Die Mortalität bei septischem Schock beträgt 40 – 60 % und bei kardiogenem Schock
ca. 40 %.
In Präklinik und Klinik stellt das Management des Schocks auch im Zeitalter der Hightech-Medizin
immer noch eine Herausforderung für das gesamte Behandlungsteam dar. Ein zirkulatorischer
Schock ist definiert als ein Missverhältnis zwischen Sauerstoffbedarf und Sauerstoffangebot
[1]. Klinisch geht ein Schock mit typischen Zeichen der Minderperfusion einher, die
zur Diagnosefindung beitragen (Infobox 1). Nicht selten liegt bei der Akutvorstellung
ein undifferenzierter Kreislaufschock vor mit zunächst unklarer Ätiologie – diese
muss aber zur gezielten Therapie möglichst rasch geklärt werden.
Klinische Symptome der Minderperfusion
-
neurologisch: Verwirrtheit, Somnolenz, Agitation, Delir
-
kardiovaskulär: Tachykardie (> 100 Schläge/min), Hypotension (systolischer Blutdruckwert
≤ 100 mmHg), Brustschmerzen, Dyspnoe
-
pulmonal: Tachypnoe (Atemfrequenz ≥ 22/min)
-
renal: Oligurie/Anurie
-
Haut: marmorierte Extremitäten
-
Blut: erhöhtes Serum-Laktat
Der Schock lässt sich in 4 Kategorien einteilen ([Abb. 1]):
Abb. 1 Ätiologische Einteilung der verschiedenen Schockformen [5].
-
Der distributive Schock umfasst den septischen, den anaphylaktischen, den neurogenen
und den endokrinen Schock. Hier kommt es durch den Verlust des Gefäßtonus und/oder
durch eine erhöhte Gefäßpermeabilität zu einem Volumenverlust aus dem Gefäßsystem
in das Gewebe; es besteht also ein relativer Volumenmangel.
-
Der hypovolämische Schock lässt sich in einen hämorrhagischen (traumatisch/nicht traumatisch)
und einen nicht hämorrhagischen Schock unterteilen.
-
Der kardiogene Schock kann infarkt- oder nicht infarktbedingt sein (z. B. dekompensierte
Klappenvitien, Arrhythmien, Perimyokarditis) und ist meist gekennzeichnet durch ein
verringertes Herzzeitvolumen aufgrund eines Pumpversagens.
-
Der obstruktive Schock führt entweder aufgrund einer kardialen (z. B. Perikardtamponade)
oder einer extrakardialen Ursache (z. B. Spannungspneumothorax) zu einem verminderten
kardialen Auswurf.
Akutmedizinische Vorbereitung: Schockraum
Wird vom Rettungsdienst ein Patient im Schock angekündigt, startet die Vorbereitung:
-
die Schockraumversorgung wird aktiviert,
-
je nach beschriebenem Befund (z. B. Polytrauma) versammelt sich ein Team aus den verschiedenen
Fachdisziplinen [2],
-
ein Team-Time-Out bzw. Briefing findet statt, um die Rollen der Teammitglieder abzustimmen,
und
-
ein Team-Leader wird benannt, der die Maßnahmen koordiniert.
Hausinterne standardisierte Vorgehensweisen (SOPs, „standard operation procedures“)
tragen insbesondere in der Akutsituation dazu bei, dass logistische und fachübergreifende
Maßnahmen verfügbar und schnell abrufbar sind.
Aufgrund der raschen Dynamik des klinischen Zustandes und des zeitkritischen Managements
sind diagnostische und therapeutische Maßnahmen im Schockraum bzw. im Herzkatheterlabor
vorzubereiten (siehe auch Infobox 2). Wurde bereits präklinisch ein infarktbedingter
kardiogener Schock erkannt, wird der Patient idealerweise in das Herzkatheterlabor
mit integriertem Notfall- bzw. Intensivteam eingewiesen. Vorzubereiten sind bei jedem
Patienten im Schock:
-
invasive und nicht invasive Beatmungsmöglichkeiten,
-
Medikamente und Utensilien für Atemwegsmanagement und Gefäßzugang (v. a. Arterienkatheter
und zentraler Venenkatheter),
-
zwei Thoraxdrainagen (24 – 32 Charrière) bei V. a. Thoraxtrauma oder Pneumothorax
[2],
-
Beckengurt,
-
Perikardpunktionsset,
-
Tourniquet.
