrum muss aber berücksichtigt werden, bevor „muskuloskelettale Schmerzen als Bestandteil normaler Entwicklungserfahrungen interpretiert“ werden [1].
Dementsprechend gehören Beschwerden am Bewegungsapparat zu den häufigsten Konsultationsgründen im Praxis- und Klinikalltag. Hierzu zählen besonders Gelenkschmerzen im Bereich der Knie-, Ellenbogen- und Handgelenke, weniger häufig werden Fersen-, Hüft- und Rückenschmerzen geäußert. Zwar ist eine rheumatologische (also chronisch entzündliche) oder auch eine onkologische Erkrankung als Ursache selten, dennoch muss sie stets berücksichtigt werden. Verzögerungen der Diagnosestellung dieser Erkrankungen können prognostisch sehr ungünstig sein. Andererseits sollte nicht jedes Kind mit Knochenschmerzen einer unnötig invasiven und teuren Globaldiagnostik unterzogen werden.
Inhaltsübersicht
Zunächst erfolgen allgemeine Hinweise zu Anamnese, körperlicher Untersuchung, Labordiagnostik und Bildgebung. Anschließend werden im 1. Teil ausgewählte häufige Krankheitsbilder mit mechanischer und maligner Ursache beschrieben. Im 2. Teil folgt die Darstellung ausgewählter entzündlicher Erkrankungen am Bewegungsapparat und der chronischen Schmerzsyndrome inklusive sog. Wachstumsschmerzen.
Anamnese
Bereits durch eine sorgfältige und gezielte Anamneseerhebung können zahlreiche Erkrankungen, die mit muskuloskelettalen Schmerzen einhergehen, ohne wesentliche zusätzliche Labordiagnostik diagnostiziert werden.
Merke
Die Leitstrukturen, die dabei zu Schmerzen führen, sind vor allem Knochen, Gelenke, Muskeln und Haut.
Als Beispiel seien die sehr häufigen nächtlichen gutartigen Beinschmerzen genannt, die auch oft als sog. „Wachstumsschmerzen“ bezeichnet werden (s. Teil 2).
Kindesalter
Schon das Alter des Kindes erlaubt eine gewisse Einordnung der Beschwerden ([Abb. 1]). Traumata als häufigste Verursacher muskuloskelettaler Beschwerden betreffen zwar die gesamte Kindheit, dabei sind aber Zerrungen und Verstauchungen bei Jugendlichen relativ häufig, während Kleinkinder eher zu Frakturen neigen.
Merke
Die sorgfältige Nachfrage nach möglichen mechanischen Verletzungen ist bei der Anamneseerhebung unabdingbar.
Bei Säuglingen und Kleinkindern sollten dabei auch nicht akzidentelle Verletzungen im Sinne einer Kindesmisshandlung in Erwägung gezogen werden.
Abb. 1 Altersprädisposition ausgewählter Erkrankungen, die zu Knochenschmerzen führen (rot = Kernzeit, hellrot = zunehmende bzw. abnehmende Häufigkeit).
Auch aseptische Knochennekrosen sind als Ursache von Beschwerden am Bewegungsapparat bei Kindern und Jugendlichen häufig. Der Morbus Perthes hat seine Altersprädisposition im Vor- und Grundschulalter, der Morbus Osgood-Schlatter tritt eher bei älteren, meist sportlich aktiven Kindern und Jugendlichen zwischen 10 und 14 Jahren auf. In dieser Altersgruppe ist auch die Epiphysiolysis capitis femoris bei Hüft- oder Knieschmerzen differenzialdiagnostisch zu bedenken [3].
Merke
Bereits das Alter des Kindes macht manche differenzialdiagnostisch zu berücksichtigende Erkrankung unwahrscheinlicher.
Knochentumoren sind im 1. Lebensjahrzehnt sehr selten, maligne Erkrankungen hingegen wie die Leukämie können im Prinzip in jeder Altersgruppe auftreten. Neuroblastome betreffen vornehmlich Kleinkinder, Ewing-Sarkome zeigen sich überwiegend im 2. Lebensjahrzehnt.
Auch infektiöse und entzündliche Ursachen finden sich in jeder Altersgruppe. Allerdings bestehen für die juvenile idiopathische Arthritis je nach Subtyp gewisse Altersprädispositionen (s. Teil 2). Kollagenosen wie der systemische Lupus erythematodes (SLE) sind im 1. Lebensjahrzehnt eine Rarität, die juvenile Dermatomyositis (JDM) betrifft hingegen vornehmlich das Kleinkindalter.
Auslöser und Dynamik
Mögliche Auslöser und die Dynamik der Beschwerdesymptomatik sollten sorgfältig erfragt werden. Neben Traumata stehen Überlastungen durch kompetitiven (Hochleistungs-)Sport im Vordergrund.
Merke
Auch die wachsende Verbreitung von Trampolinen in Gärten hat zu einer Zunahme an Schmerzen und sogar Frakturen nach bzw. beim Springen geführt.
Insbesondere muss auf die hohe Verletzungsgefahr bei gleichzeitiger Benutzung durch mehrere Kinder hingewiesen werden [4]. Bei langwierigen Beschwerden und Schmerzzuständen sollte nach initialen, insbesondere seelischen Belastungssituationen gefragt werden. In diesen Fällen ist auch eine ausführliche Sozialanamnese notwendig sowie das Erfragen von Schulfehltagen und Schlafstörungen als weitere Hinweise auf ein chronisches Schmerzverstärkungssyndrom. Langfristige Medikamenteneinnahmen von z. B. Glukokortikoiden, Immunsuppressiva oder Antikonvulsiva, die zu sekundärer Osteoporose führen können, sollten genauso erfragt werden wie Hinweise auf eine Fehlernährung, z. B. Vitamin-C-Mangel bei Autismus mit ggf. sehr selektivem Essverhalten [5].
Alarmsignale
Alarmsignale für das Vorliegen einer Systemerkrankung sind z. B.:
Diese sind aktiv nachzufragen und sollten immer Anlass zur sorgfältigen weiteren Diagnostik sein ([Tab. 1]).
Tab. 1 Klinische und laborchemische Alarmzeichen.
