Neurologie up2date 2019; 2(04): 351-370
DOI: 10.1055/a-0829-8521
Immunvermittelte und erregerbedingte Erkrankungen des ZNS
Georg Thieme Verlag KG Stuttgart · New York

Morbus Behçet und Sarkoidose aus neurologischer Sicht

Waldemar Kafke
,
Mathias Buttmann
Further Information

Korrespondenzadresse

Priv.-Doz. Dr. Mathias Buttmann
Klinik für Neurologie
Caritas-Krankenhaus Bad Mergentheim
Uhlandstr. 7
97980 Bad Mergentheim

Publication History

Publication Date:
13 November 2019 (online)

 

Die Sarkoidose und der Morbus Behçet sind seltene immunvermittelte Multisystemerkrankungen, die diagnostisch herausfordernd sein können und meist die Zusammenarbeit verschiedener medizinischer Fachdisziplinen erfordern. Dieser Übersichtsartikel soll klinisch tätige Neurologinnen und Neurologen befähigen, beide Erkrankungen, mit aktuellem Hintergrundwissen versehen, zu erkennen, diagnostisch zu sichern und adäquat zu therapieren.


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Abkürzungen

ABD: Adamantiades Behçet disease
ACE: Angiotensin-Converting Enzyme
BWK: Brustwirbelkörper
FDG-PET: Fluordesoxyglucose-Positronen-Emissionstomografie
FLAIR: Fluid-Attenuated Inversion Recovery
HIV: humanes Immundefizienz-Virus
HLA: Human Leukocyte Antigen
HNO: Hals-Nasen-Ohren
HTLV: humanes T-Zell-lymphotropes Virus
HWK: Halswirbelkörper
ICBD: International Criteria for Behçetʼs Disease
IHS: International Headache Society
Ig: Immunglobulin
IL: Interleukin
ISG: International Study Group
KM: Kontrastmittel
LETM: longitudinale extensive transverse Myelitis
MOG: Myelin-Oligodendrozyten-Glykoprotein
MS: Multiple Sklerose
MRZ: polyspezifische antivirale Immunantwort gegen Masern-, Röteln- und Varicella-Zoster-Virus
NMO: Neuromyelitis optica
NMOSD: Neuromyelitis-optica-Spektrumserkrankung
np-NBD: nicht parenchymatöser Neuro-Behçet
OKB: liquorspezifische oligoklonale Banden
p-NBD: parenchymatöser Neuro-Behçet
sIL-2R: löslicher (soluble) Interleukin-2-Rezeptor
SLE: systemischer Lupus erythematodes
TNF: Tumornekrosefaktor
ZNS: zentrales Nervensystem
 

Einleitung

Während der Sarkoidose histologisch eine granulomatöse Entzündung unterschiedlicher Organe zugrunde liegt, ist der Morbus Behçet durch eine Perivaskulitis charakterisiert, die grundsätzlich alle Gefäßsysteme betreffen kann. Zwar entwickelt bei beiden Erkrankungen nur der kleinere Teil der Betroffenen neurologische Symptome, jedoch sind diese aufgrund drohender alltags- und funktionsrelevanter Defizite bis hin zum möglichen Tod jeweils von besonderer klinischer Relevanz.


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Morbus Behçet

Erstbeschreibung

Hulûsi Behçet (1889 – 1948), ein türkischer Dermatologe, charakterisierte in verschiedenen Publikationen seit 1937 diese Erkrankung, die durch die klinische Haupttrias rezidivierender oraler Ulzerationen, genitaler Ulzerationen sowie Uveitiden gekennzeichnet ist [1]. Zuvor waren bereits Fallberichte veröffentlicht worden, u. a. im 5. Jahrhundert v. Chr. durch Hippokrates von Kos, 1908 von Blüthe oder 1930 durch den griechischen Augenarzt Benediktos Adamantiades, nach dem die Erkrankung z. T. auch mit benannt wird als Morbus Adamantiades-Behçet (ABD).


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Ätiologie und Pathogenese

Die Ätiologie des Morbus Behçet ist weiterhin nicht vollständig geklärt. Belegt ist eine genetische Assoziation mit verschiedenen Subtypen des HLA-Merkmals B51, das sich bei 50 – 70% aller Betroffenen findet, daneben sind u. a. Assoziationen mit Polymorphismen im IL-10-Gen und im IL-23-Rezeptor-Gen nachgewiesen. Man nimmt an, dass bakterielle und virale Noxen sowie in der Umwelt vorkommende Toxine auf Basis einer besonderen genetischen Prädisposition diese Immunerkrankung triggern. Zu den angeschuldigten Erregern gehören u. a. Streptococcus sanguinis und Herpes-simplex-Virus Typ 1. Rezente Arbeiten fanden außerdem bei Behçet-Patienten eine veränderte Zusammensetzung des Darmmikrobioms als möglichem Induktor einer pathogenetisch relevanten T-Zell-Dysbalance.

Es resultiert letztlich eine entzündliche Multisystemerkrankung, die histologisch durch eine Perivaskulitis gekennzeichnet ist, die zwar überwiegend kleine Gefäße betrifft, jedoch im Prinzip venöse und arterielle Gefäße aller Größen erfassen kann und die zum Teil, wahrscheinlich durch eine Endotheliopathie, mit Thrombosen assoziiert ist. In der Immunpathogenese spielen im adaptiven Immunsystem wahrscheinlich ein Th1/Th17-Shift und eine Herabsetzung der Funktion regulatorischer T-Zellen eine wichtige Rolle. Darüber hinaus wird im angeborenen Immunsystem eine pathogenetisch wichtige Funktion neutrophiler Granulozyten angenommen, die in Frühstadien das histologische Bild dominieren.

Take Home Message

Der Morbus Behçet ist histologisch durch eine Perivaskulitis charakterisiert, die wahrscheinlich durch exogene Trigger auf Basis einer besonderen genetischen Prädisposition ausgelöst wird.


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Epidemiologie

Die Prävalenz der Erkrankung weist geografisch große Unterschiede auf und ist am höchsten in Regionen entlang der alten Seidenstraße sowie im Nahen und Mittleren Osten. Die höchsten Prävalenzraten finden sich in der Türkei mit 20 – 420/100 000 und im Iran mit 80 – 100/100 000 betroffenen Einwohnern, bei jedoch regional deutlichen Unterschieden. Im Gegensatz hierzu gehört der Morbus Behçet in Deutschland mit 0,4 – 4,2/100 000 betroffenen Einwohnern zu den seltenen Erkrankungen. Bemerkenswert ist, dass die Prävalenz unter den in Gesamtdeutschland lebenden Menschen türkischen Ursprungs mit etwa 15/100 000 Einwohnern deutlich unter der Prävalenz in der Türkei liegt, während sie in Berlin mit etwa 77/100 000 unter Türkischstämmigen deutlich höher ist, was für eine Bedeutung exogener Trigger sprechen könnte [2].

Das mittlere Ersterkrankungsalter liegt bei etwa 28 Jahren [3]. Bei etwa jedem 10. Betroffenen manifestiert sich die Erkrankung bereits vor dem 16. Geburtstag [4]. Ungewöhnlich für Autoimmunerkrankungen ist die Geschlechterverteilung mit insgesamt leichter Bevorzugung des männlichen Geschlechts. In einer gepoolten Analyse von insgesamt 19 Studien fand sich in der Gesamtschau eine neurologische Manifestation der Erkrankung sogar fast 3 × häufiger bei Männern als bei Frauen [5], auch verläuft die Erkrankung bei Männern insgesamt tendenziell schwerer.

Take Home Message

Die Erkrankung tritt gehäuft im Nahen und Mittleren Osten auf, beginnt meist im jüngeren Erwachsenenalter und betrifft neurologisch Männer 3 × häufiger als Frauen.


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Klinische Symptome

Klinisch ist der Morbus Behçet geprägt durch meist episodisch rezidivierende Verläufe mit von Fieber und Krankheitsgefühl begleiteten Schleimhaut- und Hautläsionen, Augenbeteiligung, einem im nächsten Abschnitt näher erläuterten Pathergiephänomen der Haut sowie Gelenk- und ZNS-Beteiligung als wichtigsten möglichen Symptomen.

Fast immer entwickeln sich orale Aphthen, wenn auch nicht immer gleich zu Erkrankungsbeginn, so z. B. in einer großen deutschen Kohorte bei 84,5% im Rahmen der Erstmanifestation, im Verlauf dann allerdings bei 98,5% [4]. Diese fibrinbelegten oralen Ulzerationen mit erythematösem Randsaum können einen Durchmesser von wenigen Millimetern bis zu 3 cm besitzen und einzeln oder seltener herpetiform gruppiert stehen. Sie sind ebenso wie die genitalen Ulzera schmerzhaft, was sie von den meist schmerzlosen oralen Ulzerationen im Rahmen eines systemischen Lupus erythematodes unterscheidet. Genitalulzera treten im Verlauf der Behçet-Erkrankung „nur“ bei etwa zwei Dritteln der Patienten auf, weshalb deren Fehlen nicht gegen die Diagnose spricht. Bei Männern sind Genitalulzera häufiger als bei Frauen.

Die Augen sind im Erkrankungsverlauf in 60 – 80% beteiligt, meist im Sinne einer rezidivierenden schmerzhaften posterioren Uveitis mit begleitender retinaler Vaskulitis und entzündlicher Infiltration des Glaskörpers. Ein Makulaödem kann dauerhaft die Sehfähigkeit gefährden. Bei einer anterioren Uveitis kann eine sterile Eiteransammlung in der vorderen Augenkammer, ein sog. Hypopyon, entstehen.

An der Haut kann sich der Morbus Behçet vor allem durch ein Erythema nodosum oder durch ein papulopustulöses Exanthem manifestieren. Eine Beteiligung größerer Gelenke kann von milden Arthralgien bis zu manifesten Arthritiden reichen, die jedoch meist nicht destruktiv verlaufen. Auf neurologische Manifestationen gehen wir später im Detail ein.

Cave

Schwer verlaufende Augen- und ZNS-Manifestationen stellen besonders alltags- und prognoserelevante Krankheitserscheinungen dar [4].

Take Home Message

Rezidivierende schmerzhafte orale Aphthen treten im Erkrankungsverlauf nahezu immer auf, während genitale Ulzerationen oder eine Augenbeteiligung nicht obligat sind.

Pathergiephänomen der Haut

Das bereits erwähnte, einfach zu testende Pathergiephänomen der Haut kann diagnostisch hilfreich sein. Ein Pathergiephänomen bezeichnet im wörtlichen Sinn eine krankhafte Gewebereaktion (von altgriechisch πάθος [páthos] für Leid, Krankheit, ёργον [érgon] für Werk, Tätigkeit und φαινόμενον [phainómenon] für Erscheinung).

Der Pathergietest ist dann positiv, wenn sich innerhalb von 48 Stunden nach Einstich einer 20-G-Nadel, ggf. mit zusätzlicher Injektion von 0,1 ml 0,9%iger NaCl-Lösung, an der volaren Unterarmseite eine erythematöse Papel mit einem Durchmesser von mehr als 2 mm bildet. Ein positiver Pathergietest ist allerdings nicht spezifisch für den Morbus Behçet, vielmehr kann er auch bei anderen Autoimmunerkrankungen positiv ausfallen, wie z. B. beim Morbus Crohn, der rheumatoiden Arthritis oder dem Pyoderma gangraenosum. Er ist deshalb immer im klinischen Kontext zu werten.

Der Test hat trotz Hinweisen auf eine abnehmende Sensitivität in der Langzeitbeobachtung einer iranischen Kohorte eine parallel über die Zeit steigende Spezifität und einen mit etwa 96% insgesamt sehr hohen positiv-prädiktiven Wert bewiesen [6], sodass er Eingang in die derzeit verbreiteten Diagnosekriterien gefunden hat.

Take Home Message

Ein positiver Pathergietest ist nicht spezifisch für den Morbus Behçet, kann aber dennoch diagnostisch sehr hilfreich sein.


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Diagnostisches Vorgehen

Es existiert eine Fülle an unterschiedlichen Diagnosekriterien für den Morbus Behçet [7]. Die derzeit gebräuchlichsten Kriterien sind die der International Study Group (ISG; s. [Tab. 1]) mit einer relativ hohen Sensitivität von 85% und einer sehr hohen Spezifität von 96% [8] sowie die International Criteria for Behçetʼs Disease (ICBD; s. [Tab. 2]) mit einer sehr hohen Sensitivität von 95% und einer nur etwas geringeren Spezifität von 91% [7].

Aufgrund der relativ niedrigeren Sensitivität der ISG-Kriterien wird derzeit empfohlen, eine Behçet-Erkrankung im Allgemeinen vorzugsweise nach den ICBD-Kriterien zu diagnostizieren [7], allerdings beziehen sich die später vorgestellten Diagnosekriterien des Neuro-Behçet auf die ISG-Kriterien, die deshalb wegen ihrer besonderen Relevanz für die Neurologie zunächst aufgeführt werden.

Tab. 1 Diagnosekriterien der International Study Group (ISG) von 1990 [8].

klinisches Zeichen

Beschreibung

rezidivierende orale Ulzerationen

aphthöse orale Schleimhautveränderungen, die mindestens dreimalig in einem Zeitraum von 12 Monaten von einem Arzt dokumentiert wurden

rezidivierende genitale Ulzerationen

aphthöse genitale Schleimhautveränderungen oder Vernarbungen, die von einem Arzt oder Patienten beobachtet wurden

Augenbeteiligung

vordere Augenbeteiligung i. S. einer anterioren oder posterioren Uveitis, Nachweis von Zellen im Glaskörper bei der Spaltlampenuntersuchung oder hintere Augenbeteiligung i. S. einer retinalen Vaskulitis

Hautläsionen

von einem Arzt dokumentiert Erythema nodosum, Pseudofollikulitis, papulopustulöse Läsionen oder akneartige Läsionen bei postpubertären Patienten, die keine Kortikosteroide erhalten

positiver Pathergietest

festgestellt von einem Arzt nach 24 bis 48 Stunden

Auswertung

Für die Diagnose eines Morbus Behçet müssen rezidivierende orale Ulzerationen und mindestens 2 der übrigen Befunde vorliegen.

Tab. 2 International Criteria for Behçetʼs Disease (ICBD) [7].

Klinisches Zeichen

Punkte

Augenbeteiligung

2

genitale Aphthen

2

orale Aphthen

2

Hautläsionen

1

neurologische Manifestationen

1

Gefäßmanifestationen

1

positiver Pathergietest

1

Auswertung

Eine Summe von ≥ 4 Punkten erlaubt die Diagnose eines Morbus Behçet.


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Neuro-Behçet

Neurologische Manifestationsformen des Morbus Behçet

Die internationalen Angaben zur Häufigkeit neurologischer Manifestationen reichen von 9,4% in einer gepoolten Analyse mehrerer Kollektive mit insgesamt 1031 Patienten [5] über 10,6% in einer sehr großen und über Jahrzehnte gesammelten iranischen Kohorte mit 6075 Patienten [3] bis zu 17% im „ICBD-Kollektiv“, das 1278 Patienten umfasst [7]. Letztere Zahl liegt den 20,1% Neuro-Behçet-Fällen in einem deutschen Kollektiv mit insgesamt 721 Patienten am nächsten [4].

Meist entwickeln sich neurologische Symptome erst etwa 3 – 6 Jahre nach klinischer Erstmanifestation eines Morbus Behçet. Nur in etwa 6% der Fälle manifestiert sich ein Morbus Behçet zuerst und ausschließlich durch neurologische Symptome [5]. Wenn ein Neuro-Behçet differenzialdiagnostisch in Betracht kommt, lohnt es sich also, sorgfältig nach episodischen anderen Symptomen der Erkrankung, insbesondere der Schleimhäute und der Augen, zu fragen.

Merke

Fast immer sind rezidivierende Schleimhautulzerationen aufgetreten, bevor ein Morbus Behçet nach Jahren erstmals neurologisch manifest wird.

Es wird eine häufigere parenchymatöse von einer selteneren nicht parenchymatösen zentralnervösen Manifestation des Neuro-Behçet (p-NBD bzw. np-NBD) unterschieden [5], [9]. Eine Klassifikation der Neuro-Behçet-Verlaufsformen zeigt die Übersicht.

Übersicht

Klassifikation der Neuro-Behçet-Verlaufsformen

  • parenchymatöser Neuro-Behçet (p-NBD)

    • multifokal

    • Hirnstamm

    • Myelon

    • Großhirn

    • asymptomatisch

    • Optikusneuritis

  • nicht parenchymatöser Neuro-Behçet (np-NBD)

    • Sinusthrombose, intrakranielle Hypertension

    • intrakranielle Aneurysmen

    • extrakranielle Aneurysmen und Dissektionen

    • „akutes meningeales Syndrom“

  • Beteiligung des peripheren Nervensystems

  • Myopathie und Myositis

  • gemischte parenchymatöse und nicht parenchymatöse Neuro-Behçet-Verläufe

(modifiziert nach [9])

Parenchymatöser Neuro-Behçet (p-NBD)

Die parenchymatöse Manifestationsform macht etwa drei Viertel aller Neuro-Behçet-Fälle aus. Hiervon wiederum drei Viertel manifestieren sich als subakute Meningoenzephalitis. Diese tritt üblicherweise in Verbindung mit Fieber und Krankheitsgefühl sowie einer Exazerbation von systemischen Symptomen des Morbus Behçet wie mukokutanen Läsionen und Uveitis auf. Sie erreicht innerhalb weniger Tage ihren Höhepunkt und persistiert für einige Wochen.

Kopfschmerzen gehen der Erkrankung voraus und begleiten sie [5]. Rein meningitische Verlaufsformen sind sehr selten. Eine Hirnstamm- oder multifokale („diffuse“) Beteiligung ist in etwas mehr als der Hälfte der p-NBD-Fälle zu beobachten. Daneben werden in 14% eine Myelonschädigung, in 15% eine Beteiligung einer der Großhirnhemisphären und in 19% isolierte Pyramidenbahnzeichen gefunden.

Merke

Es sind Fälle mit spontaner Remission noch vor Beginn einer Therapie ebenso wie chronisch-progrediente Verläufe bekannt [10].

Zwar findet sich eine klinische Myelonbeteiligung nur bei etwa jedem 7. Patienten, jedoch wird sie autoptisch doppelt so häufig (28%) beobachtet [5]. Sie betrifft vor allem die zervikalen und dorsalen Anteile des Myelons und ist bei manifester transverser Myelitis mit einem schlechteren therapeutischen Ansprechen und einer schlechteren Prognose im Vergleich zu anderen p-NBD-Verläufen assoziiert [5].

Seltener kann sich ein p-NBD durch epileptische Anfälle, schlaganfallähnliche Symptome, extrapyramidalmotorische Störungen oder eine Beteiligung des N. opticus bemerkbar machen [5], [10]. Letztere kann sich wie eine Optikusneuritis präsentieren und tritt insbesondere im Rahmen von systemischen Exazerbationen der Behçet-Erkrankung auf, kann sich beidseitig manifestieren und im Verlauf rezidivieren. Auch isolierte Optikusaffektionen sind möglich [5].

Daneben wurden auch Neuro-Behçet-Verläufe ohne neurologisch objektivierbare Ausfälle beschrieben bei Patienten, die über unspezifische Beschwerden wie Kopfschmerzen und Benommenheit klagten und bei denen sich pathologische Befunde in der MRT oder den evozierten Potenzialen zeigten. Nur etwa jeder 7. dieser Patienten entwickelte im Verlauf einen klinisch manifesten Neuro-Behçet, der dann einen in der Regel milderen Verlauf mit geringer Behinderung und Mortalität zeigte [11].

Take Home Message

Eine fieberhafte subakute Meningoenzephalitis, oft in Verbindung mit Haut- und Augensymptomen, ist die häufigste neurologische Manifestationsform des Morbus Behçet.


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Nicht parenchymatöser Neuro-Behçet (np-NBD)

Die mit ca. 18% seltenere nicht parenchymatöse Form (np-NBD) beinhaltet vaskuläre Ausprägungsformen, in erster Linie mit Sinusthrombosen und intrakranieller Hypertension; deutlich seltener finden sich intra- und extrakranielle Aneurysmen oder Dissektionen hirnversorgender Gefäße. Überlappungen von parenchymatösen und nicht parenchymatösen Verläufen kommen bei 18 – 20% der Neuro-Behçet-Patienten vor [5].

Merke

Sinusthrombosen im Rahmen eines np-NBD unterscheiden sich in verschiedenen Aspekten von Sinusthrombosen anderer Ätiologie.

Neuro-Behçet-Patienten sind im Durchschnitt jünger, überwiegend männlichen Geschlechts und zeigen deutlich häufiger subakute bis chronische Verläufe. Bei über 9 von 10 Patienten finden sich lediglich Zeichen einer intrakraniellen Hypertension. Venöse Infarkte sind selten (6% bei np-NBD versus 63% bei Patienten mit Sinusthrombosen anderer Ätiologie). Bei Nicht-Neuro-Behçet-Patienten sind akute und schwere Verläufe mit Paresen, Aphasie und epileptischen Anfällen signifikant häufiger zu beobachten. Entsprechend weisen Sinusthrombosen im Rahmen einer Behçet-Erkrankung trotz einer höheren Rezidivneigung eine günstigere Prognose auf als der Durchschnitt von Sinusthrombosen anderer Ätiologie [12].


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Nur sehr selten: Beteiligung des peripheren Nervensystems oder der Muskulatur

Ob ein Morbus Behçet überhaupt das periphere Nervensystem beteiligen kann, bleibt umstritten [13]. Eine Muskelbeteiligung scheint sehr selten zu sein. Nekrotisierende Myositisverläufe scheinen bei Kindern häufiger zu sein und sind steroidresponsiv [5]. Einzelfallberichte von Erwachsenen beschreiben vor allem bei männlichen Behçet-Patienten myositische Verläufe, die vorrangig die Beine betreffen, histologisch granulomonozytäre Infiltrate perivaskulär in den betroffenen Muskeln zeigen und neben wenigen Spontanremissionen gut auf Kortikosteroide ansprechen [14].


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Häufig beim Morbus Behçet, meist jedoch kein Neuro-Behçet: Kopfschmerzen

Ein klinisch sehr relevanter Aspekt ist, dass ein isolierter Kopfschmerz ohne weitere neurologische Symptome mit etwa 70% zwar eine der häufigsten Beschwerden beim systemischen Morbus Behçet darstellt, formal jedoch nicht zum NBD-Komplex gezählt wird. Anders verhält es sich bei Neuro-Behçet-Patienten, bei denen sich Kopfschmerzen beispielsweise im Rahmen einer Sinusthrombose oder Uveitis entwickeln [5], [15].

In einem türkischen Kollektiv klagten 151 von 228 Behçet-Patienten, also zwei Drittel, über Kopfschmerzen, die nach den Kriterien der International Headache Society (IHS) in 23,6% als Spannungskopfschmerz und in 14,9% als Migräne eingeordnet wurden und bezüglich der Häufigkeit sehr nahe an den Zahlen der Allgemeinbevölkerung lagen. Allerdings wurden in dieser Kohorte mit 18,4% außerdem gehäuft bifrontale, paroxysmal pochende Kopfschmerzen mittlerer Ausprägung beschrieben, die keiner IHS-Kopfschmerzentität zugeordnet werden konnten und als am ehesten migräneartig klassifiziert wurden. Sie treten meist nach Beginn von systemischen Manifestationen sowie bei Exazerbationen des Morbus Behçet auf, haben kein strukturelles Korrelat und könnten eventuell durch immunvermittelte systemische Krankheitsaktivität bedingt sein [15].

Take Home Message

Mindestens zwei Drittel der Behçet-Betroffenen leiden unter Kopfschmerzen, jedoch sind diese in der Mehrzahl kein Ausdruck eines Neuro-Behçet.


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Psychische und neuropsychologische Veränderungen

Behçet-Patienten berichten häufig über depressive Verstimmungen, Unruhe und Müdigkeit, wobei diese unspezifischen Symptome zumeist mit allgemeiner Krankheitsaktivität und den dadurch hervorgerufenen Einschränkungen im Alltag und weniger mit fokalen ZNS-Symptomen verbunden sind.

Es finden sich aber auch relevante neurokognitive Einschränkungen [5]. So wurden in einer türkischen Studie 12 Neuro-Behçet-Patienten über einen Zeitraum von bis zu 36 Monaten nachverfolgt und wiederholt neuropsychologisch getestet. Dort fanden sich in erster Linie Einschränkungen beim Abruf von Gedächtnisinhalten, insbesondere der verbalen und/oder visuellen Domänen, gefolgt von etwas weniger häufigen, aber relevanten Defiziten der Lernleistung. Sehr häufig (bei 8 von 12 Patienten) fanden sich Persönlichkeitsveränderungen im Hinblick auf Desinhibition und Apathie, 7 Patienten zeigten Aufmerksamkeitsstörungen und 5 Störungen der Frontalhirnfunktionen. In der gesamten Patientengruppe wurde eine schleichende neuropsychologische Verschlechterung, unabhängig von der Krankheitsaktivität des Neuro-Behçet, beobachtet. Interessant ist die Tatsache, dass frühe Stadien der neurokognitiven Auffälligkeiten oft ohne Veränderungen der kraniellen Bildgebung mittels CT oder MRT verlaufen. In den Spätstadien dagegen finden sich eine Vergrößerung des dritten Ventrikels und eine Atrophie im Bereich des oberen Hirnstammanteils [16].


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Diagnostisches Vorgehen

Befunde in der Magnetresonanztomografie (MRT)

Typische Läsionen beim p-NBD finden sich am mesodienzephalen Übergang gefolgt von der pontobulbären Region [13]. Sie erscheinen hyperintens in der T2-Wichtung und der FLAIR-Sequenz, sind häufig mit einem Ödem assoziiert und zeigen eine Seitenbetonung, während bilateral symmetrische Läsionen zwar vorkommen, jedoch weniger häufig sind. Mesodienzephale Läsionen können sich weiter nach rostral auf dienzephale Strukturen sowie den Stammganglienbereich oder auch weiter nach kaudal ausdehnen [5], [13]. In etwa 60% der p-NBD-Patienten finden sich fleckige Gadolinium-(Gd-)Anreicherungen der Läsionen in der T1-Wichtung [17], [18].

Bei meningoenzephalitischen Verläufen können sich T2-hyperintense Läsionen im subkortikalen Marklager vorwiegend der frontalen, temporalen und hypothalamischen Regionen zeigen; manchmal finden sich hier auch unauffällige MRT-Befunde. Zusätzlich können diffusionsgewichtete Sequenzen (DWI) bei der Differenzialdiagnose von schlaganfallsverdächtigen Symptomen bei Behçet-Patienten helfen. Dabei erscheinen Läsionen im Rahmen des p-NBD in der DWI hyperintens, während sich Ischämien hypointens darstellen [5].

[Abb. 1] stellt einige charakteristische MRT-Befunde beim p-NBD dar.

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Abb. 1 Charakteristische kranielle MRT-Befunde bei der parenchymatösen Form des Neuro-Behçet. a Sagittale FLAIR-Sequenz. b Sagittale FLAIR-Sequenz. c Axiale T2-Sequenz. d Koronare T2-Sequenz.(Quelle: Felber A, Uhlenbrock D. Morbus Behçet. In: Forsting M, Uhlenbrock D, Hrsg. MRT und MRA des Kopfes. 2., vollständig überarbeitete und erweiterte Auflage. Stuttgart: Thieme; 2011. doi:10.1055/b-004-134455 )

Im Rahmen der selteneren Myelonbeteiligung finden sich entzündliche Läsionen, die zumeist das zervikale Myelon betreffen, dorsal gelegen sind und sich auf zwei bis drei Segmente ausdehnen können. Auch finden sich eine Gd-Anreicherung und ödematöse Veränderungen [5], [13]. Bei isoliert myelitischen Verläufen bleibt die zerebrale MRT definitionsgemäß unauffällig [5].

Besonders relevant sind MRT-Befunde in der Differenzialdiagnose und Abgrenzung des Neuro-Behçet von anderen Erkrankungen, die mit entzündlichen ZNS-Veränderungen einhergehen können. So zeigte eine Vergleichsstudie von 34 Neuro-Behçet- und 22 MS-Patienten sowie 7 Patienten mit einem systemischen Lupus erythematodes (SLE), dass eine Hirnstammatrophie, die bei 21% der p-NBD-Patienten nachgewiesen wurde, in diesem Kontext mit 96,5% wahrscheinlich eine sehr hohe Spezifität für den p-NBD besitzt. Diese steigt sogar auf 100%, wenn Zeichen der kortikalen Atrophie fehlen. Während periventrikuläre, also direkt an Ventrikel angrenzende Marklagerläsionen als charakteristisch für die Multiple Sklerose gelten, findet sich beim Neuro-Behçet ein Nebeneinander von periventrikulären und in anderen Marklagerregionen gelegenen Läsionen. Beim SLE zeigen sich überwiegend nicht periventrikulär gelegene Läsionen [19].

Take Home Message

Ein typischer MRT-Befund beim parenchymatösen Neuro-Behçet sind seitenasymmetrische, T2-hyperintense mesodienzephale Läsionen, die sich nach rostral oder kaudal ausbreiten können.


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Liquorbefunde

Bei 70 – 80% der Patienten mit p-NBD finden sich entzündliche Veränderungen im Rahmen von klinisch akuter oder chronisch-progredienter Krankheitsaktivität [5], [20]. Die Leukozytenzahl im Liquor ist häufig deutlich erhöht mit initialer Neutrophilie, die im späteren Verlauf von einer Lymphozytose abgelöst wird; meist entwickelt sich nur eine leichte Schrankenstörung [5]. Liquorspezifische oligoklonale Banden sind beim p-NBD mit 10 – 13% selten [20], [21] und können bei Vorhandensein in Verlaufsuntersuchungen wieder verschwinden [21].

Bei Patienten mit np-NBD finden sich überwiegend unauffällige Liquorparameter. Bei einer Sinusthrombose mit begleitender Liquorzirkulationsstörung sowie bei einer isolierten intrakraniellen Druckerhöhung ohne Sinusthrombose finden sich allerdings natürlich oft erhöhte Liquoreröffnungsdrücke [5], [13].

Sowohl die Zellzahl als auch der IL-6-Spiegel im Liquor scheinen beim p-NBD mit der Krankheitsaktivität zu korrelieren. So fanden sich in einer türkischen Patientengruppe mit p-NBD während einer akuten Exazerbation im Mittel 137/µl Leukozyten (Spanne 0 – 1200) und bei p-NBD-Patienten mit einem chronisch-progredienten Verlauf im Mittel nur 7/µl Leukozyten (Spanne 0 – 78). Die Eiweißwerte im Liquor waren bei Exazerbation eines p-NBD im Mittel mit 54 mg/dl leicht erhöht, während bei chronisch-progredienten p-NBD-Patienten das Liquoreiweiß im Mittel mit 32 mg/dl nicht erhöht war. Die IL-6-Werte im Liquor lagen bei Exazerbation im Mittel bei 114 pg/ml [erhöht > 20 pg/ml] und bei chronisch-progredienten Verläufen deutlich niedriger, aber immer noch erhöht mit im Mittel 57 pg/ml. Insgesamt zeigten drei Viertel der p-NBD-Patienten erhöhte IL-6-Werte (30/40 Patienten). Prognostisch relevant erscheint, dass im Verlauf von mehr als drei Jahren unter den Patienten mit IL-6-Spiegeln > 20 pg/ml ein signifikant höherer Anteil hilfsbedürftig oder verstorben war als unter denjenigen mit niedrigem IL-6-Spiegel. In beiden NBD-Untergruppen fanden sich im Serum keine signifikant erhöhten IL-6-Spiegel [20].

Take Home Message

Der typische Liquorbefund beim parenchymatösen Neuro-Behçet ist eine initial granulozytär, später lymphozytär dominierte Pleozytose mit nur leichter Schrankenstörung und nur bei etwa jedem Zehnten liquorspezifischen oligoklonalen Banden.


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Diagnosekriterien des Neuro-Behçet

Ein internationales Expertengremium veröffentlichte Empfehlungen zur Diagnose und Therapie des Neuro-Behçet. In der Übersicht werden die International Consensus Recommendation-(ICR-)Kriterien zur Diagnose eines Neuro-Behçet aufgeführt:

Übersicht

ICR-Diagnosekriterien des Neuro-Behçet (modifiziert nach [9])

Sichere Neuro-Behçet-Erkrankung:

  • erfüllte ISG-Kriterien für Morbus Behçet

  • neurologisches Syndrom mit objektivierbaren klinisch-neurologischen Zeichen, die durch einen Morbus Behçet verursacht werden und durch pathologische Befunde von einem oder beiden folgenden Verfahren unterstützt werden:

    • Bildgebung

    • Liquordiagnostik

  • Symptome nicht durch eine andere Erkrankung besser erklärbar

Wahrscheinliche Neuro-Behçet-Erkrankung:

  • neurologisches Syndrom wie bei sicherer Neuro-Behçet-Erkrankung bei systemischen Zeichen eines Morbus Behçet, aber nicht erfüllten ISG-Kriterien

  • unspezifisches neurologisches Syndrom im Rahmen eines die ISG-Kriterien erfüllenden Morbus Behçet


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Therapie des Neuro-Behçet

Bislang existieren keine randomisierten kontrollierten Studien zur Therapie von neurologischen Auswirkungen des Morbus Behçet. Die bisher verfügbaren Empfehlungen beruhen auf dem Konsens von Experten und ähneln den Behandlungspfaden der Neurosarkoidose und des Neurolupus [9].

Merke

Grundsätzlich wird bei der Behandlung zwischen einer akuten und einer verlaufsmodifizierenden Therapie und parenchymatösen und nicht parenchymatösen Neuro-Behçet-Erkrankungen unterschieden.

In der Akuttherapie des p-NBD werden hochdosierte intravenöse Kortikosteroide und anschließend eine orale Erhaltungsdosis empfohlen, um eine erneute Krankheitsaktivität zu verhindern [9]. Eines der gängigen Schemata ist beispielsweise eine hochdosierte Behandlung mit 1 g pro Tag Methylprednisolon i. v. für 5 – 7 Tage oder oral 1 mg/kg Körpergewicht Prednisolon für bis zu vier Wochen oder bis zur klinischen Besserung. Anschließend wird das Steroid langsam oral ausgeschlichen [13].

Längerfristige verlaufsmodifizierende Behandlungen werden nach schweren Schubereignissen, bei Steroidresponsivität und Krankheitsaktivität in Betracht gezogen. In erster Linie wird Azathioprin empfohlen. Alternativ kommen Mycophenolatmofetil, Methotrexat und Cyclophosphamid in Frage. Der Calcineurin-Inhibitor Ciclosporin A, der häufig bei schweren Uveitiden eingesetzt wird, scheint mit einem erhöhten Auftreten von neurologischen Komplikationen des Morbus Behçet assoziiert zu sein und sollte beim Neuro-Behçet daher sicherheitshalber nicht eingesetzt werden. Patienten mit schweren Augenbeteiligungen im Rahmen des Morbus Behçet tragen ein höheres Risiko, neurologische Komplikationen zu entwickeln. Ob dieses im Rahmen eines Neuro-Behçet erklärt oder auf eine Medikamentennebenwirkung durch das Ciclosporin A zurückzuführen ist, bleibt allerdings unklar [5].

Biologicals, zu denen die TNF-α-Blocker Infliximab, Adalimumab und Etanercept gehören, werden meist dann eingesetzt, wenn vorausgegangene immunsuppressive Behandlungen nicht wirksam sind, nicht tolerierbare Nebenwirkungen auftreten oder wiederholte Schübe oder ein besonders aggressiver Krankheitsverlauf vorliegen. Aktuell besteht die meiste Erfahrung mit Infliximab [9]. Erste positive Erfahrungen liegen außerdem mit dem IL-6-Rezeptorblocker Tocilizumab vor. Daneben wurde auch über Einzelerfolge mit monoklonalen Antikörpern gegen CD20 (Rituximab), IL-17A (Secukinumab), IL-12/23 (Ustekinumab) und CD52 (Alemtuzumab) berichtet.

Die medikamentöse Therapie einer Sinusthrombose im Rahmen eines np-NBD wird kontrovers diskutiert. Auch hier fehlen kontrollierte Therapiestudien. Grundsätzlich werden Sinusthrombosen jedweder Ätiologie in der Akutphase therapeutisch heparinisiert. Problematisch beim Morbus Behçet ist allerdings, dass im Rahmen einer Großgefäßbeteiligung u. a. auch die Wahrscheinlichkeit für Pulmonalarterien- und andere periphere Aneurysmen steigt und damit auch potenziell lebensbedrohliche Blutungskomplikationen bei einer Antikoagulation drohen [13]. Sinusthrombosen beim Morbus Behçet sind wahrscheinlich entzündlicher Genese, sodass grundsätzlich der Einsatz einer immunsuppressiven Therapie als sinnvoll angenommen wird. Ein internationales Expertengremium empfiehlt deshalb zum einen Kortikosteroide in der Akut- und Subakutphase und zum anderen nach Ausschluss von systemischen Aneurysmen den gleichzeitigen Einsatz einer Antikoagulation. Die Antikoagulation wird üblicherweise bei unkomplizierten Fällen für 3 bis 6 Monate fortgesetzt. Der Beginn einer verlaufsmodifizierenden Immuntherapie wird empfohlen, wenn es sich um ein Sinusthrombosenrezidiv handelt, eine aktive systemische Behçet-Erkrankung vorliegt oder der betroffene Patient einen p-NBD in der Vorgeschichte hat [9].

Take Home Message

Therapeutisch werden insbesondere Kortikosteroide und steroidsparende Immunsuppressiva sowie bei Therapieversagen TNF-Inhibitoren eingesetzt.


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Klinischer Verlauf und Prognose

Im Rahmen eines p-NBD erleidet ein Drittel der Patienten eine einzelne neurologische Episode, ein Drittel Schübe mit Remissionen und ein Drittel einen chronisch-progredienten Verlauf [5]. Eine Sinusthrombose im Rahmen eines np-NBD verläuft häufig monophasisch, rezidiviert jedoch häufiger als Sinusthrombosen anderer Ätiologie [22]. Auf eine ungünstige Prognose eines Neuro-Behçet deuten ein progredienter Verlauf, häufige Schübe und residuelle neurologische Defizite hin. Patienten mit Hirnstamm- und Rückenmarksläsionen sprechen schlechter als solche mit supratentoriellen Läsionen auf Therapie an [5], [10]. Zudem haben wie erwähnt Patienten mit erhöhten IL-6-Werten im Liquor eine schlechtere Langzeitprognose [20]. Ebenfalls bereits erwähnt wurde, dass asymptomatische Neuro-Behçet-Patienten nur in der Minderzahl im Verlauf symptomatisch werden, auch ist das Risiko für behindernde Defizite in einem solchen Fall gering [11].


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Sarkoidose

Erstbeschreibung

Die Sarkoidose ist eine immunvermittelte granulomatöse Multisystemerkrankung, die besonders häufig die Lunge beteiligt. Retrospektiv wurde wahrscheinlich von Hutchinson 1869 der erste Fall einer zunächst als Gicht fehlinterpretierten Hautsarkoidose beschrieben. Ende des 19. Jahrhunderts beschrieben die französischen bzw. norwegischen Dermatologen Besnier und Boeck (gesprochen mit langem u) unabhängig voneinander Hautsarkoidosen. Eine akute Verlaufsform mit Erythema nodosum, Arthritis und bihilärer Lymphadenopathie beschrieb der schwedische Internist Löfgren, nach dem dieses Syndrom benannt ist, erstmals 1953.


