Prof. Dr. med. Christiane Bayerl
Wimpern dienen dem Schutz des Auges und der sozialen Kommunikation. Auch Augenbrauen definieren die Gesichtsform mit. Ein voller Augenaufschlag unter wohl geformten Wimpern und Augenbrauen zählt zu den Sympathie schaffenden Charakteristika des menschlichen Gesichtes. Da dies hinlänglich bekannt ist, wird mitunter mit künstlichen Wimpern, die angeklebt werden, nachgeholfen, und Augenbrauen lassen sich nachzeichnen oder mit Farbtattoos modifzieren. Nun gibt es neue Angebote der Kosmetik, die aus der Medizin stammen und ein vermehrtes Wachstum der Wimpern versprechen.
Bei der Hypotrichose stehen Erkrankungen hinter den Therapieversuchen, zu denen es bisher keinen Standard gibt. Gründe für Hypotrichose sind z. B. Neurodermitits, Ekzeme, Ablagerungserkrankungen, Schilddrüsendysfunktion, Alopecia areata, Verletzungen, Mycosis fungoides und Sézary-Syndrom, Chemotherapeutika, Zink-, Biotin- und Eisenmangel, Hypoproteinämie und einige Genodermatosen. Dagegen war ein vermehrtes Haarwachstum ein Nebeneffekt des Einsatzes von Ophthalmika, die Prostaglandine und Prostaglandin-Analoga enthalten und bei erhöhtem Augenkammerdruck und Offenwinkel-Glaukom eingesetzt werden. Bei Bimatoprost 0,03 %- und Latanoprost-Augentropfen trat bei 30 – 70 % der Patienten eine Hypertrichose auf, wovon der Einsatz bei Hypotrichose abgeleitet wurde [1]. Nebenwirkungen der Ophthalmika sind konjunktivale Hyperämie bei 50 % und periorbitale Hyperpigmentierung und Iris-Pigmentierung durch erhöhte Melanogenese bei 3 – 10 % der Anwender. Hervortretendes Fettgewebe in der Augenumgebung, Rückgang des Fettgewebes in der Umgebung des Bulbus mit Einsinken des Auges, Vertiefungen der Augenlidfalte, Ödem der Augenlider und Augenjucken wurden bei ophthalmologischem Einsatz von Bimatoprost, Latanoprost und Travoprost beschrieben [2]
[3]. Eine Hemmung der Differenzierung der Prädipozyen wurde in vitro gezeigt und könnte die Fettgewebsreduktion beim Einsatz dieser Präparate erklären [4].
Der Wirkmechanismus der Prostaglandine und Prostamide ist nicht geklärt, vermutet werden eine Verlängerung der Anagen-Phase und dadurch längere Wimpern, ein Dunkler-Werden der Haare über vermehrte Melanogenese und ein Dicker-Werden der Haare über Wirkung an dem Prostaglandin-Rezeptor in den Haarfollikeln. Mehrere Studien haben die klinische Wirkung bei Hypotrichose belegt [1]. In den USA ist Bimatoprost unter dem Namen Latisse™ seit 2008 zur Behandlung der Hypotrichose der Wimpern als verschreibungspflichtig zugelassen.
Nun werden Prostaglandin-Analoga auch in Kosmetika wie Wimperntusche und in Seren für das Wimpern- und Augenbrauenwachstum eingesetzt. Ein Fallbericht beschreibt statt der zumeist publizierten Hyperpigmentierung eine Depigmentierung nach Isopropyl-Cloprostenat, einem Prostaglandin-Analogon zum Prostaglandin F2α. Die Depigmentierung fand sich in der Umgebung erweiterter Blutgefäße um das Auge [5]. Ebenso ist aufgrund der Strukturähnlichkeit von Dechloro-dihydroxy-difluoro-ethylprostenolamid (Tafluprostethylamid), ebenfalls einem PGF2α-Analogon, in Wimpernhaarwuchsmitteln und Augenbrauenpräparaten von einem ähnlichen Nebenwirkungsspektrum wie bei den bekannten Ophthalmika auszugehen. PGF2α-Analoga gehören demnach nicht in Kosmetika und sollten der Anwendung bei Glaukom vorbehalten sein. Wir sollten in der kosmetischen Dermatologie diese Substanzklassen als Augenbrauen- und Wimpernbooster nicht empfehlen. Als Nebenwirkungen können Hohläugigkeit und Pigmentunregelmäßigkeiten der Iris und der Augenumgebung auftreten.
Christiane Bayerl, Wiesbaden
