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DOI: 10.1055/a-0690-9050
Untersuchung der Wirkungen eines statischen Magnetfeldes auf ein neu-entwickeltes magnetisch ophthalmologisches Implantat in einem 3 Tesla MRT
Artikel in mehreren Sprachen: English | deutschCorrespondence
Publikationsverlauf
29. November 2017
06. Juni 2018
Publikationsdatum:
11. Oktober 2018 (online)
- 1. Einleitung
- 2. Material und Methoden
- 3. Ergebnisse
- 4. Diskussion
- 5. Schlussfolgerungen
- References
Zusammenfassung
Ziel Das Ziel dieser Studie ist es, die Wirkungen eines statischen Magnetfeldes während einer MRT-Untersuchung auf ein magnetisch-ophthalmologisches Implantat in vitro zu bestimmen. Das Implantat besteht aus Silikon und einem eingebetteten Metallplättchen, das zur Öffnung einer Ventilklappe dient. Es wurden zehn unterschiedliche Größen des Metallplättchens untersucht, um die Abhängigkeit der magnetischen Kräfte von der Größe des Metallplättchens zu charakterisieren.
Material und Methode Es wurden 10 Metallplättchen mit Größen zwischen 8 × 8 mm2 und 1 × 1 mm2 und 2 Prototypen des Implantats an einem 3 Tesla-MRT untersucht. Im statischen Magnetfeld wurde die Translationskraft mithilfe des Fadentests (ASTM F 2052) und das Drehmoment anhand einer 5-Punkte-Graduierung nach Sommer et al. [11] bestimmt (Grad 0: kein Drehmoment, Grad 4: starkes Drehmoment). Die beiden Prototypen wurden im Bereich des höchsten Feldgradienten der Translationskraft und im Isozentrum des MRTs dem Drehmoment ausgesetzt und das Verhalten der Ventilklappe wurde visuell auf Funktionalität untersucht. Zusätzlich wurden mit einem Kraftmesser die Fixierungsnähte des Implantats und das Skleragewebe des Auges dem tausendfachen der errechneten Translationskraft ausgesetzt.
Ergebnisse Die Translationskraft war in der Regel fast 10-mal so groß wie die Gewichtskraft FG eines Plättchens. Die Metallplättchen waren einem starken Drehmoment ausgesetzt (Stufe 3 bis 4). Die Nähte und das Gewebe hielten mehr als dem Tausendfachen der ermittelten Translationskraft stand. Im MRT war kein spontanes, unkontrolliertes Öffnen der Ventilklappe sichtbar, in dessen Folge der Augeninnendruck stark abnehmen könnte.
Schlussfolgerung Durch die geringe Größe, die Silikonummantelung und die Fixation durch die Nähte können die Translationskraft und das Drehmoment kompensiert werden.
Kernaussagen:
-
Die hohen magnetischen Kräfte werden von der Silikonummantelung und den Haltenähten kompensiert.
-
Das magnetisch-ophthalmologische Implantat wird durch das MRT-Magnetfeld nicht in seiner Funktion eingeschränkt.
-
Das Implantat kann als bedingt MRT-sicher angesehen werden.
Zitierweise
-
Bodenstein A, Lüpke M, Seiler C et al. Evaluation of the static magnetic field interactions for a newly developed magnetic ophthalmic implant at 3 Tesla MRI. Fortschr Röntgenstr 2019; 191: 209 – 215
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1. Einleitung
Die Magnetresonanztomografie (MRT) wird in der Diagnostik für die Darstellung von Weichteilstrukturen verwendet. Während einer MRT-Untersuchung können ferromagnetische Materialien im Körper des Patienten zu einer potenziellen Gefahr für diesen werden. Aus der hohen magnetischen Feldstärke kann eine Bewegung des Implantats resultieren, durch die irreversible Schäden an sensiblen Organen wie dem Auge verursacht werden können [1]. Die Risiken und physikalischen Wechselwirkungen von ferromagnetischen Objekten im MRT wurden vielfach in der Literatur beschrieben [2] [3] [4] [5] [6]. Im Rahmen dieser Studie soll das Verhalten eines in der Entwicklungsphase befindlichen Implantats in einem 3-Tesla-MRT untersucht werden. Dieses Implantat dient primär der Therapie des Krankheitsbildes Glaukom und wird in einer vorher präparierten Skleratasche im Auge positioniert. Es besteht aus einem Silikongrundkörper, in den eine Mikroventilklappe geschnitten ist, die ein ferromagnetisches Plättchen enthält. Zwischen der Klappe und dem Grundkörper besteht ein kleiner Spalt, durch den ein konstanter Abfluss von Kammerwasser erreicht wird, wodurch die Entstehung eines überhöhten Augeninnendrucks verhindert werden soll. Mithilfe eines externen Magneten wird die Klappe regelmäßig geöffnet, um dem Anheften von Fibroblasten vorzubeugen. Die Fibrosierung und der damit verbundene Verschluss sind häufig eine Ursache für den Funktionsausfall von konventionellen Glaukom-Drainage-Implantaten [7] [8].
