Schlüsselwörter
Collagenase Clostridium Histolyticum - Dupuytrensche Kontraktur - Strang - Gelenkskontraktur
Key words
Collagenase Clostridium Histolyticum - Dupuytren‘s contracture - cord - joint contracture
Einleitung
Neben den gängigen Therapieoptionen zur Behandlung der Dupuytrenschen Kontraktur
konte sich die enzymatische Strangzersetzung mittels Collagenase Clostridium
Histolyticum (CCH; Xiapex®) in den letzten Jahren als einfache und
zuverlässige Behandlungsalternative etablieren. Als große Vorteile dieser Methode
gegenüber den chirurgischen Alternativen können der geringe Behandlungsaufwand sowie
die Einfachheit des Verfahrens genannt werden. Rezent vorliegende Studien zeigen
eine vergleichbare Langzeiteffektivität von CCH im Vergleich zu den chirurgischen
Standardtherapien bei deutlich gesteigerter Kosteneffektivität. Als eines der ersten
Zentren in Europa wurde Collagenase CCH 2011 an unserer Abteilung in das
Behandlungsrepertoire der Dupuytrenschen Kontraktur aufgenommen. Seit der Einführung
wurden weit über 300 Patienten mit dieser Technik behandelt. Bei anfänglich noch
ausstehenden Erfahrungswerten wurden sowohl die Indikationsstellung, wie auch die
Technik der Anwendung im Laufe der Jahre adaptiert und optimiert. Ziel dieser Arbeit
ist neben einer retrospektiven Analyse aller mit CCH behandelter Patienten die
Vorstellung und Diskussion der von uns im Laufe der Jahre vorgenommenen technischen
Modifikationen.
Patienten und Methoden
Patienten
In die Studie eingeschlossen wurden 256 Patienten (225 Männer; 31 Frauen), deren
Dupuytrensche Kontraktur zwischen 2011 und 2018 mit CCH behandelt wurden. Das
Durchschnittsalter zum Zeitpunkt der Intervention lag bei 65,8 Jahren (28–86
Jahre). Insgesamt wurden 312 Finger behandelt (Ringfinger: n = 142; Kleinfinger:
n = 132; Mittelfinger: n = 31; Zeigefinger: n = 7), in 166 Fällen war die rechte
Hand betroffen, in 146 Fällen die linke (233 Patienten: eine Hand behandelt; 23
Patienten: beide Hände behandelt). Beim Großteil der Patienten wurde im
Beobachtungszeitraum ein Finger behandelt (ein Finger: n = 207; zwei Finger: n =
42; drei Finger: n = 7). Bei 157 Fingern (50,3 %) lag eine isolierte
Gelenkskontraktur vor (Metakarpophalangealgelenk, MCP-Gelenk: n = 99; proximales
Interphalangealgelenk, PIP-Gelenk: n = 58), wohingegen bei 155 (49,7 %) Fingern
mehrere Gelenke betroffen waren (MCP + PIP: n = 147; MCP + PIP + distales
Interphalangealgelenk (DIP-Gelenk): n = 5; PIP + DIP: n = 3) ([
Tab. 1
].). Der durchschnittliche
Nachuntersuchungszeitraum (Abstand Aufdehnung zur letzten Nachuntersuchung)
betrug 41,2 Wochen (0–317 Wochen).
Tab. 1
Betroffene Finger und Gelenke, präinterventioneller
Kontrakturgrad
Lokalbefund
|
Betroffene Finger
|
II: 7 III: 31 IV: 142 V: 132
|
Betroffene Gelenke
|
MCP: 99 MCP + PIP: 147 MCP + PIP + DIP:
5 PIP: 58 PIP + DIP: 3
|
Gesamtkontrakturgrad präinterventionell
|
Gesamt: 63,3° (5–195°) 24h: 59,4° (5–160°) 48h:
66,7° (10–195°)
|
Methoden
Mithilfe einer retrospektiven Datenanalyse wurden neben demographischen Details,
der vorliegende Lokalbefund, Daten der Intervention, der postinterventionelle
Verlauf, die Komplikationsraten, das unmittelbare funktionelle Ergebnis
(Lokalbefund nach stattgehabter Aufdehnung) sowie das funktionelle Ergebnis zur
letzten dokumentierten Nachuntersuchung analysiert. Der Gesamtkontrakturgrad
jedes Fingers wurde aus der Summe der Kontrakturgrade jedes betroffenen
Fingergelenkes (MCP + PIP + DIP) ermittelt. Mithilfe des prä- und
postinterventionellen Gesamtkontrakturgrades wurde die Gesamtkontrakturreduktion
in Grad (= Gesamtkontrakturgrad präinterventionell – verbleibender
Gesamtkontrakturgrad postinterventionell) sowie die postinterventionelle
Gesamtkontrakturreduktion in Prozent (= Gesamtkontrakturreduktion
postinterventionell/Gesamtkontrakturgrad präinterventionell × 100) ermittelt.
