Therapie
Grundzüge der konservativen Therapie
Indikation
Prinzipiell sind alle stabilen Frakturen ohne Rotationsabweichung oder Dislokation in der Frontalebene für eine konservative Therapie geeignet [3]. Ebenso können Rotationsabweichungen oder Dislokationen, die in Leitungsanästhesie reponiert und mit einer geeigneten Verbandanordnung stabil retiniert werden können, konservativ therapiert werden [1]. Bei fraglich instabilen Situationen kann zunächst ein konservativer Behandlungsversuch unter radiologischer Verlaufskontrolle unternommen werden. Bei sekundärer Dislokation sollte dann aber frühzeitig eine operative Intervention erfolgen.
Kindliche Fingerfrakturen lassen sich aufgrund der guten Korrekturpotenz des wachsenden Skeletts überwiegend konservativ behandeln. In der Sagittalebene können dabei Fehlstellungen bis zu 40% korrigiert werden. Nicht tolerabel sind hingegen Fehlstellungen in der Frontalebene oder Rotationsabweichungen. Diese können auch bei Kindern nicht durch das Wachstum korrigiert werden und bedürfen ebenso wie die Verletzungen im Bereich der Epiphysenfugen einer therapeutischen Intervention.
Ruhigstellung
Für die initiale Ruhigstellung kommen dorsale oder palmare Schienen aus Gipsbinden oder thermoplastischem Material zur Anwendung, die die nicht verletzten Abschnitte der Hand nicht mit einschließen sollten.
An den Phalangen haben sich kurze Fingerschienen für das DIP- oder PIP-Gelenk bewährt (z. B. Fingerschienen nach Stack). Grundgliedfrakturen können unter Einschluss der Mittelhand in 90° Beugestellung z. B. in einer 3-Finger-Schiene ruhiggestellt werden. Durch die Anspannung der Streckerhaube in dieser Stellung ergibt sich meist eine gute Retention der Fraktur, und die Funktion im DIP- und PIP-Gelenk kann während der gesamten Behandlung freigegeben bleiben.
Cave
Einer der häufigsten Fehler bei der Immobilisation der Hand ist die Ruhigstellung der MCP-Gelenke in Streckstellung.
Wie bei den anatomischen Vorbemerkungen bereits ausgeführt, sind in dieser Stellung die Seitenbänder entspannt. Während der Ruhigstellung kommt es innerhalb kürzester Zeit zur Schrumpfung der entspannten Bänder, sodass nach Abnahme der Schiene eine Beugehemmung resultiert.
Merke
MCP-Gelenke sollten, wenn irgend möglich, nur in Beugestellung unter Aufspannung der Seitenbänder immobilisiert werden (sog. Intrinsic-Plus-Stellung) ([Abb. 3]).
Abb. 3
a Spannungszustand der Seitenbänder am Mittelgelenk. In Beugestellung sind die Bänder in voller Länge gespannt, während sie in Streckstellung entspannt sind und potenziell schrumpfen können.
b Prinzip der Intrinsic-Plus-Stellung. Die Ruhigstellung der MCP-Gelenke erfolgt in Beugestellung, um die Länge der Bänder zu erhalten. An den DIP- und PIP-Gelenken ergibt sich der umgekehrte Effekt.
Durch die Intrinsic-Plus-Stellung bleibt die Länge der Bänder und damit die Beugefähigkeit bis zur Gipsentfernung erhalten. Ist die Intrinsic-Plus-Stellung am Unfalltag aufgrund einer starken Schwellneigung oder Schmerzen nicht möglich, sollte die Beugung der MCP-Gelenke wenigstens soweit wie möglich erfolgen. Nach Abklingen der akuten Symptomatik sollte der Gips dann wenige Tage später in korrekter Stellung erneuert werden.
Eine gute Therapiemöglichkeit für Mittelhandfrakturen stellen Mittelhandbraces dar, die die MCP-Gelenke komplett frei belassen. Ist eine Ruhigstellung auch des Radiokarpalgelenks erwünscht, so sollte die Länge der Schiene bis maximal zur Mitte des Unterarms ausreichend sein.
Tipp
Insgesamt bedürfen Frakturen der Finger und Mittelhandknochen einer kürzeren Ruhigstellungszeit als allgemein angenommen. Im Röntgenbild sind die Frakturen noch lange sichtbar, auch wenn durch die Kallusbildung im Allgemeinen schon bereits nach 3 Wochen eine ausreichende Stabilität besteht. Klinisches Entscheidungsmerkmal sollte die Druckschmerzhaftigkeit im Frakturbereich (sog. Kallusdruckschmerz) sein. Sobald diese verschwunden ist, kann in der Regel funktionell weiterbehandelt werden.
Eine gute Übergangslösung stellt hier das Buddy Taping ([Abb. 4]) oder ein individuell angefertigter Fingerbrace dar.
Abb. 4 Buddy-Taping von D II an D III bei konservativ frühfunktionell behandelter Grundgliedschaftfraktur D II.
a Ansicht von dorsal.
b Seitliche Ansicht.
c Die Tapestreifen sollten die Gelenke aussparen, um eine Bewegungseinschränkung zu verhindern.
Grundzüge der operativen Therapie
Für die operative Frakturbehandlung an der Hand steht heute eine Reihe unterschiedlicher Osteosynthesetechniken zur Verfügung. Moderne Implantate erlauben stabile Rekonstruktionen unter besonderer Berücksichtigung der komplizierten anatomischen Verhältnisse an der Hand. Die verschiedenen Osteosyntheseverfahren sollten dabei nicht nur operativ, sondern auch indikatorisch sicher beherrscht werden.