Aufgrund des verbreiteten klinischen Einsatzes der MRT ist es von großer Wichtigkeit, die MRT-Tauglichkeit neuer Implantate zu überprüfen. Aus diesem Grund werden in der Studie in vitro die magnetischen Kräfte, die auf das Implantat wirken, untersucht.
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2. Material und Methoden
2.1 Material
Alle Versuche wurden am 3-T-MRT (Philips, Achieva 3.0 T TX) durchgeführt. Es wurden zwei Prototypen ex vivo untersucht, die im Auge eines frischtoten Kaninchenkopfs im Bereich der Sklera eingesetzt wurden. Beide Prototypen bestehen aus einem Silikongrundkörper mit einer Mikroventilklappe aus Chrom-Nickel-Stahl mit den Maßen von 0,5 × 0,5 mm2 und einer Dicke von 50 µm. Die beiden Prototypen unterscheiden sich voneinander bezüglich ihrer Form sowie der Zahl der Nahtpunkte, mit denen das Implantat im intraokulären Gewebe im Bereich der Sklera fixiert wird. Prototyp 1 ist kreisförmig mit einem Durchmesser von 4 mm und wurde an drei Punkten im Auge befestigt. Der Silikongrundkörper von Prototyp 2 ist rechteckig (3 × 2 mm²) und verfügt über vier Nahtpunkte.
Vor den Untersuchungen an den Implantatprototypen wurden die Eigenschaften der Mikroventilklappen in vitro ermittelt. Da sich ein Metallplättchen mit einer Größe von 0,5 × 0,5 mm2 nur unter großen Schwierigkeiten im MRT handhaben lässt, wurden 10 isolierte Metallplättchen aus einem Chrom-Nickel-Stahl mit einer Dicke von 50 µm und Grundflächen zwischen 1 × 1 und 8 × 8 mm2 bei den Versuchen verwendet ([Tab. 1]). Aus den Ergebnissen dieser Messungen wurden die entsprechenden Werte für die Implantatprototypen extrapoliert.
Nr. des MP |
Seiten-längen [mm2] |
m [mg] |
FG [mN] |
1 |
8 × 8 |
23,90 |
0,234 |
2 |
7 × 7 |
18,50 |
0,181 |
3 |
6 × 6 |
13,90 |
0,136 |
4 |
5 × 5 |
9,30 |
0,0912 |
5 |
4 × 4 |
5,80 |
0,0569 |
6 |
3 × 3 |
3,30 |
0,0324 |
7 |
2 × 2 |
1,10 |
0,0108 |
8 |
1,5 × 1,5 |
0,70 |
0,00 687 |
9 |
1,25 × 1,25 |
0,50 |
0,00 491 |
10 |
1 × 1 |
0,40 |
0,00 392 |
11[1] |
0,5 × 0,5 |
0,10 |
0,000 981 |
MP – Metallplättchen; m – Masse; FG – Gewichtskraft.
1 extrapolierte Werte bei Metallplättchen 11.
