Pneumologie 2018; 72(10): 736-737
DOI: 10.1055/a-0665-0010
Buchbesprechung
© Georg Thieme Verlag KG Stuttgart · New York

Robert Koch und Louis Pasteur. Duell zweier Giganten

Perrot A, Schwartz M.
Robert Koch und Louis Pasteur. Duell zweier Giganten.

Darmstadt: WBG Theiss; 2015. geb., 256 S. € 24,95.
ISBN: 978-3-8062-3150-2
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Publication History

Publication Date:
10 October 2018 (online)

 

    Im Jahre 2014 erschien im Verlag Odile Jacob, Paris, das Buch „Pasteur et Koch“, herausgegeben von Annick Perrot und Maxime Schwartz; es trägt den Untertitel „Un Duel de Géants dans le Monde des Microbes“ (ISBN 978-2-7381-3178-2). Im darauf folgenden Jahr (2015) wurde die deutschsprachige Übersetzung „Robert Koch – Louis Pasteur, Duell zweier Giganten“ von der Wissenschaftlichen Buchgesellschaft, Darmstadt, publiziert (Konrad Theiss Verlag; ISBN 978-3-8062-3150-2). Sie umfasst 256 Seiten. Dabei sind kleine Umgestaltungen in der deutschen Ausgabe gegenüber dem französischen Original bemerkenswert: Aus der französischen Broschur wurde eine deutsche gebundene Ausgabe; die Reihenfolge der beiden Namen im Titel und die Untertitel wurde umgestellt; das Inhaltsverzeichnis ist vom Schluss an den Anfang des Buches gerückt; die Widmung fehlt in der deutschen Ausgabe.

    Das Buch ist gut lesbar, allgemeinverständlich geschrieben, kurzweilig, wovon die Einleitung einen guten Eindruck vermittelt:

    Préface

    Pasteur et Koch? Pasteur, je connais, mais Koch, qui est-ce? Et comment cela se prononce-t-il? „Coq“? „Coche“?

    Vorwort

    Pasteur und Koch? Pasteur, den kenne ich, aber Koch, wer ist denn das? Und wie spricht man ihn aus? „Coq“?, „Coche“?

    Dieses Buch über Robert Koch und Louis Pasteur ist in Form einer „Doppel-Biografie“ geschrieben, in welcher sich die einzelnen Kapitel jeweils einem Lebensabschnitt des einen, dann des anderen Protagonisten, Pasteur beziehungsweise Koch, widmen. Dabei sind häufige Querverbindungen, Bezugnahmen auf den jeweils anderen der beiden wichtig, bereichernd. So lernt der Leser den Lebenslauf, vor allem die berufliche Biografie, beider Protagonisten kennen, welche hier nur kurz skizziert werden sollen:

    Louis Pasteur, 1822 in Dole (Department Jura) geboren und damit fast zwanzig Jahre älter als Robert Koch, studierte Chemie und Physik und wurde 1847 zum Doktor der Naturwissenschaften promoviert. Nach Assistentenjahren wurde er 1854 auf den Lehrstuhl für Chemie der Universität Lille berufen, ab 1867 war er Professor der Chemie an der Sorbonne in Paris. Pasteur war ein hervorragender Wissenschaftler. Schon in jungen Jahren erforschte er die Rolle der Mikroben bei der Gärung von Alkohol und rettete die französische Seidenraupenzucht[1], bevor er einen Impfstoff gegen den Milzbrand entwickelte, eine Krankheit, die Kuh- und Schafherden vernichtete. Er entwickelte die nach ihm benannte „Pasteurisierung“ zur Haltbarmachung von Lebensmitteln. 1885 konnte er den ersten an Tollwut infizierten Patienten impfen und damit die Krankheit heilen beziehungsweise ihren Ausbruch verhindern. Pasteur starb 1895. 1888 wurde das nach ihm benannte Institut Pasteur in Paris gegründet.

    Robert Koch, 1843 in Clausthal (Harz) geboren, studierte Medizin in Göttingen; dort wurde er 1866 promoviert. Anschließend folgten ärztliche Tätigkeiten in verschiedenen Krankenhäusern, dann als niedergelassener Arzt in eigener Praxis. Während des Deutsch-Französischen Krieges (1870/1871) wurde Koch als Militärarzt in verschiedenen Orten Frankreichs eingesetzt. 1872 wurde er Amtsarzt (Kreisphysikus) in Wollstein (Provinz Posen); daneben führte er eine Privatpraxis.

    In seinem eigenen kleinen Labor begann Koch bakteriologische Forschungen. Hierzu entwickelte er Untersuchungsverfahren, an welche folgende Stichworte erinnern sollen: die Fotografie zur Dokumentation seiner Forschungsergebnisse; Öl-Immersions-Linsen zur Mikroskopie; spezielle Färbungen zur Sichtbarmachung und Differenzierung von Bakterienarten; später u. a. den Brutschrank und vor allem die Verwendung von festen, transparenten Nährböden zur Kultivierung von Bakterien[2]. Er publizierte zunächst über die Entstehung des Milzbrands und von Wundinfektionen. 1876 konnte Koch dann Professor Ferdinand Cohn, einem anerkannten und berühmten Wissenschaftler, in Breslau seine Untersuchungen präsentieren und ihn von der Richtigkeit seiner Ergebnisse überzeugen. Damit begann der Aufstieg Kochs: 1880 Berufung an das kaiserliche Gesundheitsamt Berlin. Am 24. März 1882 hielt Koch seinen berühmt gewordenen Vortrag über die „Aetiologie der Tuberculose“. Später entdeckte er die Erreger der Cholera. 1885 wurde er zum ordentlichen Professor für Hygiene ernannt, 1891 zum Direktor des Instituts für Infektionskrankheiten in Berlin berufen. 1905 wurde ihm der „Nobelpreis für Physiologie oder Medizin“ verliehen. Robert Koch starb 1910.

    Louis Pasteur und Robert Koch bewiesen durch ihre Forschungen die Konzeption der Infektionskrankheiten und legten die Grundlagen einer neuen medizinischen Disziplin „Bakteriologie/Mikrobiologie“. Zusammen mit ihren Mitarbeitern – die „französische und die deutsche Schule“ – entwickelten und verfeinerten sie die Untersuchungsmethoden; sie entdeckten die Antikörperbildung und damit die Möglichkeit der Bekämpfung dieser Krankheiten durch eine vorbeugende Impfung mit ihren gloriosen Erfolgen. Der Leser lernt aber auch ihre Anfangsschwierigkeiten, ihre Fehlansätze, Sackgassen und andere Probleme kennen (zum Beispiel Robert Koch: der Tuberkulin-Skandal, die Kontroverse um die Rindertuberkulose).

    Vielen Menschen, nicht nur in Frankreich und in Deutschland, ist bekannt, dass zwischen beiden Gelehrten eine Rivalität entstand, die mit einer bisher unbekannten Schärfe in Worten und Briefen einherging und viele Jahre anhielt. Um sie zu verstehen, muss man die französisch-deutschen Beziehungen nach dem Deutsch-Französischen Krieg von 1870 / 1871 kennen, die das zuvor normale Verhältnis auf beiden Seiten nachhaltig gestört haben. Dieser Krieg machte aus Pasteur, der in seiner Jugend offen deutschfreundlich gewesen war, einen abgrundtiefen Hasser Deutschlands. Man könnte denken, dass diese Rivalität fruchtlos und kontraproduktiv war. Sie schuf jedoch, so scheint es, einen Wettstreit, der jeden der beiden Kontrahenten über sich hinaus wachsen ließ. Das Werk dieser beiden Giganten der Wissenschaft, und allgemeiner, der französischen und deutschen Schulen, erwies sich als eine wunderbare Ergänzung. Dank dieser Gelehrten sind die meisten Infektionskrankheiten, die vor ihnen die Menschheit dezimierten, zumindest in den entwickelten Ländern besiegt worden.

    Auch heute noch sind die beiden Protagonisten und ihre Leistungen im jeweils anderen Land recht wenig bekannt. Das französische Buch und seine deutsche Übersetzung sind deshalb für Leser nicht nur interessant, sondern auch wichtig und helfen wesentlich, historische Fehl-Entwicklungen und -Interpretationen zu korrigieren.

    Dr. Robert Kropp, Fulda


    #

    1 Die Seidenraupenzucht war in Frankreich ein wichtiger Industriezweig.


    2 „Bacillen“ waren, infolge der Entwicklung der Mikroskopiertechnik bekannt; man wusste sie aber nicht zu deuten und interessierte sich auch nicht sonderlich für dieses Phänomen.