Wesentliche Neuerungen durch die Aktualisierung der Leitlinie (Version 2.0, 2018)
Wesentliche Neuerungen durch die Aktualisierung der Leitlinie (Version 2.0, 2018)
In Rahmen der Aktualisierung wurden alle Empfehlungen auf Aktualität geprüft. Hierzu
erfolgte eine systematische Recherche für priorisierte Themen sowie eine Befragung
der beteiligten Fachexperten. Im Rahmen des Aktualisierungsprozesses wurden die unten
aufgeführten Empfehlungen überarbeitet. Hierbei wurden teilweise lediglich die Einschätzungen
bzgl. der Evidenzklassifikation aufgrund neuer Studiendaten verändert (mit einem *
markiert). Eine detaillierte Übersicht der Änderungen befindet sich in [Tab. 15].
*Statement 4.2. (Alkohol als Risikofaktor)
*Statement 4.7. (Gastroösophagealer Reflux als Risikofaktor)
Empfehlungen 6.4.und 6.5. (Chromoendoskopie (Lugol’sche Lösung) oder computergestützte
digitale (Filter-)Verfahren als erweiterte Diagnostik)
*Empfehlung 6.6. (Endoskopischer Ultraschall als Bestandteil des Stagings)
Empfehlung 6.13. (PET/CT bei lokal fortgeschrittenen Tumoren)
Empfehlung 6.16. (Diagnostische Laparoskopie)
Empfehlung 6.18. (Pathologische Zweitmeinung bei histologischer Diagnose einer IEN/Dysplasie)
*Empfehlung 6.23. (Aussagen zum Regressions-Score im pathologischen Befund)
Empfehlung 8.10. (Resektionsausmaß)
1. Informationen zu dieser Leitlinie
1. Informationen zu dieser Leitlinie
1.1. Herausgeber
Leitlinienprogramm Onkologie der Arbeitsgemeinschaft der Wissenschaftlichen Medizinischen
Fachgesellschaften (AWMF), Deutschen Krebsgesellschaft (DKG) und Deutschen Krebshilfe
(DKH).
1.2. Federführende Fachgesellschaft
Deutsche Gesellschaft für Gastroenterologie, Verdauungs- und Stoffwechselkrankheiten
(DGVS)
1.3. Finanzierung der Leitlinie
Die Erstellung und kontinuierliche Aktualisierung dieser Leitlinie wurde von der Deutschen
Krebshilfe im Rahmen des Leitlinienprogramms Onkologie gefördert.
1.4. Kontakt
Office Leitlinienprogramm Onkologie c/o
Deutsche Krebsgesellschaft e. V.
Kuno-Fischer-Straße 8
14 057 Berlin
leitlinienprogramm@krebsgesellschaft.de
www.leitlinienprogramm-onkologie.de
1.5. Zitierweise
Leitlinienprogramm Onkologie (Deutsche Krebsgesellschaft, Deutsche Krebshilfe, AWMF):
S3-Leitlinie Diagnostik und Therapie der Plattenepithelkarzinome und Adenokarzinome
des Ösophagus, Langversion 2.0, 2018, AWMF-Registernummer: 021/023OL https://www.leitlinienprogramm-onkologie.de/leitlinien/oesophaguskarzi-nom/ (abgerufen am: TT.MM.JJJJ)
1.6. Besonderer Hinweis
Die Medizin unterliegt einem fortwährenden Entwicklungsprozess, sodass alle Angaben,
insbesondere zu diagnostischen und therapeutischen Verfahren, immer nur dem Wissensstand
zurzeit der Drucklegung der Leitlinie entsprechen können. Hin- sichtlich der angegebenen
Empfehlungen zur Therapie und der Auswahl sowie Dosierung von Medikamenten wurde die
größtmögliche Sorgfalt beachtet. Gleichwohl werden die Benutzer aufgefordert, die
Beipackzettel und Fachinformationen der Hersteller zur Kontrolle heranzuziehen und
im Zweifelsfall einen Spezialisten zu konsultieren. Fragliche Unstimmigkeiten sollen
bitte im allgemeinen Interesse der Leitlinienkoordination oder dem OL-Office mitgeteilt
werden.
Der Benutzer selbst bleibt verantwortlich für jede diagnostische und therapeutische
Applikation, Medikation und Dosierung.
In dieser Leitlinie sind eingetragene Warenzeichen (geschützte Warennamen) nicht besonders
kenntlich gemacht. Es kann also aus dem Fehlen eines entsprechenden Hinweises nicht
geschlossen werden, dass es sich um einen freien Warennamen handelt.
Das Werk ist in allen seinen Teilen urheberrechtlich geschützt. Jede Verwertung außerhalb
der Bestimmung des Urhebergesetzes ist ohne schriftliche Zustimmung der OL-Redaktion
unzulässig und strafbar. Kein Teil des Werkes darf in irgendeiner Form ohne schriftliche
Genehmigung der OL-Redaktion reproduziert werden. Dies gilt insbesondere für Ve rvielfältigungen,
Übersetzungen, Mikroverfilmungen und die Einspeicherung, Nutzung und Verwertung in
elektronischen Systemen, Intranets und dem Internet.
1.7. Ziele des Leitlinienprogramms Onkologie
Die Arbeitsgemeinschaft der Wissenschaftlichen Medizinischen Fachgesellschaften, die
Deutsche Krebsgesellschaft und die Deutsche Krebshilfe haben sich mit dem Leitlinienprogramm
Onkologie (OL) das Ziel gesetzt, gemeinsam die Entwicklung und Fortschreibung und
den Einsatz wissenschaftlich begründeter und praktikabler Leitlinien in der Onkologie
zu fördern und zu unterstützen. Die Basis dieses Programms beruht auf den medizinisch-wissenschaftlichen
Erkenntnissen der Fachgesellschaften und der DKG, dem Konsens der medizinischen Fachexperten,
Anwender und Patienten sowie auf dem Regelwerk für die Leitlinienerstellung der AWMF
und der fachlichen Unterstützung und Finanzierung durch die Deutsche Krebshilfe. Um
den aktuellen Stand des medizinischen Wissens abzubilden und den medizinischen Fortschritt
zu berücksichtigen, müssen Leitlinien regelmäßig überprüft und fortgeschrieben werden.
Die Anwendung des AWMF-Regelwerks soll hierbei Grundlage zur Entwicklung qualitativ
hochwertiger onkologischer Leitlinien sein. Da Leitlinien ein wichtiges Instrument
der Qualitätssicherung und des Qualitätsmanagements in der Onkologie darstellen, sollten
sie gezielt und nachhaltig in den Versorgungsalltag eingebracht werden. So sind aktive
Implementierungsmaßnahmen und auch Evaluationsprogramme ein wichtiger Bestandteil
der Förderung des Leitlinienprogramms Onkologie. Ziel des Programms ist es, in Deutschland
professionelle und mittelfristig finanziell gesicherte Voraussetzungen für die Entwicklung
und Bereitstellung hochwertiger Leitlinien zu schaffen. Denn diese hochwertigen Leitlinien
dienen nicht nur dem strukturierten Wissenstransfer, sondern können auch in der Gestaltung
der Strukturen des Gesundheitssystems ihren Platz finden. Zu erwähnen sind hier evidenzbasierte
Leitlinien als Grundlage zum Erstellen und Aktualisieren von Disease-Management-Programmen
oder die Verwendung von aus Leitlinien extrahierten Qualitätsindikatoren im Rahmen
der Zertifizierung von Organtumorzentren.
1.8. Weitere Dokumente zu dieser Leitlinie
Bei diesem Dokument handelt es sich um die Langversion der S3-Leitlinie „Diagnostik
und Therapie der Plattenepithelkarzinome und Adenokarzinome des Ösophagus“. Neben
der Langversion gibt es folgende ergänzende Dokumente zu dieser Leitlinie:
-
Kurzversion der Leitlinie
-
Laienversion (Patientenleitlinie)
-
Leitlinienreport zur Aktualsiierung der Leitlinie
-
Evidenzberichte zur den Aktualsierungsrecherchen
Diese Leitlinie und alle Zusatzdokumente sind über die folgenden Seiten zugänglich.
1.9. Zusammensetzung der Leitliniengruppe
1.9.1. Leitlinienkoordination
Prof. Dr. med. Rainer Porschen
Chefarzt der Klinik für Innere Medizin
Klinikum Bremen
Ost Züricher Str. 40
D-28 325 Bremen
Tel.: 0421/408-1221
Fax: 0421/408-2234
ainer.porschen (at) klinikum-bremen-ost.de
Leitliniensekretariat/Projektmanagement
Frau Irina John, Deutsche Gesellschaft für Gastroenterologie, Verdauungs- und Stoffwechselkrankheiten
(DGVS)
E-Mail an: oesophaguskarzinom@leitlinienprogramm-onkologie.de
1.9.2. Autoren der Leitlinie
Porschen, R., Fischbach, W., Gockel, I., Hollerbach, S., Hölscher, A., Lynen Jansen,
P., Miehlke, S., Pech, O., Stahl, M., Thuss-Patience, P., Vanhoefer, U. und die Mitarbeiter
der Leitlinienkommission*
*Die Liste der Mitglieder der Leitlinienkommission sind in [Tab. 1] aufgeführt.
Tab. 1
Beteiligte Fachgesellschaften und Organisationen.
Fachgesellschaft
|
Mandatsträger/Fachexperte
|
Dt. Gesellschaft für Gastroenterologie, Verdauungs- und Stoffwechselkrankheiten (DGVS)
|
Prof. Dr. Rainer Porschen (Koordinator)
|
Prof. Dr. Stephan Miehlke
|
Prof. Dr. Seufferlein
|
Prof. Dr. J. Trojan
|
Arbeitsgemeinschaft Internistische Onkologie (AIO)
|
Prof. Dr. Sylvie Lorenzen
|
Prof. Dr. Florian Lordick
|
PD Dr. Peter Thuß-Patience
|
Arbeitsgemeinschaft Radiologische Onkologie (ARO)
|
Prof. Dr. Heinz Schmidberger
|
Arbeitsgemeinschaft Supportive Maßnahmen in der Onkologie (AGSMO)
|
Dr. med. Maria Steingräber
|
Arbeitsgemeinschaft für onkologische Rehabilitation und Sozialmedizin (AGORS)
|
Dr. Jürgen Körber
|
Dt. Gesellschaft für Allgemein- und Viszeralchirurgie/Chirurgische Arbeitsgemeinschaft
Onkologie (CAO-V)
|
Prof. Dr. Wolfram Trudo Knoefel
|
Dt. Gesellschaft für Radioonkologie (DEGRO)
|
Prof. Dr. Martin Stuschke
|
Prof. Dr. Frederick Wenz
|
Dt. Gesellschaft für Ultraschall in der Medizin (DEGUM)
|
Prof. Dr. Josef Menzel
|
Dt. Gesellschaft für Allgemein- und Viszeralchirurgie (DGAV)/Chirurgische Arbeitsgemeinschaft
oberer Gastrointestinaltrakt (CAOGI)
|
Prof. Dr. Ines Gockel
|
Prof. Dr. Dietmar Lorenz
|
Prof. Dr. Stefan Paul Mönig
|
Dt. Gesellschaft für Chirurgie (DGCH)
|
Prof. Dr. Arnulf Hölscher
|
Prof. Dr. H.-J. Meyer
|
Dt. Gesellschaft für Ernährung (DGE)
|
Prof. Dr. Ute Nöthlings
|
Dt. Gesellschaft für Endoskopie und bildgebende Verfahren (DGE-BV)
|
Prof. Dr. Alexander Meining
|
Prof. Dr. Helmut Messmann
|
Dt. Gesellschaft für Ernährungsmedizin (DGEM)
|
Prof. Dr. Arved Weimann
|
Dt. Gesellschaft für Hämatologie und Medizinische Onkologie (DGHO)
|
Prof. Dr. Michael Stahl
|
Prof. Dr. Udo Vanhoefer
|
Dt. Gesellschaft für Innere Medizin (DGIM)
|
PD Dr. Oliver Pech
|
Dt. Vereinte Gesellschaft für Klinische Chemie und Laboratoriumsmedizin (DGKL)
|
Prof. Dr. Christoph Wagener
|
Dt. Gesellschaft für Nuklearmedizin (DGN)
|
Prof. Dr. Matthias Schmidt
|
Dt. Gesellschaft für Palliativmedizin (DGP)
|
Priv. Doz. Dr.med. Philipp Lenz
|
Dt. Gesellschaft für Pathologie (DGP)/Bundesverband Deutscher Pathologen (BDP)
|
Prof. Dr. Gustavo Baretton Prof. Dr. Martin Werner
|
|
Prof. Dr. Christian Ell
|
Dt. Gesellschaft für Gastroenterologie, Verdauungs-und Stoffwechselkrankheiten (DGVS)/Sektion
Endoskopie
|
Prof. Dr. Stephan Hollerbach
|
Dt. Röntgengesellschaft (DRG)
|
Prof. Dr. Lars Grenacher
|
Gastro Liga
|
Prof. Dr. Wolfgang Fischbach
|
Arbeitsgemeinschaft für Psychoonkologie (PSO)
|
Dipl. Psychologin Dr. Ute Goerling
|
Selbsthilfegruppe Speiseröhrenerkrankungen
|
Barbara Kade
|
Deutscher Verband für Physiotherapie (ZVK) e. V.
|
Reina Tholen
|
1.9.3. Beteiligte Fachgesellschaften und Organisationen
An der Erarbeitung dieser S3-Leitlinie waren zu einzelnen Aspekten mit sozialmedizinischer
Relevanz Ärztinnen und Ärzte des Kompetenz Centrums Onkologie des GKV-Spitzenverbandes
und der MDK-Gemeinschaft beratend beteiligt.
Sie haben an den Abstimmungen zu den einzelnen Empfehlungen nicht teilgenommen und
sind für den Inhalt dieser Leitlinie nicht verantwortlich.
1.9.4. Arbeitsgruppen und Steuergruppe
Tab. 2
Steuergruppe und Arbeitsgruppen und deren Mitglieder.
Gruppe
|
Mitglieder
|
Steuergruppe
|
I. Gockel, A. Hölscher, S. Hollerbach, W. Fischbach, P. Lynen Jansen, S. Miehlke,
O. Pech, R. Porschen, M. Stahl, U. Vanhoefer
|
Arbeitsgruppe 1: Risikogruppen, Prävention, Screening
|
W. Fischbach (AG-Leitung), S. Miehlke (AG-Leitung), U. Nöthlings
|
Arbeitsgruppe 2: Primärdiagnostik, Diff. Diagnostik inkl. Pathologie
|
I. Gockel (AG-Leitung), S. Hollerbach (AG-Leitung), G. Baretton,
L. Grenacher, A. Meining, J. Menzel, J. Trojan, C. Wagener
|
Arbeitsgruppe 3: Kurativ intendierte Therapie
|
A. Hölscher (AG-Leitung), M. Stahl (AG-Leitung), C. Ell, F. Lordick, D. Lorenz, H.
Messmann, H.-J. Meyer, S.P. Mönig, M. Schmidt, M. Stuschke, P. Thuß-Patience, R. Tholen,
A. Weimann, F. Wenz, M. Werner
|
Arbeitsgruppe 4: Palliation
|
O. Pech (AG-Leitung), U. Vanhoefer (AG-Leitung), S. Lorenzen, U. Goerling, B. Kade,
W.T. Knoefel, J. Körber, P. Lenz, H. Schmidberger, T. Seufferlein, M. Steingräber,
T. Weihkopf
|
Arbeitsgruppe Qualitätsindikatoren
|
R. Porschen, P. Thuß-Patience, M. Stuschke, A. Hölscher, H. Messmann, O. Pech, P.
Lynen Jansen, B. Kade, M. Nothacker, G. Barreton, M. Follmann, S. Wesselmann, M. KlinkhammerSchalke
|
Arbeitsgruppe Patientenleitlinie
|
R. Porschen, H. Schmidberger, J. Körber, S. Miehlke, I. Gockel, H. Messmann, U. Vanhoefer,
U. Goerling, B. Kade
|
1.9.5. Patientenbeteiligung
Die Leitlinie wurde unter direkter Beteiligung von einer Patientenvertreterin erstellt.
Frau Barbara Kade war von Beginn in die Erstellung der Leitlinie eingebunden und nahm
mit eigenem Stimmrecht an den Konsensuskonferenzen teil.
1.9.6. Methodische Begleitung
durch das Leitlinienprogramm Onkologie:
-
Dr. Markus Follmann MPH MSc (OL-Office), Berlin
-
Dipl. Soz.Wiss. Thomas Langer (OL-Office), Berlin
-
Dr. med. Monika Nothacker, MPH (AWMF-IMWi), Berlin
durch die federführende Fachgesellschaft DGVS:
Durch externe Auftragnehmer
-
Dr. Paul Freudenberger (CGS User Group Leitlinienportal)
-
Erik Wolfarth (CGS User Group Leitlinienportal)
-
Dr. med. Simone Wesselmann, MBA (Aktualisierung der Qualitätsindikatoren)
1.10. Verwendete Abkürzungen
Abkürzung
|
Erläuterung
|
Abd.
|
Abdominal
|
AC
|
Adenokarzinom
|
AEG-Tumoren
|
Karzinome des gastroösophagealen Übergangs
|
AG
|
Arbeitsgruppe
|
AI
|
Autofluorescence Imaging
|
APC
|
Argon Plasma Coagulation
|
ASS
|
Acetylsalicylsäure
|
AWMF
|
Arbeitsgemeinschaft der Wissenschaftlichen Medizinischen Fachgesellschaften
|
AWMF-IMWi
|
AWMF-Institut für Medizinisches Wissensmanagement
|
BMI
|
Körpermasseindex
|
BÖ
|
Barrett Ösophagus
|
CEUS
|
Kontrastverstärkte Sonografie
|
Cerv.
|
cervical
|
CGS
|
Clinical Guideline Services
|
CI
|
Konfidenzintervall
|
CR
|
Komplette Remission
|
CRT
|
Chemoradiotherapie
|
CT
|
Computertomografie
|
CTV
|
Klinisches Zielvolumen
|
DELBI
|
Deutsches Leitlinienbewertungsinstrument
|
DN
|
de novo
|
DKG
|
Deutsche Krebsgesellschaft
|
EBUS
|
Endobronchialer Ultraschall
|
EK
|
Expertenkonsens
|
EMEA
|
European Medicine Agency
|
EMR
|
Endoskopische Mukosaresektion
|
EKG
|
Elektrokardiogramm
|
ER
|
endoskopische Resektion
|
ERAS
|
Enhanced Recovery after Surgery (ERAS)
|
ESD
|
Endoskopische Submukosa-Dissektion
|
EUS
|
Endoskopischer Ultraschall
|
FDG-PET
|
18F-Fluordeoxyglukose-Positronenemissionstomografie
|
FICE
|
Fujinon intelligent chromoendoscopy
|
FISH
|
Fluoreszenz-in-situ-Hybridisierung
|
FKJ
|
Feinnadelkatheter-Jejunostomie
|
FNP
|
Feinnadel-Biopsie
|
GCP
|
Good Clinical Practice
|
GIN
|
Guideline International Network
|
GIST
|
Gastrointestinaler Stromatumor
|
Gy
|
Gray
|
HDTV
|
high-resolution endoscopy
|
HER2
|
human epidermal growth factor receptor 2
|
HGD
|
Hochgradige Dysplasie
|
HGIEN
|
Hochgradige intraepitheliale Neoplasie
|
HNO
|
Hals-Nasen-Ohrenheilkunde
|
HR
|
Hazard Ratio
|
HTA
|
Health Technology Assessment
|
IEN
|
intraepitheliale Neoplasie
|
IHC
|
Immunhistochemie
|
IQWIG
|
Institut für Qualität und Wirtschaftlichkeit im Gesundheitswesen
|
LA
|
Leitlinienadaptation
|
LGD
|
Niedriggradige Dysplasie
|
LGIEN
|
Niedriggradige intraepitheliale Neoplasie
|
LITT
|
Laser-induzierte Thermotherapie
|
LoE
|
Level of Evidence
|
Lugol-CE
|
Lugol’sche Lösung
|
MDCT
|
Multi-detector Computed Tomography
|
MDK
|
Medizinischer Dienst der Krankenversicherung
|
MIC
|
Minimal invasive Chirurgie
|
MRT
|
Magnetresonanztomografie
|
NBI
|
Narrow-band Imaging
|
NCCN
|
National Comprehensive Cancer Network
|
NICE
|
National Institute of Clinical Excellence
|
NGC
|
National Guideline Clearinghouse
|
NHMRC
|
National Health and Medical Research Council
|
NHS
|
National Health Service
|
NRS
|
Nutritional Risiko Score
|
NSAR
|
Nichtsteroidale Antirheumatika
|
NZGG
|
New Zealand Guidelines Group
|
OL
|
Leitlinienprogramm Onkologie
|
OP
|
Operation
|
OPS
|
Operationen- und Prozedurenschlüssel
|
OR
|
Odds Ratio
|
ÖGD
|
Ösophagogastroduodenoskopie
|
ÖGJ
|
Ösophagogastrale Junktion
|
ÖGÜ
|
Ösophagogastraler Übergang
|
PET/CT
|
Positronen-Emissions-Tomografie/Computertomografie
|
PEG
|
Perkutane endoskopische Gastrostomie
|
PDT
|
Photodynamische Therapie
|
PICO
|
Population, Intervention, Comparison, Outcome
|
4-QPE’s
|
4-Quadranten Probeexzisionen
|
QI
|
Qualitätsindikatoren
|
QoL
|
Quality of Life
|
RCT
|
Randomisierte klinische Studien
|
RFA
|
Radiofrequenzablation
|
ROC
|
Receiver Operating Characteristic
|
RÖ
|
Röntgen
|
RR
|
Relatives Risiko
|
RT
|
Radiotherapie
|
SCC
|
squamous cell carcinoma
|
SEMS
|
Selbstexpandierende Metallgitterstents
|
SGB
|
Sozialgesetzbuch
|
SIGN
|
Scottish Intercollegiate Guidelines Network
|
SIRT
|
Selektive interne Radiotherapie
|
SOP
|
Transparente klinische Ablaufstandards
|
SR
|
Systematischer Review
|
SIR
|
Standardisierte Inzidenzrate
|
TACE
|
Transarterielle Chemoembolisation
|
TNM
|
TNM-Klassifikation
|
TRG
|
Tumorregressionsgrad
|
UICC
|
UICC (Union internationale contre le cancer)-Klassifikation
|
US
|
Ultraschall
|
WLE
|
Weißlicht Endoskopie
|
WHO
|
World Health Organisation
|
2. Einführung
2.1. Geltungsbereich und Zweck
2.1.1. Zielsetzung und Fragestellung
Beim Speiseröhrenkrebs (Ösophaguskarzinom) werden zwei verschiedene Gewebetypen, das
Adenokarzinom und das Plattenepithelkarzinom unterschieden. 2018 sollen nach der Prognose
des Robert-Koch-Instituts in Deutschland 5700 Männer und 1700 Frauen neu an Speiseröhrenkrebs
erkranken – also eine steigende Tendenz. Dies entspricht einem Anteil von 3 % bei
Männern und 1 % bei Frauen an allen bösartigen Neubildungen. Das Ösophaguskarzinom
zählt zu den Tumorarten mit einer sehr schlechten Prognose: die relative 10-Jahres
Überlebensrate liegt bei 16 – 17 % [1].