Allerdings gibt es in der Literatur keine ausreichende Evidenz dafür, welche Implantate und Methoden in der jeweiligen Situation tatsächlich empfehlenswert sind [4]. Weitgehend unklar bleibt in diesem Zusammenhang auch die Frage, wie viel knöcherne Stabilität eigentlich für eine funktionelle Behandlung erforderlich ist. Phalangen und Metakarpalia werden bei der Bewegung der Hand sicher nicht annähernd so belastet wie Femur oder Tibia bei Vollbelastung der unteren Extremität.
Praxis
Therapeutische Prinzipien
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Prinzipiell zielt die operative Therapie auf die Wiederherstellung einer stabilen Anatomie, die eine frühfunktionelle Behandlung erlaubt. Dabei sind die größtmögliche Weichteilschonung und hierbei vor allem die Berücksichtigung eines ungestörten Gleitens der Sehnen essenziell, da dies die Voraussetzung für eine funktionelle Wiederherstellung darstellt.
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Osteosynthesen an der Hand sind somit keine Anfängeroperationen und können selbst für erfahrene Operateure mitunter äußerst schwierig sein.
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Wie bei allen Operationen an der Hand gilt auch für die Frakturversorgung, dass die besten Ergebnisse unter Beachtung der handchirurgischen Standards zu erzielen sind.
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Offene Operationen sollten in Blutsperre oder Blutleere erfolgen, unter Verwendung einer Vergrößerungshilfe (Lupenbrille) und mit ausreichender Zeit und Ruhe ausgeführt werden.
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Die Verwendung eines Röntgengerätes (Bildwandler) zur intraoperativen Repositionskontrolle und exakten Platzierung der Implantate ist unabdingbare Voraussetzung für den Erfolg des Eingriffs.
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Quere Inzisionen über den Gelenken oder ausgedehnte Längsinzisionen sollten aufgrund der erhöhten Zugspannung bei der Fingerbeugung vermieden werden. Zu bevorzugen sind vielmehr dorsale Inzisionen oder Zugänge über die Mitt-/Seitenlinie (s. a. [Abb. 5]).
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Bei allen Handosteosynthesen sollten die erforderlichen Bohrungen nur mit niedriger Frequenz ausgeführt werden, um Hitzenekrosen des Knochens und damit u. a. ein rasches Auslockern der Implantate zu vermeiden.
Abb. 5 Schematische Darstellung der verschiedenen operativen Zugänge zur Versorgung von Finger- oder Mittelhandfrakturen. a = dorsoradialer Zugang zum Metakarpale Ib = dorsaler gerader Zugang zum Grundgliedc = S-förmiger Zugang zum distalen Interphalangealgelenkd = dorsaler gerader Zugang zum proximalen Interphalangealgelenke = Z-förmiger Zugang zum proximalen Interphalangealgelenkf = bogenförmiger Zugang End-/Grundgliedg = dorsaler Zugang zu den Metakarpalen II – Vh = Zugang in der Mitt-/Seitenlinie zum Mittel- oder Grundglied
Im Folgenden sollen die in der klinischen Routine an der Hand eingesetzten Osteosynthesen kurz skizziert werden:
K-Draht-Osteosynthesen
Die Kirschner-Draht-Osteosynthese scheint als minimalinvasives Verfahren für die weichteilschonende Frakturversorgung an den Phalangen und Metakarpalia geradezu prädestiniert zu sein. Kirschner-Drähte sind die kostengünstigsten Implantate, die an der Hand fast überall und relativ einfach einsetzbar sind.
Der große Nachteil einer K-Draht-Osteosynthese besteht allerdings darin, dass nur selten eine Übungsstabilität erreicht werden kann und je nach Eintrittspunkt der Drähte im Bereich der Phalangen meist eine Fixation des Streckapparates bzw. des Sehnengleitgewebes unvermeidlich ist. Bei der Stabilisierung von Schaftfrakturen mithilfe zweier gekreuzter K-Drähte ist zudem darauf zu achten, dass es nicht zur Überkreuzung der Drähte im Frakturbereich kommt, da hierdurch eine Rotationsinstabilität und eine Distraktionstendenz mit der Folge einer gestörten Frakturheilung verbleibt.
Zunehmende Anwendung finden die K-Drähte zur intramedullären Schienung. Hierdurch wird sowohl der direkte Zugang zur Fraktur als auch eine Irritation des Streckapparates vermieden und durch eine 3-Punkt-Abstützung häufig eine übungsstabile Situation erreicht. Große Verbreitung hat diese Methode im Bereich der Metakarpalia gefunden (s. u.).
Zugschraubenosteosynthesen
Durch entsprechend klein dimensionierte Schrauben – 1,0 mm bis höchstens 2,7 mm – lässt sich auch bei der Versorgung von Frakturen an der Hand das klassische AO-Prinzip der interfragmentären Kompression einsetzen. Insbesondere im Gelenkbereich kann nach anatomischer Reposition durch das Einbringen von Schrauben nach dem Zugschraubenprinzip häufig eine Übungsstabilität realisiert werden.
Die Operation kann über einen offenen Zugang oder in geeigneten Fällen auch nach geschlossener Einrichtung in minimalinvasiver Technik perkutan durchgeführt werden. Angesichts der kleinen Verhältnisse an den Phalangen ist dies allerdings technisch schwieriger. Es empfiehlt sich dabei, statt der üblichen Reihenfolge der Bohrungen (Anlegen eines Gleitlochs und anschließendes Bohren eines Gewindelochs über eine Steckbohrbüchse) zunächst mit dem dünnen Bohrer beide Kortikales zu durchbohren und dann im zweiten Schritt die diesseitige Kortikalis mit einem größeren Bohrer zum Gewindeloch zu erweitern.
