Schlüsselwörter
kardiopulmonale Reanimation - CPR - Leitlinie - CoSTR - ILCOR - ERC
Abkürzungen
4Hs:
Hypoxie – Hypovolämie – Hypo-/Hyperkaliämie – Hypothermie
ABCDE:
Airway – Breathing – Circulation – Disability – Exposure/Examination
AF:
Atemfrequenz
ASS:
Azetylsalizylsäure
CoSTR:
Consensus on Science and Treatment Recommendations
CPR:
cardio-pulmonary Resuscitation/kardiopulmonale Wiederbelebung
eCPR:
extracorporeal cardiopulmonary Resuscitation
ERC:
European Resuscitation Council
ET:
Endotrachealtubus
etCO2
:
endtidaler Kohlendioxidpartialdruck
FiO2
:
inspiratorische Sauerstofffraktion
GCS:
Glasgow Coma Scale
HF:
Herzfrequenz
HITS:
Herzbeuteltamponade – Intoxikation – Thromboembolie – Spannungspneumothorax
IE:
Internationale Einheiten
ILCOR:
International Liasion Committee on Resuscitation
LAMA:
Larynxmaske
OHCA:
Out-of-Hospital cardiac Arrest
PCI:
perkutane Koronarintervention
PCV:
Pressure controlled Ventilation
PEEP:
positive endexpiratory Pressure
pinsp
:
Inspirationsdruck
PPV:
positive Pressure Ventilation
pVT:
pulslose ventrikuläre Tachykardie
RIVA:
Ramus interventricularis anterior der A. coronaria sinistra
ROSC:
Return of spontaneous Circulation
RR:
Blutdruck
RTW:
Rettungswagen
SGA:
supraglottische Atemwegshilfe
SpO2
:
pulsoxymetrisch gemessene Sauerstoffsättigung
VF:
ventrikuläre Fibrillation/Kammerflimmern
Update Reanimation – und zwar kontinuierlich!
Ständig werden neue klinische Studien zum Thema Reanimation in den Fachmagazinen veröffentlicht. Aber sollen diese auch immer gleich in unseren klinischen Alltag Einzug finden? Der stetig neue Erkenntnisgewinn hat das ILCOR als weltweite Vereinigung der Fachgesellschaften, zu der auch der ERC (European Resuscitation Council) gehört, zu einem Umdenken bewegt: Statt nur alle 5 Jahre werden nun kontinuierlich zu einzelnen Themen der Reanimationsleitlinien der aktuelle Stand der Wissenschaft und klare Handlungsempfehlungen (CoSTR – Consensus on Science and Treatment Recommendations) vermittelt. Und zwar immer dann, wenn neue wissenschaftliche Daten und Erkenntnisse dies notwendig machen.
Der ERC als Gründungsmitglied des ILCoR hat in einem Statement [1] dieses Vorgehen befürwortet. Es trägt jedoch den enormen Aufwendungen und Kosten Rechnung, alle Anwender in Europa immer auf die neuesten Erkenntnisse zu schulen und zu trainieren. Zu häufige Veränderungen können sogar zu Verwirrungen und Unsicherheit bei der Versorgung von Patienten unter Reanimation führen und damit letztendlich auch diese gefährden. Aus diesem Grund hat der ERC beschlossen, die seine Therapieempfehlungen, die auch die Curricula der ERC-Kurse bestimmen, weiterhin regelmäßig im 5-jährlichen Rhythmus zu publizieren – wie zuletzt im Jahr 2015 [2].
Mehr Transparenz – mehr Mitspracherecht
Neu ist auch, dass der Erstellungsprozess der Updates zum Thema Reanimation deutlich transparenter und nachvollziehbarer gestaltet wird: Unter https://www.ilcor.org/costr/ finden sind alle in Bearbeitung befindlichen Themen und Fragestellungen rund um das Thema Reanimation zusammengestellt. Jedem ERC-Mitglied steht es hier frei, seine fachliche Meinung zu hinterlassen und damit den Leitlinienprozess aktiv mitzugestalten. Aktuell steht z. B. das Thema eCPR kurz vor Abschluss und Aktualisierung. Neu aufgenommen worden sind Rubriken zu den Themen „Erweitertes Atemwegsmanagement bei der Erwachsenenreanimation“ und „Katecholamine bei der Erwachsenenreanimation“.