Alarmzeichen
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Hinweis auf
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schlechter Allgemeinzustand
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septische Arthritis
Osteomyelitis
Leukämie
Tumor
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hochempfindliches Gelenk bzw. konsequente Schonhaltung
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septische Arthritis
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gelenkferner Schmerz
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Osteomyelitis
Knochentumor
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Fieber plus Schwellung (und Rötung) am Bewegungsapparat
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septische Arthritis
Osteomyelitis
Erysipel
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wandernde Gelenkschmerzen
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Leukämie
akutes rheumatisches Fieber
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druckdolenter Knochen
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Osteomyelitis
Knochentumor
chronische nicht bakterielle Osteomyelitis
Periostitis
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Stehverweigerung
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ausgeprägte Epiphyseolyse
Diszitis
septische Arthritis
Osteomyelitis
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Rückenschmerzen
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Im 2. Lebensjahrzehnt in aller Regel gutartig, auszuschließen sind:
-
Knochen- oder Rückenmarktumor
-
Diszitis
-
Spondylolysis
-
Spondylolisthesis
-
juvenile idiopathische Arthritis, v. a. Enthesitis-assoziierter Subtyp
-
Myositis
-
Osteoporose
-
chronische nicht bakterielle Osteomyelitis
-
Schmerzsyndrom
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Anämie, Thrombopenie
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Leukämie
maligner Tumor
Morbus Gaucher
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nächtlicher, analgetikaresistenter Schmerz
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Knochentumor
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Gewichtsverlust
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Malignome, systemische Autoimmunerkrankungen
chronisch entzündliche Darmerkrankung
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Muskelschwäche
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Myositis
Overlap-Syndrome (MCTD = Mixed Connective Tissue Disease)
Malignom
schmerzassoziierte Schwäche
|
Cave
Die Präsenz von Alarmzeichen wie Blässe, Fieber, Gewichtsverlust oder schlechter Allgemeinzustand muss den Diagnoseprozess beschleunigen!
Kindesherkunft
Auch die Herkunft der Patienten ist zu berücksichtigen, einerseits bei Vorliegen einer hämatologischen Grunderkrankung (z. B. Sichelzellkrankheit), andererseits, um seltenere Erreger zu berücksichtigen (z. B. Mykobakterien).
Schmerzcharakteristik und Lokalisation
Besondere Nachfrage bei der Anamnese verdient die Schmerzcharakteristik. Sowohl der Tageszeitpunkt des Auftretens der Schmerzen (z. B. morgens belastungsabhängig, nachts in Ruhe) als auch die Dauer und der Verlauf (z. B. akut, episodisch, chronisch rekurrierend) sind zu berücksichtigen. Selbstverständlich ist auch die Lokalisation der Schmerzen möglichst genau einzugrenzen (z. B. Extremitäten – Wirbelsäule, monofokal vs. multilokulär, lokalisiert vs. diffus). Allein hierdurch ergeben sich erhebliche differenzialdiagnostische Konsequenzen ([Tab. 2], [Tab. 3]).
Tab. 2 Differenzialdiagnosen des monofokalen Schmerzes (Auswahl).
Art
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Differenzialdiagnose
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traumatisch
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Fraktur
Weichteilverletzung, z. B. Verstauchungen, Überdehnung
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infektionsassoziiert
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septische Arthritis
Osteomyelitis
chronische Infektionen, z. B. Tuberkulose oder Lyme-Arthritis
reaktive Arthritis einschließlich poststreptokokkenreaktive Arthritis
transiente Synovitis
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entzündlich
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juvenile idiopathische Arthritis
chronische nicht bakterielle Osteomyelitis
familiäres Mittelmeerfieber
Morbus Behçet
chronisch entzündliche Darmerkrankung
autoinflammatorische Erkrankung
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neoplastisch
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muskuloskelettale Tumoren, z. B. Osteoidosteom, Osteosarkom, Ewing-Sarkom
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hämatologisch
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Sichelzellkrankheit
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mechanisch
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Überlastungsverletzung
Apophysitis calcanei
Gelenkschaden, z. B. Kontrakturen, Fehlbildungen
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orthopädisch
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aseptische Knochennekrose
Epiphysiolysis capitis femoris
Osteochondrosis dissecans
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Schmerzsyndrome
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komplexes, regionales Schmerzsyndrom (CRPS)
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Tab. 3 Differenzialdiagnosen des multilokulären Schmerzes (Auswahl).
Art
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Differenzialdiagnose
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entzündlich
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juvenile idiopathische Arthritis
systemischer Lupus erythematodes
juvenile Dermatomyositis
Sklerodermie
systemische Vaskulitis
chronisch entzündliche Darmerkrankung
autoinflammatorische Syndrome
Sarkoidose
chronische nicht bakterielle Osteomyelitis
|
infektionsassoziiert
|
akute Infektion (z. B. Parvo B19, EBV)
chronische Infektionen (z. B. Tuberkulose)
reaktive Arthritis einschließlich akutes rheumatisches Fieber
Osteomyelitis und septische Arthritis (können selten auch multifokal auftreten, < 10%)
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Tumoren/Malignome
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Leukämie
Lymphom
Neuroblastom
Ewing-Sarkom
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mechanisch
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Überlastungsverletzung
Hypermobilität (gutartig oder als Folge von Bindegewebserkrankung, z. B. Ehlers-Danlos-Syndrom)
Skelettdysplasien
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stoffwechselbedingt
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Rachitis
Glykogenspeichererkrankung
Mukopolysaccharidose
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Schmerzsyndrome
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chronisches generalisiertes Schmerzverstärkungssyndrom
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Regelmäßige Schmerzen nach sportlicher Aktivität bei sonst gesund wirkenden Kindern sind häufig, sie können sowohl Hinweis auf eine Osteochondrosis dissecans (OD) an Knie oder Talus oder auf eine chronische Überbeanspruchung als auch Hinweis auf eine aseptische Knochennekrose sein. Regelmäßig wiederkehrende lokalisierte Knochenschmerzen mit oder ohne Beteiligung des Rückens lassen bei Schulkindern an eine chronische nicht bakterielle Osteomyelitis (CNO) denken (s. Teil 2). Ein benigner Knochentumor bzw. eine maligne Erkrankung sollten zuvor aber ausgeschlossen werden.
Schmerzen, die insbesondere nach Ruhephasen (also vor allem morgens) auftreten und mit einer funktionellen Beeinträchtigung wie z. B. Humpeln einhergehen, sind typisch für einen chronisch entzündlichen Prozess wie die juvenile idiopathische Arthritis (JIA).
Körperliche Untersuchung
Bei Patienten mit frischem Trauma bzw. V. a. Fraktur kann die Untersuchung oft auf Durchblutung, Motorik, Sensibilität und Betrachtung einer Fehlstellung beschränkt werden. Bei allen anderen Patienten sollte unabhängig von der bereits nach der Anamnese bestehenden Verdachtsdiagnose eine komplette körperliche Untersuchung erfolgen – mit neurologischer Untersuchung sowie Erhebung eines Gelenkstatus.
Auch die genaue Betrachtung der Haut kann Schlüsselsignale für die weitere Differenzialdiagnostik ergeben ([Tab. 4]). Ein Kind mit deutlicher Beeinträchtigung des Allgemeinzustandes sollte sehr sorgfältig untersucht werden, ebenso Kinder, bei denen sich klinische Auffälligkeiten wie eine Hepatosplenomegalie, Lymphknotenvergrößerungen oder neurologische Defizite finden.
Tab. 4 Wichtige Hautsymptome für die Differenzialdiagnose Knochenschmerzen.