Plattenosteosynthesen
Plattenosteosynthesen sind das stabilste Osteosyntheseverfahren an der Hand [1]. Ihr wesentlicher Nachteil ist zum einen die anspruchsvolle OP-Technik, zum anderen die zwangsläufige Kompromittierung des Sehnengleitgewebes durch das intraoperative Freilegen der Fraktur und das Volumen des Implantates selbst. In Dimensionen von 1,0 – 3,0 mm Plattenstärke stehen heute alle Formen der konventionellen und winkelstabilen Platten zur Verfügung. Sie lassen sich als Abstütz- oder Zuggurtungsosteosynthesen sowie zur Überbrückung von Defekten oder Neutralisation von Rotationskräften implantieren ([Abb. 5]).
Fixateur externe
Das am Bewegungsapparat bewährte Prinzip der externen Fixation lässt sich auch an der Hand durch den Einsatz von Minifixateuren als temporäres oder definitives Fixationsverfahren mit oder ohne zusätzliche interne Implantate erfolgreich anwenden. Insbesondere bei schwerem Weichteilschaden oder zur Überbrückung von Trümmerzonen oder zerstörten Gelenken hat sich der Fixateur bewährt. Von einigen Herstellern werden auch Bewegungsfixateure für die Finger angeboten ([Abb. 6], [Abb. 7]).
Abb. 6 Schematische Darstellung eines Bewegungsfixateurs nach Suzuki zur dynamischen Extensionsbehandlung von Mittelgliedbasisfrakturen. Der proximale Bügel überragt den distalen, sodass die seitlich aufgespannten Gummizügel eine Distraktion des zwischen den Bügeln liegenden Abschnittes erzeugen. Neben den beiden Extensionsbügeln ist ein Retentionsdraht eingebracht, um eine dorsale Luxation des frakturierten Mittelgliedes bei der Beugung zu vermeiden.
Abb. 7 Röntgenbilder einer Versorgung mittels Suzuki-Fixateur.
Indikationen und Kontraindikationen
Für eine interne oder externe Osteosynthese kann es natürlich keine absoluten Operationsindikationen im Sinne einer Lebensnotwendigkeit geben, sondern nur relative Indikationen, die unter Berücksichtigung der Gesamtsituation zu stellen sind. Hierbei ist neben dem Gesundheitszustand des Patienten und den etwaigen Begleiterkrankungen oder Begleitverletzungen insbesondere auch sein funktioneller Anspruch zu berücksichtigen. Eine sorgfältige Anamnese schließt somit stets auch die Fragen nach der beruflichen Tätigkeit und etwaigen Hobbys mit ein.
Betrachtet man die Handverletzung per se, so gibt es durchaus Situationen, bei denen zum Erhalt der Greiffunktion eine „absolute“ Operationsindikation gestellt werden sollte. Es sind dies:
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die instabilen und irreponiblen Frakturen,
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Frakturen mit begleitendem Weichteilschaden oder weiteren Begleitverletzungen,
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instabile Serienfrakturen,
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dislozierte Gelenkverletzungen,
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irreponible Frakturen im Bereich der Wachstumsfugen und
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Frakturen mit Rotationsabweichung ([Abb. 1]).
Bei schweren Handverletzungen ist das Therapieziel die möglichst einzeitige primäre Wiederherstellung aller funktionellen Strukturen. Damit die rekonstruierten Sehnen und insbesondere ihr Gleitgewebe frühzeitig beübt werden können, ist die stabile osteosynthetische Versorgung instabiler Frakturen hierbei eine Grundvoraussetzung.
Merke
Zusammenfassend ist eine interne oder externe Osteosynthese zur Frakturbehandlung immer dann sinnvoll, wenn davon ausgegangen werden muss, dass die meist risikoärmere konservative Behandlung nicht zum gewünschten Ergebnis führen wird.
Frakturen der Phalangen
Nicht adäquat behandelte Frakturen der Phalangen können zu erheblichen Funktionsstörungen der Hand führen. Insbesondere Verletzungen des Mittelgelenks haben häufig eine ungünstige Prognose. Ein gutes funktionelles Ergebnis wird sich nur durch eine rechtzeitige Diagnose und adäquate Therapie erzielen lassen. Die physio- und häufig ergotherapeutische Nachbehandlung spielt dabei eine zentrale Rolle.
Cave
Häufige Fehler sind zu lange Ruhigstellungszeiten und falsch dimensionierte Implantate. Platten sollten an den Phalangen angesichts ihrer nahezu kompletten Bedeckung mit Sehnen und Sehnengleitgewebe nur im Ausnahmefall verwendet werden.
Endgliedfrakturen
An den Endphalangen unterscheiden wir
Undislozierte Nagelkranzfrakturen und Schaftfrakturen heilen meist problemlos in einer Fingerschiene innerhalb weniger Wochen ab. Besteht kein lokaler Druckschmerz mehr, kann die Schiene weggelassen und funktionell weiterbehandelt werden. Subunguale Hämatome sollten zur Schmerzbehandlung am Unfalltag durch Trepanation des Fingernagels entlastet werden.
Verschobene Schaftfrakturen oder offene Frakturen können durch einen axialen K-Draht ggf. mit temporärer DIP-Arthrodese versorgt werden. Zur Vermeidung von Infektionen sollten die Drähte unter die Haut versenkt und das Endglied zusätzlich durch eine Stack-Schiene ruhiggestellt werden.
Bei den Frakturen mit Gelenkbeteiligung handelt es sich meist um knöcherne Strecksehnenausrisse. In Abhängigkeit von seiner Größe und Dislokation sollte das Fragment operativ refixiert werden. Die konservative Therapie ist hier nur erfolgreich, wenn in Streckstellung des Endgelenks in der Stack-Schiene radiologisch eine Fragmentadaptation verifiziert werden kann. Überdies darf es in dieser Stellung nicht zur Luxation oder Subluxation des distalen Hauptfragmentes nach palmar kommen. Wir bevorzugen die geschlossene Reposition und perkutane Refixation des Fragmentes mit einem 0,8er-Kirschner-Draht sowie Transfixation des Endgelenks durch einen 1,0er-Kirschner-Draht.