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2.2 Methoden
2.2.1 Messung der Translationskraft
Um die Translationskraft auf die Metallplättchen zu messen, wurde der standardisierte Fadentest der ASTM F 2052 [9] verwendet. Dafür wurde ein Plättchen über einen freischwingenden Faden an einer nicht ferromagnetischen Halterung fixiert und im Bereich der maximalen induzierten Magnetkraft auf der zentralen Achse des MRTs positioniert ([Abb. 1a, b]). Dieser Bereich wurde nach der Methode von Kemper [10] am statischen Magnetfeld ermittelt. Er befindet sich 86 cm vom Isozentrum des Magneten entfernt. Der Auslenkungswinkel β in Richtung der vertikalen z-Linie des Magnetfelds wurde mittels Fadens anhand einer Winkelskala abgelesen. Aus dem jeweils gemessenen Auslenkungswinkel wurde für jedes Metallplättchen die Translationskraft FT in z-Richtung (Magnetfeldrichtung) entsprechend
berechnet. Dabei bezeichnen FG die Gewichtskraft, m die Masse des Metallplättchens, g die Fallbeschleunigung (9,81 m/s2) und β den Auslenkungswinkel in Relation zur Vertikalen.
Die Implantate wurden zusätzlich mit Gewichten aus Gummi bzw. Kunststoff beschwert, die zwischen 0,052 g und 0,440 g wogen, um einen Auslenkungswinkel zwischen 25° und 65° zu erzielen. Jedes Metallplättchen wurde zweimal mit zwei unterschiedlich schweren Gewichten gemessen. Anschließend wurde die mittlere Translationskraft bestimmt und mit der Gewichtskraft FG verglichen.
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2.2.2 Bestimmung des Drehmoments
Die Bestimmung des Drehmoments M erfolgte nach einer international etablierten Methode [11] [12] [13] ebenfalls im statischen Magnetfeld. Eine laminierte Winkelskala wurde waagerecht im Isozentrum des Magneten positioniert. Anschließend wurde jedes Metallplättchen einzeln auf der Skala platziert und in die Positionen 45°, 90°, 135°, 180°, 225°, 270° und 315° zu B0 gebracht ([Abb. 2]). Zwei Beobachter analysierten, wie sich jedes Metallplättchen wieder zum Magnetfeld B 0 ausrichtete. Diese Bewegung wurde nach einer 5-Punkte-Graduierung nach Sommer et al. [11] qualitativ bewertet ([Tab. 3]).
Nr. des MP |
FG [mN] |
FT Mittelwert [mN] |
σFT [mN] |
FT/ FG |
M Score |
1 |
0,234 |
2,37 |
0,21 |
10,1 |
4 |
2 |
0,181 |
1,72 |
0,32 |
9,47 |
4 |
3 |
0,136 |
1,26 |
0,20 |
9,21 |
4 |
4 |
0,0912 |
0,722 |
0,04 |
7,92 |
4 |
5 |
0,0569 |
0,505 |
0,04 |
8,87 |
4 |
6 |
0,0324 |
0,298 |
0,05 |
9,20 |
3 |
7 |
0,0108 |
0,0791 |
0,04 |
7,32 |
3 |
8 |
0,00 687 |
0,0491 |
0,03 |
7,15 |
3 |
9 |
0,00 491 |
0,0354 |
0,02 |
7,21 |
3 |
10 |
0,00 392 |
0,0562 |
0,04 |
14,3 |
3 |
11[1] |
0,000 981 |
0,00 981 |
/ |
10 |
/ |
MP – Metallplättchen; FG – Gewichtskraft; FT – Translationskraft; σFT – Standardabweichung vom Mittelwert (FT); M – Drehmoment.
1 extrapolierte Werte bei Metallplättchen 11.
Grad 0 |
Kein Drehmoment |
Keine Ausrichtung des Testobjekts zu B0 |
Grad 1 |
Geringgradiges Drehmoment |
Änderung der Ausrichtung des Testobjekts, aber keine Angleichung an B0 |
Grad 2 |
Mittelgradiges Drehmoment |
Langsame Ausrichtung, nach und nach erfolgt eine Angleichung des Testobjekts an B0 |
Grad 3 |
Höhergradiges Drehmoment |
Schnelle und flüssige Bewegung des Testobjekts mit einer vollständigen Angleichung an B0 |
Grad 4 |
Hochgradiges Drehmoment |
Das Testobjekt gleicht sich mit einer schnellen und sofortigen Bewegung an B0 an |
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2.2.3 Überprüfung der Funktionalität der Magnetventilklappe
Um die Funktionsfähigkeit der Implantatprototypen (s. Kap. 2.1) nachzuweisen, wurde das Öffnen der Klappe bei beiden Prototypen jeweils mit einem Neodym-Magneten (magnetische Flussdichte von 0,5 T bei 1 mm axialem Abstand, 0,26 T bei 5 mm Abstand) visuell mittels Auflichtmikroskops überprüft. Der Magnet wurde sehr nahe an die Magnetventilklappe gehalten (Abstand ca. 1 mm). Um zu kontrollieren, ob es zu einer unbeabsichtigten Öffnung der Klappe im MRT kommt, wurde dies anhand des im Auge eines Kaninchenkopfs implantierten Prototyps 1 getestet. Der Kopf wurde an verschiedenen Stellen sowohl im Bereich der Gantry als auch im Isozentrum des MRT platziert. Mit einer Lupe (Brennweite f = 5 cm) und einer MRT-kompatiblen Lichtquelle wurde das Verhalten der Klappe beobachtet.