Fallbeispiel
Seitens der Rettungsleitstelle wird nun umgehend ein Notarzt nachalarmiert. Die Notfallsanitäter vor Ort implementieren im Rahmen der Übernahme der Reanimationsmaßnahmen einen Defibrillator und führen eine Rhythmusanalyse durch. Da diese das Vorliegen eines Kammerflimmerns ergibt, wird der biphasische Defibrillator unter Fortführung der Herzdruckmassage geladen und bei kurzer Unterbrechung der Thoraxkompression umgehend der erste Schock appliziert. Die nächste Rhythmusanalyse nach 2 Minuten ergibt einen Sinusrhythmus, der Karotispuls ist gut und kräftig tastbar, der Patient beginnt eigenständig zu atmen.
Der Patient wird dem ABCDE-Schema folgend untersucht, als der Monitor ca. 1 Minute nach ROSC erneut alarmiert und die Rhythmusanalyse erneut Kammerflimmern ergibt. Sofort werden wieder Reanimationsmaßnahmen eingeleitet und schnellstmöglich wieder ein Schock appliziert. Auch die 3. Rhythmusanalyse ergibt ein Kammerflimmern, sodass erneut eine Schockabgabe erfolgt. Suprarenin 1 mg und Amiodaron 300 mg werden über einen i. v. Zugang appliziert.
Nun trifft der Notarzt ein. Die Reanimation wird fortgeführt und eine Atemwegssicherung mittels Endotrachealtubus durchgeführt, da seitens der RTW-Besatzung keine suffiziente Beatmung mittels Larynxtubus etabliert werden konnte.
Kernaussagen der Reanimationsleitlinien 2015?
Notruf und Leitstelle: Mehr Interaktion am Telefon
Die frühe Erkennung des Herz-Kreislauf-Stillstandes spielt eine zentrale und elementare Rolle in der gesamten Rettungskette.
Um nach Absetzen des Notrufs eine höhere Laienreanimationsrate erreichen zu können, betonen die Leitlinien von 2015 [2] die besondere Bedeutung der Interaktion zwischen Leitstellendisponent ([Abb. 1]) und dem Notfallzeugen sowie der zeitnahen Verfügbarkeit eines automatisierten externen Defibrillators ([Abb. 2]).
Abb. 1 Anleitung zur Telefonreanimation durch den Leitstellendisponenten (roter Pfeil = Metronom zur Einhaltung der Thoraxkompressionsfrequenz).
Abb. 2 Interaktion zwischen Leitstellendisponenten, Helfer und Einsatz eines automatisierten externen Defibrillators.(Quelle: Quelle: Monsieurs K, Nolan J, Bossaert L. et al. Kurzdarstellung Kapitel 1 der Leitlinien zur Reanimation 2015 des European Resuscitation Council. Notfall Rettungsmed (2015) 18: 655. © German Resuscitation Council und Austrian Resuscitation Council 2015. Rechte: [rerif])
Ein Notfallzeuge soll den Zustand des kollabierten Patienten schnellstmöglich beurteilen, indem er prüft, ob der Betroffene nicht reagiert und nicht normal atmet, und dann sofort den Rettungsdienst alarmieren.
Merke
Dabei soll die Suche nach Atmung und Puls zur Feststellung eines Herz-Kreislauf-Stillstandes maximal 10 Sekunden dauern!
Cave
Schnappatmung nicht als normale Atmung fehldeuten!
Der Patient, der nicht reagiert und nicht normal atmet, hat einen Kreislaufstillstand und benötigt unmittelbar eine kardiopulmonale Reanimation. Hier wird wiederholt darauf hingewiesen, dass nicht nur nach einem Atemstillstand gesucht werden soll, da auch die agonale Atmung bzw. sogenannte „Schnappatmung“ als funktioneller Atemstillstand gilt. Diese ist jedoch für den Laien-Ersthelfer und erst recht via Telefon für den Leitstellendisponenten schwer zu erkennen. Notfallzeugen und Leitstellendisponenten sollen bei jedem krampfenden Patienten an einen Herz-Kreislauf-Stillstand denken und hinterfragen, ob der Patient auch tatsächlich normal atmet.
Basisreanimation: In jedem Fall drücken – und zwar schnell und tief
Merke
Keine Maßnahme wurde in den Leitlinien so stark betont wie die qualitativ hochwertige Thoraxkompression.
Bei Patienten im Kreislaufstillstand soll unmittelbar nach Absetzen eines Notrufs mit den Thoraxkompressionen begonnen werden. Notfallzeugen, die dazu ausgebildet und in der Lage sind, eine Atemspende durchzuführen, sollen Herzdruckmassage und Atemspende kombinieren. Diese sollen mit einer Ratio von 30 Kompressionen zu 2 Beatmungen erfolgen. Die Drucktiefe und auch die Kompressionsfrequenz sind ebenfalls genau festgelegt: 5 – 6 cm tief mit einer Frequenz von 100 – 120/Minute. Der korrekte Druckpunkt hierfür befindet sich auf der unteren Hälfte des Sternums (s. u., [Abb. 5]). Nach jeder Kompression muss der Brustkorb auch wieder vollständig entlastet werden.
Fallbeispiel
Auch in den nächsten Rhythmusanalyse 2 Minuten nach der vorangegangenen zeigt sich Kammerflimmern, sodass erneut ein Schock abgegeben wird. Nach der 5. Schockabgabe wird erneut 1 mg Suprarenin appliziert sowie nochmals Amiodaron, jetzt in der Dosierung von 150 mg, verabreicht.
Aufgrund des therapierefraktären Kammerflimmerns und des sich im Rahmen der Abklärung der 4 Hs und HITS ergebenden hochgradigen Verdachts auf ein kardiales thrombembolisches Ereignis (in den letzten Tagen Unwohlsein, thorakales Druckgefühl), erfolgt parallel die Anmeldung im nächstgelegenen Klinikum der Schwerpunktversorgung mit PCI-Bereitschaft. Unter laufender Reanimation mittels mechanischer Reanimationsunterstützung wird der Transport des Patienten vorbereitet.
Nach Transfer des Patienten in den RTW ergibt die Rhythmusanalyse einen Sinusrhythmus, der Karotispuls ist gut und kräftig tastbar.
Erweiterte Wiederbelebungsmaßnahmen
Thoraxkompression
In den Leitlinien von 2015 wurde auch für den Bereich der erweiterten Wiederbelebungsmaßnahmen die Bedeutung nur minimal unterbrochener, qualitativ hochwertiger Thoraxkompressionen über alle anderen Maßnahmen gestellt:
Merke
Thoraxkompressionen dürfen nur kurz für eindeutig definierte Interventionen unterbrochen werden, etwa für die alle 2 Minuten durchzuführende Rhythmusanalyse.
Dies beinhaltet auch, dass die Thoraxkompressionen für Rhythmusanalyse und Defibrillation nur minimal zu unterbrechen sind. Ein Fokus liegt hier auf der Verwendung von selbsthaftenden Defibrillations-Pads.
Atmung
Die konsequente Anwendung der Kapnografie dient der Kontrolle der korrekten Tubuslage, gibt uns Hinweise auf die Qualität unserer Thoraxkompressionen und kann frühzeitig eine mögliche Wiederkehr des Spontankreislaufs (ROSC) anzeigen ([Abb. 3]).
Abb. 3 Die Kapnografie dient der Kontrolle der korrekten Tubuslage, gibt Hinweise auf die Qualität der Thoraxkompressionen und zeigt frühzeitig eine mögliche Wiederkehr des Spontankreislaufs an.
Die endotracheale Intubation ([Abb. 4]) bleibt weiterhin die bewährteste Atemwegssicherung. Diese darf unter Reanimationsbedingungen durchgeführt werden, wenn der Helfer in dieser Technik gut ausgebildet und erfahren ist. Eine Intubation darf in keinem Fall zu einer Verzögerung der Defibrillation führen. Auch die Pause für das eigentliche Einführen des Endotrachealtubus soll 5 Sekunden nicht überschreiten. Ist eine endotracheale Intubation unter diesen Vorgaben nicht durchführbar, sind supraglottische Atemwegshilfen wie z. B. Larynxtubus, Larynxmaske oder I-gel ein akzeptabler Weg der Atemwegssicherung.
Ist der Atemweg gesichert, gilt es eine Hyperventilation strikt zu vermeiden.
Abb. 4 Endotracheale Intubation am Notfallort. (Quelle: Wetsch W, Hinkelbein J, Spöhr F. Endotracheale Intubation. In: Wetsch W, Hinkelbein J, Spöhr F, Hrsg. Kurzlehrbuch Anästhesie, Intensivmedizin, Notfallmedizin und Schmerztherapie. 1. Aufl. Stuttgart: Thieme; 2014)
Empfehlung
Die angestrebte Beatmungsfrequenz beträgt 10/Minute; die Herzdruckmassage kann nun fortlaufend mit einer Frequenz von 100 – 120/Minute durchgeführt werden ([Abb. 5]).
Abb. 5 Ist der Atemweg gesichert, beträgt die Beatmungsfrequenz 10/Minute. Die Herzdruckmassage kann nun kontinuierlich mit 100 – 120/Minute durchgeführt werden.
Medikamente
Zu der Medikamentengabe unter Reanimation sagt die Leitlinie:
-
Adrenalin:
-
1 mg Adrenalin soll alle 3 – 5 Minuten verabreicht werden.
-
Bei nicht defibrillierbaren Rhythmen sobald ein intravenöser Zugang etabliert ist.
-
Bei defibrillierbaren Rhythmen, nach dem 3. Schock.
-
Amiodaron:
-
300 mg Amiodaron werden bei defibrillierbaren Rhythmen ebenfalls nach dem 3. Schock verabreicht.
-
Eine einmalige Repetition in einer Dosierung von 150 mg ist nach dem 5. Schock möglich.
-
Als Trägerlösung sollte Glukose 5% gewählt werden.
Merke
Gib 300 mg Amiodaron und 1 mg Adrenalin nach der 3. Defibrillation!
Mechanische Thoraxkompression
In Bezug auf die Anwendung von mechanischen Thoraxkompressionsgeräten (mCPR) gibt es keine Empfehlung für eine routinemäßige Anwendung. Sinnvoll ist die Anwendung jedoch in Fällen, in denen andernfalls die Sicherheit des eingesetzten Personals gefährdet ist (z. B. Reanimation während des Transports ins Krankenhaus, Reanimation während einer Herzkatheterintervention).
Sonografie
Die Ultraschalluntersuchung kann während einer Reanimation zur Identifikation reversibler Ursachen eingesetzt werden (s.[ Infobox]).
Übersicht
Reversible Ursachen des Herz-Kreislauf-Stillstands
Postreanimationsbehandlung: Ursachenforschung, Temperaturmanagement und Zeit für die Entscheidungsfindung
Dieses Thema hat in den Leitlinien 2015 nun erstmalig ein eigenes Kapitel bekommen. Damit wird klar, dass die Therapie nach einer erfolgreichen Reanimation erst richtig beginnt.
Empfehlung
Als erster Untersuchungsdurchgang der Postreanimationsbehandlung wird hier die ABC(DE)-Herangehensweise empfohlen, um lebensbedrohliche Störungen zu erkennen und prioritätenorientiert zu beheben.
Unmittelbar danach wird ein wesentlicher Fokus auf die Beantwortung folgender Frage gelegt: Warum ist der Patient reanimationspflichtig geworden? Gibt es Hinweise auf eine kardiale Ursache, sollte vordringlich eine Koronarangiografie durchgeführt werden. Ein frühzeitig abgeleitetes 12-Kanal-EKG stellt hier die zentralen Weichen. Gibt es keine Hinweise auf eine kardiale Ursache, sollte als Diagnostik ein CT von Kopf und/oder CT-Angiografie der A. pulmonalis erwogen werden ([Abb. 6]).
Abb. 6 Postreanimationsbehandlung bei Patienten mit Spontankreislauf und Koma. (Quelle: Nolan JP, Soar J, Cariou A et al. Postreanimationsbehandlung. Kapitel 5 der Leitlinien zur Reanimation 2015 des European Resuscitation Council. Notfall Rettungsmed 2015; 18: 904 – 931. © German Resuscitation Council und Austrian Resuscitation Council 2015. Rechte: [rerif])
Auf der Intensivstation angekommen, bleibt ein zielgerichtetes Temperaturmanagement wichtig. Nur die Datenlage über die am besten geeignete Zieltemperatur ist unklar: Es besteht daher nun auch die Option, eine Temperatur von 36 °C statt wie bisher 32 – 34 °C für 24 Stunden anzustreben ([Abb. 7]). Klar bezüglich der Temperatur ist jedoch eins:
Cave
Fieber gilt es auf jeden Fall zu vermeiden.