Bei geeigneter Fragmentgröße kann auch mit einer Schraubenosteosynthese oder einer Hakenplatte eine übungsstabile Situation erreicht und auf eine Transfixation verzichtet werden. Diese Eingriffe sind allerdings technisch weit aufwendiger als die K-Draht-Versorgung.
Mittelgliedfrakturen
Stabile unverschobene Frakturen der Mittelglieder können in der Regel schienenfrei funktionell behandelt werden. Bei verschobenen Frakturen kann eine Reposition mit anschließender Fixation am Nachbarfinger für 3 – 4 Wochen ausreichend sein.
Instabile Frakturen sollten bevorzugt operativ, z. B. mit Kirschner-Drähten fixiert werden. Schräg- bzw. Torsionsfrakturen werden dabei quer zur Schaftachse, Querfrakturen mittels axial gekreuzter Drähte versorgt.
Stabiler als die Kirschner-Draht-Osteosynthese ist die Stabilisierung mit Zugschrauben. Für die übungsstabile Zugschraubenosteosynthese einer Torsionsfraktur wird das Mittelglied über einen seitlichen Schnitt in der Mitt-Seiten-Linie dorsal des Gefäß-Nerven-Bündels erreicht. Dieser Zugang erlaubt zwar nur eine eingeschränkte Sicht auf die Fraktur, schont aber den Streckapparat. Unter Zug nach distal wird die Fraktur anatomisch reponiert und mit einer an der Gegenkortikalis perkutan verankerten Repositionszange gehalten. Die Fixation erfolgt mit zwei Zugschrauben (1,3 – 2,0 mm Durchmesser), wobei die Schraubenplatzierung sorgfältig geplant werden muss. Zu nahe an den Fragmentspitzen eingebrachte Schrauben führen leicht zur Sprengung des Fragmentes. Die Schrauben dürfen keinesfalls überdreht werden und sollten in der Gegenkortikalis etwa 2 Gewindegänge fassen. Postoperativ sollte eine kurzfristige Immobilisation für wenige Tage erfolgen.
Dislozierte Kondylenfrakturen bedürfen der offenen oder wenn möglich perkutanen Einrichtung mittels spitzer Repositionszange und Fixation mittels K-Draht und/oder kleindimensionierter Zugschraube unter Schonung des lateralen Kapsel-Band-Apparates mit nachfolgender frühfunktioneller Weiterbehandlung [5]. Dislozierte subkapitale Frakturen der Mittelglieder lassen sich bei ausreichender Fragmentgröße auch nach geschlossener Reposition mit einem antegrad eingebrachten intramedullären Draht schienen.
An der Mittelgliedbasis gefährden insbesondere Stauchungsfrakturen die Funktion des Mittelgelenks. Sie sollten so früh wie möglich funktionell behandelt werden. Alternativ kann ein sehr schönes Remodelling der Gelenkfläche durch eine Extensionsbehandlung im externen Fixateur nach Suzuki erreicht werden ([Abb. 6], [Abb. 7]). Knöcherne Ausrisse der palmaren Platte werden in einer Stack-Schiene für das Mittelgelenk für 1 – 2 Wochen immobilisiert und dann funktionell nachbehandelt. Große dislozierte Fragmente müssen hingegen von palmar offen reponiert und verschraubt werden.
Grundgliedfrakturen
Grundgliedschaftfrakturen lassen sich häufig durch 90° Beugung im MCP-Gelenk durch Zug der Sehnen so ausrichten, dass sie in einer entsprechenden Schiene frühfunktionell zur Ausheilung gebracht werden können (s. o.). Zwingt eine Rotationsabweichung zur Intervention, so lässt sich diese häufig durch Reposition in Leitungsanästhesie nach Oberst mit anschließendem Buddy Taping korrigieren.
Instabile Schrägfrakturen und Frakturen mit Gelenkbeteiligung sollten operativ behandelt werden [6]. Insbesondere dislozierte intraartikuläre Frakturen der distalen oder proximalen Grundphalanx bedürfen der offenen oder halboffenen Einrichtung und Stabilisierung durch Zugschrauben und/oder K-Drähte.
Schaftfrakturen lassen sich mit einer Schraubenosteosynthese übungsstabil versorgen [3] (s. a. [Fallbeispiel] u. [Abb. 8]). Auch axial eingebrachte gekreuzte Kirschner-Drähte können bei sachgerechter Anwendung zu guten funktionellen Ergebnissen führen, sofern sie höchstens 4 Wochen belassen werden und so platziert sind, dass das Drahtende nicht im Sehnengleitgewebe stört. Hierbei bietet es sich an, bei basisnahen Frakturen die antegrad eingebohrten Drähte nach Penetration der Gegenkortikalis perkutan auszubohren und retrograd zurückzuziehen, sodass sie den Knochen proximal nicht überragen. Wenn der Patient dies toleriert, kann sogar bereits mit liegenden Drähten ab der 2. Woche bewegt werden. In Analogie zum Mittelglied lassen sich subkapitale Frakturen bei geeigneter Fragmentgröße auch am Grundglied mit einem antegraden intramedullären Draht versorgen.
Fallbeispiel
51-jährige Patientin (Bürotätigkeit) ist bei einem Tempo von ca. 20 km/h vom Motorroller gestürzt und auf die linke Hand geprallt. Klinisch zeigten sich eine Schwellung und Druckschmerzhaftigkeit über der Mittelhand und dem Ringfinger. Eine Achsabweichung des Ringfingers nach ulnar fällt klinisch auf, es liegt jedoch keine Rotationsabweichung vor.
