Eine strukturierte Einarbeitung neuer Mitarbeiter ist Voraussetzung für ein
reibungsloses Funktionieren aller Abläufe in der Notaufnahme. (Quelle: Monkey Business_AdobeStock;
Symbolbild)
Das Handlungsspektrum von Notaufnahmeabteilungen erstreckt sich von der Behandlung
schwerverletzter und schwerstkranker Patienten bis hin zur Behandlung von Patienten,
die von ihrem Hausarzt oder dem hausärztlichen Notdienst behandelt werden könnten.
Dabei erhoffen sich der Notfallpatient sowie dessen An- und Zugehörige in erster
Linie die Linderung der akuten Beschwerden, eine zügige und zielsichere Diagnose
sowie eine rasche und kompetente Therapie [1]. Ziel
muss es sein, trotz der in den letzten Jahren kontinuierlich steigenden
Patientenzahlen in Notaufnahmeabteilungen keinen schwerstkranken Patienten zu
übersehenn. Daher sollten alle Patienten in Zentralen Notaufnahmen (ZNA)
ersteingeschätzt werden. Diese Ersteinschätzung sollte von geschulten Mitarbeitern
des Pflegedienstes durchgeführt werden [2]. Doch
erstreckt sich das Handlungsfeld von Pflegenden in der Notaufnahme auf einen weitaus
größeren Tätigkeitsbereich, dazu gehören die Linderung/Unterstützung bei der Heilung
der subjektiven Beschwerden von Patienten und das Erkennen ihrer Bedürfnisse. Hinzu
kommen die pflegerische Versorgung und die Betreuung von Angehörigen, das
Einleiten/Interpretieren diagnostischer Maßnahmen und der Beginn der indizierten
Therapie zur Sicherstellung der Behandlungsqualität [3]. Dies ist insbesondere für neue Kollegen ohne Berufserfahrung eine
anspruchsvolle Aufgabe, da sie hierfür in ihrer Ausbildung nicht vorbereitet werden
[4]. In der Ausbildungsrichtlinie für
„Gesundheits- und (Kinder-)Krankenpflege“ in Nordrhein-Westfalen sind beispielsweise
nur einzelne Unterrichtsstunden hinterlegt, die Pflegende auf die Tätigkeit in einer
Zentralen Notaufnahme vorbereiten [5].
Daher ist es eine unumgängliche Aufgabe der Führungskräfte und Praxisanleiter von
Notaufnahmen, neue Kollegen strukturiert und umfassend auf ihr neues Aufgabengebiet
vorzubereiten. Die Einarbeitung ist auf ihre Wirksamkeit hin zu evaluieren, und auch
nach der geplanten Einarbeitung sind weitere Fortbildungsangebote zu ermöglichen, um
eine kontinuierliche Steigerung der pflegerischen Kompetenzen bzw. des Wissensstands
zu gewährleisten. Mit dem Ziel einer kontinuierlichen und hohen Pflegequalität trotz
teilweise geringer Berufserfahrung bei neuen Kollegen wurde in der ZNA der Uniklinik
Köln ein neues Einarbeitungskonzept entwickelt.
Die Notaufnahme der Uniklinik Köln
Die Notaufnahme der Uniklinik Köln
Die Zentrale Notaufnahme der Uniklinik Köln (UKK) versorgt jährlich ca. 45.000
Menschen und hat rund 60.500 Patientenkontakte im Jahr. Als Haus der
Maximalversorgung ist die UKK Bestandteil des Traumanetzwerks Region Köln als
überregionales Traumazentrum und Bestandteil des Kölner Infarktmodells (KIM) mit
einer angebundenen zertifizierten Chest Pain Unit. In der Notaufnahme (Info)
werden alle instabilen oder polytraumatisierten Patienten interprofessionell
betreut. Die Notaufnahme wird ärztlicherseits durch die Klinik für Innere Medizin II
(Nephrologie, Rheumatologie, Diabetologie und Allgemeine Innere Medizin Uniklinik
Köln) geführt. Die Ersteinschätzung von Patienten geschieht mittels
Manchester-Triage-System.
Durch die Zuweisung der Notaufnahme innerhalb des Pflegedienstes zum Bereich der
Intensivpflege ist es den Mitarbeitern der ZNA möglich, an der hausinternen
Fachweiterbildung Intensivpflege und Anästhesie teilzunehmen. Daher haben etwa 30
Prozent der Pflegekräfte diese fachliche Zusatzqualifikation. Aktuell werden die
Mitarbeiter zusätzlich durch die Weiterbildung Notfallpflege qualifiziert.
Mit den teilzeitbeschäftigten Kollegen zählt das pflegerische Team derzeit 42
Mitarbeiter. Darunter sind zehn Pflegekräfte mit Fachweiterbildung Intensivpflege
und Anästhesie, zwei mit der Fachweiterbildung Notfallpflege nach DKG, sieben
Praxisanleiter und ein Absolvent des Studiengangs ANP, zwei Mitarbeiter befinden
sich in einem pflegebezogenen Bachelorstudiengang.