Die Diagnostik und Therapie des Ösophaguskarzinoms stellt mehr noch als bei anderen
Tumorentitäten hohe Anforderungen an die beteiligten Fachdisziplinen. Dies ist auf
der einen Seite durch die enge Nachbarschaft der Speiseröhre zum Bronchialsystem und
zur Lunge bedingt – eine Tatsache, die erhebliche technische Anforderungen an das
operative und therapeutische Vorgehen stellt. Deshalb ist ein hoher Grad an Interdisziplinarität
erforderlich, um die Patienten nach subtiler Diagnostik einer stadiengerechten Therapie
zuzuführen. Dies beinhaltet besonders die Entscheidung, welche Patienten alleine durch
eine Operation, welche Patienten durch eine Kombination einer neoadjuvanten präoperativen
Radiochemotherapie plus Operation oder welche sogar durch eine alleinige Radiochemotherapie
behandelt werden sollen. Zudem sind neue diagnostische Verfahren (z. B. PET-CT) in
die Stufendiagnostik des Ösophaguskarzinoms eingeführt worden, deren Stellenwert noch
nicht eindeutig definiert und festgelegt worden ist.
Auf der anderen Seite ist die Therapie des Ösophaguskarzinoms – besonders bei den
Plattenepithelkarzinomen – durch die Tatsache erschwert, dass durch den häufig begleitenden
Alkohol- und Tabakkonsum Begleiterkrankungen vorliegen, die die Möglichkeiten einer
einzuschlagenden Therapie erheblich beeinflussen.
Mit der Publikation 2015 wurde erstmal eine aktuelle, alle Themen abdeckende Leitlinie
zum Thema „Speiseröhrenkrebs“ erstellt [2], die eine Standardisierung in der Prävention, Diagnostik, Therapie, Palliation und
Nachsorge ermöglichte und somit das Ziel verfolgte, die Behandlungsergebnisse zu verbessern.
Die vorliegende Aktualisierung der Leitlinie beabsichtigt, diese Aktualität zu erhalten
und gleichzeitig ein schnelles Reagieren auf wesentliche Änderungen zu ermöglichen.
Unter dem Aspekt der „living guideline“ wird somit eine kontinuierliche, standardisierte
Aktualisierung vorgenommen. Die Inhalte der Leitlinie werden dabei jährlich auf Basis
aktueller Studiendaten und neuer Publikationen, Umfragen zu Qualität und Inhalten
der Leitlinie und Rückmeldungen aus der Leitliniengruppe geprüft und gegebenenfalls
aktualisiert.
2.1.2. Adressaten
In der Leitlinie „Ösophaguskarzinom“ wird das gesamte Spektrum der Prävention, Diagnostik
und Therapie des Ösophaguskarzinoms behandelt. Sie wendet sich somit an alle Ärzte
und Berufsgruppen, die Patienten mit Ösophaguskarzinom und/oder Risikofaktoren für
ein Ösophaguskarzinom behandeln. Hierzu zählen Fachärzte für Innere Medizin, Gastroenterologie,
Hämatologie und Onkologie, Chirurgie, Radiologie, Strahlentherapie, Pathologie, Nuklearmedizin,
Palliativmedizin sowie onkologisch tätige Fachkräfte und Berufsgruppen, die an der
Versorgung von Patienten mit Ösophaguskarzinom beteiligt sind.
Weitere Adressaten der Leitlinie sind Organisationen der Patientenberatung, Selbsthilfegruppen
sowie Entscheidungs- und Kostenträger im Gesundheitswesen.
Der Ansatz der Leitlinie ist interdisziplinär und sektorenübergreifend, da sowohl
stationäre/teilstationäre als auch ambulante Versorgungsstrukturen eingeschlossen
werden.
2.1.3. Gültigkeitsdauer und Aktualisierungsverfahren
Die S3-Leitlinie in der Version 2 ist bis zur nächsten Aktualisierung gültig, maximal
aber 5 Jahre. Es ist vorgesehen, die Inhalte der Leitlinie im Rahmen eines sogenannten
„living-guidline-Ansatzes“ jährlich auf Basis aktueller Studiendaten und neuer Publikationen
sowie Rückmeldungen aus der Leitliniengruppe zu prüfen und gegebenenfalls zu aktualisieren.
Hierzu wird einmal jährlich eine systematische Literaturrecherche und Evidenzbeurteilung
durchgeführt.
Kommentare und Hinweise für den Aktualisierungsprozess sind ausdrücklich erwünscht
und können an: oesophaguskarzinom@leitlinienprogramm-onkologie.de adressiert werden.
2.2. Grundlagen der Methodik
Die methodische Vorgehensweise bei der Erstellung der Leitlinie ist im Leitlinienreport
dargelegt. Dieser ist im Internet z. B. auf den Seiten des Leitlinienprogramms Onkologie
(https://www.leitlinienprogramm-onkologie.de/leitlinien/oesophaguskarzinom/) und den Seiten der AWMF (http://www.awmf.org/) frei verfügbar.
2.2.1. Schema der Evidenzgraduierung nach Oxford (Version 2009)
Zur Klassifikation des Verzerrungsrisikos der identifizierten Studien wurde in dieser
Leitlinie das in [Tab. 3] aufgeführte System des Oxford Centre for Evidence-based Medicine in der Version
von 2009 verwendet. Dieses System sieht die Klassifikation der Studien für verschiedene
klinische Fragestellungen (Nutzen von Therapie, prognostische Aussagekraft, diagnostische
Wertigkeit) vor.
2.2.2. Schema der Empfehlungsgraduierung
Die Methodik des Leitlinienprogramms Onkologie sieht eine Vergabe von Empfehlungsgraden
durch die Leitlinienautoren im Rahmen eines formalen Konsensusverfahrens vor. Dementsprechend
wurden durch die AWMF moderierte, nominale Gruppenprozesse bzw. strukturierte Konsensuskonferenzen
oder DELPHI-Abstimmungen durchgeführt. Im Rahmen dieser Prozesse wurden die Empfehlungen
von den stimmberechtigten Mandatsträgern (siehe Kapitel 1.9.3.) formal abgestimmt.
Die Ergebnisse der jeweiligen Abstimmungen (Konsensstärke) sind entsprechend den Kategorien
in [Tab. 5] den Empfehlungen zugeordnet.
Tab. 3
Schema der Evidenzgraduierung nach Oxford (Version März 2009).
Level
|
Therapy/Prevention, Aetiology/Harm
|
Prognosis
|
Diagnosis
|
Differential diagnosis/symptom prevalence study
|
1a
|
SR (with homogeneity) of RCTs
|
SR (with homogeneity) inception cohort studies; CDR validated in different populations
|
SR (with homogeneity) of Level 1 diagnostic studies; CDR with 1b studies from different
clinical centers
|
SR (with homogeneity) of prospective cohort studies
|
1b
|
Individual RCT (with narrow Confidence Interval)
|
Individual inception cohort study with > 80 % follow-up; CDR validated in a single
population
|
Validating cohort study with good reference standards; or CDR tested within one clinical
centre
|
Prospective cohort study with good follow-up
|
2a
|
SR (with homogeneity) of cohort studies
|
SR (with homogeneity) of either retrospective cohort studies or untreated control
groups in RCTs
|
SR (with homogeneity) of Level > 2 diagnostic studies
|
SR (with homogeneity) of Level 2b and better studies
|
2b
|
Individual cohort study (including low quality RCT; e. g., < 80 % follow-up)
|
Retrospective cohort study or follow-up of untreated control patients in an RCT; Derivation
of CDR or validated on split-sample only
|
Exploratory cohort study with good reference standards; CDR after derivation, or validated
only on splitsample or databases
|
Retrospective cohort study, or poor follow-up
|
2c
|
“Outcomes” Research; Ecological studies
|
“Outcomes” Research
|
|
Ecological studies
|
3a
|
SR (with homogeneity) of case-control studies
|
|
SR (with homogeneity) of 3b and better studies
|
SR (with homogeneity) of 3b and better studies
|
3b
|
Individual Case-Control Study
|
|
Non-consecutive study; or without consistently applied reference standards
|
Non-consecutive cohort study; or very limited population
|
4
|
Case-series (and poor quality cohort and case-control studies)
|
Case-series (and poor quality prognostic cohort studies)
|
Case-control study, poor or non-independent reference standard
|
Case-series or superseded reference standards
|
5
|
Expert opinion without explicit critical appraisal, or based on physiology, bench
research or “first principles”
|
Expert opinion without explicit critical appraisal, or based on physiology, bench
research or “first principles”
|
Expert opinion without explicit critical appraisal, or based on physiology, bench
research or “first principles”
|
Expert opinion without explicit critical appraisal, or based on physiology, bench
research or “first principles”
|
Tab. 4
Schema der Empfehlungsgraduierung.
Empfehlungsgrad
|
Beschreibung
|
Ausdrucksweise
|
A
|
Starke Empfehlung
|
soll/soll nicht
|
B
|
Empfehlung
|
sollte/sollte nicht
|
0
|
Empfehlung offen
|
kann/kann verzichtet werden
|
In der Leitlinie werden zu allen evidenzbasierten Statements und Empfehlungen das
Evidenzlevel der zugrunde liegenden Studien sowie bei Empfehlungen zusätzlich die
Stärke der Empfehlung (Empfehlungsgrad) ausgewiesen. Hinsichtlich der Stärke der Empfehlung
werden in dieser Leitlinie drei Empfehlungsgrade unterschieden ([Tab. 4]), die sich auch in der Formulierung der Empfehlungen jeweils widerspiegeln.
Die Entscheidungskriterien für die Festlegung der Empfehlungsgrade werden im Leitlinienreport
zu dieser Leitlinie erläutert.
2.2.3. Statements
Als Statements werden Darlegungen oder Erläuterungen von spezifischen Sachverhalten
oder Fragestellungen ohne unmittelbare Handlungsaufforderung bezeichnet. Sie werden
entsprechend der Vorgehensweise bei den Empfehlungen im Rahmen eines formalen Konsensusverfahrens
verabschiedet und können entweder auf Studienergebnissen oder auf Expertenmeinungen
(Expertenkonsens) beruhen.
2.2.4. Expertenkonsens (EK)
Statements/Empfehlungen, für die eine Bearbeitung auf der Grundlage von Expertenkonsens
der Leitliniengruppe beschlossen wurde, sind als „Expertenkonsens“ ausgewiesen. Für
die Graduierung des Expertenkonsenes wurden keine Symbole bzw. Buchstaben verwendet,
die Empfehlungsstärke bei (Experten)konsensbasierten Empfehlungen ergibt sich aus
der verwendeten Formulierung (soll/sollte/kann) entsprechend der Abstufung in [Tab. 4].
2.2.5. Unabhängigkeit und Darlegung möglicher Interessenkonflikte
Die Deutsche Krebshilfe stellte über das Leitlinienprogramm Onkologie (OL) finanzielle
Mittel für insgesamt drei Jahre zur Verfügung (2017/18 – 2020). Für die Aktualisierung
2018 wurden die Mittel eingesetzt für Büromaterial, Literaturbeschaffung/Evidenzbeurteilungen,
Delphi-Befragung und die Treffen der Steuergruppe (Technik, Verpflegung, Reisekosten
der Teilnehmer). Die Erarbeitung der Leitlinie erfolgte in redaktioneller Unabhängigkeit
von der finanzierenden Organisation. Die Leitliniengruppenteilnehmer arbeiteten ehrenamtlich.
Die Leitliniengruppenmitglieder legten während des Leitlinienprozesses vor der formalen
Abstimmung der Empfehlungen eine schriftliche Erklärung zu Interessen anhand des AWMF-Formblattes
Stand 08.10.2010 vor. Die offengelegten Interessen sind in einer standardisierten
Tabelle im Leitlinienreport auf den Webseiten des Leitlinienprogramms Onkologie (https://www.leitlinienprogramm-onkologie.de/leitlinien/oesopha-guskarzinom/) und der AWMF (https://www.awmf.org/leitlinien/detail/ll/021-023OL.html) einsehbar. Verantwortlich für die Aktualisierung war zusammen mit dem Koordinator
eine interdisziplinär zusammengesetzte Steuergruppe ([Tab. 2]). In dieser wurden alle Schritte der Aktualisierung besprochen. Bei einem Treffen
der Steuergruppe am 05.07.2017 wurde nach interner Diskussion folgendes Procedere
zur Bewertung von und zum Umgang mit den offengelegten Interessen festgelegt:
Bei positiven Angaben in den Rubriken: Berater- bzw. Gutachtertätigkeit oder bezahlte
Mitarbeit in einem wissenschaftlichen Beirat eines Unternehmens der Gesundheitswirtschaft
(z. B. Arzneimittelindustrie, Medizinproduktindustrie), eines kommerziell orientierten
Auftragsinstituts oder einer Versicherung oder Besitz von Geschäftsanteilen, Aktien,
Fonds mit Beteiligung von Unternehmen der Gesundheitswirtschaft oder Persönliche Beziehungen
zu einem Vertretungsberechtigten eines Unternehmens erfolgte eine Bewertung in gering,
moderat und hoch. Angaben der Rubriken Vortrags- und Schulungstätigkeit bzw. Wissenschaftlicher
Schwerpunkt/Studien wurden in dieser Gruppe grundsätzlich als gering bewertet. Bei
Vorliegen eines geringen Interessenkonflikts wurden aufgrund der vorhandenen protektiven
Faktoren (unabhängige Evidenzsuche und Bewertung, formales Konsensverfahren, Einbeziehen
aller relevanten Stakeholder) keine weitere Maßnahme als erforderlich erachtet. Bei
Vorliegen eines moderaten Interessenkonflikts erfolgte eine Abstimmungsenthaltung
und Doppelabstimmung, um festzustellen, ob die Enthaltung zu einer geänderten Zustimmungsquote
führen würde. Wenn aufgrund der offengelegten Sachverhalte in diesen Kategorien ein
hohes Risiko für einen Interessenkonflikt angenommen werden musste, sollte diese Personen
nicht an der Abstimmung und der Diskussion der entsprechenden Empfehlungen teilnehmen.
Die Beurteilung wurde durch eine Kommission der Leitliniengruppe aus drei Klinikern
(Hölscher (DGCH), Hollerbach (DGVS), Vanhoefer (DGHO)) und zwei Methodikern (Langer
(OL-Office), Nothacker (AWMF)) vorgenommen. Die Beurteilung 2018 erfolgte für die
in 2018 bearbeiteten Themen. Nach Sichtung der eingegangenen Rückmeldungen der Fachexperten
– und wenn erforderlich – persönlicher Rücksprache wurde für die Aspekte „computergestützte
digitale Filter“ für die Chromoendoskopie bei Autoren aufgrund von Tätigkeit in Advisory
Boards von Endoskopiefirmen für dieses Thema ein moderater Interessenkonflikt gesehen
und eine Doppelabstimmung avisiert, eine solche Tätigkeit lag jedoch nicht vor. Weiterhin
wurde zusätzlich zu den oben genannten Konstellationen für die Empfehlung zur Referenzpathologie
ein moderater Interessenkonflikt bei den Vertretern des Berufsverbandes der Pathologen
gesehen, hier erfolgte eine Doppelabstimmung. Es ergab sich keine Änderung des Konsenses.
An dieser Stelle möchten wir allen Experten und Mitarbeitern für ihre ausschließlich
ehrenamtliche Mitarbeit an dem Projekt danken.
3. Patienteninformation und Aufklärung
3. Patienteninformation und Aufklärung
3.1. Informationsmaterial
3.1.
|
Konsensbasierte Empfehlung
|
geprüft 2018
|
EK
|
Informationsmaterialien (Print- und Internetmedien) sollen nach definierten Qualitätskriterien
für Gesundheitsinformationen erstellt und den Patienten zur Verfügung gestellt werden,
um sie durch eine verständliche Risikokommunikation (z. B. Angabe von absoluten Risikoreduktionen)
in ihrer selbstbestimmten Entscheidung für oder gegen die medizinischen Maßnahmen
zu unterstützen.
|
Konsensstärke
|
Starker Konsens (100 %)
|
3.2. Grundprinzipien einer patientenzentrierten Kommunikation
3.2.
|
Evidenzbasierte Empfehlung
|
geprüft 2018
|
Empfehlungsgrad
A
|
Die Art der Vermittlung von Informationen und der Aufklärung der Patientin soll nach
denfolgenden Grundprinzipien einer patientenzentrierten Kommunikation, die eine partizipative
Entscheidungsfindung ermöglicht, erfolgen:
-
Ausdruck von Empathie und aktives Zuhören,
-
direktes und einfühlsames Ansprechen schwieriger Themen,
-
wenn möglich, Vermeidung von medizinischem Fachvokabular, ggf. Erklärung von Fachbegriffen,
-
Strategien, um das Verständnis zu verbessern (Wiederholung, Zusammenfassung wichtiger
Informationen, Nutzung von Grafiken u. a.)
-
Ermutigung, Fragen zu stellen
-
Erlaubnis und Ermutigung, Gefühle auszudrücken
-
weiterführende Hilfe anbieten (siehe Abschnitt Psychoonkologie)
|
Level of Evidence
1b
|
Leitlinienadaptation: S3-Leitlinie Mammakarzinom Juli 2012 [3]
|
Konsensstärke
|
Starker Konsens (100 %)
|
3.3. Therapieaufklärungsgespräch
3.3.
|
Konsensbasierte Empfehlung
|
geprüft 2018
|
EK
|
Als Inhalte eines Therapieaufklärungsgespräches sollten je nach Therapieansatz folgende
Punkte angesprochen werden:
Kurative Therapie
-
Endoskopische Therapie bei Frühkarzinomen
-
Neoadjuvante Strategie-Prinzipien, Ziele
-
Radiochemotherapie: Dauer und Durchführung, Nebenwirkungen, Spätfolgen
-
Operative Therapie: Zweihöhleneingriff, Technik und Rekonstruktionsverfahren: Thorakale/kollare
Anastomose
-
Risiken
-
Ernährungstherapie und -sonde, Feinnadelkatheter-jejunostomie (FKJ)
-
Funktionelle Auswirkungen
-
Rehabilitation
Palliative Therapie
-
Radio(chemo)therapie
-
Chemotherapie
-
Endoskopische Therapie (u. a. Stentimplantation)
-
Perkutane endoskopische Gastrostomie (PEG)
-
Palliativmedizin inkl. Schmerztherapie
Betont werden sollten auch Notwendigkeit und Möglichkeiten der Patientenkooperation
Angeboten werden sollte in jedem Fall eine psychoonkologische Unterstützung.
|
Konsensstärke
|
Konsens (76 %)
|
Hintergrund
Die Empfehlungen zu Patienteninformation und Aufklärung basieren auf entsprechenden
Empfehlungen aus der S3-Leitlinie zum Mammakarzinom [3].
Gerade für Krebserkrankungen ist die Bedeutung der Arzt-Patienten-Beziehung für den
Krankheitsverlauf und das Erreichen des Therapieziels unbestritten. Im heutigen Verständnis
ist der Arzt vor allem Partner des Patienten mit besonderem Fachwissen und Können.
Information und Beratung müssen ergebnisoffen sein. Die vom Arzt medizinethisch zu
berücksichtigenden Prinzipien sind die Fürsorge und das Nicht-Schaden unter Anerkennung
der Selbstbestimmung und Autonomie des Patienten in der Phase einer existenziellen
Bedrohung. Der Patientenautonomie kommt dabei höchste Priorität zu. Entscheidungen
für oder gegen eine Therapie sind für das ärztliche Handeln absolut bindend. Ein zeitlicher
Druck zur Entscheidungsfindung ist zu vermeiden [4]
[5].
Dem Patienten muss mit Empathie das vertrauensvolle „gut Aufgehobensein“ in der Betreuung
eines interdisziplinären und multiprofessionellen Teams mit verschiedenen klar definierten
Kompetenzen und Aufgaben einschließlich Ernährungs- und Physiotherapie, Psychoonkologie
und Sozialdienst vermittelt werden. Dies wird häufig mehrere Aufklärungsgespräche
mit unterschiedlichen Partnern des Teams erforderlich machen. Für den Patienten und
seine Angehörigen müssen dabei Koordination und Verantwortlichkeit klar erkennbar
sein. Die einzelnen Abläufe sollten unter Einbeziehung von Informations- und Aufklärungsgespräch
in einer Standard Operative Procedure festgelegt sein.
Patienteninformation und -aufklärung über die Karzinomdiagnose und das Therapiekonzept
sollten sorgfältig und detailliert, möglichst stufenweise erfolgen. Dem Informationsbedürfnis
des Patienten ist umfassend Rechnung zu tragen [6]. Durch das Internet haben viele Patienten bereits frühzeitig Informationen über
ihre Krebserkrankung erhalten, die im Arzt-Patienten Gespräch thematisiert werden
müssen und der Kommentierung bedürfen.
Grundlage der Beratung sollten die auf den Leitlinien fußenden Empfehlungen der jeweiligen
Onkologischen Konferenz (Tumorboard) sein, die auf den Patienten individuell abgestimmt
werden müssen. Diese betreffen mögliche Einschränkungen innerhalb des Therapiekonzepts
z. B. durch die Komorbidität des Patienten, aber auch dessen Präferenzen und Wünsche
zur Lebensplanung.
Aufgrund der multimodalen Therapiekonzepte für das Ösophaguskarzinom kann die Aufklärung
in einem vertrauensbildenden gemeinsamen Gespräch z. B. durch Chirurgen und (Radio-)Onkologen
sinnvoll sein – gerade im neoadjuvanten Vorgehen oder bei Abwägung der Alternative
zwischen Operation und definitiver Radio-Chemotherapie. Deutlich müssen Risiken und
Nebenwirkungen, Toxizität, Spätfolgen und auch die Auswirkungen auf die Lebensführung
(Ernährung) mit der zu erwartenden Lebensqualität des Patienten besprochen werden.
Thematisiert werden sollten Erwartungen und Ängste des Patienten sowie Notwendigkeit
und Möglichkeiten der Kooperation. Falls in Betracht kommend, ist die Teilnahme an
einer Therapiestudie mit dem Patienten abzuwägen. Ggf. muss dabei sorgfältig das Prinzip
der Randomisierung erläutert werden.
Das Arzt-Patienten-Gespräch sollte mit Empathie patientenzentriert in ruhiger Atmosphäre
durchgeführt werden. Wenn es dem Wunsch des Patienten entspricht, sind Partner und
nächste Angehörige einzubeziehen. Die Beratung muss in einer dem Patienten verständlichen
Sprache erfolgen. Sowohl die Verharmlosung der Erkrankung und des Operationsrisikos
als auch eine paralysierende Verängstigung müssen vermieden werden. Statistische Informationen,
nicht zuletzt zur Frage der Prognose sind mit besonderer Sensibilität zu vermitteln.