Es wurden Röntgenübersichtsaufnahmen der linken Hand in 3 Ebenen (a.–p., seitlich und Semipronation) durchgeführt sowie gezielte Aufnahmen des Ringfingers (s. [Abb. 8]). Dabei ließen sich folgende Frakturen feststellen:
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Grundgliedbasisfraktur Finger D IV links mit Achsabweichung.
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Artikuläre Mittelgliedköpfchenfraktur D IV links.
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Basisnahe Mittelhandknochen-III-Fraktur links ohne Rotationsabweichung.
Die Hand der Patientin wurde initial in einer Intrinsic-plus-Gipsschiene ruhiggestellt. Die Patientin wurde beraten und aufgeklärt und drei Tage später ambulant wie folgt versorgt:
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ad 1. Geschlossene Reposition Grundglied D IV und retrograde K-Draht-Osteosynthese (2 × 1,4 mm).
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ad 2. Geschlossene Reposition Mittelgliedköpfchen D IV und perkutane Schraubenosteosynthese (Durchmesser: 1,2 mm, Länge: 9 mm).
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ad 3. Konservativ.
Die Nachbehandlung bestand aus 2 Wochen Ruhigstellung in dorsaler Intrisic-Plus-Gipsschiene mit Empfehlung zur Physiotherapie aus der Gipsschiene heraus. Nach 2 Wochen wurden eine freie Beübung erlaubt und die Arbeitsfähigkeit wiedererlangt. Nach 6 Wochen Entfernung der K-Drähte aus dem Grundglied in Lokalanästhesie. Die Schraube konnte belassen werden. Die Verletzungen heilten folgenlos aus.
Abb. 8 Fallbeispiel. Obere Reihe: Grundgliedbasisfraktur Finger D IV mit Achsabweichung, artikuläre Mittelgliedköpfchenfraktur D IV, basisnahe Mittelhandknochen-III-Fraktur links ohne Rotationsabweichung. Untere Reihe: postoperative Kontrollen.
In der Hand des Geübten können Grundgliedschaftfrakturen über eine dorsale Längsinzision unter Spaltung des Streckapparates z. B. mit einer 1,3-mm-Gitterplatte stabilisiert werden. In Defekt- und Trümmersituationen kann eine winkelstabile Miniplatte zur stabilen Fixation der Fragmente und Wiederherstellung der Achse und Länge verwendet werden. Angesichts der besonderen Weichteilsituation und der sehr häufig resultierenden Verklebung der Strecksehne in diesem Bereich sind diese Eingriffe aber nicht allgemein zu empfehlen [1].
Frakturen der Metakarpalia
Metakarpale Frakturen sind meist Folge einer körperlichen Auseinandersetzung oder entstehen im Rahmen von Sportverletzungen. Aufgrund der meist direkten Gewalteinwirkung besteht oft ein entsprechender Weichteilschaden. Unbehandelt kommt es in wenigen Wochen zur Ausheilung in Fehlstellung, die allerdings oft nur bei Vorliegen einer Rotationsabweichung oder einer deutlichen Verkürzung klinisch evident wird. Insbesondere Rotationsabweichungen und Verkürzungen können zu erheblichen Störungen der Greiffunktion führen, sodass sich hieraus eine klare Behandlungsindikation ableitet.
Tipp
Als Grundregel kann gelten, dass dislozierte Frakturen des II. und III. Strahls einer möglichst exakten dauerhaften Einrichtung bedürfen, während bei Frakturen des IV. und V. Strahls Achsverschiebungen bis zu 30° und Verkürzungen um bis zu 5 mm bei normaler Rotationsstellung ohne bleibende Einschränkungen der Funktion toleriert werden können.
Merke
Liegt eine erhebliche Weichteilverletzung vor, sollte auch bei geringer knöcherner Instabilität eine stabile Osteosynthese erfolgen, damit eine situationsgerechte chirurgisch-plastische Wundversorgung durchgeführt werden kann.
Dies betrifft vor allem auch die primär stabilen Frakturen, z. B. Mittelhandfrakturen des distalen Endes am IV. und V. Strahl, bei denen eine Einrichtung wegen fehlender funktioneller Defizite unterbleibt, und die somit einer sogenannten frühfunktionellen Behandlung zugeführt werden.
Kapitale und subkapitale Frakturen
Kapitale Frakturen der Metakarpalia mit Gelenkbeteiligung sollten in Abhängigkeit vom Ausmaß der Dislokation operativ behandelt werden [3]. Verfahren der Wahl ist hier die offene Reposition und Fixation mit einer oder zwei Zugschrauben.
Trümmerfrakturen können im gelenkübergreifenden Fixateur externe versorgt werden. Bei intaktem Bandapparat werden verbleibende Gelenkflächendefekte oft erstaunlich gut kompensiert.
Zur Behandlung der subkapitalen Frakturen hat sich insbesondere am IV. und V. Mittelhandknochen die antegrade Markraumschienung etabliert. Dieses seit 1976 nach Foucher benannte Verfahren erlaubt die geschlossene Einrichtung und übungsstabile Fixation. Als Implantate werden je nach Größe des zu versorgenden Mittelhandknochens Kirschner-Drähte der Stärke 1,2 – 1,8 mm verwendet. Das konfektionierte stumpfe Ende des Drahtes wird mit einer Biegezange knapp vor dem Ende hockeyschlägerförmig um etwa 30 – 40° umgebogen.
Über eine kleine Hautinzision an der Basis des verletzten Mittelhandknochens wird unter Bildwandlerkontrolle die dorsoulnare Kortikalis freigelegt und diese basisnah mit einem 3,5-mm-Bohrer oder einem kleinen Pfriem eröffnet. Nach Einführen des Kirschner-Drahtes in die Markhöhle wird unter Bildwandlerkontrolle die intramedulläre Drahtlage in beiden Ebenen verifiziert. Es folgt das Vorschieben des Drahtes mithilfe eines Handgriffs bis zur Fraktur.
