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DOI: 10.1055/a-0633-4325
Postpartale Depression: erhöhtes Risiko für kindliche Entwicklungsstörungen
Association of Persistent and Severe Postnatal Depression With Child Outcomes.
JAMA Psychiatry 2018;
DOI: 10.1001/jamapsychiatry.2017.4363.
Dr. med. Judith Lorenz, Künzell
Publication History
Publication Date:
28 June 2018 (online)
Kinder, deren Mütter eine postpartale Depression entwickeln, zeigen häufiger Verhaltensauffälligkeiten, haben schlechtere schulische Leistungen und leiden im späteren Leben ebenfalls nicht selten an einer depressiven Störung. Britische Wissenschaftler sind der Frage nachgegangen, inwiefern sich die Dauer und Stärke der maternalen Erkrankung auf die langfristige Gesundheit der Kinder auswirken.
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Die Psychiater von der Universität Oxford haben die Daten von 9848 Teilnehmerinnen der „Avon Longitudinal Study of Parents and Children“ ausgewertet. Bei 970 Frauen war eine postpartale Depression diagnostiziert worden. In Abhängigkeit vom erzielten Punktwert der „Edinburgh Postnatal Depression Scale“ (EPDS; Score 0 – 30) wurde diese als „mäßig schwer“ (13 – 14 Punkte), als „deutlich“ (15 – 16 Punkte) bzw. „schwer“ (≥ 17 Punkte) klassifiziert. Von einer Chronifizierung der Erkrankung gingen die Wissenschaftler aus, wenn eine Mutter sowohl 2 als auch 8 Monate nach der Entbindung auffällige EPDS-Werte aufwies. Über viele Jahre wurden die Studienteilnehmerinnen wiederholt psychiatrisch beurteilt. Anhand der hierbei erhobenen Befunde wurde der natürliche Verlauf der maternalen Depression innerhalb der ersten 11 Lebensjahre der Kinder objektiviert. Weitere Studienendpunkte umfassten die mithilfe der „Rutter Total Problems Scale“ erfassten Verhaltensstörungen der Kinder im Alter von 3,5 Jahren sowie die anhand der Abschlussprüfungen an der High School beurteilten Leistungen im Fach Mathematik mit 16 Jahren. Zudem wurden die Kinder im Alter von 18 Jahren zum Vorliegen einer depressiven Erkrankung befragt.
Ergebnisse
Bei 8878 Müttern (90,2%) konnte eine postpartale Depression ausgeschlossen werden. Eine mäßige, deutliche bzw. schwere, aber nicht chronische Depression hatten 300 (3,1%), 158 (1,6%) bzw. 225 (2,3%) Frauen. Persistierende Symptome mäßiger, deutlicher bzw. schwerer Ausprägung wiesen 129 (1,3%), 75 (0,8%) bzw. 83 (0,8%) Mütter auf. Bezüglich des Langzeitverlaufs der maternalen Depression zeigte sich: Unabhängig vom Schweregrad bzw. der Chronifizierung der Erkrankung litten alle betroffenen Mütter in den ersten 11 Jahren nach der Geburt an depressiven Symptomen. Am wenigsten beeinträchtigt waren hierbei die Frauen mit einer initial mäßig stark ausgeprägten, nicht persistierenden postpartalen Depression. Die deutlichste Symptombelastung nach 11 Jahren zeigten die Frauen mit einer initial starken und im Verlauf chronifizierten Problematik. Die Kinder von Müttern mit einer nicht persistierenden postpartalen Depression hatten unabhängig vom Schweregrad der maternalen Erkrankung ein etwa doppelt so hohes Risiko für Verhaltensauffälligkeiten im Alter von 3,5 Jahren. Die deutlichsten Entwicklungsstörungen zeigten die Kinder der Mütter mit einem initial hohen EPDS-Score und einem chronischen Depressionsverlauf: Im Vergleich zu den Kindern von Müttern ohne postpartale Depression hatten sie ein 4,8-fach höheres Risiko für Verhaltensauffälligkeiten im Kindergartenalter, ein 2,7-fach höheres Risiko für schlechte schulische Leistungen sowie ein 7,4-fach höheres Risiko für die Entwicklung einer Depression im Alter von 18 Jahren.
Mütter, die auch noch 8 Monate nach der Geburt eines Kindes an einer postpartalen Depression leiden, so das Fazit der Autoren, entwickeln mit hoher Wahrscheinlichkeit einen prolongierten Krankheitsverlauf. Insbesondere bei einer schweren Symptomatik steigt zudem das Risiko für eine ungünstige Entwicklung der Kinder. Um den betroffenen Familien gezielt Hilfestellungen zukommen lassen zu können, ist eine frühzeitige Identifikation der Risikopatientinnen im Rahmen der nachgeburtlichen Betreuung wichtig.
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Dr. med. Judith Lorenz, Künzell