Um das bestmögliche Behandlungsergebnis zu erreichen, muss auch der Bedarf zur eigenverantwortlichen
Kooperation des Patienten herausgearbeitet werden. Hier ist auch auf die neuen Konzepte
zur rascheren postoperativen Rekonvaleszenz unter aktiver Mitwirkung des Patienten
einzugehen („ERAS“). Hilfreich ist die Verfügbarkeit von schriftlichen Informationen
und Abbildungen, die ebenfalls in dem Patienten verständlicher Sprache abgefasst sein
müssen. Geeignet wird hierfür z. B. die in Erstellung befindliche Laienversion (Patientenleitlinie)
dieser Leitlinie sein (Download unter: http://leitlinienprogramm-onkologie.de/Patientenleitlinien.8.0.html).
Die Aufklärung sollte in einer von Arzt und Patient partizipativ und gemeinsam getragenen
Entscheidung zum therapeutischen Vorgehen münden („shared decision-making“). Der Wunsch
nach einer Zweitmeinung ist konstruktiv zu akzeptieren und durch zeitnahe Bereitstellung
der medizinischen Patientenunterlagen (diagnostische Befunde, Arztbrief, Operationsbericht,
Computertomografie auf CD-Rom) zu unterstützen. Zu jeder Zeit muss der Patient Einsicht
in die Krankenunterlagen erhalten können.
4. Risikofaktoren
In [Abb. 1] sind die bisher bekannten und nachfolgend in Detail dargestellten Risikofaktoren
für die Entstehung eines Ösophaguskarzinoms zusammengefasst.
Abb. 1 Bekannte Risikofaktoren für die Entstehung eines Ösophaguskarzinoms. [rerif]
4.1. Rauchen
4.1.
|
Evidenzbasiertes Statement
|
geprüft 2018
|
Level of Evidence
3a
|
Rauchen erhöht das Risiko für Ösophaguskarzinome. Dies gilt für Plattenepithelkarzinome
und für Adenokarzinome des Ösophagus und des ösophagogastralen Übergangs.
|
|
Literatur: [7]
[8]
[9]
[10]
[11]
|
Konsensstärke
|
Starker Konsens (100 %)
|
Hintergrund
In einer multizentrischen Fall-Kontroll-Studie aus Taiwan wurde der Einfluss von Rauchen,
Alkohol und Betelnüssen auf die Entstehung von Plattenepithelkarzinomen und deren
Lokalisation im Ösophagus untersucht [8] Rauchen steigerte das Karzinomrisiko um das 5,9- bis 8,5-Fache, wobei das höchste
Risiko im mittleren Ösophagus bestand. Raucher erkrankten 2,7- bis 6,2-mal häufiger
an einem Plattenepithelkarzinom als Nichtraucher. Der gleichzeitige Genuss von Zigaretten
und Alkohol wirkte synergistisch und erhöhte das Risiko auf das 10- bis 23,9-Fache
im Vergleich zu abstinenten Nichtrauchern.
In einer bevölkerungsbasierten Fall-Kontroll-Studie bei Patienten mit Reflux wurde
u. a. der zusätzliche Einfluss von Rauchen auf das Karzinomrisiko analysiert [9] 365 bzw. 426 Patienten mit Adenokarzinomen des Ösophagus und des ösophagogastralen
Übergangs sowie 303 Patienten mit Plattenepithelkarzinom wurden Kontrollen aus einem
Bevölkerungsregister gegenübergestellt. Raucher mit Refluxbeschwerden wiesen für alle
drei Tumorentitäten ein höheres Risiko als Nichtraucher auf.
Eine auf 30 Fall-Kontroll- und 3 Kohorten-Studien basierende Metaanalyse errechnete
für Raucher ein relatives Risiko von 1,85 (95 % Konfidenzintervall 1,59 – 2,15), an
einem Adenokarzinom des Ösophagus oder der Kardia zu erkranken [7].
Zwei neuere Fall-Kontroll-Studien bestätigen Rauchen als Risikofaktor für das Ösophaguskarzinom.
In einer Studie aus Indien wurden 703 Patienten mit Plattenepithelkarzinomen des Ösophagus
mit 1664 Kontrollen verglichen [10]. Es fand sich eine dosisabhängige Risikoerhöhung durch „secondhand“ Rauchen.
Die andere Fall-(n = 670)Kontroll-(n = 1188)-Studie fokussierte auf Tabak- und Alkohol-
konsum [11]. Im Vergleich zu Nichtrauchern zeigten weibliche und männliche Raucher ein 3,5 – 4-fach
erhöhtes Karzinomrisiko (Frauen: OR 3,45; 95 %CI 2,47 – 4,82; Männer: OR 4,11; 95 %
CI 2,55 – 6,65). Bei Konsum von mehr als 14 g Tabak täglich stieg das Risiko auf den
Faktor 6.
4.2. Alkohol
4.2.
|
Evidenzbasiertes Statement
|
modifiziert 2018
|
Level of Evidence
2b
|
Alkohol erhöht das Risiko für Plattenepithelkarzinome des Ösophagus.
|
|
Literatur: [11]
[12]
[13]
[14]
[15]
[16]
[17]
|
Konsensstärke
|
Starker Konsens (100 %)
|
Hintergrund
Eine Metaanalyse von 40 retrospektiven und 13 prospektiven Studien aus USA, Asien,
Australien und Europa errechnete folgende relative Risiken für ein Plattenepithelkarzinom
des Ösophagus: leichter Alkoholkonsum (< 12,5 g/Tag) 1,31 (95 % KI 1,10 – 1,57); moderater
Alkoholkonsum (12,5 – 50 g/Tag) 2,27 (95 % KI 1,89 – 2,72); starker Alkoholkonsum
(≥ 50 g/Tag) 4,89 (95 % KI 3,84 – 6,23) [12]. Analysierte man die prospektiven Studien alleine, waren die Ergebnisse nahezu identisch.
Leichter Alkoholkonsum war insbesondere in Asien mit einem erhöhten Karzinomrisiko
assoziiert, was man mit dem Einfluss genetischer Faktoren erklärt. Eine weitere Metanalyse
der gleichen Autorengruppe mit dem Fokus auf leichten Alkoholkonsum versus Alkoholabstinenz
kam zu ähnlichen Ergebnissen: relatives Risiko für ösophageale Plattenepithelkarzinome
1,30 (95 % KI 1,09 – 1,56), statistisch signifikant nur in Asien (RR 1,49; 1,12 – 1,98)
[13].
Für Adenokarzinome des Ösophagus und des ösophagogastralen Übergangs stellt Alkohol
dagegen keinen gesicherten Risikofaktor dar. Hierfür sprechen eine Fall-Kontroll-Studie
aus Australien [15] und eine gepoolte Analyse von 9 Fall-Kontroll- und 2 Kohortenstudien [14]. Eine Metaanalyse von 20 Fall-Kontroll- und 4 Kohorten-Studien aus allen Kontinenten
konnte keine Assoziation zwischen Alkoholkonsum und Adenokarzinom des Ösophagus oder
der Kardia aufzeigen [16]. Dies galt auch für einen hohen Alkoholkonsum.
Die schon oben erwähnte Studie aus Südafrika bei SCC zeigt in ähnlicher Weise eine
Risikoerhöhung von 2- bis 3,5-fach für Alkohol auf, wobei das Karzinomrisiko mit der
Alkoholmenge assoziiert war: bei Verbrauch von mehr als 52,9 g täglich stieg das Risiko
auf das 5-Fache an (Männer: OR 4,72; 95 %CI 2,64 – 8,41; Frauen: OR 5,24; 95 % CI
3,34 – 8,23) [11]. Das Risiko erhöhte sich um das 8,5-Fache für Personen, die zusätzlich > 14 g Tabak
pro Tag rauchten.
Eine bevölkerungsbasierte Studie aus Schweden umfasste u. a. 14 518 Patienten mit
Ösophaguskarzinom [17]. Fälle wurden mit dem ICD Code „alcohol use disorders“ identifiziert und mit dem
schwedischen Krebsregister verlinkt. Alkoholmißbrauch bedingte im Vergleich zur Kontrollgruppe
ein erhöhtes Ösophaguskarzinomrisiko (SIR = 2,24; 95 % CI 2,08 – 2,41). Dies galt
sowohl für Plattenepithel- (2,89 (95 % CI 2,65 – 3,15); bei Männern: 2,69; bei Frauen:
4,83) als auch für Adenokarzinome (1,20 (95 % CI 1,01 – 1,41); bei Männern: 1,19 (95 %
CI 1,00 – 1,41); bei Frauen: 1,30 (95 % CI 0,51 – 2,68). Wegen diesen Geschlechtsunterschieden
und den angegebenen Konfidenzintervallen wurde diese Arbeit nicht als Grundlage für
eine neue Empfehlung genommen.
4.3. Übergewicht
4.3.
|
Evidenzbasierte Statement
|
geprüft 2018
|
Level of Evidence
2a
|
Übergewicht erhöht das Risiko für Adenokarzinome des Ösophagus und des ösophagogastralen
Übergangs.
|
|
Literatur: [18]
[19]
[20]
[21]
[22]
[23]
[24]
|
Konsensstärke
|
Starker Konsens (100 %)
|
Hintergrund
Aktuelle Übersichtsarbeiten und Metaanalysen bestätigen Übergewicht und Adipositas
als Risikofaktor für Ösophaguskarzinome [19]
[20]
[21]. Eine Metaanalyse umfasste 22 Studien mit insgesamt 7945 Fällen mit Adenokarziom
der Speiseröhre und/oder des Magens [21]. Das geschätzte relative Risiko (RR) für den gemeinsamen Endpunkt war bei Übergewicht
(Body-Mass-Index (BMI) 25 – 30 kg/m2) 1,71 (95 % KI 1,50 – 1,96) und bei Adipositas
(BMI > 30 kg/m2) 2,34 (95 % KI 1,95 – 2,81). Die Beziehung war stärker für Adenokarzinome
der Speiseröhre (BMI ≥ 30 kg/m2: RR = 2,73 (95 % KI 2,16 – 3,46) (10 Studien) als
für die des Magens (RR = 1,93 (95 % KI 1,52 – 2,45) (9 Studien).
Die positive Assoziation zwischen Übergewicht bzw. Adipositas und dem Risiko für Adenokarzinome
der Speiseröhre wurden auch in einer Übersichtsarbeit mit 6 Fall-Kontroll- und 6 Kohortenstudien
konsistent gezeigt [20]. Guh et al. [19] berichten ebenfalls über Ösophaguskarzinome als Ko-Morbiditäten von Adipositas.
Die relativen Risiken für Ösophaguskarzinome bei Übergewicht waren bei Frauen 1,15
(95 % KI 0,97 – 1,36) und bei Männern 1,13 (95 % KI 1,02 – 1,26), bei Adipositas lagen
sie bei 1,20 (95 % KI 0,95 – 1,53) und 1,21 (95 % KI 0,97 – 1,52).
Eine prospektive Kohortenstudie mit 218 854 Teilnehmern (NIH-AARP Studie) untersuchte
den Taillenumfang, d. h. eine abdominelle Fettverteilung, als Risikofaktor [22]. In der Nachbeobachtungszeit traten 253 Fälle mit einem Adenokarzinom der Speiseröhre
auf. Sowohl Taillenumfang als auch das Taille-Hüftumfangs-Verhältnis waren positiv
mit dem Risiko für Speisenröhrenkrebs assoziiert. Die Beziehung wurde auch für Personen
mit Normalgewicht berichtet.
In einer retrospektiven Kohortenstudie mit insgesamt 1239 Patienten war ein hoher
BMI mit einer erhöhten Dysplasieprävalenz im Barrett-Ösophagus assoziiert [23]. Allerdings wirkten sich BMI und eine Änderung des BMI nicht auf die Progression
zur hochgradigen Dysplasie oder zum Adenokarzinom aus.
In einer großen bevölkerungsbasierten Kohortenstudie mit 9660 Patienten mit Barrett-Ösophagus
erwies sich neben Alter und männlichem Geschlecht der BMI als Risikofaktor für eine
Progression zum Adenokarzinom [24]. Interssant ist auch die Beobachtung, dass Statine karzinoprotektiv waren.
4.4. Weitere Risikofaktoren
4.4.
|
Evidenzbasiertes Statement
|
geprüft 2018
|
Level of Evidence
3a
|
Eine Achalasie erhöht das Risiko für Plattenepithel- und Adenokarzinome des Ösophagus.
|
|
Literatur: [25]
[26]
[27]
|
Konsensstärke
|
Starker Konsens (100 %)
|
Hintergrund
Eine Kohorte von fast 3000 Patienten, bei denen zwischen 1965 und 2003 die Entlassungsdiagnose
einer Achalasie gestellt worden war, wurden mit der schwedischen Normalbevölkerung
verglichen [26]. Die Achalasie ging mit einem erhöhten Risiko für Plattenepithelkarzinome (Standardisiertes
Inzidenzverhältnis (SIR) 11,0; 6,0 – 18,4) und für Adenokarzinome (SIR 10,4; 3,8 – 22,6)
des Ösophagus einher. Eine vorausgegangene chirurgische Myotomie erhöhte das Karzinomrisiko
nicht.
Eine andere Langzeitstudie kommt aus den Niederlanden [25]. 448 Patienten (218 Männer und 330 Frauen; 51 (4 – 92) Jahre) mit zwischen 1975
und 2006 diagnostizierter Achalasie wurden nach pneumatischer Dilatation regelmäßig
endoskopisch-bioptisch kontrolliert. Während einer Beobachtungszeit von 9,6 (0,1 – 32)
Jahren wurden bei 15 Patienten (3,3 %) 11 (2 – 23) Jahre nach Diagnosestellung der
Achalasie bzw. 24 (10 – 43) Jahre nach Symptombeginn ein Ösophaguskarzinom diagnostiziert.
Das Karzinomrisiko des Achalasiekollektivs wurde mit der erwarteten Ösophaguskarzinomrate
einer alters- und geschlechtsadjustierten Population aus dem niederländischen Krebsregister
verglichen. Daraus ergab sich eine signifikant erhöhte Hazard Ratio von 28 (KI17 – 46)
für das Auftreten eines Ösophaguskarzinoms bei Patienten mit Achalasie. Trotz der
strukturierten endoskopischen Überwachung wurden die meisten Karzinome erst im fortgeschrittenen
Stadium diagnostiziert.
Eine Auswertung des schwedischen Krebsfamilienregisters hat gezeigt, dass das Risiko
für ein ösophageales Adenokarzinom erhöht ist, wenn ein Elternteil an einem Ösophaguskarzinom
(SIR 2,60) und speziell einem Plattenepithelkarzinom (SIR 4,05) erkrankt war [27]. Auch wenn in Assoziationsstudien genetische Varianten identifiziert wurden, die
mit einem erhöhten Risiko für Ösophaguskarzinome einhergehen, gibt es derzeit mit
Ausnahme der sehr seltenen Tylose keine genetischen oder hereditären Faktoren mit
Implikationen für die klinische Praxis.
4.5.
|
Konsensbasiertes Statement
|
geprüft 2018
|
EK
|
Eine frühere Strahlentherapie im Hals-Thorax-Bereich kann dosisabhängig das Risiko
für ein späteres Ösophaguskarzinom erhöhen.
|
Konsensstärke
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Konsens (92 %)
|
Hintergrund
Die Empfehlung basiert auf einer selektiven Literaturauswahl durch die beteiligten
Experten (Expertenkonsens). Es besteht ein signifikant erhöhtes, wenngleich absolut
geringes Risiko für das Auftreten von Ösophaguskarzinomen nach früherer Bestrahlung
im Hals-Thorax-Bereich (RR 2,0 – 8,3 [28]
[29]
[30]
[31]. Daten hierzu beziehen sich überwiegend auf Mammakarzinome und nur ausnahmsweise
auf den Morbus Hodgkin. Das Risiko betrifft vor allem Plattenepithelkarzinome, die
Daten für strahleninduzierte Adenokarzinome des Ösophagus sind indessen kontrovers.
In einer Fall-Kontroll-Studie mit 289 748 Mammakarzinompatientinnen, die länger als
5 Jahre überlebt hatten, war eine Bestrahlung mit einer Dosis von mehr als 35 Gy mit
einem erhöhten Ösophaguskarzinomrisiko assoziiert (OR 8,3; 95 % KI 2,7 – 28). Das
absolute Risiko war gering, es wurden 252 Fälle mit Ösophaguskarzinomen beobachtet
[28].
Basierend auf den Daten eines bevölkerungsbasierten US-Registers der Jahre 1973 bis
2000 errechnete sich ein relatives Risiko von 2,83 (95 % KI 1,35 – 5,92) bzw. 2,17
(95 % KI 1,67 – 4,02) für Plattenepithelkarzinome des Ösophagus 5 – 9 bzw. mehr als
10 Jahre nach einer adjuvanten Bestrahlung von Patientinnen mit Mammakarzinom. Für
ösophageale Adenokarzinome ergab sich kein erhöhtes Risiko [29]. Das Risiko von Ösophaguskarzinomen war in dieser Studie nicht nach brusterhaltender
Operation und Tangentenbestrahlung, wohl aber nach Postmastektomie-Strahlentherapie
erhöht.
Unter 11 130 schweizerischen Patientinnen mit Mammakarzinom in den Jahren 1974 – 2002
wurden 18 Fälle mit Ösophaguskarzinom im Vergleich zu 8,9 erwarteten beobachtet. Die
SIR betrug 1,6 in den ersten 10 Jahren nach Bestrahlung, danach 3,3. Das Risiko für
Plattenepithelkarzinome war dabei doppelt so hoch wie für Adenokarzinome (2,3 versus
1,3) [30].
Bei Mammakarzinompatientinnen mit zusätzlicher Bestrahlung bestand mehr als 15 Jahre
nach der Bestrahlung ein erhöhtes relatives Risiko von 2,19 (1,10 – 4,62) für das
Auftreten von Ösophaguskarzinomen im Vergleich zu Mammakarzinom- Patientinnen mit
alleiniger Operation und ohne Bestrahlung [31].
4.6.
|
Konsensbasiertes Statement
|
geprüft 2018
|
EK
|
Stenosen nach Säure- und Laugenverätzungen erhöhen das Risiko für das Ösophaguskarzinom.
|
Konsensstärke
|
Starker Konsens (100 %)
|
Hintergrund
Kontrollierte Studien zum Risiko eines Ösophaguskarzinoms bei Patienten mit kaustischen
Ösophagusstenosen existieren nicht. Okonta et al. identifizierten im Rahmen einer
systematischen Literatursuche 6 informative Publikationen [32]. Darin werden insgesamt 198 Patienten mit korrosiven Ösophagusstenosen nach Säure-
oder Laugeningestion beschrieben, von denen 50 (25,3 %; 1,4 – 31,3 %) nach im Mittel
46,1 (25 – 58) Jahren ein Ösophaguskarzinom entwickelten.
4.7.
|
Evidenzbasiertes Statement
|
modifiziert 2018
|
Level of Evidence
2b
|
Gastroösophagealer Reflux erhöht das Risiko für Adenokarzinome des Ösophagus.
|
|
Literatur: [9]
[33]
[34]
[35]
[36]
[37]
[38]
|
Konsensstärke
|
Starker Konsens (100 %)
|
Hintergrund
In einer schwedischen Fall-Kontroll-Studie lag bei Personen mit rezidivierenden Refluxsymptomen
im Vergleich zu Personen ohne solche Symptome die Odds Ratio (OR) für ein Adenokarzinom
des distalen Ösophagus bei 7,7 [33]. Je häufiger, schwerer und länger dauernd die Symptome waren, umso größer war das
Karzinomrisiko.
In einer Fall-Kontroll Studie aus den USA wird eine höhere Prävalenz Reflux-assoziierter
Symptome bei Patienten mit einem Karzinom des gastroösophagealen Übergangs als bei
Kontrollpatienten gleichen Alters und gleichen Geschlechts beschrieben [34]. In einer weiteren bevölkerungsbasierten Fall-Kontroll-Studie aus den USA fand sich
nach Berücksichtigung demografischer Faktoren ein 3-fach erhöhtes Risiko für ein Ösophaguskarzinom
bei Refluxsymptomen (OR 3,61; 95 % KI 2,49 – 5,25) [35]. Bei Vorliegen einer Hiatushernie war das Risiko 6-fach (OR 5,85; 95 % KI 3,18 – 10,75)
und bei Refluxsymptomen und Hiatushernie 8-fach (OR 8,11; 95 % KI 4,75 – 13,87) erhöht.
In einer Studie aus den USA wurden Patienten, bei denen endoskopisch ein Adenokarzinom
des Ösophagus oder ein Long-Segment-Barrett-Ösophagus festgestellt worden war, nach
ihren Refluxsymptomen befragt [36]. 61 % der Patienten mit Adenokarzinom des Ösophagus und 70 % derer mit Barrett-Ösophagus
berichteten über chronische Refluxsymptome mehr als 5 Jahre vor der Diagnosestellung.
In einer bevölkerungsbasierten Fall-Kontroll-Studie bei Patienten mit Reflux wurden
365 Patienten mit Adenokarzinom des Ösophagus, 426 Patienten mit einem Adenokarzinom
des ösophagogastralen Übergangs und 303 Patienten mit einem ösophagealen Plattenepithelkarzinom
entsprechende Kontrollen aus einem Bevölkerungsregister gegenübergestellt [9]. Häufige Refluxsymptome (≥ 1 ×/Woche) erhöhten das Risiko für ein Adenokarzinom
des Ösophagus um das 6,4-Fache, für ein Adenokarzinom des ösophagogastralen Übergangs
um das 4,6-Fache, und für das Plattenepithelkarzinom um das 2,2-Fache.
Rubenstein et al. führten eine systematische Literatursuche und Metaanalyse von fünf
populationsbasierten Studien durch (Suche bis 2008). Die Metaanalyse der Studien zeigte,
dass sich bei mindestens einmal wöchentlichen Refluxsymptomen das Karzinomrisiko um
das 5-Fache und bei täglichen Symptome um das 7-Fache erhöht [37].
In einer auf der SEER-Datenbank basierenden Modellrechnung zeigte sich, dass bei Männern
13,4 % (11,4 – 17,3 %) der Fälle mit Adenokarzinom des Ösophagus auf eine symptomatische
GERD zurückzuführen sind. Für Frauen errechneten sich 13,6 % (12,5 – 15,9 %) [38].
4.8.
|
Evidenzbasierte Statement
|
geprüft 2018
|
Level of Evidence
2b
|
Der Barrett-Ösophagus erhöht das Risiko für Adenokarzinome des Ösophagus.