Abb. 7 Für das zielgerichtete Temperaturmanagement stehen z. B. invasive und nichtinvasive autonome Regulierungssysteme zur Verfügung (ARCTIC SUN Temperaturen Management System der Fa. BARD).
Prognose
Die Einschätzung der Prognose nach einem Herz-Kreislauf-Stillstand bleibt eine Herausforderung; dazu bedarf es neben einer interdisziplinären und multimodalen Strategie vor allem eines Faktors: Zeit. Frühestens 72 Stunden nach der Wiederkehr eines Spontankreislaufs sind erste valide neurologisch-klinische Untersuchungen möglich bzw. aussagekräftig. Dazu gehört die auch oft schon während oder unmittelbar nach Reanimation durchgeführte Untersuchung des Pupillenreflexes. Entscheidend ist ebenfalls, dass Nachwirkungen und Reste einer vorangegangenen Analgosedierung als Störfaktoren der Untersuchung ausgeschlossen werden müssen.
Fallbeispiel
Die Untersuchung nach ABCDE-Schema ergibt folgende Befunde:
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A: gesichert mittels Endotrachealtubus.
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B: Pulmo seitengleich ventiliert, vesikuläres Atemgeräusch, normale Thoraxexkursionen, etCO2.
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56 mmHg SpO2 96% unter 100% FiO2; keine Eigenatmung des Patienten.
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C: Rekapillarisierungszeit 3 Sekunden, RR 165/90 mmHg, HF 105/Minute, 12-Kanal-EKG: SR, ST-Streckensenkungen V1–V4.
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D: Pupillen weit, isokor, träge Lichtreaktion; GCS3.
-
E: Keine Allergien, keine bekannten Vorerkrankungen, keine bekannte Vormedikation.
Nun wird der Patient für den Transport an das Beatmungsgerät angeschlossen. Die Beatmung erfolgt mit folgenden Einstellungen:
-
PCV (Pressure controlled Ventilation),
-
pinsp 25 mbar,
-
PEEP (positive endexpiratory Pressure) 10 mbar,
-
AF 15/Minute,
-
FiO2 = 80%.
Des Weiteren wird eine Analgosedierung mit Midazolam und Sufentanil eingeleitet. Aufgrund des Verdachts auf ein kardiales thrombembolisches Ereignis werden ASS 300 mg i. v. sowie Heparin 5000 IE i. v. verabreicht. Die aufnehmende Klinik wird über die Zustandsänderung informiert und die voraussichtliche Eintreffzeit mitgeteilt.
Welche Neuerungen gab es nach 2015?
2017: Keine Änderungen beim Thema Herzdruckmassage
Die im November 2017 erschienene Publikation [1] zeigt, dass die von der ILCOR beschriebenen Handlungsempfehlungen gar nicht immer zu gravierenden Veränderungen führen. Oft werden die in den ERC-Leitlinien aufgeführten Inhalte sogar bestärkt oder nur um geringe Nuancen hin anders betont ([Tab. 1]). Um es auf den Punkt zu bringen: 2017 gab es keine relevanten Änderungen in dem wichtigen Bereich Herzdruckmassage.
Tab. 1 CoSTR 2017 versus ERC Guidelines 2017.
Topic
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ILCOR CoSTR
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ERC-Leitlinien
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CoSTR = Consensus on Science with Treatment Recommendations; CPR = kardiopulmonale Reanimation; ERC = European Resuscitation Council; ET = Endotrachealtubus; ILCOR = International Liaison Committee on Resuscitation; LAMA = Larynxmaske; OHCA = Out-of-Hospital cardiac Arrest; PPV = positive Pressure Ventilation; SGA = supraglottische Atemwegshilfe
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Telefon-CPR
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Für die telefonische Anleitung von Ersthelfern bei vermutetem außerklinischem Herz-Kreislauf-Stillstand des Erwachsenen wird eine CPR-Anleitung lediglich mit Thoraxkompressionen (Chest Compression only-CPR) empfohlen (starke Empfehlung, Evidenzgrad gering).
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Der Leitstellendisponent sollte bei Verdacht auf Herz-Kreislauf-Stillstand immer eine telefonische CPR-Anleitung vornehmen, es sei denn, ein ausgebildeter Ersthelfer führt bereits adäquate CPR-Maßnahmen durch.
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Laienhelfer-CPR
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Wir empfehlen weiterhin, dass Beobachter/Ersthelfer bei allen Patienten mit Herz-Kreislauf-Stillstand Thoraxkompressionen durchführen sollen („good Practice Statement“).
Im CoSTR von 2015 wurde dies als starke Empfehlung zitiert, die jedoch auf sehr geringer Qualität der Evidenz beruhte.
Wir schlagen vor, dass Beobachter, die geschult sind und sich dazu in der Lage fühlen, Thoraxkompressionen und Beatmung bei allen erwachsenen Patienten durchführen sollen (schwache Empfehlung, sehr schwache Evidenz).
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Ersthelfer sollten Thoraxkompressionen bei allen reanimationspflichtigen Patienten durchführen. Trainierte Anwender sollten Thoraxkompressionen und Beatmung durchführen.
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Rettungsdienst-CPR
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Wir empfehlen Rettungsdienstpersonal, CPR mit 30 Kompressionen und 2 Beatmungen oder kontinuierliche Thoraxkompressionen mit PPV durchzuführen – ohne die Thoraxkompressionen zu unterbrechen, bis ein Endotrachealtubus oder ein supraglottischer Atemweg eingesetzt wird (starke Empfehlung, hochwertige Evidenz).
Für Rettungsdienste, die CPR mit minimaler Unterbrechung durchführen können, scheint diese Strategie eine vernünftige Alternative zur herkömmlichen CPR bei schockbaren OHCA zu sein (schwache Empfehlung, sehr geringer Evidenz).
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Rettungsdienste sollten vor Einlage eines erweiterten Atemwegs (ET, SGA) CPR mit 30 Thoraxkompressionen und 2 Beatmungen durchführen. Nach Einlage des ET oder SGA sollten 10 Beatmungen pro Minute durchgeführt werden. Der ERC empfiehlt nicht CPR mit minimaler Unterbrechung (kontinuierliche Thoraxkompressionen mit passiver Sauerstoffversorgung, typischerweise mit einem oropharyngealen Atemweg und passive Sauerstoffzufuhr mit Sauerstoffmaske während der CPR).
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Kompressions-Ventilations-Ratio
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Wir empfehlen ein Verhältnis von 30 Kompressionen zu 2 Ventilationen bei Patienten im Herz-Kreislauf-Stillstand (schwache Empfehlung, sehr schlechte Evidenz).
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Der ERC empfiehlt ein Verhältnis von Kompression zu Ventilation von 30 : 2.
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CPR im Krankenhaus
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Nach der Einlage von erweitertem Atemwegsmanagement (ET, SGA) sollten keine Pausen für die Beatmung erfolgen. Die Beatmungen sollten ohne Unterbrechungen während kontinuierlicher Thoraxkompressionen durchgeführt werden.
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Beginnen Sie die CPR mit einer Ratio von 30 : 2, bis ein erweitertes Atemwegsmanagement (ET, SGA) etabliert ist. Nach adäquater Atemwegssicherung führen Sie ununterbrochene Thoraxkompressionen durch (Ausnahme für Pulskontrolle oder Defibrillation). Wir empfehlen eine Thoraxkompressionsfrequenz von 100 – 120 pro Minute und Beatmungsfrequenz von 10 Beatmungen pro Minute.
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Kinderreanimation
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Wir empfehlen die Anwendung von Beatmung und Thoraxkompressionen für Ersthelfer während eines Herz-Kreislauf-Stillstandes von Säuglingen und Kindern unter 18 Jahren (schwache Empfehlung, sehr geringer Evidenz).
Wenn Ersthelfer während des kindlichen Kreislaufstillstandes sich nicht in der Lage fühlen, Beatmungen durchzuführen, sollten mindestens Thoraxkompressionen ohne Unterbrechung erfolgen. Im CoSTR von 2015 wurde dies als starke Empfehlung zitiert, die jedoch auf sehr geringer Evidenz beruht.