Symptom
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Hinweis auf
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orale Ulzera
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Vaskulitis
Morbus Behçet
systemischer Lupus erythematodes
chronisch entzündliche Darmerkrankung
juvenile Dermatomyositis
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Augenschmerzen/Konjunktivitis
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reaktive Arthritis
Enthesitis-assoziierte Arthritis
chronisch entzündliche Darmerkrankung
Morbus Behçet
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Nagel oder Nagelfalzveränderungen
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systemische autoimmune, rheumatologische Erkrankung
Psoriasis
subakute bakterielle Endokarditis
juvenile Dermatomyositis
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Raynaud-Phänomen
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systemische Sklerose
Mixed Connective Tissue Disease (MCTD; Sharp-Syndrom)
systemischer Lupus erythematodes
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Knötchen
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seropositive polyartikuläre juvenile idiopathische Arthritis
akutes rheumatisches Fieber
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Erythema nodosum
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Streptokokken-, Yersinieninfektion
Tuberkulose
Sarkoidose
Pilzinfektion
chronisch entzündliche Darmerkrankung
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Erytheme
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systemische juvenile idiopathische Arthritis
Erythema migrans (Borreliose)
Erythema multiforme
systemischer Lupus erythematodes
juvenile Dermatomyositis
Kawasaki-Syndrom
Infektion
autoinflammatorische Syndrome
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Petechien, Purpura
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schwere Infektion
Leukämie
Purpura Schönlein-Henoch
|
Besondere Aufmerksamkeit muss der Gelenk- und Muskeluntersuchung gewidmet werden. Klinische Zeichen einer Arthritis sind:
Dabei wird zunächst das spontane Gangbild des Kindes beobachtet. Dies kann schon mit dem Betreten des Untersuchungsraums beginnen. Ein Schmerzhinken sollte leicht von einem Lähmungshinken zu unterscheiden sein.
Merke
Die Untersuchung des Kleinkindes auf dem Schoß eines Elternteils entspannt Kind und Untersucher.
Gerade Kleinkinder arbeiten nicht immer auf Aufforderung mit, sodass spontane Bewegungen gut beobachtet werden sollten. Die Untersuchung der Gelenke erfolgt beim Kleinkind am besten auf dem Schoß der Mutter. Hier ist das Kind entspannter und bei passiver Bewegung können Bewegungseinschränkungen leichter erkannt werden. Bei Zweifel an der normalen Beweglichkeit eines betroffenen Gelenks ist es hilfreich, die gesunde Gegenseite im Vergleich zu prüfen.
Insbesondere bei Schmerzen an der unteren Extremität sind auch die Sehnenansätze hinsichtlich Schwellung genau zu untersuchen und auf Druckschmerz zu testen. Eine septische Arthritis ist i. d. R. ausgesprochen schmerzhaft, sodass das Kind bei Befall der unteren Extremität nicht mehr laufen und/oder stehen mag [6]. Betroffene Säuglinge äußern ihre Schmerzen in einer Pseudoparalyse, zeigen also eine deutlich eingeschränkte Spontanmotorik der betroffenen Extremität.
Merke
Nach Anamnese und klinischem Befund sollten die Leitstrukturen des pathologischen Prozesses (Knochen, Gelenke, Haut, Systemerkrankung) und die führenden Leitsymptome die weitere Diagnostik bestimmen.
Labordiagnostik
Die Labordiagnostik bei muskuloskelettalen Beschwerden ist nur dann entbehrlich, wenn anhand der Anamnese und körperlichen Untersuchung eine mechanische bzw. traumatische Genese offensichtlich ist. Ganz überwiegend dient sie dem Nachweis von entzündlicher Aktivität im Körper, aber auch um klinische Hinweise auf eine Systemerkrankung zu verifizieren.
Die Basisdiagnostik umfasst dementsprechend:
Subtile Veränderungen im Blutbild mit Differenzialblutbild, wie z. B. die Zytopenie nur einer einzigen Zellreihe, können auch bei Fehlen von Blasten das Frühstadium einer Leukämie anzeigen, insbesondere dann, wenn die Schmerzen anamnestisch hauptsächlich nachts auftreten und/oder von einer Zusatzsymptomatik und/oder einer Hepatosplenomegalie begleitet werden. Weitere, ergänzende Laboruntersuchungen sind den differenzialdiagnostischen Überlegungen anzupassen ([Tab. 5]).
Tab. 5 Synopsis wichtiger Basisuntersuchungen.
Untersuchung
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Bemerkungen
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MAS = Makrophagenaktivierungssyndrom
JIA = juvenile idiopathische Arthritis
CNO = chronische nicht bakterielle Osteomyelitis
SLE = systemischer Lupus erythematodes
ALL = akute lymphatische Leukämie
AML = akute myeloische Leukämie
sJIA = systemische juvenile idiopathische Arthritis (Morbus Still)
MCTD = Mixed Connective Tissue Disease (Sharp-Syndrom)
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BSG
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-
einfachster Entzündungsparameter
-
besonders wichtig bei JIA, Osteomyelitis, CNO, septischer Arthritis
-
immer erhöht bei ALL
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Hämoglobin, Ery, MCV
|
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Leukozyten und Diff-BB
|
-
Leukozytose als Aktivitätsparameter (nur bei sJIA), als Hinweis für bakterielle Infektion oder ALL, AML
-
Leukopenie als Hinweis auf Virusinfektion
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Thrombozyten
|
-
ausgeprägte Thrombozytose insbesondere bei hochaktiver sJIA, Kawasaki-Syndrom (im Verlauf)
-
Thrombozytopenie als Hinweis auf andere Differenzialdiagnosen wie SLE oder ALL
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CRP
|
-
vor allem bei sJIA, HLA-B27-assoziierten Arthritiden und bei infektiöser Ursache deutlich erhöht
-
mäßig bis deutlich erhöht bei RF-positiver Polyarthritis, oft in geringerem Maß bei RF-negativer Polyarthritis
-
bei JIA/Oligoarthritis oft nur geringe oder gar keine Erhöhung
-
möglicher Hinweis auf bakterielle Infektion
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Ferritin
|
-
deutlich erhöht bei Neuroblastom, sJIA, exzessiv (> 10 000 µg/l) bei MAS
-
erniedrigt bei Eisenmangel
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Enzyme, Leber-/Nierenchemie
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LDH, Harnsäure
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kann bei Malignomen erhöht sein
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Kreatinin
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Nierenfunktion
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CK
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erhöht bei Myositis, zusammen mit LDH und GOT
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Urinstatus
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ggf. 24-h-Urin bei SLE, MCTD
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immunologische Parameter
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ANA = antinukleäre Antikörper, ANA-Profil
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-
Hinweis (schwach) für Autoimmunerkrankung
-
keine extrahierbaren, nukleären Antikörper → JIA (Oligo-, Polyarthritis)
-
dsDNS → SLE
-
Sm → SLE
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Scl-70 → Sklerodermie (diffus)
-
Ro/La → Sjögren (primär/sekundär), SLE
-
U1snRNP → MCTD (oder SLE)
-
Jo-1 → Myositis und Pneumonitis
-
PM-Scl → Mischkollagenose mit Myositis
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IgM-Rheumafaktor
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RF-pos. Polyarthritis: 2 positive Untersuchungen im Abstand von ≥ 3 Monaten
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CCP-Antikörper (= zyklische citrullinierte Peptide)
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gilt bei rheumatoider Arthritis als spezifischer im Vergleich zum IgM-Rheumafaktor (bei JIA ebenfalls)
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IgG, IgA, IgM
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Ak-Mangel-Syndrome können mit Arthritis einhergehen
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C3-, C4-Komplement
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SLE-Aktivität
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HLA-B27
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vor allem bei Enthesitis-assoziiertem Subtyp (45 – 80%) der JIA, Psoriasisarthritis (20%) und reaktiver Arthritis (50%)
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Gerinnungsparameter
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vWF : Ag
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deutlich erhöht bei Vaskulitis
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Fibrinogen
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vermindert bei MAS
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Bei klinischem Nachweis einer Arthritis insbesondere des Kniegelenks gehört die Borrelienserologie zum Basisprogramm. Der Nachweis spezifischer Antikörper gegen Borrelia burgdorferi erfolgt mittels Enzymimmunoassay (EIA), Immunofluoreszenz, Hämagglutination und Western Blotting [7]. Dabei wird meist ein sensitiver EIA als Screening-Test und bei positiven Ergebnissen ein Western Blot zur Bestätigung verwendet.