Als Rezidiv wurde eine neuerliche Zunahme des Gesamtkontrakturgrades von 20°
oder mehr zum Ausgangsbefund definiert. Die statistische Auswertung erfolgte mit
der Statistik- und Analyse-Software von SPSS Statistics (Version 18). Zur
Analyse der Datensätze kam der t-Test für zwei voneinander abhängige Stichproben
zur Anwendung. Das Signifikanzniveau wurde auf p < 0,05 festgelegt.
Unsere Technik
Unsere Patienten werden bereits beim Aufklärungsgespräch angehalten, die Haut
über dem Strang zwei Wochen vor der geplanten Injektion mittels
Fettsalbenmassage intensiv zu pflegen und somit die Widerstandsfähigkeit bei der
Aufdehnung zu verbessern. Vor der Injektion wird der zu behandelnde Strang durch
passive Extension des betroffenen Fingers unter Spannung gebracht. Durch die
Palpation des Stranges im Verlauf sowie durch das Abblassen der Haut über dem
Strang lässt sich der ideale Injektionsort einfach und zuverlässig bestimmen.
Zur Prävention von Hautläsionen im Rahmen der Aufdehnung und funktionellen
Beschwerden im weiteren Verlauf werden von uns bei der Wahl des Injektionsortes
Beugefurchen (z. B. Grundgelenksbeugefurche) oder Stellen mit maximaler
Hauteinziehung gemieden. Entgegen der Zulassungsstudien verwenden wir stets die
gesamte in der Trockenstechampulle vorliegende CCH Dosis (0,90 mg statt 0,58
mg). Da sich ein geringer Verlust der CCH Dosis beim Aufziehen mit der
Insulinspritze nicht vermeiden lässt, ziehen wir stets etwas mehr Lösungsmittel
(0,40–0,43 ml) auf. Mithilfe einer 1 ml Insulinspritze werden 0,39 ml CCH
mittels in Abbildung 1. dargestellter Fächertechnik unter sterilen Bedingungen
in den Strang injiziert ([
Abb. 1
].).
Abgesehen von speziellen Strangkonfigurationen (Y-Strang, Abduktorstrang) haben
wir die anfangs angewandte Technik der multilokulären Injektion zugunsten von
konzentrierten Injektionen an 1–2 zuvor definierten Punkten verlassen. Im Falle
von mehreren betroffenen Fingern liegt der Behandlungsfokus stets auf der
Kontrakturreduktion eines Fingers und die Behandlung weiterer betroffener Finger
findet in zeitlich versetzten Abständen als jeweils eigenständiger Eingriff
statt. Nach der Injektion wird ein leichter Schutzverband angelegt, körperliche
Schonung und Hochlagern der betroffenen Extremität angeraten und eine
antiphlogistische Schmerztherapie verordnet. Den Zeitpunkt der Aufdehnung haben
wir aufgrund der in Tabelle 2. angeführten Überlegungen von anfänglichen 24
Stunden auf 48 Stunden ausgedehnt ([
Tab.
2
].). Die Aufdehnung des betroffenen Fingers erfolgt in
Leitungsanästhesie unter sterilen Bedingungen in der Tagesklinik. Der Strang
wird hierbei durch passive Fingermobilisation aufgedehnt und ein Verband mittels
Zweifingerlagerungsschiene in Streckstellung des MCP und PIP mit Immobilisation
des Handgelenks angelegt. Zur Vermeidung eines Hyperextensionstraumas wird die
freie Hand des Behandlers bei der Aufdehnung wie ein Extensionsblock über den
Handrücken der aufzudehnenden Hand gelegt. Auftretende Hautläsionen während der
Strangaufdehnung werden mittels Salbengazen-Klingenbinden-Verbänden versorgt.
Nach Abnahme der Zweifingerlagerungsschiene am vierten postinterventionellen Tag
werden die Patienten durch einen Handtherapeuten über die in den nächsten
Monaten notwendigen Bewegungsübungen instruiert und eine abnehmbare
Nachtlagerungsschiene für weitere 4 Monate angepasst.
Abb. 1 Injektionstechnik von CCH; A + B zeigen
Injektionsschema im Querschnitt: A fächerförmige Injektion der
oberflächlichen Stranganteile über eine Hautinjektion, im weiteren
fächerförmige Injektion der tiefen Stranganteile B ohne
neuerliche Hautperforation.
Tab. 2
Lokalbefund
Technische Modifikationen
|
Anwendung
|
Initiale Technik
|
Modifizierte Technik
|
Grund für Änderung
|
Hautpflege präinterventionell
|
keine
|
Intensive Fettsalbenmassage über dem Strang einige Wochen vor
Intervention
|
Reduktion der Hautläsionen
|
CCH Dosis
|
0,58 mg
|
0,90 mg
|
Steigerung der initialen Kontrakturreduktion
|
Injektionstechnik
|
Multilokulär punktuell
|
Uni-Bilokulär fächerförmig
|
Steigerung der initialen Kontrakturreduktion,
Rezidivprävention
|
Einwirkzeit von CCH vor Aufdehnung
|
24 Stunden
|
48 Stunden
|
Reduktion der Hautläsionen, Steigerung der initialen
Hautläsionen
|
Postoperatives Procedere
|
Bewegungsübungen in Eigenregime, Nachtlagerungsschiene für 4
Monate
|
Handtherapeutische Schulung (Lokalpflege und Bewegungsübungen),
Nachtlagerungsschiene
|
Rezidivprävention
|
Ergebnisse
Funktionelle Ergebnisse
Der durchschnittliche Kontrakturgrad aller 312 behandelten Finger lag bei 63,3
Grad (5–195°) ([
Tab. 1
].). Der
durchschnittliche Kontrakturgrad nach stattgehabter Aufdehnung lag bei 4,7 Grad
(0–80°). Daraus ergibt sich eine signifikante (p = 0,00) durchschnittliche
Kontrakturreduktion von 58,7 Grad (5–175°). Die durchschnittliche unmittelbare
postinterventionelle Kontrakturreduktion zum Ausgangsbefund lag bei 94 % (25–100
%). Der durchschnittliche Kontrakturgrad zum Zeitpunkt der letzten
Nachuntersuchung betrug 16,2 Grad (0–120°) und zeigte ebenfalls eine
signifikante Kontrakturreduktion im Vergleich zum Ausgangswert (p = 0,00). Die
durchschnittliche Kontrakturreduktion zum Ausgangsbefund betrug bei der letzten
Nachuntersuchung bei 301 Patienten im Mittel 81 % (0–100 %). Bei elf Patienten
zeigte sich zum Zeitpunkt der letzten Nachuntersuchung eine Verschlechterung zum
Ausgangsbefund ([
Tab. 3
].; [
Abb. 2
].)
Tab. 3
Funktionelle Ergebnisse nach CCH Behandlung; Kontrakturgradreduktion
in %: Gesamtkontrakturreduktion postinterventionell/Gesamtkontrakturgrad
präinterventionell x 100; Rezidiv: neuerliche Zunahme des
Gesamtkontrakturgrades von 20° oder mehr zum Ausgangsbefund
Ergebnisse
|
Kontrakturreduktion postinterventionell
|
Gesamt: 58,7° (5–175°) 24h: 56,1° (5–160°) 48h:
60,8° (10–175°)
|
Verbleibender Kontrakturgrad postinterventionell
|
Gesamt: 4,7° (0–80°) 24h: 3° (0–35°) 48h: 6,1°
(0–80°)
|
Kontrakturgradreduktion in % (postinterventionell)
|
Gesamt: 94 % (25–100 %) 24h: 96 % (25–100 %) 48h:
93 % (33–100 %)
|
Kontrakturgrad letzte Nachuntersuchung:
|
Gesamt: 16,2° (0–120°) 24h: 18° (0–120°) 48h: 14,8°
(0–100°)
|
Kontrakturgradreduktion in % (Nachuntersuchung)
|
Gesamt: 81 % (0–100 %) 24h: 80 % (0–100 %) 48h: 82
% (0–100 %) Verschlechterung zum Ausgangswert: n = 11
|
Hauteinrisse
|
Gesamt: 22,1 % (69/312) 24h: 22,9 % (33/144) 48h:
21,4 % (36/168)
|
Rezidive
|
Gesamt: 14,4 % (45/312) 24h: 18,6 % (27/144) 48h:
10,7 % (18/168)
|
Abb. 2 Funktionelle Ergebnisse in Abhängigkeit vom Abstand:
Injektion-Aufdehnung; Y-Achse: Kontrakturgrad, X-Achse:
Behandlungsgruppe.
Komplikationen und Hauteinrisse
In 99,4 % (310/312) der Patienten zeigte sich ein unauffälliger Verlauf nach
stattgehabter Injektion von CCH. In einem Fall (0,3 %, 1/312) kam es am Tag der
Injektion zu schmerzfreien Effloreszenzen am Unterarm, ein weiterer Patient (0,3
%, 1/312) berichtete über ziehende Schmerzen am betroffenen Arm auslaufend in
die Axilla. In beiden Fällen zeigte sich der beschriebene Lokalbefund bereits am
Tag der Aufdehnung ohne weitere Therapiemaßnahmen wieder vollständig regredient.
Zu Hauteinrissen im Rahmen der Aufdehnung kam es in 22,1 % (69/312), wobei es in
allen Fällen unter konservativen Therapiemaßnahmen zur unkomplizierten Abheilung
kam.
Rezidivraten und Folgebehandlungen
Ein Rezidiv lag in 14,4 % (45/312) der behandelten Finger vor. Stränge mit
isolierter PIP-Gelenksbeteiligung zeigten mit 24,1 % die höchste Rezidivrate,
wohingegen bei isolierten Kontrakturen des MCP-Gelenkes die niedrigsten
Rezidivraten vorlagen (9,1 %). Eine Analyse aller Fälle (31/312) mit einem
Nachuntersuchungszeitraum von 24 Monaten oder mehr (durchschnittlicher
Nachuntersuchungszeitraum: 35 Monate, 24–72) zeigte eine Rezidivrate von 24 %
(6/31). Die langfristige Kontrakturreduktion lag bei 76 % vom Ausgangswert
(0–100 %), wobei es in drei Fällen zu einer Verschlechterung zum Ausgangswert
kam. Eine Folgebehandlung mit CCH am bereits behandelten Finger wurde bei 6,1 %
(19/312) durchgeführt (eine Folgebehandlung pro Finger: 18/312; zwei
Folgebehandlungen pro Finger: 1/312). Der durchschnittliche Kontrakturgrad vor
der Folgebehandlung betrug im Mittel 56,7°. Die unmittelbare Kontrakturreduktion
(präinterventionell/unmittelbar postinterventionell) betrug für die
Folgebehandlungen 91 %, die langfristige Kontrakturreduktion
(präinterventionell/letztes Follow-up: 21,3 Wochen) 61 %. Eine operative
Therapie (partielle palmare Aponeurektomie) der Dupuytrenschen Kontraktur nach
CCH Anwendung wurde in 2 Fällen durchgeführt.
Zeitintervall zur Aufdehnung: 24 vs. 48 Stunden
In 46,2 % (144/312) wurde die Aufdehnung der Kontrakturstränge 24 Stunden nach
erfolgter Injektion durchgeführt, in 53,8 % (168/312) 48 Stunden nach erfolgter
Injektion. Der präinterventionelle Gesamtkontrakturgrad lag für die Gruppe mit
einer Einwirkzeit von 24 Stunden bei 59,4° (5–160°), in der 48 Stunden Gruppe
bei 66,7° (10–195). Die unmittelbare Kontrakturreduktion zum Ausgangsbefund
betrug bei einer Einwirkzeit von 24 Stunden 96 %, bei 48 Stunden 93 % ([
Abb. 2
].). Ein statistischer Vergleich
beider Gruppen zeigte keine Verbesserung der unmittelbaren Erfolgsrate durch die
Ausdehnung der Einwirkzeit auf 48 Stunden (p = 0,14). Die langfristige
Kontrakturreduktion zum Ausgangsbefund betrug für die 24-Stunden-Einwirkzeit 80
% (durchschnittlicher Nachuntersuchungszeitraum: 50,9 Wochen) sowie für die
48-Stunden-Einwirkzeit 82 % des Ausgangswertes (durchschnittlicher
Nachuntersuchungszeitraum: 32,9 Wochen). Im Falle einer Aufdehnung 48 Stunden
nach CCH Injektion zeigte sich eine geringere Rate an Hautläsionen (21,4 % vs.
22,9 %).
Diskussion
Collagenase Clostridium Histolyticum konnte sich in den letzten Jahren als wichtige
Therapieoption bei der Behandlung der Dupuytrenschen Kontraktur etablieren. Bei
einem deutlich reduzierten Behandlungsaufwand sind die funktionellen Ergebnisse mit
denen alternativer Therapieformen vergleichbar [1],
[2], [3]. Die
unmittelbare Wirksamkeit von CCH ist durch zahlreiche Studien belegt [1], [2], [3]. Im Gegensatz zu den anfänglichen Arbeiten, die
die Wirksamkeit von CCH bei der Behandlung singulärer MCP- oder PIP-Kontrakturen
untersuchten bzw. bei der Erfolgsanalyse stets ein isoliertes Gelenk betrachteten,
handelte es sich bei nahezu der Hälfte aller unserer behandelten Stränge um
kombinierte Stränge (Beteiligung von mehr als einem Fingergelenk). Warwick und
Mitarb. konnten in einer mit unserer Studie vergleichbaren Arbeit neben der
unmittelbaren Wirksamkeit von CCH zur Behandlung monoartikulärer Kontrakturen
(durchschnittliche Kontrakturreduktion MCP: 97 %, durchschnittliche
Kontrakturreduktion PIP: 91 %) auch die unmittelbare Wirksamkeit bei der Behandlung
kombinierter Stränge zeigen [4]. So betrug die
durchschnittliche Kontrakturreduktion bei der Gruppe der kombinierten Stränge (MCP +
PIP) 85 %. In unserem Patientengut konnte der Gesamtkontrakturgrad von
durchschnittlich 63,3° (5–195°) präinterventionell auf 4,7° (0–80°)
postinterventionell reduziert werden. Daraus ergibt sich eine durchschnittliche
Gesamtkontrakturreduktion von 94 % (25–100 %). Die durchschnittliche
Kontrakturreduktion im Falle einer isolierten Gelenksbeteiligung lag bei 98 %
(33–100 %) für die MCP-Gelenke sowie 94 % (25–100 %) für die PIP-Gelenke. Die
Gesamtkontrakturreduktion der kombinierten Stränge lag bei 92 % (33–100 %). In
Zusammenschau unserer Ergebnisse mit der Arbeit von Warwick und Mitarb. ist CCH auch
zur Behandlung kombinierter Stränge geeignet. Sind die Auswahlkriterien sowie der
Ausgangsbefund im Wesentlichen mit der Arbeit von Warwick und Mitarb. vergleichbar,
könnte die höhere Erfolgsrate unseres Kollektivs bei der Behandlung von kombinierten
Strängen neben dem Ausgangsbefund sowie der individuellen Strangkonfiguration durch
technische Details wie der von uns verwendeten Injektionsmenge sowie der
Injektionstechnik erklärbar sein. Durch die Ausdehnung des Zeitintervalls nach
stattgehabter CCH Injektion (24 vs. 48 Stunden) zeigte sich kein Vorteil in der
unmittelbaren Erfolgsrate (Kontrakturreduktion 24 Stunden: 96 %; Kontrakturreduktion
48 Stunden 93 %).
Neben der unmittelbaren Kontrakturreduktion stellt die langfristige
Kontrakturreduktion und Rezidivfreiheit einen entscheidenden Faktor dar und gilt als
Hauptkritikpunkt dieser Methode. CORDLESS (Collagenase Option for Reduction of
Dupuytren Long-Term Evaluation of Safety Study) zeigte in einer 3- und
5-Jahresanalyse eine Gesamtrezidivrate von 35 % (3-Jahres Nachuntersuchungszeitraum)
bzw. 47 % (5-Jahres Nachuntersuchungszeitraum) [5],
[6]. Bei gleicher Definition eines Rezidivs
beziehen sich die Ergebnisse dieser Arbeiten auf isolierte MCP- und PIP-Kontrakturen
und sind somit für den klinischen Alltag nur bedingt verwertbar. So zeigt sich in
der CORDLESS 5-Jahresanalyse bei isolierter Betrachtung der Gelenke eine deutlich
höhere Rezidivrate bei den PIP-Gelenken (66 %) im Vergleich zu den MCP-Gelenken (40
%). Das deutlich erhöhte Rezidivrisiko bei Behandlung einer PIP-Kontraktur war auch
in unserer Studie sichtbar (PIP: 24,1 % vs. MCP: 9,1 %). Der Gesamtkontrakturgrad
unseres Kollektivs bei der letzten Nachuntersuchung beträgt 16,2° (0–120°), daraus
ergibt sich eine durchschnittliche Gesamtkontrakturreduktion von 81 % (0–100 %) zum
Ausgangswert. Bei elf Patienten zeigte sich zum Zeitpunkt der letzten
Nachuntersuchung eine Verschlechterung der Gesamtkontraktur zum Ausgangswert. Mit
14,4 % (45/312) ist unsere Rezidivrate deutlich geringer als die in den genannten
Vergleichsstudien. Kritisch angemerkt muss hier jedoch die Tatsache werden, dass
nicht alle behandelten Patienten einer Langzeitnachuntersuchung zugänglich waren.
Selbst bei Einschränkung des minimalen Nachuntersuchungszeitraums auf 24 Monate
(durchschnittlicher Nachuntersuchungszeitraum: 35 Monate, 24–72) zeigt sich in
unserer Studie eine Rezidivrate von 24 % (6/31). Dass der Zeitfaktor kein alleiniger
Risikofaktor für das Entstehen eines Rezidives ist, zeigt die Tatsache, dass bei
Einschränkung des Nachuntersuchungszeitraums auf ein Minimum von 2 Jahren lediglich
13,3 % (6/45) der Rezidive in diesem Zeitraum auftraten (86,7 % der Rezidive 39/45
innerhalb der ersten zwei Jahre). Diese Beobachtung machen auch Peimer und Mitarb.
in ihrer 5-Jahresanalyse. Hier trat der Großteil der Rezidive vor Vollendung des
dritten Jahres auf [6]. So könnten neben dem
Zeitfaktor vor allem die richtige Indikationsstellung, technische Details bei der
Anwendung (Injektionstechnik etc.) sowie das vollständige initiale Zerreißen des
Stranges ein wesentlicher Erfolgsfaktor zur Prävention eines Rezidives sein.
Folgebehandlungen nach CCH am betroffenen Finger wurden in 6,1 % (19/312) der Fälle
durchgeführt. War der Ausgangsbefund sowie initiale Kontrakturreduktion
(Folgebehandlung: 91 % vs. Erstbehandlung: 94 %) mit jener nach erfolgter
Erstbehandlung vergleichbar, zeigte sich die langfristige Erfolgsrate (61 %
Kontrakturreduktion zur letzten Nachuntersuchung) geringer als nach Erstbehandlung
(81 % Kontrakturgradreduktion zur letzten Nachuntersuchung). Bear und Mitarb.
zeigten wie auch aus unseren Ergebnissen ersichtlich, dass die CCH-Folgebehandlung
bei Vorliegen von Rezidiven mit ähnlicher Effektivität wie nach Erstbehandlung ohne
ein erhöhtes Komplikationsrisiko möglich ist [7].
Neben der Folgebehandlung mit CCH ist die partielle palmare Aponeurektomie nach
stattgehabter CCH-Behandlung mit einem tendenziell erhöhten technischen Aufwand
vergesellschaftet [8], [9]. Die funktionellen Ergebnisse sind jedoch mit jenen nach primärer
Fasziektomie vergleichbar [9].
Die Behandlung der Dupuytrenschen Kontraktur mittels CCH gilt als sichere und
komplikationsarme Methode [10], [11]. Eine Vergleichsstudie, die die
Komplikationsraten von CCH anhand elf klinischer Studien (n = 1082) mit denen nach
operativer Fasziektomie (48 klinische Studien, n = 7727) vergleicht, zeigt ein
reduziertes Risikoprofil von CCH. So war das Risiko einer Nervenverletzung (0 % vs.
