CC BY-NC-ND 4.0 · Geburtshilfe Frauenheilkd 2018; 78(08): 766-767
DOI: 10.1055/a-0655-8112
GebFra Science
Statement/Stellungnahme
Georg Thieme Verlag KG Stuttgart · New York

Stellungnahme zur LACC-Studie bei frühem Zervixkarzinom der Kommission Uterus der Arbeitsgemeinschaft Gynäkologische Onkologie (AGO) und der Arbeitsgemeinschaft Gynäkologische Endoskopie (AGE) der Deutschen Gesellschaft für Gynäkologie und Geburtshilfe (DGGG)

Article in several languages: English | deutsch for the AGO Uterus and the AGE of the DGGG
Peter Hillemanns
1   Universitätsfrauenklinik Hannover, Hannover, Germany
,
Sara Brucker
2   Universitätsfrauenklinik Tübingen, Tübingen, Germany
,
Bernd Holthaus
3   Frauenklinik, Krankenhaus St. Elisabeth gGmbH, Damme, Germany
,
Björn Lampe
4   Frauenklinik, Diakonie Kaiserswerth, Düsseldorf, Germany
,
Ingo Runnebaum
5   Universitätsfrauenklinik Jena, Jena, Germany
,
Uwe Ulrich
6   Frauenklinik, Martin-Luther-Krankenhaus, Berlin, Germany
,
Markus Wallwiener
7   Universitätsfrauenklinik Heidelberg, Heidelberg, Germany
,
Erich Solomayer
8   Universitätsfrauenklinik Homburg, Homburg, Germany
,
Tanja Fehm
9   Universitätsfrauenklinik Düsseldorf, Düsseldorf, Germany
,
Clemens Tempfer
10   Universitätsfrauenklinik der Ruhr-Universität Bochum, Bochum, Germany
› Author Affiliations
Further Information

Correspondence/Korrespondenzadresse

Prof. Tanja Fehm
University Hospital Düsseldorf, Heinrich-Heine-Universität Düsseldorf
Department of Gynecology and Obstetrics
Moorenstraße 5
40225 Düsseldorf
Germany   

Publication History

received 09 July 2018

accepted 10 July 2018

Publication Date:
20 August 2018 (online)

 

Auf dem 49. Kongress der Society of Gynecologic Oncology (SGO) vom 24.3. bis 27.3.2018 in New Orleans wurden die Ergebnisse der LACC-Studie (Laparoscopic Approach to Cervical Cancer) im Rahmen eines Vortrags erstmalig präsentiert [1]. Das primäre Studienziel dieser internationalen randomisierten Multicenterstudie der Phase III war der Vergleich des krankheitsfreien Überlebens zwischen Frauen, die eine laparoskopische oder roboterassistierte radikale Hysterektomie im Vergleich zu einer abdominellen radikalen Hysterektomie (TLRH/TRRH versus TARH) erhielten. Sekundäre Studienziele waren Rezidivrate, behandlungsassoziierte Morbidität, Gesamtüberleben, Kosteneffektivität und Lebensqualität. Die Studie war als Nichtunterlegenheitsstudie des laparoskopischen Arms im Vergleich zum abdominellen Standardarm mit einer Nachbeobachtungszeit von 4,5 Jahren und einer Fallzahl von 740 Patientinnen konzipiert. Eingeschlossen wurden Patientinnen mit primärem Plattenepithel-, Adeno- oder adenosquamösen Karzinom der Cervix uteri mit den FIGO-Stadien IA1 (mit LVSI), IA2 oder IB1. Die teilnehmenden Zentren mussten 10 dokumentierte Fälle mit laparoskopischer/roboterassistierter radikaler Hysterektomie und auch 2 nicht editierte Gesamt-Videoaufnahmen an das Studienkomitee einreichen. Die Studie wurde im Juni 2008 eröffnet und vorzeitig durch das Data Safety & Monitoring Commitee nach Rekrutierung von 85% der Patientinnen aufgrund der signifikanten Unterlegenheit des Laparoskopiearms aus Sicherheitsgründen gestoppt.

Weniger als 20% der Patientinnen wurden in nordamerikanischen Zentren, die übrigen aus Zentren in Südamerika, Indien, China, Australien, Italien und Bulgarien rekrutiert. 312 Frauen wurden im abdominellen Arm und 319 Frauen im laparoskopischen/roboterassistierten Arm rekrutiert mit jeweils gut vergleichbaren Einschlusscharakteristika in Bezug auf FIGO-Stadium, histologischen Subtyp, Differenzierungsgrad, Tumorgröße, Resektionsränder und Anzahl der entfernten und befallenen Lymphknoten. Allerdings waren das Grading, die Invasionstiefe und auch die Tumorgröße bei 30% der Fälle zum Zeitpunkt der Vortragspräsentation noch unbekannt.