RÄUMLICHE, PERSONELLE UND STRUKTURELLE GEGEBENHEITEN DER ZNA DER UNIKLINIK
KÖLN
-
Drei Schockräume
-
Neun Behandlungsräume
-
Zwei Funktionsräume
-
Unmittelbare Nähe zur Notfallradiologie und Hubschrauberlandeplatz
-
Einbindung im Traumanetzwerk Region Köln und Kölner Infarktmodell
-
Pflegende sind fächerübergreifend weitergebildet (z. B.
Fachweiterbildungen in Notfallpflege, Anästhesie und Intensivpflege,
Praxisanleiter für Pflegeberufe, Wundmanagement, pädiatrische
Intensivpflege)
-
Pflegende sind multiprofessionell tätig
-
Angegliederte Notaufnahmestation mit zehn Betten zur interdisziplinären
Nutzung
Einarbeitung als zielorientierter Prozess
Einarbeitung als zielorientierter Prozess
In der Einarbeitung im Kontext Notaufnahme geht es daher vor allem darum, dem neuen
Beschäftigten Sicherheit im neuen Arbeitsumfeld zu vermitteln, um so die Qualität im
Sinne der Patientensicherheit zu gewährleisten. Die Einarbeitung hat gezielt zu
erfolgen und muss didaktisch vorbereitet und geplant werden, daher kann sie an den
PDCA-Zyklus angelehnt werden:
-
Plan = Wer übernimmt die Einarbeitung? Welche Vorerfahrungen hat der
neue Mitarbeiter? Interne Formalien (z. B. Schlüsselantrag, Freischaltungen
beantragen etc.)
-
Do = Führe die Einarbeitung durch
-
Check = Evaluiere die Einarbeitung und die Fortschritte gemeinsam mit
dem Einzuarbeitenden, Praxisanleitung und Teamleitung
-
Act = Führe Anpassungen durch, abgeleitet aus der jeweiligen
Evaluation (z. B. Veränderung der Lehrmethoden oder Verlängerung der
Einarbeitungszeit)
Problemdarstellung
Zwischen Oktober 2016 und Dezember 2017 wurden insgesamt zwölf neue Mitarbeiter
eingearbeitet, darunter allein fünf im Oktober 2016. Die neuen Kollegen hatten
mehrjährige Berufserfahrung in der Allgemeinpflege, der Anästhesie oder Psychiatrie,
zum anderen gab es auch Kollegen mit nur wenig Berufserfahrung. Innerhalb der
vorgesehenen sechs Wochen Einarbeitungszeit mussten den neuen Mitarbeitern daher
nicht nur die strukturellen Konzepte der Uniklinik Köln vermittelt werden, sondern
auch fachliche Inhalte unter Berücksichtigung des speziellen Arbeitsplatzes
Notaufnahme.
Rückblick zur bisherigen Einarbeitung – was sollte sich ändern?
Rückblick zur bisherigen Einarbeitung – was sollte sich ändern?
Die Einarbeitung neuer Mitarbeiter wurde durch die pflegerische Teamleitung der
Zentralen Notaufnahme an die Praxisanleiter delegiert. Jedoch gab es bisher kein
spezielles Einarbeitungskonzept seitens der Pflegedirektion für den Funktionsbereich
Notaufnahme. Die bisherigen Einarbeitungen waren daher weder systematisch noch durch
ein pädagogisches Konzept hinterlegt und daher stark abhängig vom jeweiligen
Praxisanleiter. Trotz dieser Problematik konnte man aufgrund der hohen fachlichen
Expertise der Praxisanleiter von einer inhaltlich versierten Einarbeitung
ausgehen.
Die bisherige Einarbeitung erfolgte allerdings immer im direkten Patientenkontakt.
Das führte zu einer Doppelbelastung für den Praxisanleiter und den neuen
Mitarbeiter, da zum einen weiterhin eine adäquate Patientenversorgung gewährleistet
werden musste, zum anderen aber parallel gelehrt und gelernt werden sollte.
Das neue Einarbeitungskonzept
Das neue Einarbeitungskonzept
Um die Diskrepanz einer nicht-strukturierten Einarbeitung zu beheben, haben die
Praxisanleiter der Uniklinik Köln ein neues Einarbeitungskonzept entworfen. Die
Voraussetzung, neue Mitarbeiter einzuarbeiten, ist seither eine Weiterbildung im
Bereich der Anästhesie und Intensivpflege und/oder im Bereich der Praxisanleitung
sowie mehrjährige Erfahrung im Notaufnahmesetting. Die Mehrzahl der einarbeitenden
Pflegenden verfügt über beide Weiterbildungen, womit eine hohe fachliche und
pädagogische Kompetenz der Anleiter sichergestellt wurde. Es wurden Einführungs- und
Praxistage erarbeitet, um theoretisches Hintergrundwissen zu schaffen. Daraus
entstand ein drei Phasen-Konzept ([
Abb. 1
])
mit einer Dauer von sechs Wochen:
Abb. 1 Die drei Phasen der Einarbeitung.