3,8 %), einer Neuropraxie (4,4 % vs. 9,4 %), eines komplexen regionalen
Schmerzsyndroms (0,1 % vs. 4,5 %) sowie einer Gefäßverletzung (0 % vs. 5,5 %) im
Rahmen einer CCH-Behandlung deutlich geringer, während das Risiko einer
Beugesehnenläsion (0,3 % vs. 0,1 %), einer Hautläsion 16,2 % vs. 2,8 %) sowie eines
Hämatoms (77,7 % vs. 2 %) bei der CCH Gruppe größer war [10], [11]. Eine rezent publizierte
Metaanalyse von Sanjuan-Cervero und Mitarb. zeigt hingegen ein erhöhtes
Komplikationsrisiko bei Verwendung von CCH gegenüber der partiellen Aponeurektomie
oder nach Nadelfasziektomie [12]. Bei genauer
Betrachtung dieser Arbeit zeigt sich, dass der Effekt eines erhöhten
Komplikationsrisikos für CCH lediglich durch den Einschluss von selbstlimitierenden
geringfügigen Komplikationen bedingt ist und bei isolierter Betrachtung der
relevanteren schwerwiegenden Komplikationen nicht mehr vorliegt. Die
Gesamtkomplikationsrate unserer Studie beträgt 22,1 % (69/312). Zu Hauteinrissen im
Rahmen der Aufdehnung kam es bei 22,1 %, in zwei Fällen (0,6 %; 2/312) zeigte sich
nach Injektion von CCH eine lokale Reaktion am betroffenen Arm, die am Tag der
Aufdehnung bereits wieder regredient war. Alle unsere Komplikationen waren innerhalb
von wenigen Tagen selbstlimitierend ohne weitere Bedeutung für den
Behandlungsverlauf. Zusammenfassend zeigt sich bei Betrachtung der Literatur, was
die relevanten Komplikationen betrifft, kein erhöhtes Komplikationsrisiko von CCH
gegenüber den klassischen Therapieformen. Die erhöhten Komplikationsraten von CCH
können durch eine strengere Begriffsdefinition einer Komplikation der rezenten
CCH-Studien sowie der Tatsache, dass in einer Vielzahl dieser Arbeiten unmittelbar
mit der Behandlung assoziierte Effekte, wie eine transiente Schwellung und
Hämatomverfärbung nach CCH-Injektion, nach wie vor als Komplikation gewertet werden,
erklärt werden. Im Vergleich dazu wurde in den vorliegenden Vergleichsstudien
(Komplikationsraten nach palmarer Aponeurektomie) eine transiente Schwellung oder
Hämatomverfärbung im postoperativen Verlauf als Normalbefund gewertet und nicht in
die Komplikationsanalyse eingeschlossen.
Hautläsionen sind eine häufige Komplikation nach CCH-Behandlung. In einer
Zusammenfassung von elf klinischen CCH-Studien berichten Peimer und Mitarb. über das
durchschnittliche Auftreten von Hautläsionen in 11,1 % der Fälle [10]. Warwick und Mitarb. berichtet über das
Auftreten von Hautläsionen im Rahmen der Aufdehnung in 21 % der Fälle [4]. Mit 22,1 % kam es in unserem Kollektiv etwas
häufiger zu Hautläsionen. Durch das Ausdehnen der Einwirkzeit von 48 Stunden konnten
wir das Auftreten von Hautläsionen nur unwesentlich verbessern (24h: 22,9 %, 48h:
21,4 %). Diese Beobachtung machten auch Kaplan und Mitarb. [13]. Bei eingeschränkter Aussagekraft aufgrund eines
kleinen Gesamtkollektivs zeigte sich in dieser Arbeit lediglich nach einer
CCH-Einwirkzeit von 4 Tagen ein positiver Effekt auf das Auftreten von Hautläsionen.
Im Gegensatz zu den Zulassungsstudien [2], [3] erfolgt die Strangaufdehnung an unserer Abteilung
in Leitungsanästhesie (Medianus- und oder Ulnarisblock am Handgelenk). Warwick und
Mitarb. zeigten höhere initiale Erfolgsraten bei der schmerzlosen Aufdehnung der
Stränge unter Lokalanästhesie im Vergleich zur Aufdehnung ohne Anästhesie [4]. Als Nebeneffekt der Aufdehnung unter
Lokalanästhesie wird die erhöhte Rate an Hautläsionen durch stärkere Manipulation
angegeben. Neben dem Kraftfaktor könnte aber auch die Erhöhung des lokalen
Gewebedruckes durch strangnahe Injektion eines Lokalanästhetikums bzw. die
Aufdehnung bei stärkerer lokaler Schwellung die erhöhte Rate an Hautläsionen
erklären. Gegen diese These spricht die Beobachtung, dass wir weder durch die von
uns angewandte strangferne Leitungsanästhesie am Handgelenk, noch durch eine
verzögerte Aufdehnung des Strangs nach 48 Stunden die Rate der Hautläsionen
wesentlich senken konnten. Inwieweit unser neu eingeführtes Hautpflegeschema
präinterventionell durch Erhöhung der lokalen Elastizität die Inzidenz von
Hautläsionen beeinflusst, bleibt abzuwarten. Hinsichtlich der Tatsache, dass die
beste Rezidivprophylaxe die vollständige initiale Aufdehnung der Stränge darstellt
und Hautläsionen für gewöhnlich innerhalb von wenigen Tagen ohne negative
Beeinflussung des Behandlungsverlaufes abheilen, ist die schmerzlose Aufdehnung in
Leitungsanästhesie unserer Meinung nach ein wesentlicher Erfolgsfaktor. Durch unsere
Injektionstechnik, die meist mit maximal zwei Injektionspunkten in der Hohlhand
auskommt, scheint der Aufwand der von Sanjuan-Cervero und Mitarb. gezeigten
CCH-Injektion in Handgelenksblockade nicht gerechtfertigt [14].