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2.2.4 Überprüfung der Haltekräfte an den Fixierungsnähten des Implantats
Um die Stabilität der Fixierungsnähte zu überprüfen, wurde der Prototyp 1 im Auge eines frischtoten Kaninchens unter Verwendung eines Kraftmessers einer Kraft von 10 mN ausgesetzt. Dabei wurde ein Faden (Vicryl Plus, 3 – 0) mittig unter das Implantat platziert. Mittels Fadens und Kraftmessers wurde an dem Implantat lateral im Winkel von 0° (direkt von oben) sowie seitlich im Winkel von 45° und nasal im Winkel von 45° gezogen. In jeder Position wurde das Implantat der Kraft für 20 min ausgesetzt. Anschließend wurden die Haltenähte visuell mit einem Auflichtmikroskop untersucht und beurteilt.
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3. Ergebnisse
3.1 Translationskraft und Drehmoment
Die für 10 Metallplättchen (MP) berechnete Translationskraft FT lag zwischen 0,0354 mN (MP 9) und 2,37 mN (MP 1) ([Tab. 2]). Die Translationskraft nahm mit steigender Größe der Plättchen zu und war in der Regel fast 10-mal so groß wie die Gewichtskraft FG ([Abb. 3]). Bei der Untersuchung der Drehmomente zeigten die quadratischen Plättchen unabhängig von ihrer Größe eine Ausrichtung mit einer Außenkante parallel zum Magnetfeld B0 ([Tab. 2]). Die Plättchen 1 bis 5 zeigten eine schnelle und sofortige Ausrichtung in Bezug zu B0 (Score 4). Die Plättchen 6 bis 10 zeigten eine weniger schnelle Bewegung im Vergleich zu den Plättchen 1 bis 5 zu ihrer Vorzugsrichtung (Score 3).
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3.2 Funktionalität der Magnetventilklappe
Die Klappen von Prototyp 1 und Prototyp 2 öffneten sich bei der Annäherung des Neodym-Magneten an das Implantat (Abstand Magnet – Implantat: ca. 1 mm). Bei der Überprüfung der Beeinflussung der Klappe von Prototyp 1 im MRT öffnete sich diese weder im Bereich des höchsten Feldgradienten (≤ 17 T/m [14]) noch im Isozentrum.
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3.3 Haltekräfte der Fixierungsnähten des Implantats
Bei der anschließenden mikroskopischen Untersuchung waren keine Veränderungen an den Fixierungspunkten und am Skleragewebe erkennbar.
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4. Diskussion
In dieser Studie wurde ein neuartiges magnetisches ophthalmologisches Implantat auf seine MRT-Sicherheit bezüglich der magnetischen Translationskräfte und Drehmomente untersucht. Die Stärke der Kräfte bzw. Drehmomente ist abhängig von dem Magnetfeldgradienten, unter Umständen von der Magnetisierbarkeit (= magnetische Suszeptibilität χ) des Materials, von der Magnetfeldstärke B0, von der Masse und der Position des Implantats im Magnetfeld und von der Implantatgeometrie [15]. Ferromagnetische Metalle wie Eisen, Kobalt und Nickel zeichnen sich durch eine hohe Suszeptibilität aus (z. B. Eisen χFe ≈ 105) und gelten deshalb als „MRT-unsicher“, da sie im Magnetfeld großen Kräften ausgesetzt sind. Auch ihre Legierungen und viele Stahlsorten sind ohne genaue Kenntnis ihrer Suszeptibilität zunächst als unsicher einzustufen [16].