Phase 1
Die erste Phase ist gekennzeichnet durch eine kontinuierliche Einarbeitung mit
einer bzw. zwei festen Bezugspersonen. Eröffnet wird diese Phase mit einem
Einführungstag und einem Praxistag. Diese finden außerhalb der
Patientenversorgung statt und können dadurch optimal genutzt werden, um
theoretisches Grundlagenwissen zu vermitteln. Die Themen ([
Tab. 1
]) des Einführungs- und
Praxistages werden dann in der weiteren Einarbeitung praktisch angewandt, um
einen Theorie-Praxis-Transfer zu gewährleisten.
Tab. 1
Mögliche Inhalte der Einführungs- und Praxistage.
Einführungstag
|
Erster Praxistag
|
Zweiter Praxistag
|
|
-
Stroke in der ZNA
-
Polytraumaversorgung
-
Chest Pain Unit
-
Human Factors
|
-
Spezielle Krankheitsbilder
-
Themen der Einzuarbeitenden
-
Verhalten im ManV
-
Erweiterte Geräteeinweisungen (z. B. Beatmungsgerät)
|
Phase 2
Die zweite Phase beinhaltet einen Praxistag außerhalb der Patientenversorgung.
Hier werden die Themen individuell auf den Einzuarbeitenden abgestimmt. Es
können weitere theoretische Grundlagen besprochen, aber auch praktische Ansätze
trainiert werden. Eine Vertiefungsmöglichkeit stellen z. B. seltene
Krankheitsbilder oder Symptomkomplexe dar.
Nach diesem Praxistag werden die neuen Kollegen zwar weiterhin kontinuierlich
begleitet, übernehmen die Versorgung von Patienten aber im Rahmen ihrer
Kompetenzen zunehmend autark und erhalten ein Feedback dazu. Darüber hinaus ist
die Teilnahme an einem Advanced-Life-Support-Kurs im „Kölner
interprofessionellen Skillslab und Simulationszentrum“ (KISS) geplant. Sollte es
in dieser Phase absehbar werden, dass die begleitete Zeit verlängert werden
muss, wird dies zwischen Praxisanleitung, Teamleitung und neuem Mitarbeiter im
Rahmen eines Entwicklungsgesprächs besprochen.
Phase 3
In der dritten Phase der Einarbeitung werden spezifische Praxistage je nach
Wissensstand und Vorerfahrungen des Mitarbeiters angeboten. Des Weiteren
versorgt der neue Mitarbeiter Patienten weitestgehend autark, wobei die
Pflegehandlungen weiterhin durch den Praxisanleiter beobachtet und gemeinsam mit
dem Einzuarbeitenden evaluiert werden. Auch nach Abschluss der Einarbeitungszeit
steht der Praxisanleiter dem neuen Kollegen weiterhin als Ansprechpartner zur
Verfügung.
Eine individuelle Anpassung der Inhalte in den einzelnen Phasen der Einarbeitung
an die Vorerfahrung der neuen Kollegen ist für die Akzeptanz des
Einarbeitungskonzepts von hoher Bedeutung. Die Inhalte der Einarbeitung müssen
daher an die jeweiligen Vorerfahrungen (Erfahrung in der Intensivpflege,
Erfahrung in der Notaufnahmepflege, Erfahrung aus anderen pflegerischen
Bereichen) der neuen Mitarbeiter adaptiert werden.
Zusammenfassung
Die fachliche Einarbeitung ist ein wichtiger Baustein zur Mitarbeiterentwicklung und
-bindung. Aus der gemeinsamen Evaluation zwischen Teamleitung, Praxisanleitung und
neu eingearbeiteten Kollegen ging hervor, dass die Einarbeitung durch das neue
Konzept zwar stringenter und auf die individuellen Vorerfahrungen der einzelnen
Mitarbeiter angepasster ist, jedoch im Sinne des lebenslangen Lernens sowie der
Mitarbeiterbindung und -entwicklung durch weitere Fortbildungsmaßnahmen nach
Beendigung der Einarbeitungszeit unterstürzt werden muss.
Aus dieser Idee entstanden das Fortbildungskonzept Pflege für Pflege sowie
die Einführung spezieller Praxistage in an die Notaufnahme angrenzenden
Versorgungsbereichen (Ein Tag auf ITS).
-
Internes Fortbildungsprogramm mit Kurzpräsentationen
-
Alle zwei Wochen
-
Durchführung vor dem Spätdienst und nach dem Frühdienst mit je 20
Minuten
-
Referenten sind grundsätzlich pflegerische Kollegen (daher auch der
Name „Pflege für Pflege“)
Themenbeispiele:
… als Beispiel eines Praxistages im angrenzenden Versorgungsbereich
-
Gemeinsamer Arbeitstag auf Intensivstation mit Praxisanleitung
-
Theoretische Grundlagen (vier Stunden)
-
Praktische Durchführung (vier Stunden)
Mögliche Themen: