Einleitung
Die ärztlichen Anforderungen der ambulanten und stationären Patientenversorgung können sich je nach Fachbereich erheblich voneinander unterscheiden. Während in bestimmten Fachbereichen wie z. B. in der Gynäkologie oder Orthopädie naturgemäß erhebliche Unterschiede vorliegen, werden die Strukturen in der Pneumologie zunehmend durchlässiger. Effektivere Behandlungsmöglichkeiten führen dazu, dass bronchopulmonale Infekte und Exazerbation einer chronischen Bronchitis/chronisch obstruktiven Lungenerkrankungen oder eines Asthma bronchiale häufig bereits ambulant gut beherrschbar sind, während Lungenkarzinome und die akute respiratorische Insuffizienz häufig weiterhin zur Notwendigkeit stationär therapeutischer Interventionen führen.
Unterschiedliche Behandlungsschwerpunkte im ambulanten und stationären Bereich haben Einfluss auf Patientenversorgung, Forschung, aber auch ärztliche Weiterbildung und sind daher gesundheitspolitisch von besonderem Interesse. Ziel dieses Projektes ist es, einen Einblick in gemeinsame und unterschiedliche Behandlungsschwerpunkte in der ambulanten und stationären pneumologischen Patientenversorgung von heute zu gewinnen und deren Auswirkungen auf Patient, Arzt und Forschung zu diskutieren.
Methoden
Die Grundlage für diese retrospektive Datenanalyse bilden zum einen die durch die kassenärztliche Vereinigung (KV) Nordrhein veröffentlichten häufigsten ICD-10-Codes pneumologischer Arztpraxen des dritten Quartals 2016 (142 431 Fälle) [1]. Zum anderen wurden die stationären Fälle einer pneumologischen Fachklinik, die in hoher Patientenzahl alle Bereiche der konservativen Erwachsenenpneumologie abdeckt (Krankenhaus Bethanien, Solingen), des gesamten Jahres 2016 (5211 Fälle) ausgewertet. Beide Datensätze wurden deskriptiv analysiert und auf Basis der relativen Häufigkeiten miteinander verglichen. Da die Daten der KV nur übergeordnet dreistellig vorliegen, wurden für den Vergleich beider Bereiche auch die Klinikdaten nur auf dieser übergeordneten Ebene betrachtet. Codes, die keinen Rückschluss auf eine eindeutige Diagnose erlauben, wurden aus der Betrachtung ausgeschlossen sowie inhaltlich ähnliche Codes zusammengefasst ([Tab. 1]). Bei der vergleichenden Betrachtung aus Sicht der pneumologischen Praxen wurden deren 100 obersten Ränge der relativen Häufigkeiten von ICD-Codes mit jenen der 100 häufigsten Ränge der pneumologischen Fachklinik verglichen und umgekehrt.
Tab. 1
ICD-10-Codes, die für die vergleichende Betrachtung von pneumologischen Arztpraxen und pneumologischer Fachklinik nicht berücksichtigt bzw. zusammengefasst wurden.
ICD-10-Codes, die nicht berücksichtigt wurden
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Z92 Medizinische Behandlung in der Eigenanamnese
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Z11 Spezielle Verfahren zur Untersuchung auf infektiöse und parasitäre Krankheiten
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Z29 Notwendigkeit von anderen prophylaktischen Maßnahmen
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Z03 Ärztliche Beobachtung und Beurteilung von Verdachtsfällen
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Z86 Bestimmte andere Krankheiten in der Eigenanamnese
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Z51 Sonstige medizinische Behandlung
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Z99 Abhängigkeit (langzeitig) von unterstützenden Apparaten, medizinischen Geräten oder Hilfsmitteln, anderenorts nicht klassifiziert
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R94 Abnorme Ergebnisse von Funktionsprüfungen
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ICD-10-Codes, die zusammengefasst wurden
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G47 + F51 Schlafstörungen + nicht organische Schlafstörungen
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J13-J18 Pneumonien
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J20 – 22 Akute Bronchitis/Bronchiolitis/Infektion der unteren Atemwege
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A15-A19 Tuberkulose + B90 Folgezustände der Tuberkulose
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E10-E14 Diabetes mellitus
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J40-J42 Chronische Bronchitis
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F32-F33 Depressive Episode/Rezidivierende Depressive Störung
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M48 /M53-M54 Spondylopathien/Sonst. Krankheiten der WS u. d. Rückens/Rückenschmerzen
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In einem zweiten Schritt wurden die ICD-10-Codes der pneumologischen Fachklinik separat betrachtet. Diese Daten erlauben zum einen eine Differenzierung von Haupt- und Nebendiagnosen und sind zum anderen fünfstellig erfasst. Aufgrund einer differenzierteren Kodierung erfolgte die Zusammenfassung inhaltlich ähnlicher Codes auf etwas andere Weise als zuvor ([Tab. 2]). Für die Darstellung der 15 häufigsten Diagnosen wurden nur die Hauptdiagnosen betrachtet. Eine Beschränkung auf rein pneumologische Diagnosen fand hier jedoch nicht statt.
Tab. 2
Zusammenfassungen für die Betrachtung von Hauptdiagnosen der pneumologischen Fachklinik.
Zusammenfassungen
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J40 Bronchitis, nicht als akut oder chronisch bezeichnet J41 Einfache und schleimig-eitrige chronische Bronchitis J42 Nicht näher bezeichnete chronische Bronchitis
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A15 Tuberkulose der Atmungsorgane, bakteriologisch, molekularbiologisch oder histologisch gesichert A16 Tuberkulose der Atmungsorgane, weder bakteriologisch, molekularbiologisch noch histologisch gesichert A17 Tuberkulose des Nervensystems A18 Tuberkulose sonstiger Organe A19 Miliartuberkulose Z03.0 Beobachtung bei Verdacht auf Tuberkulose B90 Folgezustände der Tuberkulose
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J13 Pneumonie durch Streptococcus pneumoniae J14 Pneumonie durch Haemophilus influenzae J15 Pneumonie durch Bakterien, anderenorts nicht klassifiziert J16 Pneumonie durch sonstige Infektionserreger, anderenorts nicht klassifiziert J17 Pneumonie bei anderenorts klassifizierten Krankheiten J18 Pneumonie, Erreger nicht näher bezeichnet
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C34 Bösartige Neubildung der Bronchien und der Lunge C78.0 Sekundäre bösartige Neubildung der Lunge C78.2 Sekundäre bösartige Neubildung der Pleura
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J96.10 Chronische hypoxische respiratorische Insuffizienz J96.11 Chronische hyperkapnische respiratorische Insuffizienz E66.2 Adipositas mit alveolärer Hypoventilation
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J20 Akute Bronchitis J21 Akute Bronchiolitis J22 Akute Infektion der unteren Atemwege
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Ergebnisse
Im Durchschnitt wurden in pneumologischen Praxen 3,8 und in der pneumologischen Fachklinik 6,3 ICD-Codes pro Fall verschlüsselt.
Die ambulante pneumologische Medizin wird v. a. von chronischen Atemwegserkrankungen und allergischen Krankheitsbildern dominiert ([Abb. 1]). Die allergische Rhinopathie und das Asthma bronchiale finden sich unter den 3 häufigsten Diagnosen, wobei sich letzteres mit 44 % aller Diagnosen auf dem ersten Rang befindet. Die zweite große Gruppe von Krankheitsbildern in der ambulanten Pneumologie umfasst die obstruktiven Ventilationsstörungen der Lunge infolge des Tabakrauchens. Auf Rang 2 findet sich die chronisch obstruktive Lungenerkrankung (35 %), Rang 6 belegen die psychischen und Verhaltensstörungen durch Tabak (12 %), und das Lungenemphysem findet sich auf Rang 7 (11 %). Die schlafbezogenen Erkrankungen stellen ebenfalls eine häufige relative Diagnose dar (Rang 4, 18 %), während das Lungenkarzinom (Rang 22, 2 %), die Sarkoidose als häufigste interstitielle Lungenerkrankung (Rang 27, 2 %), die übrigen interstitiellen Lungenerkrankungen (Rang 28, 2 %) und die Tuberkulose (Rang 29, 2 %) selten sind und hinter allgemein internistischen und kardiologischen Krankheitsbildern wie der arteriellen Hypertonie (Rang 5, 17 %), dem Diabetes mellitus (Rang 14, 5 %), der Herzinsuffizienz (Rang 15, 4 %) und der gastroösophagealen Refluxerkrankung (Rang 16, 3 %) zu finden sind.
Abb. 1 Die 30 häufigsten Diagnosen in der pneumologischen Praxis und deren relative Häufigkeiten in der pneumologischen Fachklinik. COPD: chronisch obstruktive Lungenerkrankung, GERD: gastroösophageale Refluxkrankheit, ICD: implantierbarer Kardioverter/Defibrillator, HKE: Herzklappenerkrankung.
In der peumologischen Fachklinik finden sich in der vergleichenden Betrachtung auf Basis der übergeordneten dreistelligen ICD-Codes die chronisch obstruktiven Ventilationsstörungen der Lunge ähnlich häufig wie in der ambulanten pneumologischen Medizin ([Abb. 2]). Die chronisch obstruktive Lungenerkrankung findet sich auf dem vierten Rang und umfasst 32 % aller verschlüsselten Diagnosen. Häufiger zu finden sind nur die nicht weiter spezifizierte respiratorische Insuffizienz auf Rang 1 (60 %), die arterielle Hypertonie auf Rang 2 (46 %) und die schlafbezogenen Erkrankungen auf Rang 3 (38 %). Allergische Erkrankungen sind in der Klinik deutlich seltener, so findet sich das Asthma bronchiale in der stationären Pneumologie auf Rang 23 (6 %, 302 Fälle), während sich die allergische Rhinopathie in den 100 häufigsten Diagnosen der Klinik gar nicht wiederfindet. Das Lungenkarzinom befindet sich auf Rang 16 und macht 10 % (534 Fälle) aller ICD-Codes aus, während die interstitiellen Lungenkrankheiten (Rang 32, 4 %, 219 Fälle), die Tuberkulose (Rang 59, 1 %, 67 Fälle) und die Sarkoidose als häufigste interstitielle Lungenerkrankung (Rang 62, 1 %, 59 Fälle) auch in der Klinik von seltener relativer Häufigkeit sind. Dennoch sind auch diese Krankheitsbilder in Anbetracht der Fallzahlen Gegenstand der alltäglichen klinischen Arbeit.
Abb. 2 Die 30 häufigsten Diagnosen in der pneumologischen Klinik und deren relative Häufigkeiten in der pneumologischen Praxis. COPD: chronisch obstruktive Lungenerkrankung, ICD: implantierbarer Kardioverter/Defibrillator, HKE: Herzklappenerkrankung.
Infektiöse pneumologische Erkrankungen finden sich sowohl ambulant als auch stationär relativ selten. Die Pneumonien stehen in der Klinik auf Rang 19 und machen 7 % aller Diagnosen aus, während sich die akuten Bronchitiden/Bronchiolitiden auf Rang 27 mit 5 % widerfinden. Die relativen Häufigkeiten dieser Krankheitsbilder in der Praxis sind ganz ähnlich verteilt (Pneumonien Rang 18, 3 %; Bronchitiden Rang 25, 2 %).
Bei isolierter Betrachtung der Hauptdiagnosen in der pneumologischen Fachklinik stellt sich ein noch etwas verändertes Gesamtbild dar ([Abb. 3]). Die Schlafapnoe findet sich nun auf Rang 1 (1321 Fälle), gefolgt von dem chronischen hypoxischen und hyperkapnischen Atmungsversagen (inkl. Obesitas-Hypoventilation) auf Rang 2 (821 Fälle) und der chronisch obstruktiven Lungenerkrankung auf Rang 3 (726 Fälle). Malignome der Lunge sind in der Betrachtung der Hauptdiagnosen relativ häufig und finden sich hier auf Rang 4 (459 Fälle), gefolgt von interstitiellen Lungenerkrankungen auf Rang 5 (168 Fälle) und dem Asthma bronchiale auf Rang 6 (144 Fälle). Zwar sind Erkrankung aus dem allergischen und pseudoallergischen Formenkreis, gemessen an der Prävalenz dieser Erkrankungen, von seltener relativer Häufigkeit, von den 144 Fällen mit Asthma bronchiale finden sich jedoch 66 Fälle mit Analgetika-Asthma-Syndrom, deren Behandlung ambulant schwierig umsetzbar war. Die Pneumonien finden sich auf Rang 7 (141 Fälle), gutartige Veränderungen der Lunge auf Rang 8 (127 Fälle), und die akute Bronchitis teilt sich mit der Tuberkulose und der Linksherzinsuffizienz Rang 9 (jeweils 98 Fälle).
Abb. 3 Die 15 häufigsten Hauptdiagnosen in der pneumologischen Fachklinik. COPD: chronische obstruktive Lungenerkrankung, OHS: Obesitas-Hypoventilationssyndrom.
Diskussion
Auf Basis der verschlüsselten ICD-10-Codes vergleichen wir in der hier vorliegenden Studie das Behandlungsspektrum der ambulanten und stationären pneumologischen Medizin. Viele pneumologische Krankheitsbilder werden in relativ ähnlichen Anteilen sowohl in der Praxis als auch im Krankenhaus behandelt. Hierzu zählt v. a. die nicht nach Schweregrad differenzierte chronisch obstruktive Lungenerkrankung. Bei anderen Krankheitsbildern zeigen sich erhebliche Unterschiede in der relativen Häufigkeit in Praxis und Klinik. So werden allergische Erkrankungen wie die allergische Rhinopathie und das Asthma bronchiale v. a. ambulant behandelt, während die respiratorische Insuffizienz und das Lungenkarzinom vorwiegend eine Domäne der stationären pneumologischen Medizin sind.
Entsprechend der Ergebnisse der Studie zur Gesundheit Erwachsener in Deutschland (DEGS1) aus dem Jahre 2013 liegt die Lebenszeitprävalenz für das Asthma bronchiale bei 8,6 % [2]. Die 12-Monats-Prävalenz der chronisch obstruktiven Lungenerkrankung wird in Deutschland auf etwa 5,7 % geschätzt [3]. Heinzer et al. wiesen in der Schweiz einen Apnoe-Hypopnoe-Index ≥ 15 als Hinweis auf das Vorliegen einer schlafbezogenen Atmungsstörung bei 23,4 % (95 % CI 20,9 – 26,0) der Frauen und 49,7 % (46,6 – 52,8) bei Männern zwischen 40 und 85 Jahren nach [4]. Es ist nicht verwunderlich, dass diese sehr häufigen Krankheitsbilder auch gemäß unserer Ergebnisse klare Behandlungsschwerpunkte der pneumologischen Medizin darstellen und deutlich häufiger anzutreffen sind als das Lungenkarzinom oder die interstitielle Lungenerkrankung [5]. Zwar hat die hier betrachtete pneumologische Fachklinik zusätzlich einen Behandlungsschwerpunkt im Bereich Schlaf- und Beatmungsmedizin, dennoch behandeln stationäre DGSM-akkredidierte pneumologische Schlaflabore deutschlandweit durchschnittlich ca. 700 Patienten pro Jahr (Quelle: DGSM-Akkreditierungsstelle). Damit gehören schlafbezogene Atmungsstörungen neben der COPD und der respiratorischen Insuffizienz auch im deutschlandweiten Durchschnitt mit zu den am häufigsten auftretenden pneumologischen Krankheitsbildern.
Dennoch unterscheiden sich Behandlungsschwerpunkte in der ambulanten und stationären pneumologischen Versorgung zum Teil erheblich. Dies hat Auswirkungen auf die ärztliche Weiterbildung, die Durchführung klinischer Studien, aber auch und v. a. auf die Patientenversorgung.
Während in anderen europäischen Ländern nicht selten sektorenübergreifende Versorgungsmodelle mit einer Verschmelzung ambulanter und stationärer Behandlung existieren, finden wir in Deutschland eine strikte Trennung von ambulanter und stationärer Medizin. Ärzte in der Weiterbildung sehen sich im Falle einer rein stationären Ausbildung mit einigen Krankheitsbildern wie zum Beispiel dem Asthma bronchiale nur noch sehr eingeschränkt konfrontiert. Im Rahmen einer Verlagerung des ärztlichen Tätigkeitsfeldes in den ambulanten Sektor nach Beendigung der Weiterbildung könnten potenzielle Ausbildungsdefizite das Auftreten von Versorgungsproblemen begünstigen und die Patientensicherheit gefährden. Diese Situation sieht sich durch das zunehmende Alter der ambulant tätigen Pneumologen noch zusätzlich verschärft. Dass von einer sektorenübergreifenden Weiterbildung sowohl der Arzt in Weiterbildung als auch der niedergelassene Pneumologe profitieren können, wurde bereits anhand von Modellprojekten gezeigt [5].
Klinische Studien finden faktisch ganz überwiegend im Krankenhaus und hier v. a. an universitären oder Universitäts-assoziierten Kliniken statt. Dies findet sich v. a. darin begründet, dass notwendige personelle und sachliche Ressourcen in den allermeisten pneumologischen Praxen nicht zur Verfügung stehen. Um im Rahmen klinischer Studien repräsentative Daten zu generieren, ist es bei manchen Krankheitsbildern sicherlich erforderlich, Studienzentren an ambulanten und stationären pneumologischen Standorten einzubeziehen.
Basierend auf unseren Ergebnissen ist anzunehmen, dass die respiratorische Insuffizienz ein Krankheitsbild ist, welches aktuell vorwiegend im Krankenhaus behandelt wird (Klinik: Rang 1, 60 % aller Diagnosen vs. Praxis: Rang 9, 10 % aller Diagnosen). Dies sieht sich v. a. dadurch begründet, dass diese Patienten eine kritische Klientel mit schlechter Prognose und hoher Komplikationsrate darstellen. Zertifizierte Weaningzentren sind entstanden, die die notwenige Logistik und ärztliche Expertise zur Versorgung dieser Patienten vorhalten. Elektive Verlaufskontrollen nach einem akuten respiratorischen Versagen finden heute in der Regel immer noch an einem Zentrum statt. Dennoch steht hier eine Umstrukturierung mit Verlagerung elektiver Verlaufskontrollen in den ambulanten Sektor unter Kooperation von Pneumologen, Schlaf- und Beatmungsmedizinern kurz bevor [6]. Dieser Trend deutet sich bereits seit einigen Jahren an, wie aus dem jährlichen Bericht des Bundesverbandes der Pneumologen, Schlaf- und Beatmungsmediziner hervorgeht [5]. Hierin wird auch der Zusammenhang von ambulantem pneumologischem Leistungsbedarf und stationären Fällen analysiert, welcher einen relativen Rückgang stationärer Fälle bei intensiver ambulanter pneumologischer Versorgung aufzeigt. Zur Gewährleistung einer fortbestehend optimalen Patientenversorgung erscheint hierbei essenziell, dass die medizinische Expertise der Klinikärzte auf diesem Gebiet auch ambulant verfügbar wird.
Behandlungskonzepte werden in Anbetracht ständig neuer wissenschaftlicher Erkenntnisse zunehmend individueller und komplexer. Selbst innerhalb eines Fachgebietes findet eine zunehmende Spezialisierung statt. Die allermeisten Krankheitsbilder werden in Deutschland von ambulant praktizierenden und Krankenhausärzten parallel behandelt. Diese Strukturen sind für den praktizierenden Arzt gerade im Falle unterschiedlicher Behandlungsschwerpunkte herausfordernd. Der niedergelassene Facharzt wird bei seltenen Krankheitsbildern seines Faches nicht die gleiche Expertise eines hochspezialisierten Krankenhausarztes erlangen, gleichzeitig wird der Krankenhausarzt in Bezug auf ambulant beherrschbare Krankheitsbilder keine vergleichbare Erfahrung wie der niedergelassene Arzt erreichen. Ein enger inhaltlicher Austausch zwischen den Sektoren erscheint daher unverzichtbar. Von einer sektorenübergreifenden Verfügbarkeit medizinischer Expertise profitieren am Ende alle: der Arzt, die Wissenschaft und v. a. der Patient.
Limitationen
Daten einer einzelnen Lungenfachklinik werden den Analysen der Kassenärztliche Vereinigung (KV) Nordrhein gegenübergestellt, die alle nordrheinische pneumologische Praxen berücksichtigen. Krankenhausdaten auf Landesebene sind bedauerlicherweise jedoch nicht ohne Weiteres verfügbar. Daher muss eine derartig umfassendere vergleichende Analyse Gegenstand zukünftiger Studien sein. Dennoch weist die hier berücksichtigte Lungenfachklinik eine hohe Patientenzahl auf, ist eine der größten zertifizierten Weaningzentren in Deutschland, deckt das gesamte Spektrum der konservativen Erwachsenenpneumologie ab und behandelt auch seltene Erkrankungen mit relevanter Häufigkeit.
Die Erfassung der ICD-10-Codes durch die Kassenärztliche Vereinigung (KV) Nordrhein erfolgt dreistellig, zudem wird nicht zwischen Haupt- und Nebendiagnosen unterschieden. Dies verzerrt das Bild in der Analyse der Behandlungsschwerpunkte, da häufig kodierte Diagnosen wie die arterielle Hypertonie, der Diabetes mellitus und die Herzinsuffizienz als mutmaßliche Nebendiagnosen einen hohen Rang belegen. Außerdem ist durch die Erfassung dreistelliger ICD-Codes eine differenzierte Analyse der Schweregrade einer Erkrankung nicht möglich. Dies schränkt insbesondere eine weitergehende Analyse der chronisch obstruktiven Lungenerkrankung in der ambulanten bzw. stationären Patientenversorgung bei relativ ähnlichen relativen Häufigkeiten ein. Auch eine weitere Differenzierung zwischen akutem und chronischem Atmungsversagen muss ausbleiben.
ICD-Codes spiegeln bei einer zumindest anteilig erlösgetriebenen Kodierung nicht zwingend das tatsächliche Vorliegen bestimmter Diagnosen wider, wie sich hier am Beispiel des Emphysems erkennen lässt, welches in der Klinik nur scheinbar in sehr geringem Ausmaß auftritt. Ähnliches ist für den ambulanten Bereich anzunehmen, da es hier keine morbiditätsgesteuerte Vergütung gibt [5].