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Ätiologie und Pathogenese

Ebenso wie beim Morbus Behçet wird angenommen, dass Umwelttrigger auf Basis einer besonderen genetischen Veranlagung eine fehlgesteuerte Immunreaktion auslösen, die im Fall der Sarkoidose histologisch durch scharf begrenzte und kaum verkäsende, d. h. kaum nekrotisierende, epitheloidzellige Granulome charakterisiert ist, die in allen Geweben des Körpers vorkommen können. Man geht davon aus, dass diese Granulome über eine Antigen-getriggerte Aktivierung von CD4-positiven T-Helferzellen entstehen, die wiederum über Chemo- und Zytokine eine Th1-Immunantwort auslösen und eine T-Zell- und Makrophagenansammlung induzieren [23].

Zudem konnten in der bronchoalveolären Lavageflüssigkeit von Patienten mit Lungensarkoidose Th17-Zellen nachgewiesen werden, was Hinweise auf mögliche krankheitsauslösende Antigene in der Luft liefert [24], [25]. Hierfür spricht auch die besonders häufige Lungenmanifestation der Erkrankung. Gestützt wird diese Annahme möglicherweise außerdem durch gehäufte sarkoidoseartige Erkrankungen bei den stark staubbelasteten New Yorker Feuerwehrleuten kurz nach den Anschlägen des 11. September 2001 im Vergleich zu den Jahren davor [26], [27]. Es konnte ebenso wie beim Morbus Behçet noch kein einzelnes krankheitsauslösendes Antigen gesichert werden.

Die wahrscheinliche Wichtigkeit genetischer Faktoren ergibt sich u. a. daraus, dass eineiige Zwillinge ein etwa 80-fach erhöhtes Erkrankungsrisiko haben, wenn der andere Zwilling an Sarkoidose erkrankt ist. Zweieiige Zwillinge haben immer noch ein 7-fach erhöhtes Risiko zu erkranken [28]. Wiederholt nachgewiesen wurde eine Assoziation der Erkrankung mit verschiedenen HLA-Loci, u. a. DRB1; wiederholt bestätigt wurde auch eine Assoziation mit Annexin A11, einem Phospholipid-bindenden Protein weitgehend unbekannter Funktion.

Take Home Message

Die Sarkoidose ist histologisch durch kaum nekrotisierende epitheloidzellige Granulome charakterisiert, die wahrscheinlich durch exogene Trigger auf Basis einer besonderen genetischen Prädisposition entstehen.


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Epidemiologie

Die Sarkoidose wird mit einer Häufigkeit von 10 – 20/100 000 Einwohnern gerade noch zu den seltenen Erkrankungen gezählt [29]. Sie wird zumeist bei jüngeren Patienten zwischen dem 20. und 40. Lebensjahr erstdiagnostiziert. Frauen sind etwas häufiger als Männer betroffen.


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Organbeteiligungen bei Sarkoidose

Charakteristisch für die Sarkoidose ist eine mit 90% sehr häufige Lungenbeteiligung: In 25 bis 65% zeigt sich in der Thoraxbildgebung eine bihiläre Lymphadenopathie, in 40% eine diffuse Lungeninfiltration und in 5% eine Lungenfibrose. Daneben ist in 10 – 30% eine Augenbeteiligung in Form einer Uveitis, einer retinalen und konjunktivalen Beteiligung sowie einer Vergrößerung der Tränendrüsen zu verzeichnen. Die Leber ist in 20 – 30% und die Milz in etwa 10% betroffen. In ca. 4% ist die Ohrspeicheldrüse im Sinne einer symmetrischen Parotisschwellung oder auch einseitig als sog. Heerfordt-Syndrom in Kombination mit Uveitis, Fieber und peripherer Fazialisparese beteiligt. Eine ungünstige Prognose zeigt eine in 2 – 5% auftretende Herzbeteiligung an [30]. Das Nervensystem ist klinisch nur in etwa 5% der Sarkoidosepatienten von einer granulomatösen Entzündung betroffen, auch wenn sich autoptisch ein deutlich höherer Anteil von 25% nachweisen lässt [29].

Fallbeispiel

Anamnese, klinischer Befund, Zusatzdiagnostik

Ein 58-jähriger Mann ohne wesentliche Vorerkrankungen entwickelte im März 2018 innerhalb von 2 Wochen Gefühlsstörungen am Rumpf unterhalb des Bauchnabels und in den Beinen, eine Gangstörung und eine Blasenentleerungsstörung. Schmerzen wurden nicht angegeben. Klinisch-neurologisch fanden sich im März 2018 ein sensibler Querschnitt unterhalb Th12, eine leichte Stand- und Gangataxie sowie pathologisch gesteigerte Beineigenreflexe.

Ein zervikothorakales MRT zeigte eine raumfordernde flaue Signalanhebung des Myelons von Höhe HWK 7 bis BWK 5; eine Verabreichung von Kontrastmittel lehnte der Patient ab. Ein kranielles MRT war unauffällig. Eine Lumbalpunktion ergab eine lymphomonozytäre Pleozytose von 38/µl und mit einem Albuminquotienten von 10,2 eine moderate Schrankenstörung; die isoelektrische Fokussierung des Serums und Liquors war regelrecht. Die somatosensibel evozierten Potenziale mit Stimulation des N. tibialis waren beidseitig latenzverzögert, und die motorisch evozierten Potenziale zum M. tibialis anterior zeigten beidseitig eine Verzögerung der sog. zentralen Leitungszeit.

Vaskulitisserologie, Aquaporin-4- und MOG-Antikörper sowie infektiologische Untersuchungen (Borrelien, Lues, Hepatitis B und C, Mykoplasmen, Schistosomen, HIV, HTLV-1/2) waren negativ. ACE und sIL-2R im Serum waren normwertig. Ein CT des Thorax zeigte eine bihiläre Vermehrung und Vergrößerung von Lymphknoten. Eine Bronchoskopie ergab in der bronchoalveolären Lavage ein unspezifisches Bild, jedoch ließen sich in einer transbronchialen Lymphknotenbiopsie histologisch sarkoidosetypische Veränderungen sichern.


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Andere Häufigkeiten von Organbeteiligungen bei Neurosarkoidose

Aus neurologischer Perspektive stellen sich die Organbeteiligungen bei Sarkoidose etwas anders dar, was diagnostisch wichtige Implikationen hat. Bemerkenswerterweise fand sich in einer Metaanalyse von 29 Studien mit Neurosarkoidosepatienten im Gegensatz zur systemischen Sarkoidose eine deutlich seltenere Lungenbeteiligung, nämlich in lediglich 67% der Fälle. Dies bedeutet, dass eine unauffällige Lungendiagnostik eine Neurosarkoidose leider nicht hinreichend sicher ausschließt.

In absteigender Häufigkeit fand sich bei Patienten mit Neurosarkoidose daneben eine Beteiligung

  • der Augen (25%),

  • der Haut (21%),

  • der Gelenke (21%),

  • des HNO-Trakts (9%),

  • der Leber (8%) und

  • des Herzens (6%).

Bei immerhin 22% der Patienten, also bei fast jedem Vierten, fand sich eine isolierte Neurosarkoidose ohne Beteiligung anderer Organsysteme [29]. Die isolierte Neurosarkoidose ist also entgegen früheren Annahmen wahrscheinlich keine Rarität, was vor besondere diagnostische Herausforderungen stellt.

Take Home Message

Bei Neurosarkoidose ist die Lunge nur in zwei Drittel der Fälle beteiligt. Die Erkrankung betrifft bei fast jedem Vierten ausschließlich das Nervensystem.


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Klinische Manifestationen einer Neurosarkoidose

In etwa der Hälfte der Fälle macht sich eine Neurosarkoidose erstmalig durch neurologische Symptome bemerkbar. Etwas mehr als die Hälfte der Neurosarkoidosen weist im Rahmen einer basalen Meningitis eine Beteiligung von Hirnnerven auf. In absteigender Häufigkeit sind vor allem betroffen:

  • der N. facialis (24%),

  • der N. opticus (21%),

  • der N. trigeminus (12%) oder

  • der N. vestibulocochlearis (11%).

Eine Beteiligung von mehr als einem Hirnnerv zeigt sich in 28% der Fälle. In 18% ist das Rückenmark beteiligt, dann häufig im Sinne einer chronischen Myelopathie. In 17% der Fälle findet sich eine granulomatöse Polyneuropathie, in 16% eine aseptische Meningitis und in 15% eine granulomatöse Myopathie [29].

Klinisch wahrscheinlich sehr relevant ist, dass bei bis zu 70% der Patienten mit systemischer Sarkoidose eine Small-Fiber-Neuropathie auftritt, die den Routineneurografien entgeht. Diese kann für sonst nicht erklärbare neuropathische Schmerzphänomene und durch die Beteiligung der vegetativen Fasern für lebensbedrohliche autonome Dysfunktionen, wie Herzrhythmusstörungen, verantwortlich sein und spricht oft auf eine Immuntherapie an [31]. Man nimmt an, dass sie durch systemische Zytokine vermittelt wird. Weil ihr keine granulomatöse Entzündung direkt zugrunde liegt, wird die Small-Fiber-Neuropathie nicht als Manifestationsform der Neurosarkoidose betrachtet.

Merke

Aufgrund der relativ hohen Prävalenz der Sarkoidose von etwa 1 : 2000 und der wichtigen therapeutischen Konsequenzen sollte die Sarkoidose in der Differenzialdiagnose der für Betroffene oft belastenden Small-Fiber-Neuropathie immer mitbedacht werden.

Take Home Message

Die Neurosarkoidose manifestiert sich in etwa der Hälfte zuerst neurologisch, überwiegend durch eine basale Meningitis mit Hirnnervenausfällen.


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Diagnostisches Vorgehen

Zajicek-Diagnosekriterien der Neurosarkoidose

Die sichere Diagnose einer Neurosarkoidose erfordert eine positive Biopsie des Nervensystems, auf deren Gewinnung in der Nutzen-Risiko-Abwägung in der Mehrzahl der Verdachtsfälle verzichtet wird. Ohne eine solche Biopsie ist die Diagnose allerdings bestenfalls mit Wahrscheinlichkeit zu stellen, wofür meist eine Biopsie eines anderen Organs, überwiegend der Lunge, notwendig ist [32]. Zu betonen ist allerdings, dass die histologischen Befunde bei der Sarkoidose nicht pathognomonisch sind, sondern z. B. bei atypischen Mykobakteriosen zum Verwechseln ähnlich ausfallen können, sodass sich die Diagnose nie allein auf die Biopsie stützen kann. [Tab. 3] zeigt die Zajicek-Diagnosekriterien der Neurosarkoidose von 1999, zur besseren Übersichtlichkeit und Merkbarkeit in etwas vereinfachter Form.

Tab. 3 Etwas vereinfachte Zajicek-Diagnosekriterien der Neurosarkoidose (1999).

mögliche Neurosarkoidose

wahrscheinliche Neurosarkoidose

„sichere“ Neurosarkoidose

typische klinische Symptomatik

+

+

+

Ausschluss von Differenzialdiagnosen

+

+

+

Entzündung in Liquor und/oder MRT

+

systemische Sarkoidose, vor allem bioptisch gesichert

+

positive Biopsie des Nervensystems

+


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Lokalisation der Biopsiestelle

Die Zajicek-Kriterien betonen die zentrale Bedeutung der Biopsie zur Diagnosesicherung. Bei der Suche nach der geeigneten Biopsiestelle können die Gallium-67-Szintigrafie oder heutzutage besser die FDG-PET (Fluordesoxyglucose-Positronen-Emissionstomografie) helfen [33]. Gegenüber der Gallium-67-Szintigrafie bietet die FDG-PET neben der deutlich geringeren Strahlenbelastung und der höheren räumlichen Auflösung, was besonders die Sensitivität für entzündlich veränderte Lymphknoten erhöht, Vorteile wegen der schnelleren Durchführbarkeit. Zudem kann dabei unter Inkaufnahme einer nur geringfügig höheren Strahlenbelastung im Rahmen eines Ganzkörperscans auch das Gehirn untersucht werden [34]. In der Sarkoidosediagnostik werden deshalb heute kaum noch Gallium-67-Szintigrafien durchgeführt, zumindest dann, wenn eine FDG-PET zeitnah verfügbar ist.

Take Home Message

Die FDG-PET kann sehr hilfreich sein, bei V. a. Sarkoidose eine geeignete Biopsiestelle zu identifizieren.


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Bildgebung bei Neurosarkoidose

Während sich wie bereits erwähnt nur bei 1 von 20 Sarkoidosepatienten klinische Zeichen einer ZNS-Beteiligung zeigen, jedoch bei einem Viertel autoptisch eine Neurosarkoidose gefunden wird, zeigen sich bei immerhin 1 von 10 Sarkoidosebetroffenen Hinweise auf eine Neurosarkoidose in der Bildgebung [35].

Typischerweise sind bei der Neurosarkoidose vor allem die basalen Leptomeningen und nahe gelegene Strukturen betroffen. Bei etwas mehr als der Hälfte der Patienten sind die Hirnnerven beteiligt, bei knapp einem Fünftel die Hypophyse und das Chiasma opticum. Intraparenchymatöse Granulome entstehen durch Ausbreitung der entzündlichen Veränderungen entlang der hirnbasisnahen perivaskulären Virchow-Robin-Räume. Ein Hydrozephalus entwickelt sich in 5 – 12% der Fälle durch eine Liquormalresorption [35]. Selten finden sich eine sarkoidoseassoziierte Kleingefäßvaskulitis, die multiple und mehrzeitige ischämische und hämorrhagische Läsionen verursachen kann [36].

[Abb. 2] zeigt einige für die Neurosarkoidose charakteristische MRT-Befunde.

Zoom Image
Abb. 2 Charakteristische kranielle MRT-Befunde bei Neurosarkoidose. a Axiale FLAIR-Sequenz; die Pfeile weisen auf ein Ödem im linken Frontal- und Temporallappen. b Axiale T1-Sequenz nach KM; der Pfeil weist auf multiple Granulome in den basalen Zisternen und intraparenchymatös. c Axiale T1-Sequenz nach KM; der Pfeil weist auf multiple Granulome in den basalen Zisternen und intraparenchymatös.(Quelle: Hufschmidt A, Lücking C, Rauer S et al. Sarkoidose (MRT). In: Hufschmidt A, Lücking C, Rauer S et al., Hrsg. Neurologie compact. 7. Auflage. Stuttgart: Thieme; 2017. doi:10.1055/b-005-143671 )

Bei der Neurosarkoidose sind außerdem in 12,5 – 54% T2-hyperintense Marklagerläsionen zu beobachten, die nicht symptomatisch sind und sich im Laufe der Immunbehandlung nicht verändern [35].

Merke

Die Neurosarkoidose sollte deshalb insbesondere auch in der Differenzialdiagnose der Multiplen Sklerose immer mitbedacht werden.

Durch die zunehmende Verwendung spinaler MRT-Diagnostik werden neben dem intrakraniellen Befall bei bis zu 25% der Neurosarkoidosepatienten auch Rückenmarkbeteiligungen gefunden. Die Läsionen betreffen in erster Linie das zervikale und das obere thorakale Rückenmark und breiten sich oft über mehrere Segmente im Sinne einer longitudinalen extensiven transversen Myelitis (LETM) aus [35]. In solchen Fällen wird die Abgrenzung zu NMO- und NMO-Spektrumserkrankungen (NMOSD) unter therapeutischen Gesichtspunkten besonders relevant.

Kontrastmittelgestützte Sequenzen liefern dabei entscheidende Hinweise:

  • Besonders typisch für die Neurosarkoidose ist eine mehr als 2 Monate anhaltende subpiale KM-Anreicherung der entzündlichen Herde.

  • Für die NMOSD dagegen spricht eine ringförmige KM-Anreicherung der entzündlichen Läsionen, die bei der Neurosarkoidose nie auftritt [37].

Eine derzeit bei der Neurosarkoidose noch experimentelle, möglicherweise hilfreiche Methodik ist eine Somatostatin- oder Chemokin-Rezeptor-PET. Somatostatin- und bestimmte Chemokin-Rezeptoren werden auf der Zelloberfläche von Makrophagen überexprimiert. Eine mit entsprechenden Tracern durchgeführte PET kann die entzündliche Aktivität im ZNS und Myokard genauer abbilden, als es die FDG-PET vermag, da diese Organe physiologischerweise eine intensive FDG-Aufnahme zeigen. Diese PET-Methode muss allerdings noch für die Neurosarkoidose weiter evaluiert werden [38].

Take Home Message

Das MRT zeigt typischerweise Granulome der basalen Leptomeningen, die sich entlang der Virchow-Robin-Räume nach intraparenchymal ausbreiten können, oder eine longitudinale extensive transversen Myelitis (LETM).


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Labordiagnostik bei Sarkoidose

Etablierte Labortests für die systemische Sarkoidose, zu denen erhöhte Werte des ACE oder des löslichen IL-2-Rezeptors (sIL-2R) im Serum sowie eine erhöhte CD4/CD8-Ratio > 3,5 der Lymphozyten aus der bronchoalveolären Lavage gehören, besitzen allesamt für sich eine niedrige Spezifität für die Sarkoidose, da zahlreiche infektiöse und maligne Erkrankungen ebenfalls diese Auffälligkeiten mit sich bringen können. ACE und sIL-2R sind daher vor allem in der Überwachung der Krankheitsaktivität und weniger zur differenzialdiagnostischen Abklärung nützlich [33].

Hintergrundinformation

Kveim-Siltzbach-Hauttest

Beim wahrscheinlich für die Sarkoidose spezifischeren Kveim-Siltzbach-Hauttest wurde homogenisiertes und sterilisiertes Milz- oder Lymphknotengewebe von Sarkoidosepatienten intradermal injiziert und 4 – 6 Wochen später biopsiert [39]. Allerdings war dieser Test nie gut standardisiert und ist auch aufgrund einer potenziellen Infektionsgefahr und fehlenden Zulassung obsolet und kommerziell nicht verfügbar [33].


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Liquor-Basisparameter bei Neurosarkoidose

In einer Metaanalyse von 29 Studien von Fritz et al. [29] lagen zu 774 von 988 Neurosarkoidosepatienten Liquorbefunde vor. Unter diesen fanden sich bei über 70% entzündliche Liquorveränderungen. Bei 27%, also etwas mehr als einem Viertel, blieb die Liquordiagnostik hingegen vollständig unauffällig. Im Detail fand sich bei 58% eine lymphomonozytäre Pleozytose mit 5 – 1571 Lymphozyten/µl, bei 63% fand sich ein Liquor-Gesamteiweiß > 45 mg/dl, 40% wiesen einen intrathekalen IgG-Index von > 0,7 auf, liquorspezifische oligoklonale Banden fanden sich bei 42%, und bei lediglich 14% war die Liquorglukose auf < 35 mg/dl vermindert [29]. Alle diese Veränderungen sind natürlich nicht spezifisch für die Neurosarkoidose. Eine positive MRZ-Reaktion, die als hochspezifisch für die Multiple Sklerose gilt, fand sich in immerhin 9% einer kleinen Neurosarkoidose-Serie [40].

Bei der Neurotuberkulose als besonders relevanter Differenzialdiagnose der Neurosarkoidose zeigen sich im Liquor sehr viel höhere Eiweißwerte, eine Eosinophilie und meist deutlich niedrigere Glukosewerte.

Take Home Message

In 70% der Fälle finden sich bei der Neurosarkoidose unspezifische entzündliche Liquorveränderungen.


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Liquor-Spezialparameter bei Neurosarkoidose

Stern et al. veröffentlichten 1987 in Neurology eine kleine Fallserie, in der sich bei 3 von 8 Patienten mit Neurosarkoidose eine ≥ 6,8 erhöhte CD4/CD8-Ratio im Liquor zeigte [41]. Im Jahr 2016 konnten Nemecek et al. diese Beobachtung zwar im Prinzip bestätigen, allerdings zeigte sich bei zahlreichen anderen neuroimmunologischen Erkrankungen, wie Multiple Sklerose und Neuroborreliose, ebenso häufig eine erhöhte CD4/CD8-Ratio [42]. Damit ist eine erhöhte CD4/CD8-Ratio im Liquor weder sensitiv noch spezifisch für die Neurosarkoidose und zur differenzialdiagnostischen Unterscheidung neuroimmunologischer Erkrankungen wenig hilfreich, auch wenn sie in diesem Kontext nach wie vor wohl häufig bestimmt wird.

In der bereits zitierten Metaanalyse von Fritz et al. fand sich bei knapp der Hälfte (46%) ein erhöhtes ACE im Liquor [29]. Allerdings besitzt ACE im Liquor aufgrund einer niedrigen Sensitivität und Spezifität (66,7% bzw. 67,3%) [43] für die Neurosarkoidose allenfalls einen sehr bescheidenen differenzialdiagnostischen Wert.

Eine Analyse von 139 Liquor-Serum-Paaren von Patienten mit Neurosarkoidose, Multipler Sklerose, ZNS-Vaskulitis, bakterieller und viraler Meningitis, Neurotuberkulose und gesunden Probanden mittels ELISA zeigte, dass ein sIL-2R-Spiegel im Liquor > 150 pg/ml eine Neurosarkoidose bei mit Kortikosteroiden vorbehandelten Patienten mit einer Sensitivität von 61% und einer Spezifität von 93% gegen eine ZNS-Vaskulitis und eine Multiple Sklerose abgrenzen konnte. Bei nicht mit Kortikosteroiden vorbehandelten Patienten lag die Sensitivität mit 94% sogar noch deutlich höher bei unveränderter Spezifität.

Besonders hohe sIL-2R-Spiegel von > 1500 pg/ml finden sich im Liquor von Neurotuberkulosepatienten und unterscheiden mit einer Sensitivität von 80% und einer Spezifität von 67% von einer Neurosarkoidose. Zudem könnte der lösliche IL-2-Rezeptor im Liquor eventuell zur Beurteilung der Krankheitsaktivität einer Neurosarkoidose herangezogen werden, da sich vor klinischer Verschlechterung ein Anstieg seines Spiegels fand [44]. Damit besitzt der lösliche IL-2-Rezeptor im Liquor eventuell neben einem begrenzten differenzialdiagnostischen Nutzen auch einen möglichen Wert als Verlaufsparameter, jedoch ist der genaue Kontext zu beachten.

Take Home Message

Es wurden bislang keine Neurosarkoidose-spezifischen Liquorspezialparameter etabliert.


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Therapie der Neurosarkoidose

Auch bei der Neurosarkoidose beruhen die Behandlungsstrategien auf Expertenmeinungen und kleinen retrospektiven Studien, und es existieren bislang keine randomisierten und kontrollierten Studien.

Im klinischen Alltag findet ein Stufenschema Verwendung, in dem als Erstlinientherapie Kortikosteroide eingesetzt werden, wobei sich die von unterschiedlicher Seite empfohlenen Dosierungen zum Teil unterscheiden [38]. Bei schweren Verläufen mit einer Beteiligung der Augen, des Herzens, der Nieren oder des ZNS werden Prednisolon-Dosen von 1 mg/kgKG mit anschließender Erhaltungstherapie für mindestens 12 Monate empfohlen [30]. Alternativ kann bei schweren Verläufen auch eine hochdosierte i. v. Steroidpulstherapie über einige Tage mit anschließender oraler Erhaltungstherapie erfolgen [38], was von uns meist präferiert wird.

Als Zweitlinientherapie werden traditionell steroidsparende Medikamente wie Methotrexat, Azathioprin oder Mycophenolatmofetil eingesetzt, wenn sich eine längerfristige Behandlungsnotwendigkeit, wie z. B. bei fehlender klinischer Stabilität unter Reduktion der Kortikosteroide, ergibt oder schwere, funktionell beeinträchtigende Verläufe vorliegen.

Als Drittlinienmedikamente werden bei therapierefraktären Sarkoidosepatienten TNF-α-Inhibitoren eingesetzt. Die meiste Erfahrung besteht mit der Substanz Infliximab. Die einzige aktuell vorliegende kontrollierte Evidenz für Infliximab bei Sarkoidose stützt sich auf die Ergebnisse einer randomisierten, doppelt verblindeten und placebokontrollierten Phase-II-Studie, in der eine signifikante Verbesserung der Vitalkapazität nach 24 Wochen gezeigt wurde [45]. In einer retrospektiven Studie mit 18 Patienten, bei denen eine Neurosarkoidose bioptisch nachgewiesen wurde, zeigten 33% 6 Monate nach Beginn mit Infliximab eine vollständige und 56% eine teilweise Remission. Eine Krankheitsstabilisierung („stable disease“) fand sich darüber hinaus bei 11% der Patienten. In der Nachbeobachtungsphase, die eine mediane Dauer von 20 Monaten hatte (6 – 93 Monate), erlitten 50% der Patienten einen Krankheitsschub [46].

Merke

Zu betonen ist, dass Infliximab in den letzten Jahren einen stetig zunehmenden Stellenwert in der Behandlung der Neurosarkoidose gewonnen hat und bei schwereren Verläufen zunehmend früher zum Einsatz gelangt.

Bei Unverträglichkeiten gegen Infliximab kann ggf. z. B. Adalimumab verwendet werden. Wenn auch sehr wahrscheinlich grundsätzlich weniger wirksam als Infliximab, kann intravenöses Cyclophosphamid als Alternative bei Therapieversagen von TNF-α-Inhibitoren eingesetzt werden. Bei Kontraindikationen gegen TNF-α-Inhibitoren, wie z. B. bei Malignomen oder einer fortgeschrittenen Herzinsuffizienz, oder bei therapierefraktären Fällen steht außerdem Rituximab als eine Alternative zur Verfügung [38].

Take Home Message

Therapiert wird die Neurosarkoidose mit Kortikosteroiden, steroidsparenden Immunsuppressiva und zunehmend häufig mit TNF-Inhibitoren.


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Verlauf und Prognose der Neurosarkoidose

In der mehrfach erwähnten Metaanalyse von Fritz et al. mit insgesamt 29 Studien erreichten 27% der von Neurosarkoidose Betroffenen eine vollständige Remission, und 32% erholten sich zum Teil, während sich bei 24% der Erkrankungsverlauf stabil ohne Verschlechterung, aber auch ohne Verbesserung entwickelte. Eine Verschlechterung ergab sich bei 6% der Patienten. Insgesamt starben 5% der Patienten.

Einen günstigen Verlauf hatten 71% der Patienten, die nur mit Kortikosteroiden behandelt wurden, und 55% der Patienten mit einer Zweitlinienbehandlung, die nicht auf ein Drittlinienmedikament umgestellt werden mussten. Immerhin noch 39% der Patienten mit einem Drittlinienmedikament haben einen günstigen Krankheitsverlauf [29].

Merke

Während in der Metaanalyse etwas über ein Drittel unter Therapie keine Besserung zeigte, darf wahrscheinlich davon ausgegangen werden, dass insbesondere durch den breiteren Einsatz von TNF-α-Inhibitoren die Prognose der Neurosarkoidose inzwischen wahrscheinlich günstiger ist, auch wenn die Erkrankung einen potenziell lebensbedrohlichen Charakter behält.

Fallbeispiel

Diagnose und Therapie

Es wurde die Diagnose einer longitudinalen transversen Myelitis (LETM) als Ausdruck einer wahrscheinlichen Neurosarkoidose gestellt.

Unter einer Pulstherapie mit 1 g pro Tag Methylprednisolon i. v. über 5 Tage remittierten die Beschwerden partiell und bildeten sich anschließend im Rahmen einer stationären Rehabilitationsbehandlung unter langsam reduzierter oraler Steroiddosis und einer neu begonnenen Behandlung mit zunächst 3 × 50 mg/d Azathioprin weiter zurück. Die Azathioprin-Tagesdosis wurde in 25-mg-Schritten alle 2 Wochen so angepasst, dass die Lymphozytenzahl einen Zielkorridor von 600 – 1200/µl erreichte bei zugleich nicht weniger als 3500/µl Leukozyten und nicht mehr als 4-facher Erhöhung der Transaminasen über die obere Normgrenze. Die maximale Tagesdosis von 250 mg war hierzu nicht erforderlich.

Die Erkrankung zeigt sich seither unter dem gut vertragenen Azathioprin, aktuell in einer Dosis von 200 mg pro Tag und begleitet von 5 mg pro Tag Prednisolon, klinisch und paraklinisch stabil.


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Abgrenzung des Neuro-Behçet und der Neurosarkoidose von anderen Immunerkrankungen des ZNS

Die Behandlung des Neuro-Behçet und der Neurosarkoidose, die beide im Rahmen einer ZNS-Beteiligung nicht selten MS-ähnliche Marklagerläsionen verursachen, ähneln sich.

Cave

Da insbesondere die bei beiden Erkrankungen eingesetzten TNF-Blocker eine Multiple Sklerose verschlechtern können und umgekehrt mehrere MS-Therapeutika z. B. eine Sarkoidose aggravieren können, ist die Abgrenzung beider Erkrankungen von der Multiplen Sklerose therapeutisch besonders relevant.

Wichtig und speziell bei einer Myelonbeteiligung nicht immer einfach ist zudem die Abgrenzung von der Neuromyelitis optica (NMO).

Der Morbus Behçet ist im Vergleich zur Multiplen Sklerose deutlich seltener. Er manifestiert sich nur in 6% der Fälle primär neurologisch und beteiligt im Verlauf in 10 – 20% das Nervensystem. Besonders charakteristisch sind die oralen und häufig auch genitalen Aphthen sowie das Pathergiephänomen der Haut, die bei der Multiplen Sklerose, der NMO und deren Spektrumerkrankungen sowie der Sarkoidose nicht vorkommen.

Die genitalen Aphthen sind vor allem bei Männern zu beobachten, die insgesamt mit einem Verhältnis von 3 : 1 im Vergleich zu Frauen deutlich häufiger von einem Neuro-Behçet betroffen sind. Zudem leiden Behçet-Patienten auch ohne Nachweis einer Sinusthrombose sehr oft an Kopfschmerzen, die in ihrer Ausprägung mit der systemischen Krankheitsaktivität korrelieren.