Entgegen der Zulassung (0,58 mg CCH) verwenden wir off-label stets den gesamten
Inhalt (0,90 mg CCH) der Trockenstechampulle. Zahlreiche Studien belegten die
Unbedenklichkeit dieser Dosiserhöhung [15], [16], [17].
Verheyden und Mitarb. zeigten eine im Vergleich zu den Zulassungsstudien (CORD 1 und
2) eine höhere initiale Erfolgsrate bei Gebrauch der gesamten Dosis [2], [3]. So könnte
die im Vergleich zu Warwick und Mitarb. [4] doch
deutlich höhere Erfolgsrate bei der Behandlung von kombinierten Strängen durch die
von uns durchgeführte Dosiserhöhung erklärbar sein. Entgegen der vorliegenden
Literatur haben wir die Technik der multilokulären Injektion im Verlauf des Stranges
(Ausnahme: Y-Strang, Abduktorstrang) verlassen und wenden eine uni- bis bilokuläre
Fächerinjektionstechnik an. Die Vorteile dieser Injektionstechnik ergeben sich im
Vergleich zu den gängigen Injektionstechniken aus der schmerzarmen Injektion, da der
Einstich in die Haut an lediglich 1–2 in unmittelbarer Nachbarschaft gelegenen
Punkten in der Hohlhand erfolgt sowie der durch die Fächerinjektionstechnik erzielte
maximale punktuelle Verteilungsrate in sämtlichen Ebenen des Strangs. Durch die
Konzentration der Injektion auf ein gezieltes Strangsegment erhoffen wir uns eine
erhöhte Konzentration der bei der Aufdehnung wirkenden Kräfte auf das geschwächte
Strangsegment und damit verbunden eine höhere unmittelbare Erfolgsrate (bedingt
durch eine vollständige Strangzerreißung) wie auch geringere Rezidivraten im
weiteren Verlauf. Ist es nahezu unmöglich den Effekt unserer Technik auf den
Behandlungserfolg isoliert zu analysieren, stützen die Ergebnisse unserer Studie
diese These.
Neben funktionellen Ergebnissen und Komplikationsraten wird der Erfolg einer neuen
Methode vorrangig durch die Patientenzufriedenheit bestimmt. In einer Arbeit von
Witthaut und Mitarb. waren 92 % der Patienten mit CCH-Behandlung sehr zufrieden (71
%) oder zufrieden (21 %) [11]. Ähnliche Ergebnisse
zeigte auch eine Arbeit von Bradley und Mitarb. (73 % sehr zufrieden oder zufrieden)
[18]. In dieser Arbeit gaben 75 % an, sich im
Falle nochmals für eine CCH-Behandlung zu entscheiden und 71 % der Patienten, die
bereits mittels partieller Aponeurektomie und CCH-Erfahrung hatten, gaben an, eine
CCH-Behandlung der operativen Aponeurektomie vorzuziehen. Diese Ergebnisse sind im
Einklang mit den von uns gezeigten Ergebnissen in einer früheren Arbeit [19].
Schlussfolgerung
Unsere Studie zeigt, dass die mit CCH erzielten Ergebnisse auch im Langzeitverlauf
ähnlich denen der gängigen Therapiealternativen (PNF, Aponeurektomie) sind.
Entscheidend für den Behandlungserfolg ist die richtige Indikationsstellung, die
sich nach dem Lokalbefund etwaigen Komorbiditäten sowie den Bedürfnissen der
Patienten richtet. So sollte die CCH-Behandlung nicht als Konkurrenz zu den gängigen
Therapiealternativen verstanden werden, sondern vielmehr eine interessante
Therapieoption im klinischen Alltag des Handchirurgen darstellen.