PSYCH up2date 2019; 13(04): 327-340
DOI: 10.1055/a-0635-5468
Essstörungen, somatische Belastungsstörungen, Schlafstörungen und sexuelle Funktionsstörungen

Gastrointestinale somatoforme Störungen

Larissa Hetterich
,
Stephan Zipfel
,
Andreas Stengel

Somatoforme Störungen im Magen-Darm-Trakt gehen mit einem hohen Leidensdruck für die Patienten einher. Oftmals fällt die Diagnose schwer bzw. wird sie erst spät gestellt. Der Artikel möchte ein klareres Bild dieser Krankheitsbilder zeichnen und die Diagnostik und Therapiemöglichkeiten genauer beleuchten. Die neu überarbeitete AWMF-Leitlinie von 2018 berücksichtigt ebenfalls die somatoformen gastrointestinalen Störungen [1].

Kernaussagen
  • Gastrointestinale somatoforme Störungen sind mit einer Prävalenz von 15% in Deutschland eine häufige Diagnose.

  • Die beiden wichtigsten funktionellen gastrointestinalen Störungen sind die funktionelle Dyspepsie und das Reizdarmsyndrom.

  • Das Reizdarmsyndrom wird anhand der deutschen Leitlinie diagnostiziert als chronische, auf den Darm bezogene Beschwerden, welche die Lebensqualität maßgeblich beeinträchtigen. Gemäß den Rom-IV-Kriterien ist eine Subgruppierung anhand der Stuhlgangveränderungen möglich.

  • Die funktionelle Dyspepsie beinhaltet gemäß Rom-IV 2 Untertypen: das epigastrische Schmerz-Syndrom mit epigastrischem Schmerz/Brennen und das postprandiale Distress-Syndrom mit früher postprandialer Sättigung. Weiterhin gibt es noch einen Mischtyp.

  • Die Beschwerden werden nicht oder nicht vollständig von einem organopathologischen Befund erklärt.

  • Die Funktionsstörungen – oftmals bei schwereren Verlaufsformen – sind durch häufige Komorbiditäten kompliziert, wie z. B. Angststörungen, Depressionen, aber auch somatische Erkrankungen.

  • Bei der Entstehung der Erkrankungen spielen biologische, soziale und psychische Faktoren eine große Rolle. Auch die (Mikrobiom)-Darm-Gehirn-Achse kann Störungen aufweisen, die zu einer somatoformen autonomen Funktionsstörung des Verdauungssystems beitragen können.

  • Die Diagnostik beinhaltet die ausführliche Anamnese, eine körperliche Untersuchung, ein Basislabor, eine Sonografie, eine gynäkologische Untersuchung, Endoskopien und ggf. speziellere Tests.

  • Wichtig für ein gutes therapeutisches Ergebnis sind die klare Darstellung des Krankheitskonzeptes und eine gute Arzt-Patienten-Beziehung. Es ist sinnvoll, die weiteren Therapieschritte gemeinsam zu entscheiden, da es eine Vielzahl von therapeutischen Möglichkeiten gibt. Dazu gehören die medikamentöse Therapie und diätetische Maßnahmen, aber auch – v. a. bei schwereren Verlaufsformen – Psychotherapie (kognitive Verhaltenstherapie, psychodynamische Therapie, Hypnotherapie).



Publication History

Publication Date:
15 July 2019 (online)

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Stuttgart · New York