Bei der Lyme-Arthritis (s. auch Teil 2) sind fast immer starke IgG-Antworten mit vielen, meist 6 und mehr Banden im Western Blot nachweisbar, zusätzlich bei einigen Patienten aber auch persistierende IgM-Reaktionen. Serologische Tests können aber keine Unterscheidung zwischen aktiver Infektion und Zustand nach ausgeheilter Infektion treffen. Da IgG-Titer jahrelang erhöht bleiben können, ist die Serologie auch nicht zur Beurteilung eines Therapieerfolgs geeignet. Die Labordiagnostik bei Lyme-Arthritis ist dennoch insgesamt hilfreich, da fast alle Patienten IgG-seropositiv sind, sodass ein Fehlen der IgG-Antwort im Allgemeinen eine Lyme-Arthritis ausschließt.
Merke
Arthralgien allein reichen nicht für die Diagnose einer Lyme-Arthritis.
Der diagnostische Wert der Bestimmung der antinukleären Antikörper (ANA) wird oft überschätzt. In einer großen Studie an einem pädiatrischen Rheumazentrum ergab sich für die positiven ANA nur ein positiver, prädiktiver Wert von 0,15 hinsichtlich der juvenilen idiopathischen Arthritis [8].
Cave
Das Fehlen von Entzündungsparametern schließt eine entzündliche Erkrankung, sei es an den Knochen (CNO) oder den Gelenken (JIA), nicht aus!
Bildgebende Diagnostik
Röntgen
Zur Bestätigung des klinischen Verdachts bzw. Ausschluss weiterer Differenzialdiagnosen erfolgt die bildgebende Diagnostik. Die verschiedenen Verfahren sollten gezielt je nach Fragestellung eingesetzt werden. Eine konventionelle Röntgenaufnahme der Region des stärksten Schmerzes ist oft notwendig. Neben Frakturen werden auch noch Hinweise auf Knochenstoffwechselstörungen, aseptische Knochennekrosen, Fehlbildungen oder auf Tumoren sichtbar. Dabei sollte i. d. R. die Röntgenuntersuchung in 2 Ebenen erfolgen.
Sonografie
Die Sonografie ermöglicht Darstellung von Gelenkergüssen oder auch Periostveränderungen, z. B. bei der akuten oder chronischen nicht bakteriellen Osteomyelitis. Daneben erlaubt sie, Schwellungen dem Gelenk, der (Sub-)Kutis oder dem Knochen zuzuordnen. Auch Veränderungen an der Muskulatur wie bei Myositis oder Pyomyositis sind manchmal darstellbar.
Merke
Insbesondere in der Hüftregion ist der Ultraschall von großem Nutzen, da das Gelenk nicht direkt palpiert werden kann ([Abb. 2]).
Abb. 2 Sonografie Hüfte rechts, Gelenkerguss von 7 mm Stärke und verbreiterte Synovialis. 5-jähriger Junge mit Hüftschmerzen bei Coxitis fugax.
Die Unterscheidung zwischen septischer Arthritis und Coxitis fugax ist allerdings nicht möglich, da die Echogenität des Ergusses nicht sicher zwischen serös und eitrig unterscheidet. Diese Frage ist definitiv allein durch eine Gelenkpunktion zu klären. Weiter können mittels Sonografie auch Arthrozelen, Baker-Zysten, Ganglien, Bursitiden, Tenosynovitiden und eine mögliche Enthesitis dargestellt werden. Zusätzliche Information über vermehrte Durchblutung (z. B. bei Entzündung oder Hinweise auf eine Gefäßmalformation) erlaubt die Doppler-Sonografie.
MRT
Die Magnetresonanztomografie (MRT) ist inzwischen Goldstandard der Bildgebung am Bewegungsapparat und oft in der Abklärung von muskuloskelettalen Beschwerden unverzichtbar. Sie ist hochsensitiv im Hinblick auf entzündliche Prozesse, wie die nicht bakterielle Osteomyelitis, Pyomyositis, Spondylodiszitis, Osteomyelitis oder septische Arthritis.
Sie deckt auch seltene Diagnosen auf, z. B. villonoduläre Synovialitis, intraartikuläre Hämangiome, andere Gefäßmalformationen oder Tumoren. Die Aussagekraft wird durch die Gabe von Kontrastmittel in diesen Fällen noch erhöht.
Merke
Dennoch sollte sie nicht unkritisch bei jeder Problematik am Bewegungsapparat indiziert werden, denn sie ist teuer und für jüngere Kinder durchaus belastend bzw. nur als Narkoseuntersuchung möglich.
Weitere Bildgebungsverfahren
Die Computertomografie ist nur für spezielle Fragestellungen am Knochen (z. B. bei V. a. Osteoidosteom) die Methode der Wahl.
Die Skelettszintigrafie wird nur noch selten eingesetzt, sie wurde durch das Ganzkörper-MRT für die Suche nach weiteren, evtl. klinisch stummen Läsionen bei der chronisch rezidivierenden, multifokalen Osteomyelitis abgelöst.
Das diagnostische Vorgehen ist in [Abb. 3] synoptisch dargestellt.
Abb. 3 Diagnostisches Work-up der kindlichen Knochenschmerzen im Überblick. DD = Differenzialdiagnostik, sJIA = systemische juvenile idiopathische Arthritis, JDM = juvenile Dermatomyositis, SLE = systemischer Lupus erythematodes.