Nach einer medianen Nachbeobachtungszeit von 2,5 (0,0 – 6,3) Jahren und mit 39,2% vollständigen Datensätzen lag das krankheitsfreie Überleben nach 4,5 Jahre in der TARH-Gruppe (per Protokoll) bei 97,6% (94,1 – 99,0) vs. 87,1% (81,0 – 91,3) in der TLRH/TRRH-Gruppe mit einem p-Wert von 0,88, sodass die Nichtunterlegenheitsgrenze statistisch zuungunsten des Laparoskopiearms verfehlt wurde. Der Anteil von krankheitsfreien Patientinnen (DFS) war signifikant im abdominellen Standardarm höher (Hazard Ratio [HR] 3,74; 95%-Konfidenzintervall [KI] 1,63 – 8,58; p = 0,002). Auch die Auswertung des progressionsfreien Überlebens (PFS) bestätigt die besseren Ergebnisse des abdominellen Vorgehens (HR 3,88; 95%-KI 1,79 – 8,41; p < 0,001). Lediglich 7 (2,2%) von 312 abdominell operierten Frauen erlitten ein Rezidiv, während 27 (8,5%) Rezidive im laparoskopischen/roboterassistierten Arm auftraten, von denen knapp die Hälfte im Scheidenabschlussbereich bzw. im kleinen Becken lokalisiert waren. Auch bezüglich des Gesamtüberlebens war das abdominelle Vorgehen signifikant überlegen (HR 6,00; 95%-KI 1,77 – 20,3, p = 0,04). Von den 19 im laparoskopischen Arm verstorbenen Frauen war in 14 Fällen das Zervixkarzinom ursächlich.

Neben dieser Studie wurde auf dem diesjährigen SGO-Kongress auch eine retrospektive Auswertung der US-amerikanischen National Cancer Database (NCDB) des Zeitraums 2010 bis 2012 präsentiert, die bei 2221 Frauen mit Zervixkarzinom der FIGO-Stadien IA2 bis IB1 ebenfalls ein signifikant besseres Überleben für die abdominell operierte Kohorte im Vergleich zur laparoskopisch/roboterassistierten Kohorte zeigte. Dies betraf gemäß einer Zweitauswertung (präsentiert auf dem ASCO-Kongress 2018) die Zervixkarzinome mit einer Größe zwischen 2 und 4 cm, während die Unterschiede bei den Tumoren unter 2 cm nicht signifikant unterschiedlich waren [2].

In der Zusammenfassung konstatieren die Autoren der LACC- und NCDB-Vorträge, zu denen noch keine Vollpublikationen vorliegen, dass die laparoskopische radikale Hysterektomie mit einer höheren Rezidivrate und einem schlechterem Gesamtüberleben im Vergleich zur offenen radikalen Hysterektomie assoziiert ist. Es wurde die Empfehlung ausgesprochen, Patientinnen mit Zervixkarzinom FIGO IA1 (mit LVSI), IA2, IB1 und geplanter radikaler Hysterektomie über die Ergebnisse der LACC-Studie zu informieren.

Einige Punkte der Studie in der präsentierten, noch nicht publizierten Form sind noch offen wie die Selektionskriterien bei der Indikationsstellung (z. B. Zeitpunkt der Randomisation), die statistische Aussagekraft bei reduzierter Probandenzahl, bei kurzer Nachbeobachtungszeit und angesichts der unvollständigen Datensätze, der Effekt einer Lernkurve bei den Operateuren etc. Weiterhin ist die sehr geringe Rezidivquote von lediglich 2% im offenen Hysterektomiearm bemerkenswert – im Vergleich zu Rezidivraten von rund 10% in retrospektiven Studien.

Erst das Vorliegen der Vollpublikation wird den Diskussionsrahmen eröffnen, ob eine weitere randomisiert-kontrollierte Studie sinnvoll ist.

Die Kommission Uterus der AGO und die AGE weisen die Kollegenschaft darauf hin, dass aufgrund der in der LACC-Studie gefundenen onkologischen Überlegenheit der offenen radikalen Hysterektomie die Operationsmethode „Laparoskopie versus abdominelle Chirurgie“ klar und offen mit der Patientin diskutiert werden soll – auch wenn diese Studie noch keinen Peer-Review-Prozess durchlaufen und nicht final publiziert worden ist.

Auch bei einer hohen Expertise in der laparoskopischen bzw. roboterassistierten radikalen Hysterektomie bei frühem Zervixkarzinom bis FIGO IB1 sollte jede Patientin vor einer Operation umfassend über die auf den amerikanischen Kongressen präsentierten vorläufigen Studienergebnisse informiert werden.


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Conflict of Interest/Interessenkonflikt

The authors declare that they have no conflict of interest./
Die Autoren geben an, dass kein Interessenkonflikt besteht.

  • References/Literatur

  • 1 Ramirez PT, Frumovitz M, Pareja R. et al. Phase III Randomized Trial of Laparoscopic or Robotic vs. Abdominal Radical Hysterectomy in Patients with Early-Stage Cervical Cancer: LACC Trial. SGO Annual Meeting on Womenʼs Cancer. New Orleans, 24.–27.3.2018.
  • 2 Margul DJ, Yang J, Seagle BL. et al. Outcomes and costs of open, robotic, and laparoscopic radical hysterectomy for stage IB1 cervical cancer. J Clin Oncol 2018; 36 (Suppl.) Abstr.. 5502

Correspondence/Korrespondenzadresse

Prof. Tanja Fehm
University Hospital Düsseldorf, Heinrich-Heine-Universität Düsseldorf
Department of Gynecology and Obstetrics
Moorenstraße 5
40225 Düsseldorf
Germany   

  • References/Literatur

  • 1 Ramirez PT, Frumovitz M, Pareja R. et al. Phase III Randomized Trial of Laparoscopic or Robotic vs. Abdominal Radical Hysterectomy in Patients with Early-Stage Cervical Cancer: LACC Trial. SGO Annual Meeting on Womenʼs Cancer. New Orleans, 24.–27.3.2018.
  • 2 Margul DJ, Yang J, Seagle BL. et al. Outcomes and costs of open, robotic, and laparoscopic radical hysterectomy for stage IB1 cervical cancer. J Clin Oncol 2018; 36 (Suppl.) Abstr.. 5502