Die Versorgung eines (poly-)traumatisierten Patienten im hämorrhagischen Schock erfolgt
im Schockteam. Bereitzustellen bzw. anzufordern sind hier:
-
Blut- (Erythrozytenkonzentrate der Blutgruppe O) und Gerinnungsprodukte (z. B. Prothrombinkonzentrat,
Tranexamsäure, Thrombozytenkonzentrate)
-
Infusionswärmer mit der Möglichkeit zur Druckinfusion, um eine rasche Transfusion
von erwärmten Konserven oder kristalloiden Flüssigkeiten zu ermöglichen
-
kreislaufstabilisierende Medikamente (z. B. Noradrenalin) zur kontinuierlichen Gabe
mittels Spritzenpumpe
Bildgebung
Die sonografische bzw. echokardiografische Beurteilung sollte niemals isoliert, sondern
stets im klinischen Kontext erfolgen.
Initial sollte jeder Patient mit Thorax- und Abdominaltrauma mittels Ultraschall untersucht
werden (eFAST, „extended focused assessment with sonography for trauma“). Wiederholungssonografien
sind indiziert, wenn eine Computertomografie des Körperstamms nicht zeitnah durchführbar
ist [2].
Bei Patienten mit unklarer hämodynamischer Instabilität – insbesondere, wenn eine
kardiale Ursache vermutet wird – ist eine transthorakale Echokardiografie zu veranlassen
[3]. Bei einem infarktbedingten kardiogenen Schock soll umgehend nach Aufnahme eine
fokussierte Echokardiografie erfolgen, ohne dass die Herzkatheteruntersuchung verzögert
wird [4].
Kritisch kranke bzw. hämodynamisch instabile Patienten werden nach dem ABCDE-Schema
(Airway-Breathing-Circulation-Disability-Exposure) evaluiert, Traumapatienten nach
dem C-ABCDE-Schema (Circulation-Airway-Breathing-Circulation-Disability-Exposure)
([Tab. 1]).
Tab. 1
(C)ABCDE-Algorithmus zur initialen Untersuchung und Stabilisierung.
Algorithmus
|
klinische Untersuchung
|
Sofortmaßnahmen (Beispiele)
|
C – „Circulation“
|
äußere Blutung?
|
Kompression, Anlage Tourniquet
|
A – Atemweg (+ HWS)
|
verlegter/gefährdeter Atemweg? HWS-Druckschmerz?
|
Atemwegssicherung/Intubation, Anlage einer Zervikalstütze/manuelle Immobilisation
|
B – Belüftung
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Auskultation (beidseits?), periphere O2-Sättigung
|
Sauerstoffgabe, Beatmung, Anlage Thoraxdrainage
|
C – „Circulation“
|
Rekapillarisierungszeit, Blutdruckmessung, Herzfrequenz, 12-Kanal-EKG
|
Anlage venöser und arterieller Zugänge, Druckinfusion/Transfusion, Anlage Beckengurt
|
D – „Disability“/Defizit
|
Hinweis auf fokales neurologisches Defizit
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Wirbelsäulenimmobilisation, CT-Bildgebung
|
E – Exposition
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Verletzungen? Temperatur?
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Wärmeerhalt, Abdecken von Wunden, Tetanusschutz
|
Die klare Kommunikation der erhobenen Befunde (Call-Outs, Readback, Hearback) im Team
ist unabdingbar. Ziele der Schockraumversorgung sind: schnellstmögliche Diagnostik,
Stabilisierung des Patienten und Überbringung in die weiterversorgende Einheit.
Differenzialdiagnostisches Management
Initiale Untersuchung
Das führende Zeichen des Schocks ist in der Regel die Hypotension. Häufig finden sich
in der initialen Untersuchung bereits Hinweise auf eine mögliche Ursache des Kreislaufschocks.
Die (Fremd-) Anamnese sollte auf mögliche Auslöser fokussieren. So kann bei plötzlichem
Brustschmerz und/oder Dyspnoe ein akutes Koronarsyndrom vorliegen. Für einen Schock
nach Thoraxtrauma kommen mehrere Ätiologien in Frage: Hämatothorax, Spannungspneumothorax,
Aortendissektion, Lungen- und Herzkontusion sowie Perikardtamponade. Auch die klinische
Untersuchung kann relevante Hinweise liefern: z. B. ein einseitig aufgehobenes Atemgeräusch
bei einem Spannungspneumothorax oder Rasselgeräusche bei einem kardiogenen Schock.
Fokussierte und strukturierte Sonografie
Sie soll als Erweiterung der körperlichen Untersuchung bei jedem Patienten im Schock
durchgeführt werden [2]
[3]
[4] und Bestandteil der Erstuntersuchung sein [6]; sie kann direkt im Anschluss an das initiale Assessment oder parallel dazu erfolgen.
Ziel der Sonografie ist, schnellstmöglich einen gezielten (weiteren) diagnostischen
und therapeutischen Pfad einzuleiten. Es bietet sich eine strukturierte Vorgehensweise
an ([Abb. 2]) [5]
[6].
Abb. 2 Fokussierte Sonografie im Rahmen des Schockgeschehens [5]. eFAST: extended focused assessment with sonography for trauma, LAE: Lungenarterienembolie,
LVEF: linksventrikuläre Ejektionsfraktion, RV: rechter Ventrikel, TCC: Takotsubo-Kardiomyopathie,
VCI: Vena cava inferior.
Vena cava inferior:
Initial wird die Vena cava inferior (VCI) anhand des Diameters und der Atemvariabilität
beurteilt [3]
[6].
-
Eine kollaptische und schmale VCI (< 10 mm) spricht für einen Volumenmangel und erfordert
die unverzügliche Volumentherapie sowie das Auffinden der Ursache. Bei einem traumatisch
bedingten hypovolämischen Schock ist mittels eFAST freie Flüssigkeit intraabdominell
oder intrathorakal detektierbar.
-
Zeigt sich dagegen eine erweiterte, atemstarre VCI (> 22 mm) ist in den meisten Fällen
(nicht in allen, wie z. B. bei schwerer Trikuspidalklappeninsuffizienz) ein hypovolämischer
Schock sehr unwahrscheinlich [7]. Mit der fokussierten Echokardiografie lässt sich nachweisen, welcher Befund vorliegt:
-
Perikardtamponade,
-
eingeschränkte linksventrikuläre und/oder rechtsventrikuläre Pumpfunktion bzw. Rechtsherzbelastungszeichen,
-
Dissektion der Aorta ascendens,
-
höhergradige Klappenvitien (v. a. Aortenklappenstenose, Mitralklappeninsuffizienz).
Vorteile der bettseitigen Sonografie sind: rasche Differenzierung, gezielter Therapiebeginn
sowie die Möglichkeit der Re-Evaluation ohne Belastung oder Gefährdung des instabilen
Schockpatienten.
Erweiterte Diagnostik beim Kreislaufschock
12-Kanal-EKG:
Dies gehört zur erweiterten Diagnostik (fast) immer dazu. Bei klinischen Zeichen eines
akuten Koronarsyndroms bzw. eines infarktbedingten kardiogenen Schocks muss es spätestens
innerhalb von 10 Minuten nach Krankenhausaufnahme geschrieben sein [4].
Laborchemische Untersuchungen:
Sie umfassen Blutbild (Differenzialblutbild), Entzündungsparameter (inklusive Procalcitonin),
Cholestaseparameter, Transaminasen, Nierenretentions- und Gerinnungsparameter sowie
venöse (ggf. arterielle) Blutgasanalyse. Blutgruppenbestimmung und Abnahme von Kreuzblut
sind je nach Ätiologie ebenfalls wichtig. Spezielle kardiale Marker (v. a. Troponin
und/oder NT-proBNP) sind abhängig von der vermuteten Ursache zu bestimmen. Bei Verdacht
auf einen septischen Schock müssen Blutkulturen (mindestens 2 Paar) sowie eine Urinprobe
abgenommen werden [8].
Eine weitere Diagnostik (z. B. Computertomografie, Herzkatheteruntersuchung) sollte
abhängig von der Arbeitsdiagnose und der hämodynamischen Ist-Situation erfolgen.
Differenziertes Management der verschiedenen Schockformen
Distributiver Schock
Septischer Schock
Die Sepsis ist definiert als lebensbedrohliche Organdysfunktion aufgrund einer Fehlregulation
der Wirtantwort auf eine Infektion [8]. Der septische Schock geht einher mit einer zirkulatorischen und zellulären bzw.
metabolischen Dysfunktion sowie deutlich erhöhter Mortalität. Er erfüllt beide Kriterien:
-
Notwendigkeit der Vasopressortherapie, um bei persistierender Hypotonie einen mittleren
arteriellen Druck (MAP) ≥ 65 mmHg aufrechtzuerhalten, sowie
-
erhöhter Serum-Laktatspiegel ≥ 2 mmol/l trotz adäquater Volumensubstitution.
Die Initialtherapie zeigt die Infobox 3. Der Schweregrad der Organdysfunktion ist
mittels SOFA-Score („sequential organ failure assessment“) bestimmbar. Da dieser recht
komplex ist, wird für Notaufnahme, Normalstation und Präklinik der vereinfachte „quick“-SOFA
(qSOFA)-Score empfohlen [9]
[10]. Er hat eine relativ hohe Spezifität bei jedoch geringerer Sensitivität. Der qSOFA-Score
umfasst:
-
Bewusstsein (Glasgow Coma Scale < 15),
-
Atemfrequenz (≥ 22/min) und
-
systolischen Blutdruck (≤ 100 mmHg).
Ein qSOFA-Score von ≥ 2 deutet auf eine deutlich erhöhte Mortalität hin.
Ein negativer qSOFA-Score darf nicht dazu führen, dass eine Sepsis verzögert behandelt
wird. Trozt adäquater Therapie beträgt die KH-Sterblichkeit des septischen Schocks
weiterhin zw. 40 – 60 % [8]
[9].
Die initiale Therapie („Sepsis-Bundles“) umfasst:
-
Volumentherapie mit kristalloider Flüssigkeit, mindestens 30 ml/kgKG innerhalb von
3 Stunden bei Hypotension oder erhöhtem Laktat (≥ 2 mmol/l) [8]. Das Monitoring der Flüssigkeitstherapie bzw. der Volumenreagibilität stellt für
viele Intensivmediziner bis heute weiterhin eine Herausforderung dar [3]
[7].
-
Beginn einer Antibiotikatherapie innerhalb der ersten Stunde nach Abnahme von zwei
Blutkultur-Sets (aerob und anaerob), zunächst mittels Breitspektrumantibiotikum; tägliche
Reevaluation und sobald wie möglich Deeskalation der Antibiotikatherapie.
-
Gabe von Noradrenalin (ggf. in Kombination mit Vasopressin), wenn trotz adäquater
Flüssigkeitsgabe kein MAP von ≥ 65 mmHg erzielt wurde.
Additiv zu Noradrenalin kann Vasopressin oder ggf. Adrenalin zum Einsatz kommen. Vasopressin
oder Vasopressin-Analoga (z. B. Terlipressin) werden v. a. gegeben, um Noradrenalin
einzusparen und dessen potenzielle Toxizität zu reduzieren [8]. Sollte es trotz adäquater Katecholamintherapie nicht zu einer hämodynamischen Stabilisierung
kommen, wird eine adjunktive Therapie mit Steroiden empfohlen. Die Frage nach dem
Nutzen der Co-Therapie mit Steroiden im Rahmen der Sepsistherapie (Hydrocortison ±
Fludrocortison) ist weiterhin Gegenstand aktueller Diskussionen. In ausgewählten Einzelfällen
kann man in erfahrenen Zentren unter individueller Nutzen-Schaden-Analyse eine ECMO
(extrakorporale Membranoxygenierungs)-Therapie erwägen.
Anaphylaktischer Schock
Die (Fremd-)Anamnese und die klinische Untersuchung geben hier sehr häufig wichtige
Hinweise auf die Genese bzw. auf eine Exposition gegenüber einem Auslöser. Ein anaphylaktischer
Schock kann vermutet werden bei
-
plötzlichem Beginn und raschem Fortschreiten der Symptome,
-
einem Atemwegs-/Belüftungs- oder „Circulation“-Problem,
-
einer Haut-/Schleimhautreaktion (v. a. Urtikaria und Angioödem) [11].
Bis zu 20 % der Patienten mit anaphylaktischem Schock zeigen keine Hautreaktionen!
Häufigste Auslöser für den anaphylaktischen Schock im Kindesalter sind Nahrungsmittel
und im Erwachsenenalter Insektengifte. Pathophysiologisch findet bei der Anaphylaxie
eine IgE-vermittelte Reaktion (Typ I) statt. Durch Anbinden des Allergens an spezifische
auf Mastzellen oder Granulozyten gebundene IgE-Antikörper kommt es zur Degranulation
und Mediatorenfreisetzung. Histamin, Leukotriene, Prostaglandine und weitere Mediatoren
bewirken, dass sich die Gefäßpermeabilität erhöht und der Gefäßtonus sinkt, was letztendlich
zum distributiven Schock führt.
Die S2k-Leitlinie zu Akuttherapie (siehe auch Infobox 4) und Management der Anaphylaxie
benennt vier Schweregrade [11]. Ab Grad II kommt es zu Symptomen im Bereich des Herz-Kreislauf-Systems mit Hypotension
und Tachykardie, im Stadium III liegt ein Schock vor, im Stadium IV ein Kreislaufstillstand.
Symptome im Bereich der Haut, des Gastrointestinal- und des Respirationstraktes können
(müssen aber nicht) einer Kreislaufdepression vorausgehen.
Das wichtigste Medikament in der Behandlung des anaphylaktischen Schocks ist Adrenalin.
Die Dosierung bei einem nicht reanimationspflichtigen Patienten beträgt 0,3 – 0,5 mg
i. m. ab einem Körpergewicht von 30 kg. Die primär intramuskuläre Applikation wird
empfohlen, weil so das Risiko schwerer kardiovaskulärer Nebenwirkungen erheblich geringer
ist. Nur wenn nach 2 – 3-maliger Gabe (Repetition alle 5 – 10 min) keine Besserung
eintritt bzw. eine respiratorische und/oder hämodyamische Dekompensation droht, sollte
Adrenalin intravenös appliziert werden (titrierte Boligaben 10 – 100 µg oder Dauerinfusion
0,05 – 1 µg/kgKG/min) [11]
[12]. Zusätzlich ist die Gabe kristalloider Infusionslösungen (bis zu 2 – 3 Liter) über
großkalibrige intravenöse Zugänge sinnvoll [11].
Anti-Histaminika (wie H1- bzw. H2-Rezeptorblocker) zielen lediglich ab auf die Haut- und Schleimhautsymptome. Kortikosteroide
wirken nur verzögert und spielen deshalb in der Akutbehandlung eine untergeordnete
Rolle. Aufgrund der Gefahr einer verzögerten Reaktion bzw. einer Rückkehr der Symptome
sollte dennoch die Gabe von Kortison erfolgen: Prednisolon initial 250 – 1000 mg i. v.,
danach 1 mg/kgKG per os für 2 Tage [11].
Neurogener Schock
Der neurogene Schock ist gekennzeichnet durch Hypotension und Bradykardie [13]. Es kommt zum Ausfall der sympathischen Efferenzen bei erhaltenem Parasympathikus.
Die häufigste Ursache des neurogenen Schockes ist eine spinale Verletzung oberhalb
des 6. Thorakalsegments (Th6) bei Verletzungen der Brustwirbelsäule. Aber auch zentrale
Pathologien wie Schädigung des Kreislaufzentrums im Bereich des Hirnstamms durch Einblutung,
Ischämie oder Einklemmung führen zum neurogenen Schock.
Der neurogene Schock darf nicht mit dem spinalen Schock verwechselt werden! Der spinale
Schock bezeichnet die Kombination aus Reflexausfall, Tonusverlust und Sensibilitätsverlust
unterhalb der Stelle einer spinalen Läsion.
Diagnostische Hinweise auf einen neurogenen Schock sind Hypotonie, Bradykardie, eine
warme Haut sowie meist ein entsprechendes Trauma. Die Behandlung des Auslösers hat
erste Priorität. Die Hypotonie wird durch Volumengabe und Vasopressoren therapiert.
Endokriner Schock
Im Rahmen einer Addison-Krise kann ein distributiver Schock auftreten. Wegweisende
Symptome sind Übelkeit, Erbrechen, Hyponatriämie und Hyperkaliämie. Die häufigsten
Auslöser einer Addison-Krise sind Infektionen (insbesondere Gastroenteritis), Operationen,
Schmerzen oder emotionaler Stress. Die Therapie besteht aus Volumen- und Elektrolytsubstitution
sowie der Gabe von Hydrocortison (initial 100 mg i. v., danach 200 mg täglich i. v.).
Ggf. ist auch die Gabe von Glukose notwendig [14].
Hypovolämischer Schock
Hämorrhagischer Schock, traumatisch
Die häufigste Todesursache bei Polytrauma-Patienten ist der hämorrhagische Schock.
Äußere Blutungen sollten möglichst gestoppt werden (C-ABCDE). Ist dies durch direkte
Kompression nicht erreichbar, ist ein Tourniquet anzulegen. Im Gegensatz zum septischen
Schock wird im hämorrhagischen Schock (sofern kein Schädel-Hirn-Trauma vorliegt) ein
systolischer Blutdruck von 90 mmHg angestrebt (permissive Hypotonie), bis die Blutung
gestoppt ist. Neben der Gabe von Kristalloiden wird eine Vasopressortherapie (Noradrenalin)
empfohlen [2].
Insbesondere der Wärmeerhalt hat bei Patienten im hämorrhagischen Schock eine große
Bedeutung, da eine Hypothermie die Gerinnungssituation weiter verschlechtert.
Eine Rescue- bzw. Ultima-Ratio-Maßnahme wird aktuell nur in ausgewählten Zentren durchgeführt,
nämlich die temporäre endovaskuläre Ballonokklusion der Aorta (REBOA: „resuscitative
endovascular balloon occlusion of the aorta“) [2]. Hierbei wird die Aorta durch einen Ballon komplett oder teilweise verschlossen.
Diese Methode kann als überbrückendes Verfahren („bridge to surgery“) zum Einsatz
kommen, wenn die Blutungsquelle unterhalb des Diaphragmas (Zone II und III der Aorta)
liegt und nicht anders zu kontrollieren ist [15].
Hämorrhagischer Schock, nicht traumatisch
Ein hämorrhagischer Schock ohne Trauma kann bei den verschiedensten Formen der „inneren
Blutung“ auftreten. Die häufigsten Blutungsquellen finden sich im oberen Gastrointestinaltrakt.
Hier wird zwischen einer nicht varikösen (z. B. Magenulkus) und varikösen Blutung
(meist Patienten mit bekannter Leberzirrhose; siehe auch Infobox 5) unterschieden.
Bei Patienten im hämorrhagischen Schock durch eine Blutung aus dem oberen GI-Trakt
spielt neben der Kreislaufstabilisierung auch die initiale Einschätzung des Atemwegs
eine große Rolle; bei schwerer Blutung ist eventuell eine endotracheale Intubation
vor der Notfallendoskopie notwendig, um das Aspirationsrisiko zu vermindern. Bezüglich
des Gerinnungsmanagements nehmen Patienten mit einer vorbestehenden Leberzirrhose
eine Sonderstellung ein [16].
Bei Patienten mit vermuteter akuter Ösophagusvarizenblutung ist an Folgendes zu denken:
-
frühzeitige Antibiotikaprophylaxe (z. B. Ceftriaxon 2 g i. v. zur Verhinderung der
bakteriellen Translokation),
-
Vasokonstriktor (z. B. 1 – 2 mg Terlipressin als i. v. Bolus, dann 1 mg alle 6 Stunden
für 3 – 5 Tage),
-
Transfusionsziel (Hämoglobin-Wert 7 – 9 g/dl, restriktive Transfusionsstrategie),
-
Notfallendoskopie (vorher 250 mg Erythromycin i. v. einmalig) mit endoskopischer Blutstillung,
-
TIPS-Anlage (transjugulärer intrahepatischer portosystemischer Shunt) bei refraktären/rezidivierenden
Varizenblutungen.
Hypovolämischer Schock, nicht hämorrhagisch
Der Verlust großer Flüssigkeitsmengen im Rahmen schwerer Gastroenteritiden, einer
Hyperthermie oder bei Verbrennungen kann ebenfalls zum hypovolämischen Schock führen.
Kardiogener Schock
Der kardiogene Schock ist gekennzeichnet durch ein vermindertes Herzzeitvolumen. Die
mit Abstand häufigste Ursache ist ein akuter Myokardinfarkt. Die deutsch-österreichische
S3-Leitlinie „Infarktbedingter kardiogener Schock – Diagnose, Monitoring und Therapie“
wurde aktuell überarbeitet und ist derzeit eingereicht, die Revision jedoch noch nicht
abgeschlossen [4]. Die folgenden Empfehlungen und Kommentare stammen aus der überarbeiteten Leitlinie.