Mechanisch verursachte und nicht entzündliche muskuloskelettale Schmerzen
Mechanisch verursachte und nicht entzündliche muskuloskelettale Schmerzen
Frakturen
Mechanisch verursachte Schmerzen im Sinne von Frakturen, Distorsionen oder Distensionen gehören zu den häufigsten Ursachen im Kindesalter. In der Regel kann anamnestisch ein klarer Unfallhergang geschildert werden. Sichere Frakturzeichen sind die Fehlstellung einer Extremität oder eine offene Fraktur. Schwellung, Druckschmerz und Funktionseinschränkung sind unsichere Frakturzeichen. Das hinkende Kleinkind mit Tibiadruckschmerz ist z. B. verdächtig auf eine distale Tibiaschaft-Fraktur, die sog. Toddler-Fraktur [9]. In der Regel sind zur Diagnosestellung Anamnese, klinischer Befund und eine Röntgendiagnostik ausreichend.
Kindesmisshandlung
Differenzialdiagnostisch sind auch nicht akzidentelle Ursachen, also eine Kindesmisshandlung, zu berücksichtigen. Die 0- bis 2-jährigen Kinder stellen dabei eine Hochrisikogruppe dar: Bis zu 80% aller misshandlungsbedingten Knochenbrüche treten in dieser Altersgruppe auf.
Merke
Überdurchschnittlich häufiges Merkmal von Knochenbrüchen bei Kindesmisshandlung ist in erster Linie die Mehrzeitigkeit der Frakturen mit dem Nebeneinander von frischen und bereits in Heilung befindlichen Frakturen.
Als morphologische Merkmale gelten beispielsweise metaphysäre Absprengungen. Sie werden häufig als pathognomonisch für eine misshandlungsbedingte Fraktur genannt und sind bereits unmittelbar nach dem Ereignis nachweisbar. Es handelt sich hierbei um multiple subphyseale Mikrofrakturen, die durch Schleuder- und Rotationskräfte entstehen und parallel zur Wachstumsfuge verlaufen. Die hierzu erforderlichen Kräfte werden bei akzidentellen Unfällen im Kindesalter kaum erreicht. Weitere metaphysäre Frakturen mit häufigem Auftreten bei Kindesmisshandlung stellen dar [10]:
-
„corner fractures“ (Eckfrakturen)
-
„bucket handle fractures“ (Korbhenkelfrakturen)
-
„flake fractures“ (Erkerfrakturen)
Periostale Reaktionen als Hinweis auf Kindesmisshandlung entstehen vor allem bei Säuglingen. Lokalisationen, die als prädiktiv für ein nicht akzidentelles Geschehen gelten und bei denen von einer hohen Spezifität für Kindesmisshandlung ausgegangen wird, sind Rippen- und Rippenserienfrakturen, die durch das feste Umfassen und Komprimieren des kindlichen Thorax entstehen können. Eine hohe Spezifität besteht auch für Frakturen der Wirbelkörper, des Brustbeins und des Schulterblatts, da hier die Einwirkung einer großen Energie zur Entstehung einer Fraktur erforderlich ist, welche sonst allenfalls durch einen Verkehrsunfall erreicht werden kann.
Hypermobilität
Auch eine ausgeprägte Hypermobilität kann insbesondere nach körperlicher Aktivität zu erheblichen muskuloskelettalen Schmerzen führen. Die Hypermobilität der Gelenke ist bei Kleinkindern physiologisch. Mit der Pubertät wird die stabilisierende Reifung der Gelenke abgeschlossen. Oft sind Schulkinder vor der Pubertät von hypermobilitätsbedingten Schmerzen betroffen. Mithilfe des Beighton-Scores kann die Hypermobilität objektiviert werden ([Abb. 4], [Tab. 6]) [11]. Dabei werden an 4 verschiedenen Körperregionen rechts und links Gelenke in ihrer Hypermobilität getestet und bei Vorhandensein ein Punkt vergeben. Ein zusätzlicher Punkt wird erreicht, wenn bei gestreckten Knien und voller Flexion der Hüfte die gesamte Handfläche auf den Boden gelangt. Ab 5 von insgesamt 9 möglichen Punkten kann die Diagnose gestellt werden. Potenziell sind zugrunde liegende Kollagenerkrankungen wie das Ehlers-Danlos-Syndrom oder Marfan-Syndrom zu berücksichtigen.
Abb. 4 Parameter des Beighton-Scores zur Testung einer generalisierten Hypermobilität der Gelenke (Auswertung s. [Tab. 6].(Quelle: Brenner R, Taurman R. Angeborene Bindegewebserkrankungen mit skelettalem Phänotyp. Orthopädie und Unfallchirurgie up2date 2017; 12: 131 – 153. doi:10.1055/s-0042-109019)
)
Tab. 6 Beighton-Score zur Testung des Vorliegens einer generalisierten Hypermobilität (nach Beighton 1973 [11]).
Gelenkmobilität
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einseitig
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beidseitig
|
passive Dorsalflexion des 5. Fingers über 90°
|
1
|
2
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passives Anlegen des Daumens an die palmare Unterarmseite
|
1
|
2
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Hyperextension des Ellbogens über 10°
|
1
|
2
|
Hyperextension des Knies über 10°
|
1
|
2
|
Beim Vornüberbeugen des Rumpfes mit komplett gestreckten Knien kommen die Handflächen auf den Boden
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1
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Beurteilung
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Hypermobilität
Ab 5 Punkten kann die Diagnose gestellt werden.
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Gesamtscore ≥ 5
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Femoropatellares Schmerzsyndrom
Das femoropatellare Schmerzsyndrom gehört zu den häufigsten Ursachen für Knieschmerzen im Schulkindalter. Die Knieschmerzen werden meist retropatellar lokalisiert und sind z. B. beim Treppensteigen auszulösen. Der Schmerzcharakter ist i. d. R. stechend. Bei der klinischen Untersuchung findet sich ein positives Zohlenzeichen. Dabei wird der obere Patellapol mit Daumen und Zeigefinger umfasst und die Patella nach distal verschoben. Erfolgt nun eine Anspannung des M. quadriceps, wird die Patella auf die Femurkondylen gedrückt, was bei entsprechender Knorpelpathologie Schmerzen verursacht.
Eine Röntgenuntersuchung zum Ausschluss einer aseptischen Knochennekrose wie dem Morbus Osgood-Schlatter sollte erfolgen. Meist spricht die Erkrankung gut auf physiotherapeutische Behandlung an. Sollte die Beschwerdesymptomatik persistieren, ist eine MRT-Untersuchung des betroffenen Kniegelenks Methode der Wahl. Bei Knieschmerzen sollte in jedem Fall die Hüfte mit untersucht werden, da die Pathologie im Sinne eines übertragenen Schmerzes durchaus in der Hüfte lokalisiert sein kann.
Merke
Schmerzen am Knie, vergiss die Hüfte nie!
Osteochondrosis dissecans
Die Osteochondrosis dissecans ist eine umschriebene Knochenläsion unterhalb des Gelenkknorpels, die mit der Abstoßung des betroffenen Knochenareals mit dem darüber liegenden Knorpel als freier Gelenkkörper enden kann [12]. Sie wird insbesondere bei älteren, meist sportlich sehr aktiven Kindern, vor allem bei Laufsportarten gefunden. Gelegentlich finden sich milde Ergussbildungen im betroffenen Gelenk. Eine pathognomonische Symptomkonstellation existiert nicht. Sollte sich ein freier Gelenkkörper gebildet haben, kann das Gelenk plötzlich sehr schmerzhaft blockiert werden. Vor allem Kniegelenk, oberes Sprunggelenk und Ellenbogengelenk sind betroffen. Die Diagnose wird radiologisch mittels konventionellem Röntgenbild, ggf. MRT gestellt. Die Therapie sollte in Zusammenarbeit mit einem Kinderorthopäden erfolgen.
Aseptische Knochennekrosen
Aseptische Knochennekrosen können an fast allen gelenknahen Knochenabschnitten ganz bevorzugt im Jugendalter entstehen ([Abb. 5]). Die Ätiologie ist ausgenommen bei der Sichelzellkrankheit unklar. Als Ursache wird die Kombination von vermehrter sportlicher Belastung und Entstehung einer lokalen Durchblutungsstörung vermutet [12]. Die Diagnose wird klinisch gestellt, gestützt durch ein konventionelles Röntgenbild, ggf. ist eine MRT-Diagnostik ergänzend notwendig. Am häufigsten ist die Hüftkopfepiphyse betroffen (Morbus Perthes; [Abb. 6]), die Tuberositas tibiae (Morbus Osgood-Schlatter), das Capitulum humeri (Morbus Panner) oder das Os naviculare (Morbus Köhler). Je jünger das Kind, desto besser die Prognose. Die meisten Patienten können mit konservativen Therapiemaßnahmen gebessert bzw. geheilt werden. Diese sind aber oft schwer konsequent umzusetzen, denn sie fordern den Verzicht auf die meist sehr geliebte sportliche Betätigung.
Abb. 5 Röntgen Humerus re. 16-jähriger Jugendlicher aus Guinea mit Sichelzellkrankheit und Schmerzen in der Schulter. Konvexität des Humeruskopfs mit der Gelenkfläche abgeflacht, sklerosiert und mit sichtbarem Frakturspalt, somit Bild einer fortgeschrittenen aseptischen Knochennekrose. Artikulation erhalten.
Abb. 6 Röntgen Beckenübersicht. 9-jähriger Junge mit Hüftschmerzen rechts seit ca. 12 Monaten. Morbus Perthes rechts Stadium IV nach Catterall (röntgenologische Schweregradeinteilung in 4 Schweregrade).
Merke
Mechanisch bedingte Schmerzen am Bewegungsapparat sind im Vergleich zu Schmerzen verursacht durch Entzündung oder Tumoren bei Weitem häufiger!
Maligne Erkrankungen und tumorähnliche Läsionen als Ursache von Knochenschmerzen
Maligne Erkrankungen und tumorähnliche Läsionen als Ursache von Knochenschmerzen
Akute Leukämie
Die akute Leukämie ist die häufigste maligne Erkrankung bei Kindern. Bei der akuten lymphatischen Leukämie sind meist Kinder zwischen dem 1. und 5. Lebensjahr betroffen. Knochenschmerzen, insbesondere auch der unteren Extremität, sind dabei häufiges Symptom einer beginnenden Leukämie (s. [Fallbeispiel]). Bei über 50% der leukämischen Kinder können radiologische Veränderungen nachgewiesen werden (z. B. metaphysäre Banden, Periostreaktionen, Osteolysen) [2].
Umgekehrt fanden sich bei Patienten, die zur Abklärung in einer rheumatologischen Ambulanz vorgestellt wurden, in einem Zeitraum von 15 Jahren 29 Patienten mit Malignom, davon in knapp 50% eine Leukämie. Typische klinische „Alarmzeichen“ waren [13]:
Daneben fanden sich insbesondere in der Labordiagnostik Hinweise auf ein malignes Geschehen. Dabei spricht eine normale Leukozytenzahl nicht gegen eine Leukämie, sehr wohl aber eine normale BSG.
Cave
Knochenschmerzen können Initialsymptom einer Leukämie sein!
Die Leukämien werden gemäß Protokollen der Gesellschaft für pädiatrische Onkologie und Hämatologie (GPOH) polychemotherapeutisch ggf. mit Radiotherapie behandelt. Die 5-Jahres-Überlebensraten liegen heute je nach Prognosefaktoren bei 80 bis über 90%.
Fallbeispiel
Ein 15 Monate altes weibliches Kleinkind schont seit 2 Tagen das rechte Bein, kein Fieber, vorbestehender Atemwegsinfekt mit Otitis media oral antibiotisch über 8 Tage therapiert; mäßiges Trinkverhalten, Appetit vermindert. Keine Vorerkrankungen.
Klinik
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Mäßig reduzierter Allgemeinzustand, blass, zervikale Lymphadenopathie, Schonhaltung des rechten Beines in Außenrotation. Keine wesentliche Bewegungseinschränkung des Hüftgelenks, keine aktive Belastung des rechten Beines.
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Hüft- und Kniegelenksonogramm: beidseits kein Ergussnachweis
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Labor: BSG 64 mm/h, Leuko 2,8 G/l (Diff: Lympho 91%), Hb 8,6 g/dl, Thr 51 G/l, CRP 30 mg/l
Diagnose
Akute lymphatische Leukämie bei Nachweis von Lymphoblasten im Knochenmark.
Solide Tumoren
Unter den soliden Tumoren sind vor allem das Neuroblastom, nach den ZNS-Tumoren zweithäufigster solider Tumor im Kleinkindalter, das Ewing-Sarkom sowie das Osteosarkom wichtige Differenzialdiagnosen in der Abklärung von Knochenschmerzen beim Schulkind.
Das Neuroblastom ist ein embryonaler Tumor des peripheren sympathischen Nervensystems. In 90% manifestiert sich die Erkrankung vor dem 6. Lebensjahr. Das klinische Bild kann stark variieren, je nach Lokalisation und Ausbreitung bzw. Metastasierung des Primärtumors. Fieber, Knochenschmerzen, Durchfälle, ungewöhnliches Schwitzen und Gewichtsverlust müssen differenzialdiagnostisch auch an ein Neuroblastom denken lassen. Die Therapie richtet sich nach Alter und Tumorstadium. Das Stadium 4 mit disseminierter Metastasierung ist immer noch mit einer schlechten Prognose behaftet.
Das Osteosarkom ist der häufigste maligne Knochentumor des Kindesalters. Die Inzidenz liegt bei 0,2 – 0,3 auf 100 000 Kinder pro Jahr. In etwa ⅔ der Fälle liegt der Tumor kniegelenksnah. Die initiale Symptomatik ist oft wenig eindrucksvoll. Die Latenzzeit von Beschwerdebeginn bis zur Diagnose beträgt in großen Kohorten ca. 9 Wochen [14]. Radiologisch stellt sich der Tumor vor allem durch seine reaktiven Veränderungen dar (Periostabhebung, Zwiebelschalen, Spiculae; [Abb. 7]).
Abb. 7 11-jähriger Junge mit Knieschmerzen links bei Belastung seit 2 Monaten. Solitärer Herd der medialen Tibiakopfmetaphyse, Maße 4,5 × 4 × 3 cm. Der Herd überschreitet die Mittelebene der Tibia und respektiert scheinbar die Epiphysenfuge. Die Textur des Herdes ist fleckig („Mottenfraß“). Die mediale Begrenzung der Tibiakopfmetaphyse ist vorgewölbt und die dortige Kortikalis weitgehend aufgebraucht und durchbrochen. Die benachbarten Weichteile sind ebenfalls verdickt bzw. vorgewölbt. Diagnose: Osteosarkom.
Die Prädilektionsorte des Ewing-Sarkoms sind Femur, Tibia, Humerus und das Becken. Bevorzugt erkranken Kinder in der 2. Lebensdekade. Aufgrund der Größe des Beckens und seines Weichteilmantels können Tumoren dort zu einer erheblichen Größe anwachsen, bevor sie diagnostiziert werden. Die Latenzzeit zwischen Beschwerdebeginn und Diagnosestellung liegt beim Ewing-Sarkom bei 4 Monaten [14].
Die Tumoren werden gemäß Protokollen der Gesellschaft für pädiatrische Onkologie und Hämatologie (GPOH) polychemotherapeutisch, operativ und ggf. mit Radiotherapie behandelt. Die 5-Jahres-Überlebensrate liegt ohne Metastasierung für das stammnahe Osteosarkom und das Ewing-Sarkom bei ca. 50 – 70%.
Cave
Belastungsunabhängige Knochenschmerzen beim älteren Kind (über 10 Jahre) müssen auch an einen Knochentumor denken lassen.
Gutartige Knochentumoren
Das Osteoidosteom macht ca. 10% der gutartigen Knochentumoren aus, die deutlich häufiger als die bösartigen Tumoren auftreten. Im Kindesalter sind mehr Jugendliche als Kinder betroffen (s. [Fallbeispiel]). Das Verhältnis Jungen zu Mädchen ist ca. 2 : 1. Der Tumor ist meist nur ca. reiskorngroß (< 1 cm). Typisch sind nächtliche Schmerzattacken in den Beinen oder der Wirbelsäule, die gut auf nicht steroidale Antirheumatika wie Naproxen oder Ibuprofen ansprechen.
Das Röntgenbild ist charakteristisch: Im Zentrum eines kortikalen Skleroseareals findet sich eine kleine osteolytische Zone, der Nidus ([Abb. 8]). Dieser besteht histologisch aus lockerem Bindegewebe, das stark vaskularisiert ist und unregelmäßig verteilte, unmineralisierte Faserknochenbälkchen mit Osteoblasten ohne Atypien enthält. Umgeben ist der Nidus von einer Zone sklerosierten, kortikalen Knochengewebes. Therapeutisch empfiehlt sich i. d. R. die CT-gesteuerte Resektion [15].
Viele andere gutartige Knochentumoren wie Osteochondrome, die zu den häufigsten Knochentumoren zählen, oder Enchondrome verursachen keine Schmerzen und werden zufällig entdeckt oder erst, wenn sie mechanisch stören.
Fallbeispiel
Ein 14-jähriger Jugendlicher hat seit ca. 1 Jahr Schmerzen, seit 6 Monaten verstärkt im linken Fuß, nach Supinationstrauma, keine Teilnahme am Sport. Kein Fieber, keine weiteren Symptome. Keine ernsthaften Vorerkrankungen, Familienanamnese leer.
Klinik
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Schwer adipöser EZ, KG 113 kg, KL 185 cm, erhebliche schmerzhafte Einschränkung des linken, unteren Sprunggelenks, linkes oberes SG in Dorsalflexion eingeschränkt, sonstiger Gelenkstatus o. B., keine Enthesitis. Haut unauffällig, internistischer Status unauffällig.
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Labor: Leuko 6,2 G/l Diff. unauffällig, Hb 15,2 g/dl, Thr 301 G/l; GOT, GPT, LDH, CrP, Krea i. N. Borrelienserologie neg.
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MRT: Knochenmarködem und knöcherne Strukturveränderungen in den kranialen Abschnitten des ventromedialen Talus mit angrenzendem Weichteilödem, wie bei Impingement-Syndrom. Leichter Erguss im oberen Sprunggelenk.
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CT: Nidus an der ventralen Facette des Talus
Diagnose
Osteoidosteom Talus links bei eindeutigem CT-Befund ([Abb. 8]).
Abb. 8 14-jähriger adipöser Junge mit Fußschmerzen seit 12 Monaten.
a MRT T1-Wichtung nach KM mit FS linker Fuß. Knochenmarködem und knöcherne Strukturveränderungen in den kranialen Abschnitten des ventromedialen Talus mit angrenzendem Weichteilödem. Leichter Erguss im oberen Sprunggelenk. Nidus bei Osteoidosteom.
b CT linker Fuß. Diagnose: Osteoidosteom mit deutlichem Nidus im Talus.
Tumorähnliche Läsionen
Zu den tumorähnlichen Läsionen werden u. a. gezählt:
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juvenile Knochenzyste
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nicht ossifizierendes Knochenfibrom
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pigmentierte villonoduläre Synovitis (PVNS)
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Langerhans-Zell-Histiozytose (LCH)
Juvenile Knochenzysten sind im Kindesalter häufig (s. [Fallbeispiel]). Die Läsion tritt fast ausschließlich zwischen dem 5. und 15. Lebensjahr auf; mit Wachstumsabschluss heilt sie aus. Die Prädilektionsstelle ist der proximale Humerus. Hier werden 50% aller Knochenzysten lokalisiert, weitere 25% finden sich im proximalen Femur ([Abb. 9]), die restlichen 25% Prozent verteilen sich über das übrige Skelett. Meist verursachen sie kaum Symptome. Nicht selten kommt es aber zur pathologischen Fraktur, anlässlich derer dann die Diagnose gestellt wird. Die Therapie erfolgt chirurgisch [16].
Fallbeispiel
Ein 8-jähriger Junge hat seit gut 1 Jahr rezidivierend Schmerzen in der rechten Hüftregion, teilweise deswegen Humpeln. Schulsport möglich. Kein Fieber, kein Nachtschweiß, kein Gewichtsverlust.
Klinik
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Guter AZ, rechte Hüfte bei Innenrotation schmerzhaft eingeschränkt, weitere Gelenke frei.
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Hüftsonogramm: unauffällig, kein Erguss
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Labor: BSG 6 mm/h, Leuko 5,7 G/l Diff. unauffällig, Hb 12,5 g/dl, Thr 379 G/l CrP, GOT, GPT, CK, Ca, P, AP, LDH, Harnsäure, Ferritin, Krea i. N.
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Röntgen: zystischer Prozess rechter proximaler Femur
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MRT: ca. 32 × 31 × 65 mm messende in T2 signalreiche Struktur mit Septierungen, keine Ausdehnung der Struktur außerhalb des Femurs
Diagnose
Juvenile Knochenzyste ([Abb. 9]).
Abb. 9 8-jähriger Junge mit Schmerzen im rechten Hüftbereich.
a Röntgen rechter Oberschenkel: große juvenile Knochenzyste.
b MRT T2-Wichtung axial rechter Oberschenkel. DD zur aneurysmatischen Knochenzyste (diese ist i. d. R. mehrkammerig).
Das nicht ossifizierende Knochenfibrom ist insbesondere kniegelenksnah außerordentlich häufig. Es kann bei ca. 20 – 30% aller Kinder zwischen 4 und 10 Jahren gefunden werden. Beide Geschlechter sind gleich häufig betroffen, die Genese ist unklar: Sie entstehen stets metaphysär. Sie sind völlig asymptomatisch und werden meist zufällig radiologisch entdeckt. Die Röntgenbefunde sind derart charakteristisch, dass die Diagnose anhand dieser Diagnostik mit Sicherheit gestellt werden kann, solange der Tumor eine bestimmte Größe nicht überschreitet.
Die pigmentierte villonoduläre Synovitis (PVNS) ist eine lokal aggressive Synovialproliferation unklarer Ätiologie, die sowohl die Gelenke als auch die Sehnenscheiden und Bursae betreffen kann. Klinisch präsentiert sie sich als schmerzhafter, meist monoartikulärer Erguss zumeist im Kniegelenk. Im Prinzip kann aber jedes Gelenk oder auch mehrere betroffen sein. Die pigmentierte villonoduläre Synovialitis sollte insbesondere bei Adoleszenten mit sehr blutigem Gelenkpunktat und/oder schlechtem Ansprechen auf eine intraartikuläre Steroidinjektion in Betracht gezogen werden. Histologisch findet man eine verdickte, rötlich-bräunliche Synovia mit Hämosiderin-Ablagerungen. Radiologisch ergeben sich i. d. R. keine wegweisenden Veränderungen. In der Kernspintomografie zeigt sich eine niedrige Signalintensität in T1- und T2-gewichteten Sequenzen, letztere mit Nachweis von Hämosiderin. Die Therapie ist chirurgisch, i. d. R. eine offene Synovektomie.
Die Langerhans-Zell-Histiozytose (LCH) weist Charakteristika sowohl von malignen als auch nicht malignen Erkrankungen auf. Die sehr seltene Erkrankung zeigt eine klonale Proliferation und Akkumulation von dendritischen Zellen (LCH-Zellen) in betroffenen Läsionen. Jungen sind 2-mal so häufig betroffen als Mädchen. Die Erkrankung kann generell jedes Organ bzw. jede Körperregion befallen, wobei die am häufigsten beteiligten Organe das Skelett (80% der Fälle; [Abb. 10]), die Haut (33%) und die Hypophyse (25%) sind (s. [Fallbeispiel]).
Andere häufig beteiligte Organe sind Leber, Milz, hämatopoetisches System und Lungen (jeweils 15%). Weiter werden auch Lymphknotenbeteiligung (5 – 10%) und Beteiligung des zentralen Nervensystems (außer Hypophyse; 2 – 4%) gesehen [17]. Je nach betroffenem Organ kann es zu unterschiedlichsten klinischen Erscheinungsbildern kommen: Einige Patienten sind beschwerdefrei und die Diagnose beruht auf einem Zufallsbefund, wie es manchmal bei isolierten Läsionen des Schädelknochens gesehen wird. Wenige Patienten zeigen ein schweres Krankheitsbild bei Multiorganbefall. Die Diagnose wird durch eine Biopsie gesichert. Die meisten ossären Langerhans-Zell-Histiozytosen heilen nach der Biopsie spontan aus. Eine Weiterbetreuung mit Kontrolluntersuchungen ist aber notwendig und sollte in einer Spezialambulanz, i. d. R. bei Hämatoonkologen, erfolgen.
Fallbeispiel
Ein 2-jähriges Mädchen hat seit 5 Wochen Schmerzen in der Hüftregion links, Ibuprofen führt zu keiner Besserung. Am Einweisungstag 38 °C Temperatur, keine weiteren Symptome, keine ernsthaften Vorerkrankungen, Familienanamnese leer. Röntgen Hüfte (Vorbefund vom Orthopäden) unauffällig.
Klinik
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Stabiler AZ, weinerlich, stockendes Gangbild, Flexion der Hüfte schmerzhaft. Haut unauffällig, weitere Gelenke unauffällig.
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Labor: BSG 60 mm/h, Leuko 10,2 G/l Diff. unauffällig, Hb 10,9 g/dl, Thr 405 G/l, MCV 63 fl; LDH, Harnsäure, Ferritin, Krea i. N.
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CRP mit 17 mg/l dezent erhöht (n < 10)
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Hüftsonogramm: unauffällig
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Röntgen (Zweitbefund): Osteolyse linke Beckenschaufel
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MRT in Narkose: Knochentumor linke Beckenschaufel, Ursprung Os ilium mit Corticalis-Arrosion und Infiltration der glutealen Weichteilmanschette
Diagnose
Langerhans-Zell-Histiozytose (LCH) bei Nachweis von Langerhans-Zellen im Knochenbiopsat ([Abb. 10]).
Abb. 10 Röntgen Becken. 2-jähriges Mädchen mit humpelndem Gangbild. Langerhans-Zell-Histiozytose mit ausgedehnter Osteolyse in der linken Beckenschaufel.
Kernaussagen
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Als Ursache muskuloskelettaler Schmerzen verbleiben nach Ausschluss von Trauma, Infektion oder Entzündung meist benigne Knochen- und Gelenkschmerzen, seltener bösartige Tumoren und Leukämien, mit zunehmender Häufigkeit generalisierte oder lokalisierte Schmerzverstärkungssyndrome.
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Durch sorgfältige Anamnese und klinische Untersuchung ist die Zahl der komplexen Differenzialdiagnosen deutlich einzugrenzen.
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Ein Kind, das nicht mehr laufen oder stehen kann, bedarf der sorgfältigen stationären Abklärung.
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Nicht entzündliche Erkrankungen sind weitaus häufiger für muskuloskelettale Schmerzen ursächlich als entzündliche Erkrankungen.
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Die Wertigkeit des Nachweises von positiven antinukleären Antikörpern hinsichtlich einer juvenilen idiopathischen Arthritis wird häufig überschätzt.
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Das Fehlen von Entzündungsparametern schließt eine juvenile idiopathische Arthritis oder eine chronische nicht bakterielle Osteomyelitis nicht aus.
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Wissenschaftlich verantwortlich gemäß Zertifizierungsbestimmungen für diesen Beitrag ist Frank Weller-Heinemann, Bremen.