Ein weiterer differenzialdiagnostisch relevanter Punkt ist die im Rahmen eines parenchymatösen Neuro-Behçet häufige und charakteristische mesodienzephale und pontomedulläre Hirnstammbeteiligung, die im weiteren zeitlichen Verlauf eine Hirnstammatrophie hinterlassen kann. Diese besitzt wahrscheinlich einen sehr hohen positiv prädiktiven Wert für den Neuro-Behçet. Beim Neuro-Behçet findet sich nur in etwa jedem 7. Fall eine klinisch manifeste Myelonbeteiligung, die MR-morphologisch durch die vor allem zervikal und dorsal gelegenen und manchmal auch 2 – 3 Segmente überspannenden Herde relevante Parallelen zur Multiplen Sklerose und der NMO/NMOSD aufzeigt. In Abgrenzung zur Multiplen Sklerose finden sich beim Neuro-Behçet sehr viel seltener liquorspezifische oligoklonale Banden (95 – 97% versus 10 – 13%).

Eine Neurosarkoidose betrifft in fast einem Viertel der Fälle nur das Nervensystem und verläuft in einem Drittel ohne Lungenbeteiligung. Sie manifestiert sich in der Hälfte der Fälle zuerst mit neurologischen Symptomen. Typischerweise beteiligt eine Neurosarkoidose basale Hirnstrukturen und betrifft neben den Hirnnerven häufig auch die Hypophyse. Sowohl bei der Neurosarkoidose als auch beim Neuro-Behçet können sich Liquorzirkulationsstörungen mit Hydrozephalus entwickeln, die sich bei Multipler Sklerose und NMO nicht finden.

Bei bis zu der Hälfte der Neurosarkoidosepatienten zeigen sich im kraniellen MRT T2-hyperintense Marklagerläsionen. Parallel vorhandene intraparenchymale Granulome und eine leptomeningeale oder durale Beteiligung sprechen für eine Neurosarkoidose. Das Myelon ist in einem Viertel der Neurosarkoidosefälle beteiligt. Dabei haben die kontrastmittelgestützten Sequenzen in der Abgrenzung zur NMO/NMOSD einen besonderen Stellenwert, da sie bei der Neurosarkoidose typischerweise eine länger als 2 Monate anhaltende subpiale KM-Anreicherung zeigen. Dagegen kommt eine für die NMO/NMOSD typische ringförmige KM-Anreicherung bei der Neurosarkoidose nicht vor. Einen besonderen Stellenwert in der Abgrenzung zur Multiplen Sklerose hat auch hier die Liquordiagnostik. Liquorspezifische oligoklonale Banden finden sich bei Neurosarkoidosepatienten in nur 42% und eine positive MRZ-Reaktion in nur 9% der Fälle.

[Tabelle 4] fasst die wichtigsten differenzialdiagnostischen Aspekte zusammen.

Tab. 4 Übersicht wesentlicher differenzialdiagnostischer Aspekte des Neuro-Behçet und der Neurosarkoidose.

Multiple Sklerose

NMO, NMOSD

Neuro-Behçet

Neurosarkoidose

Abkürzungen: OKB = liquorspezifische oligoklonale Banden, MRZ = polyspezifische antivirale Immunantwort gegen Masern-, Röteln- und Varicella-Zoster-Virus

Geschlechterverhältnis Frauen : Männer

ca. 3 : 1

bis zu 9 : 1

ca. 1 : 3

Frauen etwas häufiger als Männer

Klinik bei Beginn

  • Optikusneuritis

  • Sensibilitätsstörungen

  • spinale Symptome

  • ein- oder beidseitige Optikusneuritiden

  • Myelitis (initial nicht immer > 2 Segmente)

  • orale und genitale Aphthen

  • Augenbeteiligung

  • erst nach Jahren neurologische Symptome

  • Hirnnervenausfälle

  • Optikusneuritis

  • spinale Symptome

  • Hirnstammsyndrom

MRT-Läsionen

  • T2-Läsionen periventrikulär, juxtakortikal, infratentoriell

  • spinal eher exzentrische T2-Läsionen, betreffen nur einen Teil des Myelonquerschnitts

  • zentral betonte spinale T2-Läsionen über mindestens 3 Wirbelsäulensegmente

  • ringförmige KM-Anreicherung der spinalen Läsionen

  • mesodienzphale und pontomedulläre Hirnstammläsionen

  • 60% fleckige KM-Anreicherung

  • mögliche Hirnstammatrophie

  • Granulome an basalen Leptomeningen

  • 25% spinale Beteiligung

  • dabei subpiale KM-Anreicherung > 2 Monate typisch

Liquordiagnostik

  • 95 – 97% positive OKB

  • bei ⅔ positive MRZ-Reaktion

  • i. d. R. maximal 50 Lymphozyten/µl

  • eventuell bei Myelitis Zellzahl etwas höher

  • Pleozytose, auch > 50/µl

  • häufig initial Neutrophilie und/oder Eosinophilie

  • positive OKB selten

  • nie positive MRZ-Reaktion

  • häufig deutliche entzündliche Veränderungen

  • initial neutrophile Granulozyten

  • OKB mit 10 – 13% selten

  • > 70% Liquor entzündlich verändert

  • lymphomonozytäre Pleozytose

  • positive OKB bei nur 42%

  • positive MRZ-Reaktion bei nur 9%


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Kernaussagen
  • Eine fieberhafte subakute Meningoenzephalitis ist die häufigste neurologische Erscheinungsform des Morbus Behçet, der im Rahmen eines selteneren, nicht parenchymatösen Verlaufs auch zerebrale Sinusthrombosen auslösen kann.

  • Fast immer gehen beim Morbus Behçet einer neurologischen Manifestation rezidivierende schmerzhafte orale Aphthen voraus, öfter auch genitale Aphthen sowie eine schmerzhafte posteriore Uveitis.

  • Basis der Neuro-Behçet-Therapie sind Kortikosteroide.

  • Die Neurosarkoidose manifestiert sich klinisch am häufigsten durch eine basale Leptomeningitis mit Hirnnervenausfällen.

  • Bei der Neurosarkoidose findet sich nur in zwei Dritteln eine Lungenbeteiligung und bei fast jedem vierten Betroffenen ein isolierter Befall des Nervensystems, auch manifestiert sich die Erkrankung in der Hälfte der Fälle erstmals neurologisch – eine diagnostische Herausforderung.

  • Eine histologische Sicherung der Sarkoidose bleibt zentral für die Diagnosestellung.

  • Bei der Neurosarkoidose gewinnen TNF-Inhibitoren therapeutisch einen zunehmenden Stellenwert.

Wissenschaftlich verantwortlich gemäß Zertifizierungsbestimmungen

Wissenschaftlich verantwortlich gemäß Zertifizierungsbestimmungen für diesen Beitrag ist PD Dr. Mathias Buttmann, Bad Mergentheim.


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Autorinnen/Autoren

Waldemar Kafke

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Dr. med., Jahrgang 1980. 2002 – 2009 Studium der Humanmedizin in Würzburg. 2009 – 2016 Facharztausbildung an der Neurologischen Klinik des Universitätsklinikums Würzburg. Seit 3/2017 Oberarzt an der Klinik für Neurologie des Caritas-Krankenhauses Bad Mergentheim. Schwerpunkte: neuroimmunologische und neuromuskuläre Erkrankungen.

Mathias Buttmann

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Priv.-Doz. Dr. med., Jahrgang 1970. 1993 – 1999 Studium der Humanmedizin in Würzburg, parallel 1994 – 1998 Violinstudium am Hermann-Zilcher-Konservatorium Würzburg. 2000 – 2007 Assistenzarzt, 2008 – 2016 Oberarzt an der Neurologischen Klinik des Universitätsklinikums Würzburg. 2014 Habilitation über Multiple Sklerose. Seit 2016 Chefarzt der Klinik für Neurologie am Caritas-Krankenhaus Bad Mergentheim, seit 2019 stv. Ärztlicher Direktor. Schwerpunkte: neuroimmunologische und neuromuskuläre Erkrankungen, allgemeine Neurologie.

Interessenkonflikt

Erklärung zu finanziellen Interessen
Forschungsförderung erhalten: ja, von einer anderen Institution (Pharma- oder Medizintechnikfirma usw.); Honorar/geldwerten Vorteil für Referententätigkeit erhalten: ja, von einer anderen Institution (Pharma- oder Medizintechnikfirma usw.); Bezahlter Berater/interner Schulungsreferent/Gehaltsempfänger: ja, von einer anderen Institution (Pharma- oder Medizintechnikfirma usw.); Patent/Geschäftsanteile/Aktien (Autor/Partner, Ehepartner, Kinder) an Firma: nein. Patent/Geschäftsanteile/Aktien (Autor/Partner, Ehepartner, Kinder) an Firma (Nicht-Sponsor der Veranstaltung): nein.
Erklärung zu nichtfinanziellen Interessen
Die Autorinnen/Autoren geben an, dass kein Interessenkonflikt besteht.


Korrespondenzadresse

Priv.-Doz. Dr. Mathias Buttmann
Klinik für Neurologie
Caritas-Krankenhaus Bad Mergentheim
Uhlandstr. 7
97980 Bad Mergentheim


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Abb. 1 Charakteristische kranielle MRT-Befunde bei der parenchymatösen Form des Neuro-Behçet. a Sagittale FLAIR-Sequenz. b Sagittale FLAIR-Sequenz. c Axiale T2-Sequenz. d Koronare T2-Sequenz.(Quelle: Felber A, Uhlenbrock D. Morbus Behçet. In: Forsting M, Uhlenbrock D, Hrsg. MRT und MRA des Kopfes. 2., vollständig überarbeitete und erweiterte Auflage. Stuttgart: Thieme; 2011. doi:10.1055/b-004-134455 )
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Abb. 2 Charakteristische kranielle MRT-Befunde bei Neurosarkoidose. a Axiale FLAIR-Sequenz; die Pfeile weisen auf ein Ödem im linken Frontal- und Temporallappen. b Axiale T1-Sequenz nach KM; der Pfeil weist auf multiple Granulome in den basalen Zisternen und intraparenchymatös. c Axiale T1-Sequenz nach KM; der Pfeil weist auf multiple Granulome in den basalen Zisternen und intraparenchymatös.(Quelle: Hufschmidt A, Lücking C, Rauer S et al. Sarkoidose (MRT). In: Hufschmidt A, Lücking C, Rauer S et al., Hrsg. Neurologie compact. 7. Auflage. Stuttgart: Thieme; 2017. doi:10.1055/b-005-143671 )