Zur Reposition wird der Finger im MCP-Gelenk maximal gebeugt. Hierdurch wird das Grundglied unter den abgekippten Kopf des Mittelhandknochens gestellt und durch Druck nach dorsal die Reposition erreicht. Sodann wird der Draht bis in das Kopffragment vorgeschoben und durch Drehung des Drahtes eine Feinreposition erzielt.
Eine Perforation der Kortikalis muss dringend vermieden werden. Gegebenenfalls muss der Draht zurückgezogen und in eine andere Richtung gedreht werden. Ein zweiter Draht wird in gleicher Technik eingeführt. Möglich ist auch die Versorgung mit einem einzelnen dicken (1,6 – 1,8 mm) oder mit drei dünnen Drähten. Abschließend werden die Drähte so weit gekürzt, dass das Drahtende sich an der dorsalen Kortikalis abstützt.
Zur Weiterbehandlung genügt eine Schiene für wenige Tage, die eine sofortige aktive Bewegung der Grundgelenke erlaubt. Je nach Compliance des Patienten muss für 2 – 3 Wochen ein Mittelhandbrace angelegt werden. Eine Implantatentfernung kann nach etwa 6 – 8 Wochen erfolgen.
Diese Art der Frakturversorgung kann je nach Erfahrung des Operateurs auch an den anderen Mittelhandknochen, insbesondere bei subkapitalen Frakturen des MHK II durchgeführt werden. An den Mittelstrahlen reicht in der Regel die Versorgung mit einem Draht aus.
In geeigneten Fällen können auch distale Schaftfrakturen mittels intramedullärer Schienung versorgt werden.
Schaftfrakturen
Instabile Schaftfrakturen lassen sich durch Platten- oder Zugschraubenosteosynthesen übungsstabil versorgen. Anders als an den Phalangen kann der Einsatz von Plattenosteosynthesen bei Querfrakturen, kurzen Schräg- oder Trümmerfrakturen sowie bei Frakturen mit knöchernen Defekten ausdrücklich empfohlen werden, da sie ein Höchstmaß an Stabilität bieten [1].
Merke
Intraoperativ ist allerdings der schonende Umgang mit dem Sehnengleitgewebe zu beachten, welches am Ende des Eingriffs wenn irgend möglich rekonstruiert werden muss.
Der Zugang erfolgt von dorsal über eine Längsinzision. Die Versorgung mehrerer Frakturen erfolgt, wenn möglich, über eine gemeinsame zentrale Inzision, die entsprechend lang geführt werden muss. Am II. und V. Strahl kann radial bzw. ulnar der Langfingerstrecksehnen eingegangen werden. Sollen Frakturen am III. oder IV. Strahl versorgt werden, muss der Connexus intertendineus ggf. zwischen den Sehnen durchtrennt und am Ende des Eingriffes wieder genäht werden. Das Periost wird längs gespalten und mit den Mm. interossei seitlich abgeschoben, bis der Schaft des Mittelhandknochens dargestellt ist.
Tipp
Am schonendsten ist es, wenn man Sehnengleitgewebe, Periost und Muskulatur in einer Schicht durchtrennt, ohne sie voneinander zu separieren.
Die anatomische Reposition der Fraktur erfolgt unter sorgfältiger Kontrolle der Rotation und passagerem Halten mit einer kleinen spitzen Repositionszange. Klinisch wird die korrekte Rotationsstellung der Langfinger bei gebeugten Grundgelenken kontrolliert. Liegt noch eine Rotationsabweichung vor, so darf diese unter keinen Umständen fixiert werden. Vielmehr muss die Situation aufgelöst und eine exakte Reposition erzielt werden.
Die Spitzen der Repositionszange liegen meist genau im Bereich der zu platzierenden Zugschraube, sodass die Zange im nächsten Schritt mithilfe einer zweiten Zange umgesetzt wird oder ein K-Draht temporär die störende Zange ersetzt. Wenn von der Frakturmorphologie her möglich, folgt dann das Einbringen einer 2,0-mm-Zugschraube zur interfragmentären Kompression. Die ausgewählte Platte wird von dorsal so aufgelegt, dass mindestens je zwei Schraubenlöcher distal und proximal der Fraktur mit selbstschneidenden Schrauben bikortikal besetzt werden können.
Bei einer Querfraktur kann keine Zugschraube eingebracht werden. Eine interfragmentäre Kompression wird daher entsprechend dem LC-DCP-Prinzip der AO-Lehre erzielt. Um dabei eine gute Kompression der plattenfernen Kortikalis zu erzielen, muss die Platte leicht vorgebogen werden.
Die Fraktur wird manuell reponiert und die Platte am proximalen Fragment mit einer neutral durch das frakturnahe Plattenloch eingebrachten Schraube fixiert, ohne die Schraube ganz anzuziehen. Mit der Bohrbüchse wird nun die Platte in Längsrichtung nach distal gezogen und das frakturnahe distale Plattenloch mit einer exzentrischen Schraube besetzt. Durch das Anziehen dieser Schraube wird der Frakturspalt maximal unter Kompression gesetzt. Dies geschieht im Wechsel mit dem Anziehen der ersten Schraube, wobei noch letzte Korrekturen der Reposition möglich sind. Anschließend werden die beiden übrigen Plattenlöcher mit je einer neutralen Schraube besetzt ([Abb. 9], [Abb. 10]).
Abb. 9 Plattenosteosynthese am Mittelhandknochen.
a Anwendungsmöglichkeiten von Plattenosteosynthesen am Mittelhandknochen als Neutralisations- oder Kompressionsplatten.
b Optimale Plattenlage dorsal auf der Zuggurtungsseite des Mittelhandknochens.
Abb. 10 Schaftfraktur des Mittelhandknochens IV und V: Versorgung mit winkelstabilen Platten und freien Zugschrauben.