Die wichtigste therapeutische Maßnahme ist die Revaskularisation mittels perkutaner
Koronar-Intervention (PCI). Ein Zeitintervall von 90 Minuten zwischen Diagnosestellung
und PCI sollte nicht überschritten werden.
Bei koronarer Mehrgefäßerkrankung und mehreren relevanten Stenosen (> 70 %) soll im
Rahmen der PCI nur die infarktverursachende Läsion („culprit lesion“) interveniert
werden [17]. Die folgenden therapeutischen Maßnahmen sind bei kardiogenem Schock zu beachten:
-
Bei Diagnosestellung werden Acetylsalicylsäure 250 – 500 mg i. v. und ein Antikoagulans
(meist unfraktioniertes Heparin i. v.) gegeben.
-
Ein ADP-Rezeptorantagonist soll bei PCI mit Stenting verabreicht werden.
-
Als Inotropikum der Wahl wird Dobutamin, als Vasopressor Noradrenalin empfohlen.
-
Im Katecholamin-refraktären Schockzustand sollte initial Levosimendan gegenüber Phosphodiesterase-III-Inhibitoren
bevorzugt werden.
Die intraaortale Ballongegenpulsation (IABP) als mechanisches Herz-Kreislauf-Unterstützungssystem
wird bei infarktbedingtem kardiogenem Schock infolge eines alleinigen Pumpversagens
nicht empfohlen. Sie kann jedoch bei Auftreten mechanischer Infarktkomplikationen
(z. B. Ventrikelseptumdefekt) zur Verbesserung der Hämodynamik erwogen werden. Bei
ausgewählten Patienten mit Pumpversagen, die sich durch eine medikamentöse Herz-Kreislauf-Unterstützung
nicht stabilisieren lassen, kann ein temporäres mechanisches Unterstützungssystem
(z. B. linksventrikuläre Mikroaxialpumpe oder Extracorporeal Life Support System)
implantiert werden.
Selten ist eine Myokarditis Ursache des kardiogenen Schocks. Patienten mit Verdacht
auf Myokarditis und hämodynamische Instabilität sollten an Zentren mit entsprechender
Expertise behandelt werden. Neben der medikamentösen Herzinsuffizienz-Therapie ist
ggf. die Implantation eines Herz-Kreislauf-Unterstützungssystems notwendig [18].
Obstruktiver Schock
Die drei häufigsten Ursachen für einen obstruktiven Schock sind Perikardtamponade,
Lungenarterienembolie und Spannungspneumothorax.
Hier muss durch sofortige Entlastung mittels Perikardpunktion oder ggf. Perikardiotomie
therapiert werden.
Diese kann bei deutlichen echokardiografischen Zeichen der Rechtsherzbelastung vermutet
werden. Bei Patienten im Schock wird die fokussierte Echokardiografie als initiale
Diagnostik empfohlen [19]. Ist eine CT-Angiografie nicht direkt verfügbar oder ist der Patient instabil, sollte
die Therapie sofort nach der Echokardiografie eingeleitet werden (systemische Thrombolysetherapie,
ggf. kathetergestützte Lysetherapie oder chirurgische Embolektomie).
Dieser muss durch umgehende Entlastung behandelt werden. Neben der klinischen Untersuchung
ist die Thoraxsonografie differenzialdiagnostisch wegweisend: hier sind auf der betroffenen
Seite kein Lungengleiten und kein Lungenpuls nachweisbar [5]
[6].
-
Der Schock ist gekennzeichnet durch ein Missverhältnis zwischen Sauerstoffangebot
und Sauerstoffbedarf.
-
Pathophysiologisch können vier Gruppen unterschieden werden: distributiv, hypovolämisch,
kardiogen und obstruktiv.
-
Das initiale Assessment erfolgt nach dem (C)ABCDE-Schema. Parallel oder in direktem
Anschluss sollte die fokussierte Sonografie bzw. Echokardiografie durchgeführt werden.
-
Eine spezifische Therapie setzt die ätiologische Abklärung des Schockgeschehens voraus.
-
Der Patient im Schock muss schnellstmöglich im Schockraum diagnostiziert und stabilisiert
werden. Das innerklinische Schockraumteam muss daher den Schockraum entsprechend vorbereiten.
Ein Briefing über die Aufgabenverteilung erleichtert die Kommunikation in der Akutsituation.