Einleitung
Die Wundbehandlung stellt im klinischen Alltag oft eine enorme Herausforderung für die verschiedenen medizinischen Bereiche und die Patienten dar. Das primäre Ziel der Wundbehandlung ist es, das zeitlich und regionär kontrollierte, komplexe Geschehen der Wundheilung zu unterstützen, um die Integrität und Funktion der Gewebe wiederherzustellen. Der Prozess der physiologischen kutanen Wundheilung umfasst einen unterschiedlich langen Zeitraum und verläuft in verschiedenen Phasen. Der Begriff Wunde ist hierbei definiert als Verlust der Integrität der Haut durch exogene oder endogene Faktoren.
Eine Wunde, die nach 8 Wochen nicht abgeheilt ist, wird als chronisch bezeichnet. Unabhängig von dieser zeitlich orientierten Definition gibt es Wunden, die von Beginn an als chronisch anzusehen sind, da ihre Behandlung eine Therapie der weiterhin bestehenden Ursache erfordert. Hierzu gehören beispielsweise das diabetische Fußulkus, Wunden bei pAVK, Ulcus cruris venosum oder Dekubitus [1]
[2]. Man geht davon aus, dass in Deutschland aktuell mindestens 1 Million Menschen an einer chronischen Wunde unterschiedlichster Genese leiden [3]. Von den ca. 82 Millionen Bundesbürgern sind mehr als 13 Millionen bereits älter als 65 Jahre. Bis 2020 wird ein Zuwachs um 25 – 30 % des Anteils der Bevölkerung über 65 Jahre prognostiziert. Somit wird auch entsprechend der weiter zu erwartenden steigenden Lebenserwartung der Bevölkerung und der zunehmenden Inzidenz chronischer Wunden mit zunehmendem Lebensalter die Anzahl der zu behandelnden Patienten in den kommenden Jahren weiter ansteigen, wenn nicht prophylaktische, diagnostische und therapeutische Maßnahmen optimiert werden können.
Das zentrale Ziel der immer komplexer werdenden Wundtherapie ist es, die physiologischen Prozesse der zuvor gestörten Wundheilung zu unterstützen [4]. Dies kann nur dann gelingen, wenn die Ursachen der Wundheilungsstörungen korrekt diagnostiziert und, wenn möglich, auch therapiert werden [5].
Zertikat „Wundmanagement“ der DDA
Zertikat „Wundmanagement“ der DDA
Die Behandlung von Patienten mit chronischen Wunden ist ein zentraler Bestandteil in dem Fachgebiet der Dermatologie. Da jedoch die Erkentnisse und Anforderungen bei der Wundbehandlung immer komplexer werden, erschien es notwendig, eine neue Weiterbildung explizit für die Zielgruppe der Dermatologen zu etablieren. Erstellt wurde daher auf Anregung der DDA 2008 ein entsprechendes Curriculum durch eine Expertengruppe der Arbeitsgemeinschaft Wundheilung (AGW, [Abb. 1]) der DDG. Hier waren J. Dissemond (Essen, Leitung), A. Körber (Essen), S. Karrer (Regensburg), M. Landthaler (Regensburg), W. Jungkunz (Friedberg), R. Renner (damals Leipzig) und M. Schlaeger (Oldenburg) beteiligt. Der Gesamtumfang der Weiterbildung umfasst 16 Stunden, aufgeteilt in zwei Fortbildungseinheiten à 8 Stunden. Einer der beiden Kurse wird seitdem jeweils auf der Jahrestagung der DDG und auf der Münchner Fortbildungswoche angeboten.
Abb. 1 Die Arbeitsgemeinschaft Wundheilung (AGW) der DDG wurde 2002 mit dem zentralen Anliegen der Verbesserung der Wundheilungskonzepte bei Patienten akuten und chronischen Wunden gegründet.