4.1 Translationskraft
Die maximale Translationskraft wird dort erreicht, wo das Produkt aus Magnetisierung und Feldgradient sein Maximum erreicht. Dieser Ort liegt im Bereich der Gantry-Öffnung, da dort zum einen die Feldstärke so groß ist, dass das Material bereits eine gesättigte Magnetisierung aufweist, und zum anderen infolge der Divergenz der Feldlinien ein großer Feldgradient vorliegt und der Feldgradient gegen null geht. Die Translationskraft nimmt daher mit Annäherung an die Gantry-Öffnung zu, erreicht im Bereich der Öffnung ein Maximum und verschwindet innerhalb des MRT, da dort ein homogenes Magnetfeld vorliegt. Daher ist der Patient der größten Translationskraft beim Passieren der Magnetöffnung ausgesetzt [10]. Für die untersuchten Metallplättchen unterschiedlicher Größe ergab sich ein linearer Zusammenhang zwischen ihrer Gewichtskraft und ihrer Translationskraft. Dies zeigt auch, dass alle Plättchen die gleiche Zusammensetzung von Chrom und Nickel besitzen. Jedes Metallplättchen ist einer Translationskraft ausgesetzt, die ca. 10-mal größer als die eigene Gewichtskraft ist. Der verwendete Fadentest ist eine etablierte Methode, um die Translationskraft zu bestimmen [2] [17] [18] [19]. Ohne Zusatzgewicht zeigten die Metallplättchen Auslenkungswinkel von ca. 90°. Bei einem Auslenkungswinkel von 90° ist aufgrund des Tangens in Gleichung (1) keine Berechnung der Translationskraft möglich. Deshalb wurden die Metallplättchen mit nichtmagnetischen Gewichten beschwert, um einen Auslenkungswinkel von unter 65° zu erzielen [10] [20] [21]. Um die Messgenauigkeit zu verbessern, wurden die Messungen zweimal mit unterschiedlichen Gewichten durchgeführt [22]. Nach den ASTM-Richtlinien werden Objekte als „MRT-unsicher“ eingestuft, die einen Auslenkungswinkel von mehr als 45° aufweisen [9] [10]. Der Grund dafür ist, dass bei diesen Objekten die durch das statische Magnetfeld wirkende Kraft größer ist als die auf das Objekt wirkende Gravitationskraft [10] [22]. Bei der Bewertung dieser Aussage ist zu berücksichtigen, dass das Implantat später im Auge durch Nähte fest fixiert sein wird. Laut Mühlenweg et al. nimmt mit zunehmendem Implantationsalter (> 6 Monate) das Dislokationsrisiko aufgrund von Narbenbildung ab [16]. Auch nach einer mikrochirurgischen Versorgung der Sklera reagiert diese nach einigen Monaten mit Vernarbung [23]. Da auf die Implantate eine sehr hohe Translationskraft wirkt, die deutlich über der eigenen Gewichtskraft liegt, sollte in dem in Kap. 2.2.4 beschriebenen Versuch mittels eines simulierten „Worst-Case-Szenarios“ überprüft werden, ob die Haltenähte und das Silikon die Translationskraft kompensieren können. Das Metallplättchen von Prototyp 1 hat ein Gewicht von 0,1 mg. Durch Extrapolieren der Werte in [Tab. 2] erhält man eine Translationskraft von 0,01 mN. Der verwendete Kraftmesser zog mit einer Kraft von 10 mN aus unterschiedlichen Winkeln jeweils für 20 Minuten an dem Implantat. Insgesamt wurden die Nähte dem Tausendfachen der berechneten Kraft ausgesetzt. Da bei der anschließenden mikroskopischen Untersuchung keine Veränderungen an der Position und den Nähten feststellbar waren, kann man davon ausgehen, dass das Implantat während einer MRT-Untersuchung nicht disloziert wird und sowohl die Fäden als auch das Gewebe der Kraft standhalten. Allerdings lässt sich bei dieser Methode nicht eindeutig sagen, ob es nicht doch durch die Zugkraft auf histologischer Ebene zu kleinen Schäden oder gar zur Induktion von Entzündungen kommen kann.