In der abschließenden Röntgenkontrolle werden neben der anatomischen Reposition auch die exakte Implantatlage und die Länge der Schrauben kontrolliert. Zur Vermeidung von Verletzungen der beugeseitigen Strukturen müssen zu lang bemessene Schrauben ausgetauscht werden.
Merke
Wenn irgend möglich, sollte die Platte mit Gleitgewebe bedeckt sein, um ein direktes Gleiten der Sehne auf dem Implantat zu vermeiden.
Vor dem Hautverschluss wird die Blutsperre geöffnet und eine sorgfältige Blutstillung durchgeführt. Kann aufgrund der Weichteilschädigung ein spannungsfreier Hautverschluss nicht erzielt werden, muss die Wunde durch regionale plastische Maßnahmen verschlossen werden. Dies ist insbesondere bei Begleitverletzungen häufig erforderlich, sodass ohne ausreichende Erfahrung mit derartigen Verfahren auf eine Plattenosteosynthese am Handrücken bei geschädigtem Weichteilmantel verzichtet werden sollte. Alternativ kann die Einrichtung und Stabilisierung dann durch Kirschner-Drähte oder mittels Fixateur externe erfolgen [3].
Postoperativ hat sich eine kurzfristige Ruhigstellung in einer palmaren Unterarmschiene bis zum Abschwellen der Weichteile bewährt. Die physiotherapeutische Weiterbehandlung sollte spätestens nach dem ersten Verbandwechsel mit Entfernen der Drainage beginnen. Bei unkritischen Weichteilverhältnissen kann auch gipsfrei frühfunktionell nachbehandelt werden, da übungsstabile Verhältnisse vorliegen.
Basisfrakturen
Unverschobene Frakturen an der Basis der Mittelhandknochen können in der Regel konservativ behandelt werden. Die Ruhigstellung muss 2 Wochen selten überschreiten und kann auf einen Mittelhandbrace reduziert werden. In jedem Fall sollten die MCP-Gelenke frei belassen und von Anfang an beübt werden. Nach Abklingen der akuten Schmerzphase kann frühfunktionell häufig auch schienenfrei weiterbehandelt werden.
Eine Ausnahme bilden allerdings die Basisfrakturen mit karpometakarpaler Luxationskomponente, die häufig nur in einer exakt seitlichen Röntgenaufnahme erkennbar sind. Bei diesen Verletzungen empfehlen wir eine computertomografische Diagnostik mit 1 mm Schichtdicke, um weitere ossäre Verletzungen der Karpalia zu erkennen oder auszuschließen.
In der Regel muss offen reponiert und mit Kirschner-Drähten fixiert werden. Dabei wird häufig auch eine temporäre Transfixation des angrenzenden CMC-Gelenks erforderlich. Problematisch ist hier insbesondere die basisnahe Luxationsfraktur des V. Mittelhandknochens (sogenannte Baby-Bennett-Fraktur), die konservativ nicht zur funktionsfreien Ausheilung gebracht werden kann. Allerdings sind auch die operativen Ergebnisse nicht immer günstig.
Frakturen des I. Mittelhandknochens
Die besondere Stellung des I. Mittelhandknochens basiert auf seiner funktionellen Anatomie, da er als zur Hohlhand und den übrigen Fingern opponierbarer Finger ein zentrales Element der Greiffunktion darstellt. Aus den hierzu erforderlichen großen Freiheitsgraden des Daumensattelgelenks ergibt sich die besondere Bedeutung der basisnahen Frakturen des Metakarpale I. Unterschieden werden
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die klassische intraartikuläre Luxationsfraktur nach Bennett,
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die extraartikuläre Winterstein-Fraktur und
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die intraartikulären Trümmerfrakturen nach Rolando.
Zur Versorgung dieser Frakturen wird in der Regel eine operative Therapie empfohlen. Mit Ausnahme der Bennett-Fraktur lassen sich aber insbesondere bei Kindern und Jugendlichen wie auch bei alten und betagten Patienten gute funktionelle Ergebnisse auch durch eine konservative Ruhigstellung im Daumenabduktionsgips erzielen. Zur Indikationsstellung empfiehlt sich daher eine exakte bildgebende Diagnostik (großzügige CT-Indikation), da die Frakturen in ihrer Komplexität leicht unterschätzt werden können [4]. Gegebenenfalls ist es ratsam, komplexe Frakturen im Zweifel lediglich durch geeignete externe Verfahren primär zu versorgen und dann in entsprechend erfahrene Hände weiterzuleiten.
Als geschlossenes Operationsverfahren kommt die Reposition der Bennett-Fraktur durch Abduktion des Daumens unter Zug nach distal mit anschließender Kirschner-Draht-Fixierung in Frage. Die Drähte können dabei auch axial bis in das Os trapezium oder quer zur Schaftachse bis in das Os metacarpale II geführt werden. Bei Bennett-Frakturen mit sehr kleinem Fragment stellt dieses Verfahren eine sichere Therapieoption dar. Übungsstabilität kann aber meist nur durch eine offene Reposition und interne Fixation erreicht werden. Bei genügend großem Fragment wird hierzu nach Reposition des dislozierten Metakarpale eine stabile Zugschraubenosteosynthese ausgeführt.
Instabile Winterstein-Frakturen und die meisten Rolando-Frakturen können mit einer 2,0-mm-T-Platte und ggf. freien Zugschrauben versorgt werden ([Abb. 11]). Über einen dorsoradialen Zugang wird hierzu der I. Mittelhandknochen erreicht. Bei der Präparation ist unbedingt auf die Schonung des subkutan verlaufenden R. superficialis nervi radialis zu achten.