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|
Literatur: [39]
[40]
[41]
[42]
[43]
[44]
[45]
[46]
[47]
[48]
[49]
|
Konsensstärke
|
Starker Konsens (100 %)
|
Hintergrund
In einer populationsbasierten Kohortenstudie aus Dänemark wurden 11 028 Patienten,
bei denen Barrett-Ösophagus in den Jahren 1992 bis 2009 diagnostiziert worden war,
über einen Zeitraum von durchschnittlich 5,2 Jahren nachverfolgt [39]. Innerhalb des ersten Jahres nach der Indexendoskopie wurden 131 ösophageale Adenokarzinome
beobachtet. In den darauffolgenden Jahren traten 66 neue Adenokarzinome auf (1,2 Fälle/1000
Patientenjahre). Im Vergleich zur Normalbevölkerung hatten die Patienten mit Barrett-ösophagus
ein 11-fach erhöhtes Risiko für ein Adenokarzinom des Ösophagus (RR 11,3, 95 % KI
8,8 – 14,4). Das jährliche Risiko betrug nur 0,12 % (95 % KI 0,09 – 0,15). Der Nachweis
einer low-grade intraepithelialen Neoplasie in der Indexendoskopie erhöhte das Karzinomrisiko
(5,1 Fälle/1000 Patientenjahre).
In einer multizentrischen Kohortenstudie aus den USA entwickelten 18 von 1204 Patienten
mit Barrett-Ösophagus innerhalb von 5,5 Jahren ein Adenokarzinom (0,27 %/Jahr) und
32 eine high-grade Neoplasie (0,48 %/Jahr) [40]. Die Inzidenz der Barrettneoplasie betrug insgesamt 0,63 %/Jahr. Patienten mit nicht-dysplastischem
Barrett-Ösophagus waren 5 und 10 Jahre nach der Diagnosestellung in 98,6 % und 97,1 %
der Fälle karzinomfrei. Die Länge des Barrett-Ösophagus korrelierte mit dem Neoplasierisiko
(< 6 cm: 0,09 %, ≥ 6 cm: 0,65 %, p = 0,001). In einer Analyse von 1175 Patienten dieser
Kohorte wurde der Einfluss der Länge des Barett-Ösophagus auf das Karzinomrisiko genauer
analysiert [41]. Das jährliche Neoplasie/Karzinomrisiko war in Abhängigkeit von der Länge des Barrett-Ösophagus
wie folgt: ≤ 3 cm: 0,3 %; 4 – 6 cm: 0,97 %; 7 – 9 cm: 1,26 %; 10 – 12 cm: 1,64 %;
≥ 13 cm: 2,4 %. Rechnerisch betrug die Risikosteigerung für jeden weiteren Zentimeter
des Barett-Ösophagus 28 % (p = 0,01).
In einer weiteren multizentrischen Kohortenstudie aus den USA wurden 1401 Patienten
mit Barrett-Ösophagus ohne intraepitheliale Neoplasie im ersten Jahr der Nachbeobachtung
endoskopisch nachverfolgt [42]. In der logistischen Regressionsanalyse korrelierte die Anzahl der Überwachungsendoskopien,
die einen nicht-dysplastischen Barrett-Ösophagus ergaben, negativ mit dem jährlichen
Karzinomrisiko (n = 1: 0,32 %; n = 2: 0,27 %; n = 3: 0,16 %; n = 4: 0,20 %; n = 5:
0,11 %, p = 0,03).
In einer Metaanalyse von 57 Studien mit 11 434 Patienten mit nicht-dysplastischem
Barrett-Ösophagus und einer Nachbeobachtungszeit von 58 547 Patientenjahren wurde
eine Inzidenz des Ösophaguskarzinoms von 0,33 % pro Jahr errechnet [43]. Bei Patienten mit einem short-segment-Barrett-Ösophagus betrug das Karzinomrisiko
nur 0,19 %. In 16 Studien, die Informationen zur Mortalität enthielten, war die Todesursache
in 56 Fällen das Ösophaguskarzinom und in 684 Fällen eine Ösophagus-unabhängige Erkrankung.
In einer populationsbasierte Kohortenstudie aus England wurden 8448 Patienten mit
einem Barrett-Ösophagus prospektiv ab dem ersten Jahr der Nachbeobachtung identifiziert
und nachverfolgt [44]. Die Mortalität durch ein Barrett-assoziiertes Adenokarzinom betrug nach 5 Jahren
0,5 % und nach 10 Jahren 2 %. Die häufigsten Todesursachen waren kardiovaskuläre Erkrankungen
(31,6 %), andere Malignome (23,5 %), oder respiratorische Erkrankungen (15,1 %). Ösophaguskarzinome
waren nur in 4,5 % der Fälle die verantwortliche Todesursache.
In der S2k-Leitlinie „Gastroösophageale Refluxkrankheit“ der Deutschen Gesellschaft
für Gastroenterologie, Verdauungs- und Stoffwechselkrankheiten werden – basierend
auf einem Expertenkonsens – endoskopische Überwachungsintervalle von Patienten mit
Barrett-Ösophagus in Abhängigkeit vom Vorhandensein intraepithelialer Neoplasien empfohlen
(keine intraepitheliale Neoplasie: Kontrolle nach 1 Jahr, bei Bestätigung kann ein
Kontrolle alle 3 bis 4 Jahre erfolgen; leichtgradige intraepitheliale Neoplasie: falls
sichtbar, endoskopische Therapie, sonst im 1. Jahr halbjährlich, dann jährlich, alternativ
Ablation mit RFA; hochgradige intraepitheliale Neoplasie: endoskopische Therapie)
[45].
In einer Fall-Kontroll-Studie entwickelten 55 Barrett-Patienten während eines Follow-ups
von 17 743 Patientenjahren ein Adenokarzinom [46]. Daraus berechnete sich eine Karzinomprogressionsrate von 0,3 %/Jahr. Zunehmendes
Alter (1,03, 95 % CI 1,01 – 1,05, p = 0,005), männliches Geschlecht (3,06, 95 % CI
1,50 – 6,24, p = 0,002) und die Einnahme von Asthmamitteln (2,91, 95 % CI 1,10 – 7,68,
p = 0,0314) konnten als Risikofaktoren identifiziert werden.
Das Risiko für ein Adenokarzinom bei nicht-dysplastischem Barrett nimmt mit der Zeit
und der Zahl der Endoskopien nicht ab. Zu diesem Ergebnis kommt eine retrospektive
Kohortenstudie aus den USA, in die 28 561 Patienten mit einem zwischen 2004 und 2009
neu diagnostizierten Barrett eingingen [47]. Das mediane Follow-up betrug 4,9 Jahre. Die Inzidenzrate der Adenokarzinome stieg
mit jeder weiteren Endoskopie nach vorherigem endoskopischen Negativbefund an: RR
1,43; 1,25 – 1,64. Im Vergleich zur ersten Kontrollendoskopie war das Karzinomrisiko
nach der fünften Kontrolle 9-fach höher. Ebenso stieg die Inzidenzrate mit der Zeit
an: RR 1,49 bei Vergleich nach 5 Jahren mit der Inzidenz im zweiten Beobachtungsjahr.
Im Zeitraum von 2000 bis 2012 wurden im UK 12 312 inzidente Fälle mit BE identifiziert,
von denen 40 (0,3 %) im Verlauf ein Adenokarzinom entwickelten [48]. In den NL waren es 1383 BE-Patienten, von denen 5 (0,4 %) ein Karzinom entwickelten.
In beiden Kohorten stieg das Barrett-Risiko linear mit dem Alter an. In den Jahren
2000 – 2003 nahm die Inzidenz des BE um 35 % bei Männern und 41 % bei Frauen zu, ab
2012 blieben die Inzidenzraten stabil.
Auf der Basis des holländischen Pathologieregisters wurden 1579 Patienten mit BE weiter
verfolgt, von denen bei 161 in der Indexendoskopie eine LGD von einem Zweitpathologen
bestätigt worden war [49]. In dieser Gruppe betrug die Inzidenz einer HGD bzw. eines Karzinoms 5,18/100 Personenjahre.
Im Vergleich dazu betrug die Inzidenz nur 1,85/100 Personenjahre, wenn die LGD nicht
durch einen Zweitpathologen verifiziert worden war.
4.9.
|
Konsensbasiertes Statement
|
geprüft 2018
|
EK
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Patienten mit Plattenepithelkarzinomen des Ösophagus besitzen ein erhöhtes Risiko
für synchrone und metachrone Kopf-/Halstumoren und umgekehrt.
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Konsensstärke
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Starker Konsens (96 %)
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Hintergrund
Eine Literaturübersicht ergibt für Patienten mit Kopf-Hals-Karzinomen ein Risiko von
5 – 14 %, simultan oder metachron an einem Plattenepithelzweitkarzinom der Speiseröhre
zu erkranken [50]. Umgekehrt beträgt das Risiko für pharyngolaryngeale Zweitneoplasien bei Patienten
mit Plattenepithelkarzinom des Ösophagus ebenfalls 9 – 11 %. Es bietet sich daher
an, diesen Personenkreis interdisziplinär zu betreuen und zu überwachen, zumal durch
prospektive Studien gezeigt werden konnte, dass durch endoskopische Vorsorgeuntersuchungen
eine Früherkennung von Zweitneoplasien und eine kurative Therapie möglich sind [51].
Zu etwas anderen Ergebnissen kam eine bevölkerungsbasierte Fall-Kontroll-Studie in
Schweden insofern, als eine Erkrankung der Mundhöhle mit keinem erhöhten Risiko für
ein Plattenepithelkarzinom des Ösophagus assoziiert war, wenn man Alkohol und Tabakkonsum
berücksichtigte (OR 1,1; 95 % KI 0,8 – 1,7) [52]. Erstaunlicherweise bestand nach Berücksichtigung dieser Einflussfaktoren jedoch
ein erhöhtes Risiko für ösophageale Adenokarzinome.
5. Prävention
5.1.
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Konsensbasiertes Statement
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geprüft 2018
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EK
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Eine Empfehlung zur medikamentösen Prävention der Entwicklung eines Ösophaguskarzinoms
kann nicht gegeben werden.
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Konsensstärke
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Starker Konsens (96 %)
|
Hintergrund
ASS und nichtsteroidale Antirheumatika (NSAR) können in der primären Prävention nicht
empfohlen werden. Diese Ansicht äußerte auch die britische Leitlinie zum Management
des Ösophagus- und Magenkarzinoms, die keine etablierte Rolle für eine Chemoprävention
bei Karzinomen des oberen Gastrointestinaltraktes sah [53]. Zum Zeitpunkt dieser Aussage lagen allerdings zwei Studien noch nicht vor [54]
[55].
Eine Analyse von acht randomisierten Studien mit über 25 000 Patienten, die zur Prävention
kardiovaskulärer Ereignisse ASS über einen Zeitraum von mindestens vier Jahren erhalten
hatten (75 – 1200 mg/d), kam zu dem Schluss, dass die tägliche ASS-Einnahme das Risiko
an einem Karzinom zu versterben um 21 % (OR 0,79; 95 % KI 0,68 – 0,92; p = 0,003)
reduziert [54]. Auf der Basis individueller Daten von 23 535 Patienten aus sieben Studien errechnete
sich ein Vorteil zugunsten von ASS bereits nach fünf Jahren Einnahme. Der Nutzen nahm
mit der Dauer der Medikation zu und war unabhängig von der ASS-Dosis (75 mg oder mehr).
Die Autoren weisen auf die Konsistenz der Daten in den verschiedenen Studienpopulationen
hin und leiten daraus die allgemeine Gültigkeit ihrer Ergebnisse ab. Selbst unter
Berücksichtigung der gastrointestinalen Toxizität des ASS bedingt die Medikation eine
Abnahme der Gesamtsterblichkeit um 10 %.
Eine systematische Literaturanalyse verglich die Ergebnisse von Fall-Kontroll- und
Kohortenstudien der Jahre 1950 bis 2011, die über eine Assoziation zwischen ASS und
Karzinomrisiko berichteten, mit denen von randomisierten Studien [55]. In Fall-Kontroll-Studien war die regelmäßige Einnahme von ASS mit einer Risikominderung
von 38 % für Ösophagus-, Magen-, Gallenwegs und kolorektale Karzinome assoziiert,
wobei dies mit den Daten randomisierter Studien gut übereinstimmte. Observationsstudien
zeigten ähnliche Ergebnisse und darüber hinaus ein reduziertes Risiko für Fernmetastasen
um 31 %.
Dennoch konnte man sich in dieser wie auch in den S3-Leitlinien zum Magenkarzinom
und kolorektalen Karzinom bislang nicht zu einer Empfehlung im Sinne der medikamentösen
Primärprävention entschließen. Ergänzend gibt es zwischenzeitlich eine neue Kosten-Nutzen-Analyse
für gesunde Individuen im Alter von 50 bis 65 Jahren [56]. Sie zeigt, dass eine ASS-Einnahme über 10 Jahre mit einer Reduktion des relativen
Risikos für Krebs, Herzinfarkt oder Schlaganfall um 7 % für Frauen und 9 % für Männer
einhergeht. Die Gesamtsterblichkeit über 20 Jahre nimmt um 4 % ab. Allerdings muss
berücksichtigt werden, dass in der randomisierten Women’s Health Study (39 876 Frauen
aus der Gesundheitsbranche randomisiert von 4/1993 – 1/1996; 100 mg Aspirin alle 2
Tage; medianes Follow-up 17,5 Jahre) bezüglich der totalen Karzinominzidenz, der Mamma-
und der Bronchialkarzinominzidenz kein Unterschied zwischen beiden Gruppen bestand
und dass selbst unter niedrig dosiertem Aspirin gastrointestinale Blutungen signifikant
häufiger (HR 1,14) auftraten [57].
Inwieweit orale Bisphosphonate das Risiko für Ösophaguskarzinome beeinflussen, kann
derzeit nicht abschließend beurteilt werden. Die Datenlage hierzu ist widersprüchlich
[58]
[59]
[60]
[61]
[62]. Nach der jüngsten Fall-Kontroll-Studie fand sich ein geringfügig erhöhtes Risiko
für Bisphosphonate (OR 1,34; 95 % CI 1,03 – 1,74), ohne dass eine Dosisabhängigkeit
festgestellt werden konnte [63].
Auch für Antioxidantien als Nahrungsergänzungsmittel kann keine Empfehlung ausgesprochen
werden. In einer Metaanalyse von 20 randomisierten Studien mit über 200 000 Teilnehmern
fand sich keine Evidenz für eine Prävention gastrointestinaler Karzinome durch Betakarotin,
Vitamin A, C, E und Selen (OR 0,94; 95 % KI 0,83 – 1,06) [64].
Körperliche Aktivität kann unter allgemeinen Gesundheitsaspekten und der Prävention
empfohlen werden. Eine bevölkerungsbasierte Fall-Kontroll-Studie ließ einen mäßigen
protektiven Effekt von körperlicher Aktivität auf das Adenokarzinom des Ösophagus
erkennen [65].
5.2.
|
Konsensbasiertes Statement
|
geprüft 2018
|
EK
|
Eine hohe Aufnahme von Obst und Gemüse kann zu einer Risikosenkung des Ösophaguskarzinoms
beitragen.
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Konsensstärke
|
Starker Konsens (96 %)
|
Hintergrund
Eine systematische Evidenzbewertung der Beziehung zwischen Lebensmittelzufuhr und
dem Risiko für Ösophaguskarzinome wurde im Ernährungsbericht der Deutschen Gesellschaft
für Ernährung 2012 veröffentlicht [66]. Die inverse Beziehung zwischen dem Verzehr von Obst und Gemüse und dem Risiko der
Entwicklung eines Plattenepithelkarzinoms der Speiseröhre wurde als wahrscheinlich
eingestuft, die positive Beziehung mit dem Verzehr von rotem Fleisch und Fleischerzeugnissen
als möglich. Die Bewertung stützt sich auf prospektive Kohortenstudien und Metaanalysen,
die bis 2011 veröffentlicht wurden.
Eine aktuellere Metaanalyse zum Verzehr von Obst und Gemüse wertete 27 Fall-Kontroll-
und 5 Kohortenstudien aus [67]. Eine statistisch signifikant inverse Beziehung zwischen dem Verzehr von Gemüse
und Obst und dem Risiko für ein Plattenepithelkarzinom der Speiseröhre wurde gezeigt.
Die Betrachtung der Kohortenstudien alleine zeigte eine inverse Beziehung für Obst,
jedoch nicht für Gemüse.
Kohortenstudien und Metaanalysen zum Verzehr von Fleisch und Fleischerzeugnissen und
dem Risiko für Ösophagsukarzinome zeigen unterschiedliche Zusammenhänge [68]
[69]
[70]
[71]
[72]. Einige Studien belegen eine positive Assoziation zwischen dem Verzehr von rotem
Fleisch oder Fleischerzeugnissen und dem Plattenepithelkarzinom, andere mit dem Adenokarzinom.
Die Datenlage ist hier zu unsicher, um eine allgemein verbindliche Aussage treffen
zu können.
6. Primärdiagnostik und Staging inklusive Pathologie
6. Primärdiagnostik und Staging inklusive Pathologie
6.1. Primärdiagnostik
6.1.
|
Konsensbasierte Empfehlung
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geprüft 2018
|
EK
|
Alle Patienten mit neu aufgetretener Dysphagie, gastrointestinaler Blutung, rezidivierender
Aspiration, rezidivierendem Erbrechen, Dyspepsie, Gewichtsverlust und/oder Inappetenz
sollen einer frühzeitigen Endoskopie (ÖGD) zugeführt werden.
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Konsensstärke
|
Starker Konsens (100 %)
|
6.2.
|
Konsensbasierte Empfehlung
|
geprüft 2018
|
EK
|
Bei der ÖGD sollen Biopsien aus allen suspekten Läsionen genommen werden. Beim Barrett-Ösophagus
sollen zusätzlich 4-Quadranten-Biopsien entnommen werden.
Suspekte Areale sollen getrennt asserviert und histopathologisch untersucht werden.
|
Konsensstärke
|
Starker Konsens (100 %)
|
6.3.
|
Konsensbasierte Empfehlung
|
geprüft 2018
|
EK
|
Die ÖGD mittels hochauflösender Videoendoskopie besitzt die höchste Sensitivität und
Spezifität für den Nachweis von Neoplasien des oberen Gastrointestinaltraktes und
soll daher als Standardverfahren zur Diagnosestellung eingesetzt werden.
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Konsensstärke
|
Starker Konsens (100 %)
|
Hintergrund
Dysphagie-Beschwerden treten mit zunehmendem Alter gehäuft auf (7 – 10 % Erwachsene
> 50 Jahre, 25 % bei Krankenhauspatienten, 30 – 40 % Insassen von Pflegeheimen) [73]. Anamnese und klinische Untersuchung geben häufig schon wichtige Hinweise auf neurogene,
degenerative, pharyngeale oder medikamentös getriggerte Schluckstörungen, Störungen
im HNO-Bereich, rezidivierende Aspiration/Pneumonien, psychogene Syndrome und andere,
nicht-tumorös bedingte dysphagische Beschwerden. Beispiele für zuletzt genannte Ursachen
sind die Refluxösophagitis, Hiatushernien, Ringe, eosinophile Ösophagitis, Divertikel
(einschl. Zenker-Divertikel), subepitheliale Tumoren (Leiomyome, GIST) oder seltene
Prozesse. Weltweit wird daher als „Good Clinical Practice“-Übereinkunft (GCP) bei
Patienten mit sogenannten „Warn-" oder „Alarmsymptomen“ (progrediente/rezidivierende
Dysphagie, GI-Blutung, Gewichtsabnahme, rezidvierendes Erbrechen, rezidivierende Aspirationspneumonie,
Inappetenz) frühzeitig zu einer hoch-auflösenden Video-Endoskopie des oberen Verdauungstraktes
mit Biopsie- Entnahme geraten.
Vorteile der hochauflösenden ÖGD sind die direkte Visualisierung und Lokalisierung
mit Größenangabe suspekter Läsionen, Entnahme von Biopsien, die Oberflächenanalyse
gesehener Veränderungen und die Einsatzmöglichkeit zusätzlicher optischer Verbesserungsverfahren
(einschließlich HDTV-Auflösung, Vergrößerungsendoskopie, Chromoendoskopie sowie computerbearbeitete
virtuelle Chromoendoskopie). Die Methode ist breit verfügbar und die Sicherheit heute
hoch (Komplikationsrate einschl. Sedierung 1 ‰/Letalität < 0,1 ‰ [74]. Langjährige Praxiserfahrungen haben demonstriert, dass die ÖGD die höchste Sensitivität
und Spezifität für den Nachweis von Neoplasien aller Stadien im oberen Verdauungstrakt
besitzt. Bei hochgradig stenosierenden, hochsitzenden Tumoren kann ein dünnkalibriges
Spezialendoskop (4 – 5 mm Durchmesser) hilfreich sein, um Passage-bedingte Komplikationen
(Perforation, Blutungen) zu vermeiden.
6.2. Erweiterte Diagnostik
6.4.
|
Evidenzbasierte Empfehlung
|
modifiziert 2018
|
Empfehlungsgrad
B
|
Die Chromoendoskopie (Lugol’sche Lösung) oder die computergestützten digitalen (Filter-)
Verfahren sollten bei Risiko-Patienten für ein Ösophaguskarzinom (= anamnestisch Plattenepithelkarzinom
des Mundes/Nase/Rachens/Bronchial-Systems, Ösophagus) eingesetzt werden.
|
Level of Evidence
2a
|
Literatur: [75]
[76]
[77]
[78]
|
Konsensstärke
|
Starker Konsens (96 %)
|
6.5.
|
Evidenzbasierte Empfehlung
|
modifiziert 2018
|
Empfehlungsgrad
B
|
Die Chromoendoskopie oder die computergestützten digitalen (Filter-) Verfahren sollten
zur Verbesserung der Detektion von Dysplasien/Frühkarzinomen eingesetzt werden.
|
Level of Evidence
1b
|
Literatur: [76]
[79]
[80]
[81]
[82]
[83]
[84]
[85]
[86]
|
Konsensstärke
|
Starker Konsens (100 %)
|
Hintergrund
Zum Nachweis eines Ösophaguskarzinoms ist die video-endoskopische Untersuchung mit
gezielter Biopsie obligat. Bei Vorliegen einer hochgradigen, auch mit einem Pädiatergastroskop
nicht passierbaren malignen Stenose ist die Zangenbiopsie aus dem proximalen Tumorbereich
ggf. in Kombination mit einer Bürstenzytologie zum Karzinomnachweis sinnvoll. Beim
Plattenepithelkarzinom kann durch topische Färbung mit Lugol’scher Lösung (Jodalkali)
die Ausbeute neoplastischer Läsionen um ca. 30 % erhöht werden (neoplastisches Gewebe
ist Glykogen-arm und wird somit nicht angefärbt) [87]
[88]
[89]
[90]. Gerade bei Hochrisikopatienten (Alkoholiker, starke Raucher) und Patienten mit
bereits bekannten Plattenepithelkarzinomen im Mund-Nasen-Rachenraum (hohes Risiko
synchroner Läsionen im Ösophagus) ist die Chromoendoskopie nützlich [75]
[76]
[77]. Hierbei muss jedoch berücksichtigt werden, dass neben malignen Veränderungen auch
entzündliche Schleimhaut-Veränderungen von der Färbung ausgespart bleiben, die Spezifität
der Chromoendoskopie mit Lugol’scher (Jodalkali) Lösung folglich relativ niedrig ist.