Teil 1 – Genese und Diagnostik
Teil 1 – Genese und Diagnostik
1 Grundlagen
1.1
Pathophysiologie der Wundheilung
1.2
Beurteilung von Wunden
1.3
Definition chronischer Wunden
1.4
Pathophysiologie chronischer Wunden
-
Bedeutung von Metalloproteinasen (MMPs)
-
Bedeutung von reaktiven Sauerstoffspezies (ROS)
-
Bedeutung des pH-Wertes
-
Bedeutung der Wachstumsfaktoren
-
Grundzüge der Gerinnung
2 Krankheitsbilder, Diagnostik
2.1
Ursachen chronischer Wunden nach Häufigkeit und Genese
2.1.1 Chronische venöse Insuffizienz (CVI)
Epidemiologie
Pathophysiologie
Risikofaktoren
Anamnese/Diagnostik
Stadieneinteilung
-
Widmer-Klassifikation
-
CEAP-Klassifikation
-
Stadien nach Hach
Therapie
-
Konservative Therapie
-
Kompression
-
Wundbehandlung
-
Physiotherapie
-
Medikamente
2.1.2 Periphere arterielle Verschlusskrankheit (pAVK)
Epidemiologie
Pathophysiologie
Risikofaktoren
Anamnese/Diagnostik
Stadieneinteilung
Therapie
-
Konservative Therapie
-
Wundbehandlung
-
Physiotherapie, Gehtraining
-
Medikamente, rheologische Maßnahmen
2.1.3 Diabetisches Fußsyndrom (DFS), diabetisches Fußulkus (DFU)
Epidemiologie
Pathophysiologie
Risikofaktoren
Anamnese/Diagnostik
-
Basisdiagnostik
-
Diabetes: Blutzuckertagesprofil, HBA1c
-
pAVK: Pulsstatus, ABI, Doppler, Duplex
-
Polyneuropathie: Stimmgabel, Monofilament, TipTherm
Stadieneinteilung
Therapie
-
Konservative Therapie
-
Physiotherapie
-
Medikamente
2.1.4 Dekubitalulkus
Epidemiologie
Pathophysiologie
Risikofaktoren
Anamnese/Diagnostik
Stadieneinteilung
Therapie
2.1.5 Seltenere Ursachen
-
Vaskulitis, z. B. Polyarteriitis nodosa, Granulomatose mit Polyangiitis
-
Hämatologische Erkrankungen, z. B. Sichelzellanämie, Polycythämia vera
-
Neuropathische Ursachen, z. B. durch Medikamente, Multiple Sklerose
-
Metabolische Ursachen, z. B. Oxalose, Calciphylaxie
-
Infektionen, z. B. Ekthyma, gramnegativer Fußinfekt
-
Medikamente, z. B. Hydroxyurea, Cumarine
-
Exogene Ursachen, z. B. Verbrennung, Verätzung
-
Neoplasien, z. B. Basalzellkarzinom, Plattenepithelkarzinom
-
Dermatosen, z. B. Pyoderma gangraenosum, Necrobiosis lipoidica
-
Genetische Defekte, z. B. Klinefelter-, Klippel-Trenauny-Syndrom
-
Andere, z. B. Artefakte
3 Kontaktsensibilisierungen
Kontaktallergien
-
Epidemiologie der Allergien bei Wundpatienten
-
Relevante Inhaltstoffe von Hautpflegepräparaten, Wundauflagen, Lokaltherapeutika
Diagnostik, Therapie, Prävention
Mechanismen für den Wundrandschutz
-
Hautpflegepräparate
-
Hautschutzpräparate
4 Ernährung
Unterernährung vs. Fehlernährung
Bedeutung bei verschiedenen Wundarten
5 Dokumentation
Rahmenbedingungen für Dokumentationssysteme
Anforderungen an Wunddokumentationen
Wunddokumentationsformen
Fotodokumentation
Teil 2 – Therapie
1 Wundbehandlung
1.1
Mikrobiologie, Hygiene
1.1.1 Infektion und -abwehr
1.1.2 Bakterien in chronischen Wunden
1.1.3 Umgang mit Patienten mit multiresistenten Erregern (MRE)
1.1.4 Therapie
-
Antiseptika
-
Polihexanid
-
Octenidin
-
Jod
-
Obsolete Präparationen
-
Antibiotika
-
Wirkmechanismen
-
Resistenzen
1.2
Wundsäuberung