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Helfende, welche lediglich in der Wiederbelebung von Erwachsenen oder nur in Thoraxkompressionen geschult wurden, sollten bei unzureichender Kenntnis von Kinderreanimationsmaßnahmen die ihnen bekannte Technik durchführen, da das Outcome schlechter ist, wenn sie gar nichts tun. Es ist jedoch besser, bei kindlichem Herz-Kreislauf-Stillstand Thoraxkompressionen und Beatmungen durchzuführen, da die Ursache häufig eine Hypoxie/Asphyxie ist.
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Newborn Life Support
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Keine neuen Änderungen.
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Eine Kompressions-Ventilations-Ratio von 3 : 1 wird bei Reanimation während der Geburt empfohlen. Die Ursache des Kreislaufstillstandes von Neugeborenen ist nahezu immer respiratorisch bedingt. Wenn eine kardiale Genese des Herz-Kreislauf-Stillstandes vermutet wird, können Rettungskräfte auch die Ratio 15 : 2 verwenden. Nach Etablierung eines erweiterten Atemwegs (ET, LAMA) sollten intermittierende Kompressionen und Ventilationen im geeigneten Verhältnis durchgeführt werden.
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In [Tab. 1] werden alle zur Diskussion stehenden Punkte aufgeführt und die Wertung seitens des ERC wiedergegeben (ICLOR = International Liaison Committee on Resuscitation; CoSTR = Consensus on Science with Treatment Recommendations; ERC = European Resuscitation Council).
2018: Antiarrhythmika bei Herzstillstand
2018 gab es ein Update zum Thema Antiarrhythmika bei der Reanimation – sowohl für Erwachsene als auch Kinder und Säuglinge [3]. Neu ist hier, dass Lidocain als Alternative zu Amiodaron nun doch wieder eingesetzt werden kann. Beide Medikamente sollen im Falle eines Herzstillstandes bei Nichtansprechen des Kammerflimmerns bzw. einer pulslosen ventrikulären Tachykardie auf Defibrillation nach der 3. Schockabgabe eingesetzt werden.
Merke
Kammerflimmern (VF) und pulslose ventrikuläre Tachykardie (pVT) sollten so bald wie möglich defibrilliert werden!
Kammerflimmern und pulslose ventrikuläre Tachykardien sind im Rahmen von Kinderreanimationen eher selten.
Daten aus der ARREST- [4] und ROCALPS-Studie [5] zeigten, dass Amiodaron oder Lidocain gegenüber einem Placebo Vorteile zeigt in Bezug auf die Rückkehr eines Spontankreislaufs (in der Lidocain-Gruppe) sowie auch eine höhere Überlebensrate bis zur Einlieferung ins Krankenhaus (in beiden Gruppen). Weder Lidocain noch Amiodaron haben jedoch einen positiven Effekt auf die Überlebensrate der Patienten bis zu einer Krankenhausentlassung.
Fazit
Bei Kammerflimmern und pulsloser ventrikulärer Tachykardie nach der 3. Defibrillation: Die Gabe von Amiodaron oder Lidocain führt nur zu einer höheren Überlebensrate bis Krankenhausaufnahme – nicht jedoch zu einer höheren Entlassungsrate von Patienten aus dem Krankenhaus per se.
Fallbeispiel
Während des Transports treten keine Komplikationen auf. Der Patient bleibt hämodynamisch stabil und kann dem Aufnahmeteam zur direkten Durchführung einer Koronarangiografie übergeben werden. Eine orientierende transthorakale Echokardiografie bei Übernahme ergibt eine stark hochgradig eingeschränkte linksventrikuläre Pumpfunktion. Die Koronarangiografie kann eine hochgradige Stenose des RIVA (R. interventricularis anterior), welcher die Vorderwand des Herzens versorgt, darstellen.
Es erfolgt an dieser Stelle die Implantation eines Koronarstents sowie die nachfolgende Intensivtherapie. Im weiteren Verlauf kann der Patient problemlos von der Beatmung entwöhnt und ohne neurologisches Defizit nach Hause entlassen werden.
Wissenschaftlich verantwortlich gemäß Zertifizierungsbestimmungen
Wissenschaftlich verantwortlich gemäß Zertifizierungsbestimmungen für diesen Beitrag ist Dr. med. Matthias Deppe, Oldenburg.