Andere computergestützte, endoskopisch einsetzbare digitale Filterverfahren wie das
Narrow-Band-Imaging [79] – oder von anderen Herstellern verwendete, digitale „post-processing“-Verfahren
wie FICE (Fujinon intelligent chromoendoscopy) und iSCAN – zielen darauf ab, durch
digitale Änderung des Farbspektrums eine bessere Darstellung von Oberflächen oder
Kapillargefäßen zu ermöglichen und somit die im Rahmen der Karzinogenese auftretende
Neovaskularisierung als diagnostisches Kriterium zur Detektion früher Neoplasien zu
nutzen („Virtuelle Chromoendoskopie“). Ein systematisches Review mit Metaanalyse von
14 überwiegend randomisierten Cross-over-Studien mit insgesamt 843 Patienten zur Frage
„Advanced Imaging“ vs. Weißlicht-Endoskopie (WLE) zeigte eine im Mittel um 34 % höhere
diagnostische Ausbeute beim „Advanced Imaging“ gegenüber der WLE. Im Rahmen einer
Subgruppenanalyse konnte dies auch für die „virtuelle Chromoendoskopie“ gezeigt werden.
Direkte vergleichende Studien, die eine Überlegenheit der virtuellen Chromoendoskopie
gegenüber der „klassischen“ Färbe-Spray-Chromoendoskopie beweisen würden, existieren
derzeit nicht. Die vorhandenen Untersuchungen schlossen in der Regel auch Patienten
mit Barrett-Ösophagus/IEN mit ein, wobei man aber von einer Übertragbarkeit der Ergebnisse
ausgeht [76]
[80]. Ein Einsatz dieser Verfahren wird daher empfohlen.
Weitere, neue, endoskopische Verfahren wie die Endozytoskopie, die konfokale Laserscanning-Endomikroskopie
oder die optische Kohärenztomografie ermöglichen – zumindest theoretisch – eine starke
Vergrößerung der oberen Schleimhautschichten mit der Möglichkeit einer in-vivo Bilddarstellung
und einer Auflösung, die vergleichbar mit einer konventionellen Histologie ist. Bisher
sind die hierfür verwandten Systeme jedoch wenig verbreitet, die Evidenz ist bei nur
wenigen Studien aus einzelnen Zentren limitiert und mit entsprechender Patientenselektion
gering. Weitere randomisierte, kontrollierte Studien sind daher zur Einschätzung des
praktischen Nutzens dieser Verfahren notwendig. Eine Empfehlung hierzu kann derzeit
nicht getroffen werden.
Neue Arbeiten zeigen, dass die Detektionsraten für Präkanzerosen und für Dysplasien/IEN
im Ösophagus durch konsequenten Einsatz von fortgeschrittenen endoskopischen Zusatz-Verfahren
bei der Endoskopie des OGI-Traktes – vor allem beim Barrett-Karzinom – verbessert
werden. Deshalb sollten diese Verfahren in der Praxis großzügig – und routinemäßig
– eingesetzt werden. Dazu zählen alle derzeit bekannten Verfahren von der lokalen
Essigsäure-Applikation über die klassische Chromoendoskopie mit Auf- sprühen von Farbstoffen,
die aufwendige konfokale Laer-Endomikroskopie sowie die neuen virtuellen Chromo-Endoskopieverfahren
(NBI, FICE, iSCAN).
So zeigt eine RCT-Crossover-Studie von Sharma et al. (2013) [81], dass der Einsatz des Narrow-band imaging (NBI) – Verfahrens (n = 123 Patienten)
während der ÖGD gegenüber dem (ohnehin schon guten) HD-Weißlicht-Verfahren mit randomisierten
Biopsien die histologische Diagnose einer intestinalen Metaplasie beim Barrett-Ösophagus
mit weniger gezielten Biopsien vereinfachen kann (Evidenzlevel 1b). Die Dysplasie-Aufdeckrate
war beim gezielten NBI-Einsatz ebenfalls besser (Sensitivität NBI 64 %, Spezifität
100 %, NPV 77 %, PPV 100 % gegenüber Sensitivität 53 %, Spezifität 100 %, NPV 53 %
und PPV 100 %). Wenn bei der NBI-Endoskopie die Schleimhaut völlig regelmässig aussah,
fanden sich hier in keinem Fall IEN bzw. Dysplasien.
Eine weitere Arbeit (Multicenter-RCT) von Canto M et al. (2014) [82] fand bei 192 Patienten, dass die in-vivo-Endomikroskopie (eCLE) unter real-time-Bedingungen
mit gezielten Biopsien bei der HD-Weißlichtendoskopie (HDWLE) die Aufdeckung von neoplastischem
Gewebe beim Barrett-Ösophagus deutlich verbessert (Evidenzlevel 1b). Dabei erlaubte
die eCLE eine fast 5-Fache Reduktion der Biopsiemenge pro Patient (p < 0,0001). Beim
Einsatz der eCLE konnten Neoplasien bei 40/119 Biopsien (34 %) nachgewiesen werden,
während mit der HDWLE nur bei 41/580 Biopsien (7 %, p < 0,0001) IEN nachgewiesen werden
konnten. Im klinischen Kontext bedeutete diese Verbesserung, dass von den 94 Patienten
der HDWLE+eCLE-Gruppe bei 32 Patienten (34 %) der Dysplasie-Grad nach der eCLE geändert
werden musste. Daher scheint der systematische Einsatz der eCLE unter Studienbedingungen
die Detektion von Dysplasien/IEN signifikant zu verbessern. Es stellt sich jedoch
die Frage, ob diese Vorteile in der klinischen Praxis den hohen Preis und die erheblichen
Ressourcen für das Teamtraining rechtfertigen können, da sich diese Methode aufgrund
dieser Limitationen bisher nicht weit verbreitet hat.
Eine Metaanalyse von 2016 [83] untersuchte alle Arbeiten zur konfokalen Laser-Mikroskopie (CLE) beim Barrett-Ösophagus
und anderen Anwendungsgebieten im GI-Trakt. In 7 Studien wurden Anwendungen im Ösophagus
untersucht. Dabei fand sich eine moderate Verbesserung der Detektionsraten von Dysplasien/IEN
durch den Einsatz von CLE neben der HD-Weisslicht-Endoskopie. Für diese Technik werden
dabei erhebliche Limitationen durch hohe Kosten, geringe Ausbreitung und der Notwendigkeit
längerer Lernkurven und das Teamtraining gesehen. Die Metaanalyse von Gupta et al.
(2014) [91] zum gleichen Thema fokussierte ausschliesslich auf den Einsatz der CLE zur Aufdeckung
von HG-IEN oder Frühkarzinomen mittels „targeted biopsies“ bei Barrett-Patienten.
Dabei wurde in 7 Studien eine gepoolte Sensitivität der CLE von 68 % bei einer Spezifität
von 88 % (in der Per-Läsions-Analyse) bzw. in 4 Studien als Per-Patienen-Analyse von
86 % und 83 % gefunden. Aufgrund der Einschränkungen bezüglich der Sensitivität und
der positiven „Likelihood-Ratio“ (von 6,56 bzw. 5,61) wird in dieser Metaanalyse jedoch
darauf hingewiesen, dass die CLE keineswegs den bisherigen Standard ersetzen kann
und nur als Zusatzverfahren in der klinischen Praxis die individuellen Ergebnisse
verbessern helfen kann.
Drei weitere Studien mit dem Evidenzlevel 2a deuten klar darauf hin, dass sowohl einfache
Spray-Techniken, als auch vorhandene technische Verfahren zur genaueren/besser kontrastierten
mukosalen Oberflächen-Betrachtung die Aufdeckung von Frühneoplasien bei Risiko-Patienten
verbessert. So zeigt die Arbeit von Coletta et al. (2016) [85] in Form einer Metaanalyse (13 Studien) einmal mehr, dass die simple Essigsäurespülung
beim Barrett-Ösophagus – aber nur in Verbindung mit der Histologie dieses Ziel erreicht.
So erreicht man mit dieser Technik eine Sensitivität für HG-IEN und Frühkarzinome
(Barrett) von 92 % bei einer Spezifität von 96 %. Für die Aufdeckung einer nicht-dysplastischen,
reinen Barrett-Metaplasie betrugen diese Werte 96 % und 69 % (Spezifität ohne Histologie).
Daher sind Essigsäure-positive Befunde stets mit der Histologie aufgrund der Spezifitäts-Limitationen
zu kombinieren.
Die Arbeit von Qumseya BJ et al. (2013) [86] ist eine Metaanalyse, die 11 RCTs eingeschlossen hat. Dabei wurde untersucht, ob
die klassische und die virtuelle Chromo-Endoskopieverfahren (z. B. FICE, NBI) die
Ergebnisse der Weißlicht-Endoskopie bei der Aufdeckung von Ösophagus-Neoplasien beim
Barrett-Ösophagus verbessen können. Dabei verbesserten die klassiche Chromoendoskopie
und die virtuellen Verfahren die bioptisch überprüfte Aufdeckungsraten von HG-IEN
und Frühkarzinomen um bis zu 34 % (CI 20 – 56 %, p < 0,0001). Subgruppenanalysen zeigten
zudem, dass v. a. die virtuellen Chromoendoskopieverfahren diese diagnostische Verbesserung
erlaubten (Evidenzlevel 2a).
Sehr interessant erscheint schliesslich noch die Arbeit von Chung CS et al. (2016)
[78]. Diese besteht aus einer Metaanalyse von 16 Studien mit insgesamt 4918 Patienten.
Das Evidenlevel dieser Arbeit beträt 2a. Die eingeschlossenen Patienten hatten alle
ein primäres Karzinom aus dem Bereich der Kopf-Hals-Tumoren (n = 1781) oder ein hochsitzendes
Plattenepithel-Ca. des Ösophagus (n = 2205) in der Vorgeschichte. Fragestellung war
die Erkennung von sekundär-primären neoplastischen Läsionen im Ösophagus (= Zweitkarzinomen).
Dazu wurden neben der Weißlicht-Endoskopie (WLE) das NBI-Verfahren und die klassische
Chromoendoskopie mittels gesprühter Lugol’scher Lösung (Lugol-CE) im Ösophagus eingesetzt.
Dabei erreichte die WLE alleine eine Sensitivität für Neoplasien von 53 %, während
das NBI auf 87 % und die Lugol-CE auf 88 % kamen.
Die Spezifitäten betrugen dabei 99 %, 95 % und 63 %. Die entsprechenden Areale unter
der Receiver-Operator-Kurcve (ROC) betrugen 66 % (WLE), 97 % (NBI) und 82 % (Lugol-CE).
Diese Daten zeigen überzeugend, dass Patienten mit Plattenepithel-Karzinomen im Kopf-Hals-Bereich
und dem Ösophagus im Verlauf hinsichtlich der Entwicklung von Zweitkarzinomen im Ösophagus
überwacht werden sollten. Dazu sollten Zusatzmethoden wie NBI und CE großzügig eingesetzt
werden.
6.3. Staging des Ösophaguskarzinoms
6.6.
|
Evidenzbasierte Empfehlung
|
modifiziert 2018
|
Empfehlungsgrad
B
|
Der endoskopische Ultraschall (EUS) sollte Bestandteil des Stagings bei Patienten
mit kurativer Therapieintention sein.
|
Level of Evidence
1b
|
Literatur: [92]
[93]
[94]
[95]
[96]
[97]
|
Konsensstärke
|
Starker Konsens (100 %)
|
Hintergrund
Die Prognose des Ösophaguskarzinoms ist insgesamt schlecht, da der Tumor sich sehr
früh lymphatisch und vaskulär ausbreitet und bereits ab der Infiltration der tiefen
Submukosa (sm2) ein deutlich erhöhtes Risiko für eine lymphatische Ausbreitung aufweist
[98]. Die Mehrzahl der Tumoren im Stadium cT2-T3 N0 M0 (prätherapeutisch) hatten in einer
kürzlichen Analyse bei der OP bereits Lymphknotenmetastasen [99]. Daher wird ein möglichst genaues, prätherapeutisches Staging zur Therapiesteuerung
immer wichtiger. Die Prognose der Patienten korreliert mit der lokalen Tumorinfiltrationstiefe
(T-Kategorie) und dem Grad der lymphatischen Aussaat (N-Kategorie). Die Endosonografie
(EUS) hat aufgrund ihrer hohen lokalen Ortsauflösung die höchste Treffsicherheit aller
Verfahren zur Beurteilung der lokalen Infiltrationstiefe (T-Kategorie) und ist geeignet
zur Beurteilung von Metastasen in regionären Lymphknoten bei Plattenepithel-Karzinomen
des Ösophagus und bei Adenokarzinomen des ösophagogastralen Übergangs (AEG). Aufgrund
ihrer relativ guten Treffsicherheit vor allem für eine höhere T-Kategorie (Sensitivität
91 – 92 %, Spezifität 94 – 99 %; [Tab. 6]) und für das lokale N-Staging ([Tab. 6]) ist sie das bildgebende Stagingverfahren der ersten Wahl ([Abb. 2]). [Tab. 6] zeigt eine Übersicht über die Staging-Ergebnisse des endoskopischen Ultraschalls
für die T-Kategorie und das nodale Staging (N-Kategorie) von Ösophaguskarzinomen in
vorhandenen Metaanalysen [92]
[93]
[94]
[95]. Die zusätzliche Verwendung von EUS-gesteuerten Feinnadel-Biopsien (FNP) kann die
nodale Staging-Genauigkeit erhöhen, besonders bei der Abklärung zöliakaler, kleinkurvaturseitiger
abdomineller LK-Metastasen (Sensitivität 97 %, Spezifität 96 %; siehe [Tab. 6]). Die Ergebnisse haben erheblichen Einfluss auf das Patienten-Management. Leider
haben bisher nur wenige Studien die EUS-FNP systematisch untersucht und die wenigen
vorhandenen Studien weisen eine erhebliche Heterogenität auf. Die EUS stellt aber
neben der Computertomografie das Verfahren der Wahl zum Staging des Ösophaguskarzinoms
dar. Sie beeinflusst das Patientenmanagement und sollte – trotz bestehender Limitationen
– großzügig eingesetzt werden, um frühzeitig eine Selektion von Patienten für eine
endoskopische, primär operative, primär neo-adjuvante oder primär palliative Therapie
zu ermöglichen.
Tab. 5
Konsensusstärke.
Konsenstärke
|
Prozentuale Zustimmung
|
Starker Konsens
|
> 95 % der Stimmberechtigten
|
Konsens
|
> 75 – 95 % der Stimmberechtigten
|
Mehrheitliche Zustimmung
|
> 50 – 75 % der Stimmberechtigten
|
Dissens
|
< 50 % der Stimmberechtigten
|
Abb. 2 Algorithmus zum Staging des Ösophaguskarzinoms. [rerif]
Die vergleichende und interdisziplinäre Interpretation der Ergebnisse von EUS und
Computertomografie verbessern die Stagingaussage gegenüber den Einzelbefunden. Die
Leitliniengruppe ist daher der Meinung, dass die Limitationen der einzelnen Stagingverfahren
durch den individuell sinnvollen Einsatz einer Kombination der zur Verfügung stehenden
diagnostischen Verfahren ein insgesamt gutes, präoperatives klinisches Staging ermöglicht
([Abb. 2]).
Tab. 6
Übersicht über die Staging-Ergebnisse des endoskopischen Ultraschalls (EUS) für die
T- und N-Kategorien von Ösophaguskarzinomen (Sensitivität/Spezifität durch EUS/EUS-FNP).
Metaanalysen zum EUS
|
Anzahl Patienten/Studien
|
Sensitivität/Spezifität T-Kategorie
|
Sensitivität/Spezifität N-Kategorie
|
Thosani et al., 2012 [92]
|
1019/19
|
Frühe Karzinome[1] (T1a/T1b): T1a: 85 %/87 %
T1b: 86 %/86 %
|
n. a.
|
Puli et al.,2008 [93]
|
2585/49
|
T1: 82 %/96 %
|
EUS: 85 %/85 %
|
T2: 81 %/94 %
|
|
T3: 91 %/94 %
|
EUS-FNP: 97 %/96 %
|
T4: 92 %/97 %
|
|
Van Vliet, 2008 [94]
|
1841/31[2]
|
|
EUS: 80 %/70 %
Zöliakale Lymphknoten (früher „M1a“): 85 %/96 %
|
Tranchemontagne, 2009 [95]
|
na/na
|
<T2: -/75 %
≥ T2: 97 %/T4: -/99 %
|
76 %/67 %
Zöliakale Lymphknoten (früher „M1a“): 75 %/94 %
|
Luo et al. 2016 [95]
[97]
|
|
T1a: 84 %/91 %
T1b: 81 %/89 %
T4: 84 %/96 %
|
n. a.
|
n. a. = nicht angegeben.
1 in dieser Literaturarbeit ist die Treffsicherheit für frühe Karzinome angegeben.
2 5 Studien zu zöliakalen Lymphknoten.
Einschränkungen bestehen zum einen durch die Untersucher-Abhängigkeit, zum anderen
ist die Unterscheidbarkeit kleiner, mukosaler Prozesse methodisch begrenzt und die
EUS-Diagnostik bei hochgradig stenosierenden Tumoren nur eingeschränkt möglich. Letzteres
Problem ist klinisch zumeist zu vernachlässigen, da nicht passierbare Tumoren fast
immer fortgeschrittenen (≥T3-) Karzinomen entsprechen. Die vorhandenen Studien weisen
eine hohe Heterogenität durch Verwendung verschiedenster Geräte, Prozessorgenerationen
und Techniken auf (mechanische und digitale Radial- und Longitudinalscanner, Minisonden,
nur wenige Studien mit Feinnadelpunktionen EUS-FNP), was die Vergleichbarkeit einschränkt.
Die T-Kategorie wird im EUS ähnlich wie in der CT etwas häufiger überschätzt (Median
EUS 10,6 %; CT 9,4 %) als unterschätzt (Median EUS 7,6 %; CT 6,7 %). Schwierigkeiten
gibt es v. a. beim lokalen Staging von T2-Karzinomen, bei denen aufgrund von peritumoralen,
entzündlichen Prozessen in bis zu 12,5 % ein Overstaging beobachtet wird.
Der EUS kann nicht zwischen HGIEN und mukosalen Frühkarzinomen unterscheiden, kann
aber bei dieser Fragestellung vor geplanter EMR oder ESD zum Ausschluss bisher nicht
vermuteter, Wand-überschreitender Tumorprozesse bei vermeintlichem Frühkarzinom und
ggf. zur Diagnostik von – bei Frühkarzinomen sehr seltenen – regionären Lymphknoten-Metastasen
eingesetzt werden. In bis zu 8 – 12 % der Fälle in der Praxis kann man mittels EUS
bildgebend bisher unbeschriebener, „okkulter“ Leberherde im linken Leberlappen sowie
andere suspekte pathologische Befunde wie Aszites oder Pleuraverdickungen erkennen
und teilweise mittels EUS-FNP weiter abklären. Fakultativ können „distante“ (tumorferne)
LK-Metastasen paraaortal oder parathyreoidal mittels EUS-FNP gesichert werden, v. a.
zöliakale LK-Metastasen beim Plattenepithelkarzinom ([Abb. 2]). Der Einsatz der Kontrastmittel-Endosonografie (KM-Endosonografie, CE-EUS) und
der Ultraschall-Elastografie sind neue Methoden, okkulte und kleine Metastasen verbessert
zu erkennen und ggf. die FNP zu verbessern, größere Datensammlungen liegen hierzu
noch nicht vor.
Die N-Kategorie ist ein weiterer wichtiger prognostischer Parameter beim Ösophaguskarzinom.
[Tab. 7] zeigt hierzu eine Übersicht der Leistungsfähigkeit des nodalen Stagings für verschiedene
Verfahren. Allerdings ist hier zu bemerken, dass alle Studien bisher die alte UICC-Klassifikation
von 2002 verwendeten, die distante „zöliakale“ Lymphknoten als Fernmetastasen („M1a“)
wertete, was bei der aktuellen Version 7 von 2009 geändert wurde.
Eine neuere Arbeit (Evidenzgrad 1b) von Russell et al. [96] deutet darauf hin, dass ein konsequentes EUS-Tumorstaging bei Ösophagus-Karzinomen
zu verbesserten Überlebensraten der mittels EUS untersuchten Patienten führt (ca.
3 Monate gegenüber der Vergleichgruppe). Möglicher Hauptgrund dafür ist, dass die
mittels EUS-Staging untersuchten Patienten häufiger operiert wurden, was auf eine
Selektion der Patienten aufgrund der dabei erhobenen Befunde hindeutet.
Eine weitere neue Arbeit von Luo LN et al. (2016) [97] bestätigt, daß die EUS im Vergleich zur CT die deutlich höhere „Staging accuracy“
bei Plattenepithel-Karzinomen aufweist. Diese ist besonders gut bei der Differenzierung
eines T1a- von einem T1b-Karzinom (Sensitivität 84 und 83 %, Spezifität 91 % und 89 %),
sowie beim Staging eines T4-Tumors (Sensitivität 84 %, Spezifität 96 %).
Tab. 7
Direkter Vergleich der eingesetzten Stagingverfahren bei der Aufdeckung von Lymphknoten-Metastasen
[92]
[93]
[94]
[95].
Methode
|
Gepoolte Sensitivität (95 % KI)
|
Gepoolte Spezifität (95 % KI)
|
Gepoolte Treffsicherheit (95 % KI)
|
EUS-FNP
|
81 % (0,76 – 0,85)
|
73 % (0,63 – 0,80)
|
77 % (0,72 – 0,81)
|
MDCT
|
54 % (0,48 – 0,61)
|
87 % (0,79 – 0,92)
|
65 % (0,60 – 0,70)
|
FDG-PET
|
52 % (0,44 – 0,60)
|
82 % (0,65 – 0,92)
|
69 % (0,60 – 0,77)
|
Zum Staging des Ösophagus-Karzinoms wird der folgende diagnostische Algorithmus vorgeschlagen
([Abb. 2])
6.7.
|
Konsensbasierte Empfehlung
|
geprüft 2018
|
Empfehlungsgrad
EK
|
Die B-Bild-Sonografie sollte als erstes bildgebendes Verfahren zum Ausschluss von
Lebermetastasen eingesetzt werden.
|
Konsensstärke
|
Konsens (92 %)
|
Hintergrund
Die Abdomensonografie ist als risikofreie, nicht-invasive, verfügbare und von Patienten
akzeptierte Methode das bevorzugte initiale bildgebende Verfahren im Rahmen der Stagingdiagnostik.
Die Untersucherexpertise ist ein wesentlicher Parameter für die Qualität der Ultraschall-Diagnostik.
Die B-Bild-Sonografie weist eine Sensitivität von 53 – 81 % sowie eine Spezifität
von 59 – 98 % bei der Detektion von Lebermetastasen, unabhängig von der zugrunde liegenden
Tumorerkrankung, auf [100]. Eine Metaanalyse aus dem Jahre 2002, in die Ergebnisse von 9 publizierten Studien
(N = 509) zur sonografischen Detektion von Lebermetastasen gastrointestinaler Tumoren
eingegangen sind, fand eine gepoolte Sensitivität von 66 % (95 % KI, 54 – 77 %) [101]. In neueren Studien wird eine Sensitivität von 77 bzw. 81 % [102]
[103] für den Nachweis von Lebermetastasen gastrointestinaler Tumoren durch die B-Bild-Sonografie
berichtet.
Durch den zusätzlichen Einsatz der kontrastverstärkten Sonografie (contrast-enhanced
ultrasound, CEUS) werden sowohl Sensivität als auch Spezifität deutlich erhöht. Der
CEUS ist im klinischen Kontext hinsichtlich Spezifität und Sensitivität bei der Detektion
von Lebermetastasen der CT und MRT vergleichbar [103]
[104]
[105]. Die Abgrenzung von Metastasen gegenüber primären malignen und benignen Tumoren
der Leber gelingt mittels kontrastverstärkter Sonografie mit einer im Vergleich zur
CT oder MRT identischen Genauigkeit von mehr als 90 % [106]
[107]
[108]
[109].
6.8.
|
Konsensbasierte Empfehlung
|
geprüft 2018
|
EK
|
Die B-Bild-Sonografie des Halses kann ergänzend zum Ausschluss von zervikalen Lymphknotenmetastasen
zum Staging eingesetzt werden.
|
Konsensstärke
|
Konsens (89 %)
|
Hintergrund
Eine zervikale Lymphknotenmetastasierung tritt bei 10 – 28 % der Patienten mit einem
Ösophaguskarzinom auf, vor allem bei zervikalem oder hoch intrathorakalem Sitz des
Tumors [110]. Die Detektion von nicht palpierbaren, zervikalen Lymphknotenmetastasen ist sowohl
sonografisch als auch mit der CT möglich [111]. Die B-Bild-Sonografie ist der Computertomografie im Nachweis von zervikalen Lymphknotenmetastasen
gleichwertig oder geringfügig überlegen [112]
[113]
[114]. Die ultraschallgestützte Feinnadelaspirationsbiopsie ist zusätzlich geeignet, den
metastatischen Lymphknotenbefall morphologisch zu sichern [115]
[116]
[117].
Zum laparoskopischen Ultraschall oder dem intra-operativen Ultraschall der Leber existieren
derzeit keine methodisch höherwertigen Studien.
6.9.
|
Konsensbasierte Empfehlung
|
geprüft 2018
|
EK
|
Die Bestimmung zirkulierender Tumormarker zur Diagnose oder zur Therapieüberwachung
des Ösophaguskarzinoms soll nicht erfolgen
|
Konsensstärke
|
Starker Konsens (100 %)
|
Hintergrund
Derzeit gibt es keine Leitlinien oder Daten-gestützte Empfehlung zur diagnostischen
Anwendung von zirkulierenden Tumormarkern zur Primärdiagnose oder zum Monitoring von
Ösophaguskarzinomen.
6.10.
|
Konsensbasierte Empfehlung
|
geprüft 2018
|
EK
|
Der Röntgen-Breischluck soll nicht zur Diagnosestellung des Ösophaguskarzinoms eingesetzt
werden.
|
Konsensstärke
|
Starker Konsens (96 %)
|
6.11.
|
Konsensbasierte Empfehlung
|
geprüft 2018
|
EK
|
Zur Diagnostik von lokalen Tumorkomplikationen (Fisteln) kann eine Röntgen-Untersuchung
mit oralem, wasserlöslichem Kontrastmittel durchgeführt werden.
|
Konsensstärke
|
Starker Konsens (100 %)
|
Hintergrund
Auf eine routinemäßige Röntgen-Thorax- oder eine Breischluck-Untersuchung (Röntgenkontrastdarstellung
des Ösophagus) soll bei erfolgtem Staging mittels Endoskopie, Endosonografie und Computertomografie
verzichtet werden, da keine neuen Informationen gewonnen werden.
Eine Röntgen-Thorax-Untersuchung und eine Röntgenkontrastdarstellung des Ösophagus
zur Diagnosestellung eines Ösophaguskarzinoms haben heute medizinhistorische Bedeutung.
Vor Einführung der Computertomografie waren beide Verfahren feste Bestandteile der
Diagnostik und des Stagings des Ösophaguskarzinoms [118]. Heute bringen diese Untersuchung im Hinblick auf die Diagnosestellung und das TNM-Staging
keine ergänzenden Erkenntnisse zur Endoskopie, Computertomografie und Endosonografie.
Zwei Arbeiten aus den Jahren 2002 und 2006 führen die Röntgenkontrastdarstellung des
Ösophagus zwar noch als Bestandteil des publizierten Diagnose-Algorithmus auf, ohne
aber eine klinische Notwendigkeit oder Relevanz gegenüber den weiteren Verfahren abzuleiten
[119]
[120]. Die überwiegende Zahl der Arbeiten zur Diagnosestellung und Staging des Ösophaguskarzinoms
erwähnt beide Untersuchungen nicht mehr [121]
[122]
[123]. Eine Studie aus 2007 beschreibt bei 569 Patienten die mit 90 % höhere Sensitivität
des Thorax-CT gegenüber einer Röntgenthoraxuntersuchung mit 68 % bei der Entdeckung
pulmonaler Metastasen von Ösophagus- und Kardiakarzinomen [114].
Eine weitere Arbeit [124] erwähnt die Röntgenkontrastdarstellung des Ösophagus als Option in der bildgebenden
Diagnosestellung von ösophago-trachealen Fisteln, bevorzugt aber auch hier das Thorax-CT.
Diese Untersuchung sollte bei V. a. Fistel oder Perforation mit 50 ml wasserlöslichem
Kontrastmittel durchgeführt werden.
6.12.
|
Evidenzbasierte Empfehlung
|
geprüft 2018
|
Empfehlungsgrad
B
|
Bei Patienten mit einem neu diagnostizierten Ösophaguskarzinom sollte zum primären
Staging eine Multidetektor-CT (MDCT) von Hals/Thorax und Abdomen (mit multiplanaren
Rekonstruktionen und Wanddistension mit oralem negativem Kontrastmittel) und zusätzlich
i. v. Kontrastmittel durchgeführt werden.
|
Level of Evidence
4
|
Literatur: [125]
[126]
[127]
[128]
[129]
[130]
[131]
[132]
|
Konsensstärke
|
Konsens (89 %)
|
Hintergrund
Da die Prognose des Ösophaguskarzinoms deutlich mit dem TNM-Stadium korreliert, ist
ein möglichst exaktes, prätherapeutisches Schnittbild-Staging prognoserelevant und
für die Entscheidung der individuellen Therapiestrategie obligat [133]
[134]
[135]
[136].
Um bei der MDCT in allen Raumebenen rekonstruieren zu können, ist die Minimalanforderung
an den Scannertyp ein Multidetektor-CT mit mindestens 16 Zeilen (isotrope Voxel).
Üblicherweise werden bei den heutigen Scannergenerationen mindestens 64 Zeilen verwendet,
um zu einer Ortsauflösung von unter 1 mm zu gelangen und damit ein adäquates T-Staging
zu ermöglichen. Die CT sollte zur Verbesserung des T-Stagings als Protokolloptimierung
stets mit einer Wanddistension [125], vornehmlich negatives, orales KM, idealerweise 1 – 1,5 l Wasser unter Spasmolyse
in folgender Weise (sog. „Hydro-Technik“) durchgeführt werden: Der Patient sollte
über einen Zeitraum von etwa 25 – 40 Minuten vor Untersuchungsbeginn etwa 1 Liter
Wasser trinken. Unmittelbar vor Beginn des CT-Scans werden auf dem Scannertisch weitere
ca. 150 – 200 ml Wasser verabreicht. Abhängig von der Lokalisation des Tumors kann
eine Rücken- oder Bauchlage erwogen werden. Die empfohlene Schichtdicke beträgt dabei
2,5 – 3 mm.
Zusätzlich zu der Negativ-Kontrastierung mittels Wasser ist eine i. v. Kontrastmittelgabe
mit jodhaltigem Kontrastmittel obligat. Neben der vollständigen Abbildung des Ösophagus
sollte die Leber in der portalvenösen Phase aufgenommen werden [126]. Gas-bildende Granulate (wie Weinsäuretartrat) können zur maximalen Wanddistension
verabreicht werden, meistens ist aber die alleinige, orale Wassergabe ausreichend.
Mehrere Studien belegen, dass es nicht notwendig ist, eine pelvine CT durchzuführen
[127]
[128]. Isolierte Metastasen des kleinen Beckens jenseits des Skelettssystems bei einem
Ösophaguskarzinom sind eine Rarität, weshalb aus Gründen der Dosisreduzierung und
Kostenersparnis auf eine Becken-CT verzichtet werden kann.
Die Höhenlokalisation und kranio-kaudale Ausdehnung des Karzinoms ist dabei durch
koronare und sagittale Reformatierungen der CT heutzutage gut möglich, weswegen auch
diese typische Fragestellung an die Röntgenkontrastdarstellung des Ösophagus obsolet
ist. Aufgrund der Mehrzeilentechnologie in der Computertomografie sind auch längere
Scanstrecken des gesamten Ösophagus vom zervikalen Anteil bis zum ösophago-gastrischen
Übergang heute problemlos in wenigen Sekunden möglich. Es bietet sich daher an, den
Hals, – sofern noch keine anderweitige z. B. US-Abklärung erfolgt ist – in das Field
of View einzuschließen. In diesem Fall ist eine zusätzliche Ultraschallabklärung des
Halses nicht mehr erforderlich. Liegt hingegen bereits eine CT des Abdomen und Thorax
ohne die zervikalen Anteile des Ösophagus vor, sollte ergänzend noch eine Ultraschallabklärung
des Halses erfolgen. Unabhängig von der Höhenlokalisation des Karzinoms sollte wegen
der Möglichkeit von Fernmetastasen immer eine vollständige Abklärung des gesamten
Ösophagus angestrebt werden. Der kraniale Rand des Field of view wird daher durch
den Oberkiefer markiert, die Scanstrecke sollte grundsätzlich bis zum Leberunterrand
reichen.
T-Staging: Die MDCT ist im T-Staging in den frühen Stadien limitiert. Dennoch können
unter Verwendung der „Hydro-Technik“ Sensitivitäten von 95 % und ein positiver prädiktiver
Wert von 96 % erreicht werden [129]. Ein T-Staging konnte in dieser Studie bei bis zu 76 % der Fälle korrekt durchgeführt
werden.
N-Staging: Im LK-Staging ist die EUS sensitiver (68 %) als die CT (33 %), aber weniger
spezifisch (58 % vs. 75 %), – außer wenn sie mit einer Feinnadelpunktion (FNP) kombiniert
wird, wie oben unter Punkt 6.6 ausgeführt [130]. In Kombination mit der EUS wird eine Sensitivität von einem nodalem Befall von
91 % erreicht. Eine Kombination von PET-CT, MDCT und EUS erzielt die höchste Genauigkeit
für die Ermittlung des LK-Status [53] ([Tab. 7]). Die Sensitivität für ein korrektes N-Staging wird dabei unterschiedlich limitiert
angegeben, z. B. mit 42 % für die EUS, 49 % für die PET und 35 % für das CT [131]. Die Spezifität betrug hierbei 91 %, 87 % und 93 %, die Korrektheit 66 %, 68 % und
63 %. Es ergaben sich keine statistisch signifikanten Unterschiede. Weitere Ergebnisse
siehe [Tab. 7].
M-Staging: Die CT hat eine deutliche Streuung in der Genauigkeit der Detektion einer
metastasierten Situation (Sensitivität zwischen 37 – 46 %, Spezifität zwischen 63 – 80 %).
Die multiphasische CT der Leber erhöht die Sensitivität für die Detektion von Leber-Metastasen.
Jedoch können hämatogene oder peritoneale Fernmetastasen der CT Diagnostik entgehen,
weshalb hier nur Sensitivitäten von 46 – 81 % und Spezifitäten von 63 – 82 % erreicht
werden [132].
MRT zum Staging des Ösophaguskarzinoms
In Fällen, wenn eine CT nicht durchgeführt werden kann (z. B. bei KM-Kontraindikationen),
– oder als ergänzende Untersuchung zu CT/EUS –, kann eine MRT durchgeführt werden.
Das MRT ist vergleichbar genau zum CT für das TNM Staging [137], insbesondere bei Tumoren des gastro-ösophagealen Übergangs [138], aber weniger exakt für pulmonale Läsionen [139]. Es ist in keiner Region dem CT überlegen [140]. Der diagnostische Wert für das T-Staging von Ösophagus-Karzinomen mit der MRT ist
im Laufe der letzten Jahre stetig gestiegen. Aktuell ist die verfügbare Anzahl von
Studien für eindeutige Schlussfolgerungen noch zu gering.
In naher Zukunft hat die MRT das Potenzial, beim Staging die Tumorabgrenzung und eine
Echtzeit-Kontrolle für eine Radiotherapie zu verbessern. Gleiches gilt auch für das
Therapieansprechen, insbesondere in der individualisierten Tumortherapie. Darüber
hinaus kann die funktionelle MRT-Bildgebung als sogenannte Diffusions-MRT [141] über die reine Morphologie hinaus wertvolle Informationen liefern. Zudem gibt es
aktuelle Entwicklungen in der MRT, auch die Ösophaguswand genauer darzustellen und
damit die Tiefeninfiltration besser abzubilden – und damit das T-Staging ggf. weiter
zu verbessern [142].
6.13.
|
Evidenzbasierte Empfehlung
|
modifiziert2018
|
Empfehlungsgrad
0
|
Bei lokal fortgeschrittenen Tumoren (cT 2 – 4 und cN+) kann zusätzlich eine PET/CT-Untersuchung
zum M-Staging eingesetzt werden, falls der Patient potenziell kurativ behandelbar
ist bzw. das Ergebnis klinische Konsequenzen hat.
|
Level of Evidence
1b
|
Literatur: [53]
[94]
[95]
[111]
[131]
[143]
[144]
[145]
[146]
[147]
[148]
[149]
[150]
[151]
[152]
[153]
[154]
[155]
|
Konsensstärke
|
Starker Konsens (100 %)
|
Hintergrund
Ein diagnostisches CT ist der gegenwärtige Standard zum M-Staging. Die Kombination
von PET mit diagnostischem CT hat die höchste Sensitivität zum M-Staging und erfasst
üblicherweise den Körperstamm (PET/CT: Schädelbasis bis proximale Femora und diagnostisches
CT von Hals, Thorax und Abdomen). Der Gemeinsame Bundesausschuss (G-BA) hat 2014 einen
Beschluss zur ambulanten spezialärztlichen Versorgung von Patienten mit schweren Verläufen
bei gastrointestinalen Tumoren und Tumoren der Bauchhöhle herausgegeben: darin eingeschlossene
Patienten mit Ösophagus-Karzinom können eine PET bzw. PET-CT zur Detektion von Fernmetastasen
erhalten, wenn die § 116b-Anträge genehmigt werden.
Das Institut für Qualität und Wirtschaftlichkeit im Gesundheitswesen (IQWiG) hat hingegen
in seinem Abschlussbericht Nr. 172 zur „Positronen-Emissionstomografie (PET) und PET/CT
bei Ösophaguskarzinom“ im Juni 2013 festgestellt [156], dass mit den von ihnen angewendeten Methoden kein patientenrelevanter Nutzen für
die PET/CT beim Ösophaguskarzinom festgestellt werden konnte. In Diskrepanz hierzu
steht das praktische Vorgehen in den USA, wonach PET/CT-Untersuchungen bei einer Reihe
von soliden Tumoren einschließlich des Ösophaguskarzinoms bezahlt werden (CMS Final
Decision on PET in Solid Tumors, JNM 2013 und www.cancerpetregistry.org/pdf/FinalNOPR-PET-Webinar-6 -19-2013.pdf) [157]. Die Bewertung der PET/CT beim Ösophaguskarzinom weist erhebliche Unterschiede in
der internationalen Literatur auf. Originalarbeiten zeigen beim Vergleich CT versus
PET-CT eine verbesserte Sensitivität zur Detektion von Fernmetastasen (PET-CT: 71 %,
CT: 52 %) [143]
[144].
Der von Trachemontagne in 2009 verfasste Bericht AETMIS [95] trennte in der Analyse PET und PET/CT-Daten. PET-Daten kamen von systematischen
Reviews und Metaanalysen. Die Sensitivität der PET für das N-Staging betrug 57 % (95 %
KI 43 – 70 %), die Spezifität 85 % (95 %KI 76 – 95 %). PET verbesserte gegenüber dem
CT die Beurteilung distanter Lymphknoten- und Fernmetastasen. Die Sensitivität lag
hier bei 71 % (95 % KI: 62 – 79 %) und die Spezifität bei 93 % (95 % KI: 89 – 97 %).
Daten zum PET/CT für das initiale Staging kamen aus nur 2 Studien, von denen eine
Studie Patienten einschloss, die eine neoadjuvante Chemotherapie erhalten hatten.
Für die Beurteilung einer Lymphknotenmetastasierung und das M1a-Staging zeigte das
PET/CT eine Sensitivität zwischen 83 % und 94 %, wohingegen die Spezifität einen Wert
von 92 % erreichte. Dieser Bericht empfahl die PET-CT, wenn die Patienten nach konventionellem
Staging (CT und EUS) als chirurgisch kurabel eingestuft wurden. Weitere Studienergebnisse
zur Bestätigung dieses Vorgehens wurden gefordert.
Das italienische Dossier 209 – 2011 ISSN 1591-223X [144] zum Einsatz der FDG-PET beim Ösophaguskarzinom kommt zur Feststellung, dass der
Einsatz der FDG-PET zum M-Staging angemessen ist (Level of Evidence: moderat). In
dem darin eingeschlossenen systematischen Review von van Vliet et al. [94] wurde die diagnostische Genauigkeit der PET bei Lymphknotenmetastasen (10 Studien,
n = 424 Patienten) mit einer niedrigen gepoolten Sensitivität (57 %; 95 %KI: 43 – 70 %),
aber einer moderaten gepoolten Spezifität (85 %; 95 %KI 76 – 95 %) und für Fernmetastasen
(9 Studien; n = 475 Patienten) mit einer niedrigen gepoolten Sensitivität (71 %; 95 %KI:
62 – 79 %) und einer hohen gepoolten Spezifität (93 %; 95 %KI: 89 – 97 %) errechnet.
Die englische Leitlinie von Allum et al. [53] empfiehlt PET in Kombination mit EUS und CT für das initiale Staging aufgrund des
verbesserten M-Staging in bis zu 30 % der Fälle mit einer Sensitivität von 69 – 78 %
und einer Spezifität von 82 – 88 %. Der belgische KCE Report [111] empfiehlt die PET/CT zum M-Staging, wenn Patienten mit T2 – 4 N+ Ösophaguskarzinomen
für eine kurative Therapie nach dem CT- und EUS-Staging in Betracht kommen (starke
Zustimmung, niedriger Level der Evidenz). Die Wahrscheinlichkeit, dass es durch PET/CT
bei frühen Tumorstadien (cT1 – 2, N0) zu einem Upstaging kommt, ist gering.
Eine Reihe von Autoren berichteten in Originalarbeiten zum klinischen Wert der FDG-PET
bzw. FDG-PET/CT zum Staging des Ösophaguskarzinoms: Choi et al. [131]
[145] analysierten PET/CT bei 109 Patienten zum N- und M-Staging und fanden jeweils Sensitivitäten
von 49 % und 40 % und Spezifitäten von 87 % und 99 %. Da in dieser Studie nur chirurgisch
resezierbare Patienten eingeschlossen wurden, ist eine Unterschätzung der Sensitivität
zur Detektion von Lymphknotenmetastasen möglich.
Flamen et al. [146] fanden bei 74 Patienten, von denen 34 Fernmetastasen hatten, mit FDG-PET eine bessere
diagnostische Genauigkeit von 82 % bei der Detektion von Fernmetastasen im Vergleich
zum konventionellen Staging (EUS + CT) von 64 %. [147] fanden mit FDG-PET bei 6/39 Patienten (15 %) zusätzliche Fernmetastasen gegenüber
dem konventionellen Staging. Fernmetastasen fanden sich in supraklavikulären Lymphknoten
(1 Pt.), der Leber (1 Pt.), dem Skelett (1 Pt.), retroperitonealen/Becken-LK (2 Pt.)
und sowohl in supraklavikulären LK und der Leber (1 Pt.). Heeren et.al [148] verglichen FDG-PET mit konventionellem Staging (EUS + CT) und fanden mit PET-CT
mehr distante Lymphknotenmetastasen (17/24 Pt. = 71 % vs. 7/24 Pt. = 29 %). FDG-PET
führte bei 15/74 Patienten (20 %) zu einem Upstaging wegen Fernmetastasen. Noble et
al. [149] untersuchten den Einfluss der PET/CT bei 191 Patienten, die nach CT/EUS-Staging
als chirurgisch heilbar angesehen wurden. Die Sensitivität der PET/CT lag bei 91 %,
die Spezifität bei 94 %. PET/CT detektierte distante Metastasen bei 16 % der Patienten,
die bei 9 % der Patienten bestätigt wurden. Kato et al. [150] analysierten PET/CT bei 50 Patienten und alleiniger PET bei 117 Patienten im Hinblick
auf das initiale Lymphknotenstaging. Die Sensitivität und diagnostische Genauigkeit
von PET/CT (75,9 % und 78 %) waren signifikant besser als von alleiniger PET (55 %
and 70,1 %).
Hsu et al. [151] berichteten bei 45 Patienten über eine niedrigere Sensitivität zur Detektion lokaler
(Sensitivität 57,1 %) und distanter (Sensitivität 36,4 %) Lymphknotenmetastasen bei
moderater Spezifität (83,3 % und 84 %) im Vergleich zu den pathohistologischen Befunden
nach Resektion. Barber et al. [152] untersuchte FDG-PET-CT bei 139 Patienten im Primärstaging und fanden eine Änderung
im Staging durch PET-CT bei 56/139 Patienten (40 %) und eine Änderung im Management
bei 47/139 Patienten (34 %). Cervino et al. [153] verglichen bei 29 Patienten PET/CT mit konventionellem Staging. PET/CT detektierte
distante Lymphknotenmetastasen bei 7 Patienten (59 %) und Fernmetastasen bei 4 Patienten
(31 %). Die Arbeit von Cervino et al. ist retrospektiv und CT gehört nicht zum konventionellen
Staging. Von den 13 im konventionellen Staging nicht richtig bewerteten Patienten,
war die CT bei 8 und PET/CT bei 9 Patienten korrekt, sodass die Differenz zwischen
CT und PET/CT bei einem Patienten lag. Die Society of Thoracic Surgeons Guidelines
on the Diagnosis and Staging of Patients With Esophageal Cancer [154] empfiehlt das PET-CT als das beste Verfahren zum M-Staging mit einer mittleren Sensitivität
von 71 % und einer mittleren Spezifität von 93 %.
Findlay et al. [155] führten in einer Kohorten-Studie (Evidenzlevel 1b) bei Patienten ohne eindeutigen
Metastasennachweis im herkömmlichen Staging routinemäßig sequentiell eine [18F]FluoroDeoxyGlucose (FDG)-PET/CT, einen endoskopischen Ultraschall (EUS) und eine diagnostische
Laparoskopie bei AEG-Tumoren und distalen Ösophaguskarzinomen durch, welche bis unterhalb
des Zwerchfells reichten. Das PET/CT änderte das Vorgehen in 23 %, indem in 7,1 %
Metastasen bestätigt, in 13 % unerwartete Metastasen und in 2,1 % zusätzliche Pathologien
identifiziert und in 0,8 % synchrone Karzinome detektiert wurden. Hinsichtlich der
Prädiktion unerwarteter Metastasen war die Analyse auf n = 700 Patienten mit in der
CT nachgewiesenen cM0-Befunden beschränkt. Es fanden sich hier allerdings keine Parameter
zur Identifikation von Patienten mit ausreichend geringem Metastasen-Risiko, um das
Risiko einer PET/CT nicht zu rechtfertigen. Wenngleich sich keine Metastaseninzidenz
im Stadium uT1 fand, war das 95 % Konfidenzintervall weit (0 – 6,12 %), was nahelegt,
dass – im Gegensatz zur gängigen klinischen Praxis – die PET/CT doch einen Stellenwert
bei in der Endosonografie nachgewiesenen uT1-Tumoren hat.
6.14.
|
Evidenzbasierte Empfehlung
|
geprüft 2018
|
Empfehlungsgrad
B
|
Eine flexible Bronchoskopie sollte bei lokal fortgeschrittenen Tumoren mit Kontakt
zum Tracheo-Bronchialsystem auf Höhe – oder oberhalb – der Karina durchgeführt werden.
|
Level of Evidence
4
|
Literatur: [158]
[159]
[160]
[161]
[162]
|
Konsensstärke
|
Starker Konsens (96 %)
|
6.15.
|
Konsensbasierte Empfehlung
|
geprüft 2018
|
EK
|
Zum Staging des Ösophaguskarzinoms sollte keine starre Endoskopie der oberen Luft-
und Speisewege durchgeführt werden.
|
Konsensstärke
|
Konsens (88 %)
|
Hintergrund
Zu dieser Thematik gibt es bisher relativ wenig Evidenz, da sich nur wenige Studien
damit systematisch auseinandergesetzt haben. Frühere Daten weisen auf einen Zusammenhang
von Plattenepithel-Ösophaguskarzinomen mit synchron auftretenden Neoplasien im Bronchialbaum/Oropharynx
hin, jedoch handelt es sich hierbei in der Regel um Fallserien und Beobachtungsstudien
[163]. Beim Patienten mit einem Plattenepithel-Karzinom des Ösophagus kann auf der Grundlage
dieser Daten – und der heute üblichen, hohen Sicherheit des Eingriffs –, eine flexible
diagnostische Bronchoskopie durchaus erwogen und eingesetzt werden. Die früher übliche
„Pan-Endoskopie“ der gesamten erreichbaren Hohlsysteme im Kopf und den Atemwegen hingegen
ist aufgrund fehlender Evidenzgrundlage als Routine-Maßnahme zum Staging des Ösophaguskarzinoms
unnötig.
Bei klinischem Verdacht auf Vorliegen einer ösophago-trachealen oder -bronchialen
Fistel und/oder höhergradiger Infiltration des tracheo-bronchialen Systems kann eine
diagnostische Bronchoskopie +/– endobronchialem Ultraschall (EBUS)/Biopsie im Einzelfall
klinisch nützlich sein [158]
[159]. Die Evidenzgrundlage hierfür ist aber eher gering, da systematische Studien fehlen.
Eine neuere, kleinere Studie [160] favorisiert eher den EBUS als die Bronchoskopie zur frühzeitigen Identifizierung
von inkurablen Patienten beim Primär-Stanging von Tumoren auf/oberhalb der Karina-Höhe.
Ältere Studien [161]
[162] geben demgegenüber eine Treffsicherheit der Bronchoskopie mit Biopsien/Bürstenzytologie
für eine Invasion der Atemwege von bis zu 96 % an, wenn die Tumoren hoch sitzen und
lokal weit fortgeschritten sind. Auch die Beweglichkeit des Tracheo-Bronchialsystems
bei der Bronchoskopie soll ein Prädiktor für die Infiltration versus reiner Impression
durch den Ösophagustumor sein [162].
Auf der Grundlage bisheriger Publikationen mit schwacher Evidenz kann zusammenfassend
derzeit eine generelle Bronchoskopie-Staging-Abklärung +/– EBUS-Anwendung nur bei
definierten Patienten mit lokal fortgeschrittenen, (supra-) bifurkalen Plattenepithel-Karzinomen
empfohlen werden, bei denen die Klinik/Bildgebung eine mögliche Invasion in das Tracheo-Bronchialsystem
suggeriert und die Ergebnisse eine klinische Konsequenz nach sich ziehen würden.
6.4. Diagnostische Laparoskopie und Thorakoskopie (Staging)
6.16.
|
Evidenzbasierte Empfehlung
|
modifiziert 2018
|
Empfehlungsgrad
0
|
Eine diagnostische Laparoskopie kann bei Adenokarzinomen des ösophagogastralen Überganges
zum Ausschluss von Metastasen der Leber und/oder des Peritoneums in fortgeschrittenen
Stadien durchgeführt werden (insbesondere im Falle einer cT3-, cT4-Kategorie).
|
Level of Evidence
1b
|
Literatur: [155]
|
Konsensstärke
|
Starker Konsens (100 %)
|
Hintergrund
Wenngleich es Hinweise auf einen diagnostischen Gewinn in bestimmten Situationen gibt,
ist ein Stellenwert der diagnostischen Laparoskopie und/oder Thorakoskopie im Rahmen
des Stagings von Ösophaguskarzinomen und Karzinomen des ösophagogastralen Übergangs
nicht eindeutig belegt. Frühe Arbeiten zum Thema aus den 1990er Jahren beinhalteten
überwiegend heterogene Patientenkollektive mit Malignomen unterschiedlicher gastrointestinaler
Entitäten und konnten in den Subgruppen einzelner Tumorentitäten keine eindeutigen
Aussagen treffen. Nieveen van Dijkum et al. [164] fanden beispielsweise 1997 bei 6 % der 64 Patienten mit Karzinomen des Ösophagus
oder der Kardia zuvor unbekannte Fernmetastasen. Eine Studie aus 2007 von De Graaf
et al. [165] untersuchte 511 Karzinome des Ösophagus, des ösophagogastralen Übergangs und des
Magens. Nach bildgebendem (Computertomografie, Endosonografie) Vorliegen einer tumorbezogenen
Resektabilität erfolgte eine ergänzende Laparoskopie. Hierbei wurde eine Irresektabilität
bei 28/164 (17 %) der Patienten mit Karzinomen des distalen Ösophagus festgestellt,
bei Patienten mit Karzinomen des ösophago-gastralen Übergangs in 11/64 (17 %), bei
Magenkarzinomen in 36/109 (33 %). Grund für die Irresektabilität waren in 75 % Fernmetastasen,
in 20 % ein lokal fortgeschrittener Tumor, in 5 % ein ausgedehnter Lymphknotenbefall.
Bei Karzinomen des mittleren und oberen Ösophagusdrittels zeigte die Laparoskopie
bei keinem der 28 Patienten eine Fernmetastasierung. Der diagnostische Gewinn fand
sich fast ausschließlich bei Adenokarzinomen. Nach Ausschluss einer Irresektabilität
in der diagnostischen Laparoskopie zeigte sich bei weiteren 27/332 (8,1 %) der Patienten
bei der Laparotomie zur Resektion eine Irresektabilität [165]. Eine Untersuchung aus 2008 bei 255 Patienten von Nath et al. [166] belegt ebenfalls, dass der diagnostische Gewinn einer Laparoskopie bei Ösophaguskarzinomen
und Karzinomen des ösophago-gastralen Übergangs geringer ist als bei Magenkarzinomen
(9,2 % vs. 28,8 %), zeigt aber auch, dass eine Pertitoneal-Lavage bei 7,2 % (15/207)
der makroskopisch unauffälligen Laparoskopien den Nachweis von Tumorzellen erbringt
mit einem schlechten medianen Überleben von 13 Monaten. Aufgrund der sehr kleinen
Fallzahl dieser Subgruppe kann aus dieser Studie jedoch keine allgemeine Empfehlung
für eine Therapieentscheidung abgeleitet werden.
Noch begrenzter ist die Studienlage zur diagnostischen Thorakoskopie. 1995 zeigten
Krasna et al. [167] bei 49 Patienten, dass eine Thorakoskopie geeignet sein kann, mediastinale Lymphknoten
zur erweiterten Diagnostik zu gewinnen. Eine US-amerikanische Multicenterstudie bestätigte
diese Aussage [168] und sie fand doppelt so viele positive Lymphknoten durch die Thorakoskopie wie durch
die konventionelle, nicht invasive Diagnostik. Aufgrund fehlender Langzeitdaten können
aus dieser Studie keine Aussagen zur klinischen Relevanz dieses Ergebnisses abgeleitet
werden. Ein Vergleich dieser thorakoskopischer Methoden mit endosonografisch gestützen
Feinnadel-Aspirationen aus para-ösophagealen Lymphknoten existiert bisher nicht.
Eine Arbeit aus 1999 von Luketich et al. [169] bemerkt, dass kleine Metastasen, die ein PET-CT nicht zeigt, bei der Laparoskopie
und Thorakoskopie gesehen werden können.
In der bereits zitierten Kohorten-Studie von Findlay et al. [155], in der Patienten ohne eindeutigen Metastasennachweis im herkömmlichen Staging routinemäßig
sequentiell einer [18F]FluoroDeoxyGlucose (FDG)-PET/CT, einem endoskopischen Ultraschall (EUS) und einer
diagnostischen Laparoskopie unterzogen wurden (AEG-Tumoren und distale Ösophaguskarzinome,
welche bis unterhalb des Zwerchfells reichten), erhielten n = 397 Patienten eine diagnostische
Laparoskopie. Metastasen wurden bei n = 28 Patienten nachgewiesen (entsprechend 7,1 %).
Diese fanden sich bei n = 2 (4 %) der n = 54 distalen Ösophaguskarzinome, die endoskopisch
nicht den ösophago-gastralen Übergang überschritten. Es konnte kein Parameter zur
Identifikation des Schwellenwerts nachgewiesen werden, bei dem der Benefit der Untersuchung
deren Risiken aufwiegt. Die diagnostische Laparoskopie schien gemäß den Autoren dieser
Untersuchung bei Patienten mit Ösophaguskarzinomen ≥ T2 gerechtfertigt.
Die aktuell überarbeitete S3-Leitlinie zur Diagnostik und Therapie der Adenokarzinome
des Magens und des ösophagogastralen Übergangs (https://www.leitlinienprogramm-onkologie.de/leitlinien/magenkarzinom/) äussert sich zur diagnostischen, prätherapeutischen Laparoskopie folgendermaßen:
Die Staging-Laparoskopie verbessert die Therapieentscheidungen beim lokal fortgeschrittenen
Magenkarzinom (Insbesondere cT3, cT4) und sollte vor Beginn der neoadjuvanten Therapie
durchgeführt werden (Empfehlungsgrad B, LoE 1b). Aufgrund der hohen diagnostischen
Genauigkeit verbessert sie die Therapieentscheidungen beim lokal fortgeschrittenen
Magenkarzinom.
Dies betrifft auch die Adenokarzinome des ösophagogastralen Übergangs. Im Gegensatz
dazu gibt es derzeit keine Evidenz für die routinemäßige Durchführung der diagnostischen
Laparoskopie beim distalen Adenokarzinom des Ösophagus (AEG Typ I nach Siewert), da
hier – im Vergleich zu den AEG II-III-Tumoren – die Inzidenz einer Peritonealkarzinose
sehr selten ist [155]. In der Arbeit von Findlay et al. (Zitat: Findlay JM et al., Br J Surg 2015) [155] änderte sich das Management durch die diagnostische Laparoskopie beim AEG Typ I
nur in einem vernachlässigbaren Anteil der Fälle, sodass die diagnostische Laparoskopie
beim AEG Typ I nicht routinemäßig empfohlen werden kann.
6.5. Pathologie
6.17.
|
Konsensbasierte Empfehlung
|
geprüft 2018
|
EK
|
Dysplasien/intraepitheliale Neoplasien sollen nach der gültigen WHO-Klassifikation
graduiert werden in negativ, unklar/fraglich, niedriggradige (low grade/LGD) oder
hochgradige (high grade/HGD) Dysplasie.
|
Konsensstärke
|
Starker Konsens (96 %)
|
6.18.
|
Konsensbasierte Empfehlung
|
modifiziert 2018
|
EK
|
Bei histologischer Diagnose einer IEN/Dysplasie im Barrett-Ösophagus soll der Prozess
einer kompetenten (dokumentierten) pathologischen Zweitmeinung im Sinne eines Vier-Augen-Prinzips
durchgeführt werden. Bei Dissens oder Unsicherheit bezüglich der Dysplasiediagnose
soll eine externe Begutachtung erfolgen.
|
Konsensstärke
|
Konsens (93 %)
|
Hintergrund
Plattenepithel
Intraepitheliale Neoplasien (IEN/Dysplasien) des Plattenepithels im Ösophagus sind
unmittelbare Vorläuferläsionen des ösophagealen Plattenepithelkarzinoms. Das Karzinom-Risiko
steigt mit dem Schweregrad der IEN/Dysplasie an [170]: bei LGIEN/LGD 2,9 %, bei HGIEN/HGD 28,3 % und beim Carcinoma in situ auf 34,4 %.
Darüber hinaus lassen sich bei Nachweis einer IEN/Dysplasie nebenbefundlich in ca.
20 % der Fälle bereits Plattenepithelkarzinome nachweisen, die meist unmittelbar im
Tumorrandbereich liegen. Dabei ist die Prävalenz Karzinom-assoziierter IEN/Dysplasien
bei frühen Tumorstadien höher, wahrscheinlich infolge einer Destruktion bei der Tumorprogression
[171].
Nach der gültigen WHO-Klassifikation soll ein zweistufiges Graduierungssystem verwendet
werden [172]; das Carcinoma in situ unterscheidet sich bezüglich des biologischen Verhaltens
nicht von der HGD/HGIEN und kann daher in der HGD/HGIEN subsummiert werden.
Barrett-Mukosa
Wie auch in anderen Lokalisationen des GI-Traktes wird die intraepitheliale Neoplasie/IEN
bzw. Dysplasie im Barrett-Ösophagus (BÖ) als eindeutig neoplastisches Epithel ohne
Anhalt für ein infiltratives Wachstum definiert [172]. Die Klassifizierung der Dysplasie (intraepithelialer Neoplasie) erfolgt als negativ,
unklar/fraglich oder positiv (niedrig- oder hochgradig) [172]. Derzeit ist der Nachweis eine Dysplasie der valideste Marker für ein erhöhtes Malignomrisiko
beim BÖ. Die WHO-Klassifikation soll daher obligatorisch bei jedem Befund mit Barrett-Mukosa
angegeben werden. Obwohl die meisten Patienten mit BÖ, die ein Karzinom entwickeln,
einer linearen Progression von der Metaplasie über eine zunächst niedrig- und dann
hochgradige Dysplasie folgen, entsteht in einigen Fällen das Karzinom möglicherweise
direkt aus der Metaplasie oder einer niedriggradigen Dysplasie (LGD) bzw. intraepitheliale
Neoplasie (LGIEN) [173].
Die histologische Dysplasie-Diagnostik im BÖ unterliegt einer nicht unbeträchtlichen
Interobserver-Variabilität (Kappa-Werte von 0,28 bis 0,65), v. a. am unteren (Regenerat
vs. LGD/LGIEN) und am oberen Ende des Spektrums (HGD/HGIEN vs. Adenokarzinom) [174]
[175]
[176]
[177]
[178], sie liegt jedoch bei der Beurteilung von endoskopischen Mukosa-Resektaten deutlich
höher als bei Biopsien [179].
Aufgrund dieser ausgeprägten Interobserver-Variabilität wird in der deutschen Leitlinie
„Gastroösophageale Refluxkrankkheit/Barrett Ösophagus“ [45] empfohlen, dass die Diagnose einer „Dysplasie“ durch einen Referenzpathologen zu
bestätigen ist, um Fehldiagnosen zu verringern. Dieser diagnostischen Problematik
wird auch in den ESGE-Leitlinien („Statement 9: The diagnosis of any degree of dysplasia
(including „indefinite for dysplasia“) in BE „requires confirmation by an expert GI
pathologist“) [180] und in den ACG-Leitlinien („Statement 19. For BE patients with dysplasia of any
grade, review by two pathologists, at least one of whom has specialized expertise
in GI pathology, is warranted because of interobserver variability in the interpretation
of dysplasia“) [181] Rechnung getragen. Bevor eine endoskopische Resektion durchgeführt wird, empfiehlt
die ESGE die zusätzliche Bestätigung durch einen externen Pathologen.
In den USA wird derzeit versucht, eine Differenzierung der IEN in einen „adenomatösen“
bzw. „intestinalen“ (Kennzeichen: Verlust der Kernpolarität/Pseudoschichtung der Kerne;
einschließlich Mischtyp ca. 85 %) und einen „gastral-foveolären“ Typ (Kennzeichen:
flaches atypisches Epithel; ca. 15 %) vorzunehmen [182]
[183], wobei dem gastralen Typ ein höheres Progressionsrisiko zugeschrieben wird. Diese
Unterteilung ist aber bislang noch nicht allgemein etabliert [184]
[185]
[186], passt aber zu der teils „intestinalen“, teils „gastralen“ Differenzierung der Karzinome
im distalen Ösophagus/des ösophagogastralen Übergangs [187]
[188].
Die Biologie der LGD/LGIEN wird kontrovers diskutiert, insbesondere aufgrund der selbst
unter erfahrenen GI-Pathologen höheren Interobserver-Variabilität. Eine LDG/LGIEN
kann im Verlauf bei bis zu 2/3 der Fälle regredieren, bei etwa 20 % der Fälle persistieren,
bei etwa 13 – 15 % der Fälle voranschreiten [189]. Aktuelle Daten zum Progressionsrisiko bei LGD/LGIEN zeigen ein kumulatives Risiko
für eine HGD/HGIEN nach einer LGD/LGIEN-Diagnose von 85 % in 5 Jahren. Allerdings
musste bei 77 % der re-evaluierten Fälle (n = 110) die LGD/LGIEN Diagnose revidiert
werden [80]. In einer Untersuchung von Gatenby et al. [190] betrug das relative Karzinomrisiko bei einer LGD/LGIEN-Diagnose 2,871 bzw. die jährliche
Inzidenz einer HGD/HGIEN und/oder eines Karzinoms 2,2 % (nur Karzinom 1,4 %); jedoch
war bei ca. 70 % der Fälle (n = 283) im Verlauf keine bzw. keine sichere Dysplasie/IEN
mehr nachweisbar.
HGD/HGIEN sind bei bis zu 59 % der Fälle mit einem synchronen oder metachronen Adenokarzinom
assoziiert [173]
[191]
[192]. Die Inzidenz eines Adenokarzinoms in einem Resektat korreliert stark mit dem Vorliegen
einer knotigen, ulzerösen oder tumorösen Läsion [193]
[194]; Patienten mit flacher, endoskopisch nicht sichtbarer HGD/HGIEN haben ein wesentlich
geringeres synchrones Karzinomrisiko [193]. Überdies kommt es darauf an, ob es sich bei der HGD/HGIEN um einen prävalenten
oder einen inzidenten Befund handelt (metachrones Adenokarzinom bei 59 % vs. 31 %
d. F.) [192].
6.19.
|
Konsensbasierte Empfehlung
|
geprüft 2018
|
EK
|
Der histopathologische Befund am Biopsiematerial soll die folgenden Angaben enthalten:
-
Art der neoplastischen Läsion (LGD/LGIEN, HGD/HGIEN, Karzinom), insbesondere ob ein
invasives Karzinom vorliegt (bei HGD/HGIEN: Klassifikation am Biopsat als Tis nach
UICC)
-
Histologischer Typ nach WHO (insbesondere Unterscheidung Plattenepithel- versus Adenokarzinom)
-
Bei invasiven Adenokarzinomen: Differenzierungsgrad (Grading) nach aktueller WHO-Klassifikation
-
Bei Läsionen im distalen Ösophagus: Ist eine Becherzell-haltige Barrett-Mukosa vorhanden?
|
Konsensstärke
|
Starker Konsens (100 %)
|
Hintergrund
Die Mindestanzahl von Biopsien zur sicheren Diagnostik eines Ösophagusmalignoms ist
bislang nicht definiert. Aus unserer Sicht gibt es keine evidenzbasierte Empfehlung
zur optimalen Anzahl von Zangenbiopsien, die notwendig sind, um möglichst sicher ein
Barrett-Karzinom oder Plattenepithelkarzinom zu erfassen und zu diagnostizieren. Nach
den Ergebnissen von Harrison und Perry [195] wäre zu postulieren: Je mehr Biopsien, desto wahrscheinlicher ist die Diagnose.
Dies ist jedoch problematisch, da eine spätere endoskopische Abtragung nach tiefen/großen
Biopsien erschwert sein kann. Daher hat es sich in der Praxis bewährt, mindestens
vier mukosale Biopsien aus makroskopisch suspekten Arealen zu entnehmen.
Ein Karzinom im Ösophagus ist definiert als neoplastische Epithelproliferationen,
die über die Basalmembran hinaus das Schleimhautstroma (= intramukosales Karzinom)
oder die Submukosa und tiefer infiltriert. Aufgrund des unterschiedlichen biologischen
Verhaltens ist insbesondere die Unterscheidung zwischen Plattenepithel- und Adenokarzinom
klinisch relevant. Bei gering differenzierten oder undifferenzierten (G 3/4) Tumoren
soll unter diesem Aspekt eine immunhistologische Phänotypisierung erfolgen, weiterhin
auch zur Identifizierung seltener Karzinomtypen, wie dem neuroendokrinen Karzinom
sowie der Abgrenzung gegenüber einer sekundären Infiltration (p63, CK5/6, CK7, CK8/18,
Synaptophysin, Chromogranin, TTF-1 etc.).