Abb. 11 Extraartikuläre Basisfraktur des I. Mittelhandknochens (MHK I) im Sinne einer Winterstein-Fraktur.
a Präoperative Röntgenaufnahme.
b Einzeichnen eines dorsalen Zugangs zu Basis und Schaft des I. Mittelhandknochens. Es wird zwischen den Sehnen des M. extensor pollicis longus (aus dem 3. Strecksehnenfach) und M. abductor pollicis longus/M. extensor pollicis brevis (1. Strecksehnenfach) vorgegangen.
c Offene Reposition der Fraktur und Stabilisierung mit einer von dorsal angelegten winkelstabilen 2,0-mm-Platte.
d Das OP-Ziel einer achsgerechten Reposition und sofortigen Übungsstabilität ist erreicht: postoperative Röntgenkontrolle (Strahlengang seitlich).
e Strahlengang a.–p.
Nach Durchtrennen des Subkutangewebes werden Faszie und Periost zwischen der Sehne des M. abductor pollicis longus und des M. extensor pollicis brevis längs gespalten. In gleicher Richtung wird bei intraartikulären Frakturen das Sattelgelenk eröffnet und der Kapsel-Band-Apparat nach radial und ulnar mobilisiert. Unter Sicht in den Gelenkspalt werden die proximalen Hauptfragmente anatomisch reponiert und mit einer Repositionszange oder mit K-Drähten gehalten.
Die Retention kann mit einer freien Zugschraube oder direkt über den T-Schenkel der Platte erfolgen. Der wiederhergestellte Gelenkblock wird mit der Platte gegen den Schaft reponiert und mit drei Schrauben fixiert. In seltenen Fällen ist eine Unterfütterung der Gelenkflächen mit Spongiosa (z. B. aus der Radiusbasis) notwendig.
Nach abschließender Röntgenkontrolle werden, wenn irgend möglich, die Naht der Gelenkkapsel und eine Adaptation des Periosts durchgeführt.
Eine Ruhigstellung für wenige Tage ist zum Abschwellen der Weichteile förderlich. Mit der Übungstherapie sollte schnellstmöglich begonnen werden.
Fazit
Gute Ergebnisse bei der Versorgung von Frakturen des I. Mittelhandknochens lassen sich mit winkelstabilen Platten erzielen. So können Trümmerzonen stabil überbrückt und die Implantate auch im osteoporotischen Knochen sicher verankert werden [1].
Komplikationen
Frühkomplikationen
Die sachgerecht ausgeführte konservative Behandlung von Frakturen an den Phalangen und den Metakarpalia führt im Allgemeinen nur selten zu Komplikationen. Gelegentlich kann es bei Endgliedfrakturen zur Ablösung des Nagels kommen, vor allem, wenn ein subunguales Hämatom primär nicht entlastet wurde.
Besonders sorgfältig ist auf Funktionseinschränkungen benachbarter, unverletzter Finger zu achten, die sich auch bei korrekter und kurzfristiger Ruhigstellung einstellen können. Einsteifungen der MCP-Gelenke durch unsachgemäße Schienenverbände sollten bei Beachtung der Intrinsic-Plus-Stellung sicher zu vermeiden sein.
Die operative Behandlung birgt neben den üblichen Risiken der Nachblutung, Infektion und Verletzung angrenzender Strukturen insbesondere die Gefahr von Verklebungen und Verwachsungen des Sehnengleitgewebes mit konsekutiver Funktionsstörung. Vor allem an den Phalangen sollte die Operationsindikation daher entsprechend kritisch gestellt werden [5].
Drahtinfekte bei K-Draht-Osteosynthesen oder Pininfekte bei Verwendung eines Fixateurs können durch einen Verfahrenswechsel oder eine vorzeitige Implantatentfernung meist sicher beherrscht werden.
Zu den Frühkomplikationen gehören aber auch fixierte Rotations- und Achsabweichungen sowie eine verbleibende Instabilität, die ebenso wie Nachblutungen oder Infektionen einer Reoperation bedürfen.
Bei Operationen an den Fingerendgliedern kann es zu Verletzungen der Nagelmatrix mit entsprechenden Wachstumsstörungen des Nagels kommen.
Merke
Im präoperativen Aufklärungsgespräch sollte der Punkt der Wachstumsstörungen des Nagels besondere Erwähnung finden.
Spätkomplikationen
Sowohl bei konservativer als auch nach operativer Behandlung können vor allem bei Schaftfrakturen Pseudarthrosen als seltene Komplikationen auftreten. In Einzelfällen kann es nach einer Fraktur an den Phalangen oder den Metakarpalia zur Ausbildung eines komplexen regionalen Schmerzsyndroms kommen (complex regional Pain Syndrome, CRPS), welches eine langwierige Behandlung mit sehr individueller und vor allem kontinuierlicher Betreuung des Patienten mit Ausschöpfung auch aufwendiger Analgesieverfahren erforderlich macht.
Sekundäre Sehnenrupturen, bedingt durch überstehende Schraubenspitzen, können vor allem bei Verwendung selbstschneidender Schrauben entstehen. Auch wird gelegentlich ein Implantatversagen beobachtet.
Posttraumatische Arthrosen sind, anders als an der unteren Extremität, klinisch eher selten evident und bedürfen selten einer Arthrodese (z. B. an den kleinen Fingergelenken) oder einer Arthroplastik (z. B. am Daumensattelgelenk).
Die gravierendste und leider auch die häufigste Spätkomplikation nach Fingerfrakturen ist vielmehr die primär meist noch tenogene, sekundär dann aber arthrogene Einsteifung der Fingergelenke mit meist irreversiblem Funktionsverlust. Tenolysen und Arthrolysen, die häufig im Rahmen der Implantatentfernung angeschlossen werden, haben in diesen Fällen meist keine gute Prognose. Die einzig sichere Therapieoption besteht hier in der Prävention der Einsteifungen durch eine differenzierte Indikationsstellung, eine frühest mögliche Beübung der Gelenke und eine sorgfältige Operationstechnik.