1.2.1 Wundreinigung, Wundspülung
-
Indikation
-
Durchführung
-
Eingesetzte Spüllösungen
1.2.2 Debridement
Debridementtechniken
1.3
Wundverbandmittel
Vorstellung, Diskussion und Anwendungsbeispiele der unterschiedlichen Wundverbandmittel
Einteilung der Wundverbandmittel
-
Alginate
-
Hydrofaser
-
Hydrogele
-
Schaumstoffe
-
Hydrokolloide
-
Folienverbände
-
Hyaluronsäurehaltige Wundverbandmittel
-
Kollagenhaltige Wundverbandmittel
-
Wachstumsfaktoren
-
Antimikrobielle Wundauflagen
-
Andere
1.4
Vakuumtherapie
Prinzipien der Vakuumtherapie
1.5
Defektdeckung
1.6
Sonstige Verfahren der lokalen Wundbehandlung
-
Kaltplasma
-
Elektrostimulation
-
Andere
2 Lymphologie
Anatomischer Aufbau und physiologische Funktion der Lymphgefäße
Primäre und sekundäre Erkrankungen des Lymphgefäßsystems
Anamnese und Diagnostik der lymphologischen Krankheitsbilder
Therapie
3 Kompression
Vorbereitende Diagnostik
Indikationen/Kontraindikationen
Physiologische Effekte der Kompressionstherapie
Kompressionssysteme
-
Kurzzug-/Langzug-Binden
-
Unelastische Verbände, Zinkleim
-
Mehrkomponentenverbandsysteme
-
Adaptive Bandagen
-
Kompressionsstrümpfe
-
Ulkus-Strumpfsysteme
-
Apparative intermittierende Kompressionssysteme
4 Schmerztherapie
Schmerzarten
Schmerzeinschätzung
Grundzüge der Schmerztherapieverfahren
-
Medikamentöse Therapie
-
Interventionelle Verfahren, z. B. Nervenblockaden, Rückenmarksnahe Analgesieverfahren, Neurostimulationsverfahren
-
Transkutane elektrische Nervenstimulation (TENS)
-
Akupunktur
-
Elektrostimulationsakupunktur
-
Psychologische Verfahren
-
Physikalische Therapie, z. B. Massagen, Thermotherapie
Unterstützende Therapien
Für den Erwerb des Zertikats „Wundmanagement“ der DDA ist es notwendig, Facharzt für Dermatologie und Venerologie zu sein und zusätzlich beide Kurse absolviert zu haben.
Wundsiegel-Zertifizierung „Wundzentrum Klinik“ nach DDG-Kriterien
Wundsiegel-Zertifizierung „Wundzentrum Klinik“ nach DDG-Kriterien
In enger Kooperation mit der Initiative Chronische Wunden (ICW) e. V. wird seit Ende 2013 die Wundsiegel-Zertifizierung „Wundzentrum Klinik“ nach DDG-Kriterien für angeboten ([Abb. 2]). Es ist seitdem möglich, über das ICW-Wundsiegel mit den zusätzlichen Kriterienkatalogen der Fachgesellschaften (aktuell beteiligt: Dermatologie, Gefäßchirurgie und Angiologie) ein harmonisiertes Audit nach DIN EN ISO 9001:2015 zu absolvieren. Das Audit wird durch die Zertifizierungsgesellschaft DQS GmbH durchgeführt und findet gemeinsam mit Fachauditoren statt [6]. Aktuell sind bereits dermatologischen Kliniken in Berlin, Bochum, Essen, Erlangen, Köln und Hamburg erfolgreich als „Wundzentrum Klinik“ nach DDG-Kriterien zertifiziert worden. Weiterführende Informationen sind über die Homepage der ICW e. V. (www.icwunden.de) oder per E‐Mail über die Wundsiegel-QM‐Geschäftsstelle ICW e. V. Wundsiegel, Frau Martina Lange (m.lange@mamedicon.de) erhältlich.
Abb. 2 In Kooperation mit der Initiative Chronische Wunden e. V. kann u. a. eine Zertifizierung „Wundzentrum Klinik“ nach Wundsiegel- und DDG-Kriterien erfolgen.