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4.2 Drehmoment
Die stärksten Drehmomente sind im Isozentrum des Magnetfelds eines MRT zu erwarten, wo das Magnetfeld am homogensten ist und die Bildgebung erfolgt [10]. Abhängig von der Größe der Metallplättchen lag der Score des Drehmoments zwischen 3 und 4 ([Tab. 2]), d. h., die Diagonalen der Plättchen orientierten sich mit einer schnellen und unverzögerten Bewegung parallel zu B0. Der Score des Drehmoments nahm mit kleiner werdenden Abmessungen der Plättchen ab ([Tab. 2]). Ein Grund dafür sind die mit kleineren Abmessungen der Plättchen einhergehenden kleineren magnetischen Momente [16]. Die Reibungskräfte zwischen den Plättchen und der Untersuchungsoberfläche nahmen nicht in gleicher Weise ab, sodass die Reibungskräfte bei kleineren Plättchen einen stärkeren Einfluss hatten und somit das resultierende Drehmoment verringerten [11]. Die Bestimmung des Drehmoments gestaltete sich methodisch als schwierig, da es kein einheitliches Verfahren zur Quantifizierung des Drehmoments für sehr kleine Objekte gibt. In dieser Studie wurde daher nur eine qualitative Beurteilung des Drehmoments durch zwei unabhängige Beobachter anhand einer 5-Punkte-Graduierung durchgeführt, die speziell für kleine Objekte entwickelt wurde [10] [11] [12] [13] [24] [25]. Im Gegensatz zur Translationskraft ist es beim Drehmoment schwierig, einen oberen Sicherheitsgrenzwert zu definieren [11]. Während die Translationskraft linear mit der Feldstärke zunimmt, erhöht sich das Drehmoment proportional zum Quadrat der Feldstärke [10] und ist damit ein beachtliches und nicht konkret kalkulierbares Sicherheitsrisiko [11]. Das auf das Implantat wirkende Drehmoment ist außer von den Abmessungen und der Suszeptibilität des Materials vor allem von dessen geometrischer Form abhängig. So sind insbesondere längliche Objekte einem starken Drehmoment ausgesetzt, während bei quadratisch geformten Objekten das Drehmoment in der Regel geringer ist [10]. Zwar sind die Metallplättchen im Isozentrum des MRT einem großen Drehmoment ausgesetzt, aber dieses ist nicht groß genug, um eine Öffnung der Ventilklappe oder eine Verschiebung des Silikongrundkörpers zu bewirken.
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4.3 Funktionalität
Zusätzlich wurde entsprechend Kap. 2.2.3 untersucht, ob sich die Magnetventilklappe im MRT öffnet oder in ihrer Funktion eingeschränkt wird. Bei Positionierung des Implantats im Bereich des Isozentrums sowie im Bereich der Gantry war visuell mittels einer Lupe kein Öffnen der Klappe feststellbar. Dagegen ließen sich beide Klappen sowohl von Prototyp 1 als auch von Prototyp 2 mit einem Stabmagneten öffnen, obwohl dieser über ein kleineres Magnetfeld verfügt als das MRT. Dies lässt sich so erklären, dass mit der geringen räumlichen Ausdehnung des Magneten ein großer Feldgradient verbunden ist, während durch das ausgedehnte Magnetfeld des MRTs die Feldgradienten geringer sind. Zusammenfassend ist davon auszugehen, dass die Magnetventilklappe in ihrer Funktionalität nicht durch die vom Magnetfeld des MRT erzeugten Translationskräfte und Drehmomente eingeschränkt oder gestört wird.
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5. Schlussfolgerungen
Aufgrund der geringen Größe des Implantats wirken nur kleine Kräfte auf das Implantat, die leicht durch dessen Silikonummantelung und Nahtfixation kompensiert werden können. Zur grundsätzlichen Beurteilung der MRT-Tauglichkeit des Implantats ist eine Abschätzung der möglichen Erwärmung noch erforderlich. Diese wurde in einer zweiten Studie zusammen mit der Untersuchung auf Artefaktbildung durchgeführt.
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Aufgrund des häufigen klinischen Einsatzes des MRT müssen neue Implantate auf ihre MRT-Sicherheit überprüft werden.
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Die magnetischen Kräfte wurden präzise evaluiert, um das Wirken der Zugkräfte einschätzen zu können.
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Besonders das Auge besitzt sensible Strukturen, die durch Dislokation des Implantats einen irreparablen Schaden nehmen könnten.
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Die Funktionalität der Magnetventilklappe wird durch die magnetischen Kräfte während einer MRT-Untersuchung nicht eingeschränkt oder beschädigt.
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