6.20.
|
Konsensbasierte Empfehlung
|
geprüft 2018
|
EK
|
Die histologische Klassifikation und Stadieneinteilung der Ösophaguskarzinome soll
nach der jeweils aktuellen WHO- und der TNM-Klassifikation der UICC erfolgen. Die
pathologisch-anatomische Begutachtung soll stets vollständig und in standardisierter
Form durchgeführt werden.
|
Konsensstärke
|
Starker Konsens (100 %)
|
Hintergrund
Die aktuell gültige TNM-Klassifikation [196] definiert, dass ein Tumor, dessen Zentrum in einem Abstand von 2 cm vom ösophagogastralen
Übergang liegt und in den Ösophagus hineinreicht, nach der TNM-Klassifikation der
Ösophaguskarzinome klassifiziert wird. Tumoren, die den ösophagogastralen Übergang
einbeziehen und deren Zentrum innerhalb der proximalen 2 cm der Cardia liegt (Siewert-Typen
I/II) werden ebenfalls nach dem Schema für Ösophaguskarzinome klassifiziert. Tumoren
deren Zentren mehr als 2 cm vom ösophagogastralen Übergang entfernt sind (Siewert
Typ III) werden als Magenkarzinome klassifiziert (auch dann, wenn der ösophagogastrale
Übergang einbezogen ist).
Anatomische Unterbezirke
Die Unterteilung der einzelnen Abschnitte des Ösophagus und des Magens erfolgt nach
der Einteilung der ICD-O, topografischer Teil [197]
[198].
-
C15.0: Zervikaler Ösophagus
-
C15.3: Oberer thorakaler Abschnitt des intrathorakalen Ösophagus
-
C15.4: Mittlerer thorakaler Abschnitt des intrathorakalen Ösophagus
-
C15.5: Unterer thorakaler Abschnitt des intrathorakalen Ösophagus
-
C16.0: Ösophagogastraler Übergang
Regionäre Lymphknoten
Unabhängig vom Sitz des Primärtumors sind die regionären Lymphknoten diejenigen, die
in dem lymphatischen Abflussgebiet des Ösophagus lokalisiert sind, eingeschlossen
die zoeliakalen Lymphknoten und paraösophagealen Lymphknoten des Halses, aber nicht
die supraklavikulären Lymphknoten.
Dabei ist zu beachten, dass bei Ösophaguskarzinomen – und besonders bei Karzinomen
des ösophagogastralen Übergangs, die in den Magen einwachsen – auch die Lymphknoten
des Magens zu den regionären Lymphknoten gerechnet werden [199] ([Tab. 8], [9], [10]).
Tab. 8
Klinische Klassifikation der Ösophaguskarzinome, eingeschlossen Karzinome des ösophagogastralen
Übergangs nach der TNM-Klassifikation [196].
T – Primärtumor
|
TX
|
Primärtumor kann nicht beurteilt werden
|
T0
|
Kein Anhalt für Primärtumor
|
Tis
|
Carcinoma in situ
|
T1
|
Tumor infiltriert Lamina propria, Muscularis mucosae oder Submukosa
|
|
Tumor infiltriert Lamina propria, Muscularis mucosae
|
|
Tumor infiltriert Submukosa
|
T2
|
Tumor infiltriert Muscularis propria
|
T3
|
Tumor infiltriert Adventitia
|
T4
|
Tumor infiltriert Nachbarstrukturen
|
T4a
|
Tumor infiltriert Pleura, Perikard, V. azygos, Zwerchfell oder Peritoneum
|
T4b
|
Tumor infiltriert andere Nachbarstrukturen wie Aorta, Wirbelkörper oder Trachea
|
N – Regionäre Lymphknoten
|
NX
|
Regionäre Lymphknoten können nicht beurteilt werden
|
N0
|
Keine regionären Lymphknotenmetastasen
|
N1
|
Metastasen in 1 – 2 Lymphknoten
|
N2
|
Metastasen in 3 – 6 Lymphknoten
|
N3
|
Metastasen in 7 oder mehr regionären Lymphknoten
|
M – Fernmetastasen
|
M0
|
Keine Fernmetastasen
|
M1
|
Fernmetastasen
|
pTNM: Pathologische Klassifikation (Die pT- und pN-Kategorien entsprechen den T- und
N-Kategorien.)
|
pM1
|
Fernmetastasen
|
pN0
|
Regionäre Lymphadenektomie und histologische Untersuchung üblicherweise von 7 oder
mehr Lymphknoten.
|
Anmerkung: pM0 und pMX sind keine anwendbaren Kategorien.
Tab. 9
Stadiengruppierung der TNM-Klassifikation der Ösophaguskarzinome, eingeschlossen Karzinome
des ösophagogastralen Übergangs [196] – Plattenepithelkarzinome.
|
T-Kategorie
|
N-Kategorie
|
M-Kategorie
|
Klinisches Stadium – Plattenepithelkarzinome
|
Stadium 0
|
Tis
|
N0
|
M0
|
Stadium I
|
T1
|
N0, N1
|
M0
|
Stadium II
|
T2
|
N0, N1
|
M0
|
T3
|
N0
|
M0
|
Stadium III
|
T1, T2
|
N2
|
M0
|
T3
|
N1, N2
|
|
Stadium IVA
|
T4a, T4b
|
Jedes N
|
M0
|
Stadium IVA
|
Jedes T
|
N3
|
M0
|
Stadium IVB
|
Jedes T
|
Jedes N
|
M1
|
Pathologisches Stadium – Plattenepithelkarzinome
|
Stadium 0
|
pTis
|
pN0
|
M0
|
Stadium IA
|
pT1a
|
pN0
|
M0
|
Stadium IB
|
pT1b
|
pN0
|
M0
|
pT2
|
pN0
|
M0
|
Stadium II
|
pT3
|
pN0
|
M0
|
pT1
|
pN1
|
M0
|
Stadium IIIA
|
pT1
|
pN2
|
M0
|
pT2
|
pN1
|
M0
|
Stadium IIIB
|
pT2
|
pN2
|
M0
|
pT3
|
pN1, pN2
|
M0
|
pT4a
|
pN0, pN1
|
M0
|
Stadium IVA
|
pT4a
|
pN2
|
M0
|
pT4b
|
Jedes pN
|
M0
|
Jedes pT
|
pN3
|
M0
|
Stadium IVB
|
Jedes pT
|
Jedes pN
|
M1
|
Tab. 10
Stadiengruppierung der TNM-Klassifikation der Ösophaguskarzinome, eingeschlossen Karzinome
des ösophagogastralen Übergangs [196] – Adenokarzinome.
Stadium
|
T-Kategorie
|
N-Kategorie
|
M-Kategorie
|
Klinisches Stadium – Adenokarzinome
|
Stadium 0
|
Tis
|
N0
|
M0
|
Stadium I
|
T1
|
N0
|
M0
|
Stadium IIA
|
T1
|
N1
|
M0
|
Stadium IIB
|
T2
|
N0
|
M0
|
Stadium III
|
T1
|
N2
|
M0
|
T2
|
N1, N2
|
M0
|
T3, T4a
|
N0, N1, N2
|
M0
|
Stadium IVA
|
T4b
|
N0, N1, N2
|
M0
|
Jedes T
|
N3
|
M0
|
Stadium IVB
|
Jedes T
|
Jedes N
|
M1
|
Pathologisches Stadium – Adenokarzinome
|
Stadium 0
|
pTis
|
pN0
|
M0
|
Stadium IA
|
pT1a
|
pN0
|
M0
|
Stadium IB
|
pT1b
|
pN0
|
M0
|
Stadium IIA
|
pT2
|
pN0
|
M0
|
Stadium IIB
|
pT1a, pT1b
|
pN1
|
M0
|
Stadium IIIA
|
pT1
|
pN2
|
M0
|
pT2
|
pN1, pN2
|
M0
|
pT3, pT4a
|
pN0
|
|
Stadium IIIB
|
pT2
|
pN2
|
M0
|
pT3
|
pN1, pN2
|
M0
|
pT4a
|
pN1
|
M0
|
Stadium IVA
|
pT4a
|
pN2
|
M0
|
pT4b
|
Jedes pN
|
M0
|
Jedes pT
|
pN3
|
M0
|
Stadium IVB
|
Jedes pT
|
Jedes pN
|
M1
|
6.21.
|
Konsensbasierte Empfehlung
|
geprüft 2018
|
EK
|
Der histopathologische Befund an lokalen Exzidaten (endoskopische Resektion; ER) soll
folgende Angaben enthalten:
-
Größe der neoplastischen Läsion (wenn möglich in 3 Dimensionen)
-
Art der neoplastischen Läsion (LGD/LGIEN, HGD/HGIEN, Karzinom) – insbesondere, ob
ein invasives Karzinom vorliegt (bei HGD/HGIEN: Klassifikation am Resektat als pTis
nach UICC)
-
Bei Karzinomnachweis: Histologischer Typ nach WHO (insbesondere Unterscheidung Plattenepithel-
versus Adenokarzinom, andere seltene Typen)
-
Bei invasiven Adenokarzinomen: Differenzierungsgrad (Grading) nach aktueller WHO-Klassifikation
-
Maximale Tiefe der Infiltration: pT1a (m1, m2, m3, m4)/pT1b (sm1, sm2, sm3) plus Infiltrationstiefe
in µm (oder höhere pT-Kategorie)
-
Lymphgefäß- und/oder Veneninvasion (L0 vs. L1, V0 vs. V1)
-
Zusammenfassende Einschätzung des LK-Metastasierungsrisikos: Low risk vs. High risk-Resektionsränder
bzgl. der Neoplasie (bei ER in toto zirkulärer und basaler Resektionsrand bei „piecemeal“-ER
basaler Resektionsrand, da hier der zirkuläre Resektionsrand in der Regel histopathologisch
als RX gewertet werden muss)
|
Konsensstärke
|
Starker Konsens (100 %)
|
Hintergrund
Plattenepithelkarzinom
Bei der histopathologischen Stadieneinteilung von plattenepithelialen Frühkarzinomen
des Ösophagus soll insbesondere im Rahmen endoskopischer Tumorresektionen die Infiltrationstiefe
innerhalb der Mukosa bzw. Submukosa nach den Vorgaben der Japanese Society for Esophageal
Diseases durchgeführt werden (m1-m3 bzw. sm1-sm3), da eine direkte Korrelation zwischen
Infiltrationstiefe und dem Risiko einer lokoregionären LK-Metastasierung besteht (bei
m1: 0 %, m2: 3,3 %, m3: 12,2 %; sm1: 26,5 %, sm2: 35,8 %, sm3: 45,9 %) laut [200]. In einem chirurgischen Kollektiv betrug sie 0 % für Mukosa-Karzinome vs. 50 % bei
Submukosa-Infiltration: sm1: 33 %, sm3: 78 % [201].
Daher ist die spezifizierte Infiltrationstiefe (und wahrscheinlich auch der Nachweis
einer Angioinvasion) der wichtigste Parameter für die klinische Frage, ob eine lokale
Tumorresektion ausreicht oder eine onkologische Resektion erforderlich ist. Überdies
konnte auch das Grading als unabhängiger Risikofaktor nachgewiesen werden [201].
Barrett-Adenokarzinom
Da in der Lamina propria mucosae im Ösophagus Lymph- und Blutgefäße vorkommen, können
selbst bei auf die Mukosa begrenzten Adenokarzinomen Lymphknotenmetastasen auftreten
[202], dies ist hierbei jedoch deutlich seltener der Fall als beim Plattenepithelkarzinom.
Auch hier besteht eine direkte Korrelation zur mikroskopischen Infiltrationstiefe,
wobei aufgrund der beim Barrett-Ösophagus typischerweise auftretenden Neo-Muscularis
mucosae eine 4-stufige Unterteilung der Mukosa vorgenommen wird: pT1a (m1, m2, m3,
m4)/pT1b (sm1, sm2, sm3) plus Infiltrationstiefe in µm. Allerdings ist die Genauigkeit
der histopathologischen Bestimmung der Infiltrationstiefe
in den Schichten m1-m3 und sm1-sm3 aufgrund von Präparatunzulänglichkeiten nicht immer
exakt festzulegen.
6.22.
|
Konsensbasierte Empfehlung
|
geprüft 2018
|
EK
|
Der histopathologische Befund an Operationsresektaten soll folgende Angaben enthalten:
-
Größe der neoplastischen Läsion (wenn möglich in 3 Dimensionen)
-
Lokalisation des Tumorzentrums in Beziehung zum ösophagogastralen Übergang (ÖGÜ) und
Angabe, ob der Tumor den ÖGÜ kreuzt (wenn möglich)
-
Art der neoplastischen Läsion (LGD/LGIEN, HGD/HGIEN, Karzinom) – insbesondere, ob
ein Karzinom vorliegt (bei HGD/HGIEN: Klassifikation als pTis nach UICC)
-
Bei Karzinomnachweis: Histologischer Typ nach aktueller WHO-Klassifikation (insbesondere
Unterscheidung Plattenepithel- versus Adenokarzinom, andere seltene Typen)
-
Differenzierungsgrad (Grading)
-
Maximale Tiefe der Infiltration (pT)
-
Lymphgefäß- und/oder Veneninvasion (L0 vs. L1, V0 vs. V1)
-
Resektionsränder: oral, aboral und zirkumferenziell: R0 vs. R1
-
Status der regionären Lymphknoten nach aktueller UICC-Klassifikation (pN) und Ratio
aus Zahl der befallenen und untersuchten Lymphknoten (…/…Lymphknoten)
|
Konsensstärke
|
Starker Konsens (95 %)
|
6.23.
|
Evidenzbasierte Empfehlung
|
modifiziert 2018
|
Empfehlungsgrad
B
|
Der histopathologische Befund an Resektaten sollte nach präoperativer Therapie (neoadjuvanter
Therapie) zusätzlich Aussagen zum Regressions-Score enthalten.
|
Level of Evidence
2b
|
Literatur: [203]
|
Konsensstärke
|
Starker Konsens (100 %)
|
Hintergrund
Bei den Empfehlungen zur histopathologischen Befundung an Operations-Resektaten kann
die Angabe zur Lokalisation des Tumorzentrums in Beziehung zum ösophago- gastralen
Übergang (ÖGU) und Angabe, ob der Tumor den ösophagogastralen Über- gang kreuzt, schwierig
sein und ist deswegen nicht in allen Fällen möglich: der ÖGÜ wird unterschiedlich
definiert, die für die pathologische Anatomie einzig interpretierbare Definition ist
der Übergang von Plattenepithel zu Zylinderepithel (Definition nach „the American
Heritage Medical Dictionary Copyright 2007“ [204]. Gerade diese Grenzlinie ist sehr häufig bei Karzinomen, insbesondere AEG II nach
Siewert [205], im pathohistologischen Präparat nicht mehr erkennbar, da sie von Tumorgewebe durchwachsen
bzw. ersetzt wird. Alle übrigen Definitionen [200]
[201]
[202] betreffen ausschließlich die physiologische Grenze zwischen Ösophagus und Magen,
eine Grenze, welche am Operationspräparat nicht mehr feststellbar ist.
Die postoperative Stadieneinteilung nach UICC (pTNM) ist der wichtigste Prognosefaktor
für das Ösophaguskarzinom [206]
[207]. Mit zunehmender Infiltrationstiefe nimmt das Risiko einer Lymphknotenmetastasierung
sowohl beim Plattenepithel- als auch beim Adenokarzinom signifikant zu [201].
Die stadienunabhängige 5-Jahres-Überlebensrate beträgt sowohl beim Plattenepithel-
als auch beim Adenokarzinom 10 – 20 %; im Stadium 0 > 95 %, im Stadium I 50 – 80 %,
im Stadium IIA 30 – 40 %, im Stadium IIB 10 – 30 %, im Stadium III 10 – 15 % und im
Stadium IV < 5 % [208].
Neben der pN-Kategorie der UICC wurde auch die Ratio aus metastatisch befallenen Lymphknoten
und der Gesamtzahl der untersuchten Lymphknoten als prognoserelevanter Faktor vorgeschlagen
[209].
Ein weiterer gesicherter Prognosefaktor ist der R-Status bzgl. einer Infiltration
des oralen bzw. aboralen Resektionsrandes [210], dagegen wird dies für den zirkumferenziellen Schnittrand noch kontrovers diskutiert
[211]
[212].
Überdies konnte der Nachweis von Lymphgefäß-/Veneninvasion als unabhängiger Prognosefaktor
identifiziert werden [213]
[214]. „Molekularpathologische“ Analysen haben bisher keine zusätzliche diagnostische
und prädiktive Bedeutung. Molekulare Prognosefaktoren sind bislang nicht etabliert.
Histologische Ermittlung der Tumor-Regression nach neo-adjuvanter Therapie
Die Angabe zum Tumorregressions-Score ist wichtig und sie sollte in jedem Befund enthalten
sein, sofern eine präoperative Therapie erfolgt ist. Dabei zeigen Patienten mit kompletter
Tumorregression einen signifikant besseren Verlauf als Patienten mit Residualtumor.
Zur Evaluation des Therapie-Effektes soll daher das gesamte Tumorbett eingebettet
und histologisch untersucht werden. Für die Klassifizierung des Tumorregressionsgrades
sind verschiedene Systeme publiziert worden, von denen bislang keines allgemein akzeptiert
ist.
Die 5-stufige Einteilung nach Mandard [215] ist primär an Plattenepithelkarzinomen etabliert worden und basiert auf der Abschätzung
des Anteils residualer Tumorzellen im Verhältnis zum Ausmaß der Fibrose. Dieser Regressionsscore
sollte für Plattenepithelkarzinome verwendet werden. Für Adenokarzinome wird der Score
nach Becker et al. empfohlen [216]
[217]
[218], da dieser in der Anwendung einfacher und deswegen besser nachvollziehbar und auch
in Deutschland am meisten verbreitet ist. Der Score wurde kürzlich erweitert [219]. Für Studienuntersuchungen kann die Anwendung eines weiteren Scores nützlich sein,
zu empfehlen wäre dann der nach Wu et al. [220] ([Tab. 11]).
Tab. 11
Tumorregressions-Score für Adenokarzinome nach Becker et al. [216]
[217]
[218]
[219].
Regressionsgrad
|
Definition
|
1a
|
komplette Regression
|
1b
|
subtotale Regression (1-< 10 % Residualtumor/Tumorbett)
|
2
|
partielle Regression (10 – 50 % Residualtumor/Tumorbett)
|
3
|
geringe/keine Regression (> 50 % Residualtumor/Tumorbett).
|
Zwei Arbeiten haben sich mit der Reproduzierbarkeit verschiedener Scoring-Systeme
beschäftigt [221]
[222] und fanden das System von Becker [216] am besten reproduzierbar.
International wird die 3-stufige Einteilung von Wu favorisiert (P0 = 0 % Residualtumor,
P1 = 1 – 50 %, Residualtumor, P2 = > 50 % Residualtumor), da sie eine geringe Interobserver-Variabilität
aufweist [220]. Sie basiert auf der Erkenntnis, dass Patienten ohne Residualtumor den signifikant
besten Verlauf zeigten, während die Unterschiede zwischen Fällen mit 1 – 50 % und
> 50 % Residualtumor nicht signifikant waren.
Die prognostische Bedeutung einer kompletten histopathologischen Tumor-Regression
nach neoadjuvanter Therapie konnte bei Patienten mit Plattenepithel- und Adenokarzinom
des Ösophagus in mehreren Studien belegt werden [217]
[223]
[224]
[225]
[226]. Das ypTNM-Stadium war der beste Prädiktor für das Überleben von Patienten mit lokoregionärem
Ösophaguskarzinom nach neoadjuvanter Radiochemotherapie [227]. In einer Kohortenstudie erhielten 400 von 584 operierten Patienten mit einem Ösophagus-
oder Übergangskarzinom eine neoadjuvante Chemotherapie [203]. Ein Tumordownstaging nach neoadjuvanter Chemotherapie führte zu einem verbesserten
Überleben (HR 0,43; 95 % CI 0,31 – 0,59) und war der stärkste unabhängige Überlebensprädiktor
– stärker als das klinische prätherapeutische Tumorstadium.
6.24.
|
Konsensbasierte Empfehlung
|
geprüft 2018
|
EK
|
Vor dem Einsatz einer palliativen medikamentösen Tumortherapie beim Adenokarzinom
soll der HER2-Status als positiver prädiktiver Faktor für eine potenzielle Therapie
mit Trastuzumab bestimmt werden. Die histopathologische Bestimmung am Tumorgewebe
soll qualitätsgesichert durchgeführt werden.
|
Konsensstärke
|
Starker Konsens (100 %)
|
Hintergrund
Die Ergebnisse einer randomisierten Phase-III-Studie (ToGA-Studie) bei Patienten mit
fortgeschrittenen Karzinomen des Magens (82 %) oder des gastro-ösophagealen Übergangs
(18 %) zeigen, dass die Addition des HER2-Antikörpers Trastuzumab zur Standard-Chemotherapie
bei Patienten mit positivem HER2-Status eine signifikante und klinisch relevante Verbesserung
der medianen Überlebenszeit von 11,1 auf 13,8 Monate bewirkt [228]. Im Vorfeld dieser Studie war der HER2-Status bei 3807 Patienten aus Europa, Lateinamerika
und Asien bestimmt worden. Der Anteil der HER2-positiven Magenkarzinome – definiert
als eine HER2-Genamplifikation, nachgewiesen mittels Fluoreszenz-in-situ-Hybridisierung
(FISH +) oder immunhistochemisch 3-fach positiver HER2-Expression (IHC 3 +) – lag
bei 22 % [229].
In der Subgruppe der Patienten, deren Tumoren IHC3 + oder IHC2 +/FISH + waren, war
der Einsatz des HER2-Inhibitors Trastuzumab besonders wirksam. Das mediane Überleben
stieg mit Trastuzumab in dieser Subgruppe auf 16 Monate (versus 11,8 Monate in der
Gruppe ohne Trastuzumab). In den Subgruppen IHC0/FISH + und IHC1 +/FISH + konnte hingegen
für Trastuzumab kein Vorteil in Bezug auf die Überlebenszeit beobachtet werden. Diese
Korrelation zwischen dem HER2-Status und der Wirksamkeit von Trastuzumab zeigt eine
starke Analogie zum Mammakarzinom, wo die HER2-Inhibition als therapeutische Strategie
bei HER2-überexprimierenden Tumoren bereits etabliert ist. Die Ergebnisse der ToGA-Studie
führen dazu, dass die medikamentöse Therapie des metastasierten Magenkarzinoms und
Adenokarzinoms des ösophagogastralen Übergangs erstmals aufgrund eines prädiktiven
molekular-biologischen Faktors definiert wird. Für eine Indikation zur Therapie mit
Trastuzumab wird (gemäß der Richtlinie der EMEA) die HER2-Positivität als IHC3 + oder
IHC2 +/FISH + definiert. Die Rate der Grad 3 oder 4 unerwünschten Nebenwirkungen unterschieden
sich zwischen den beiden behandlungsgruppen (Trastuzumab plus Chemotherapie vs. alleinige
Chemotherapie) nicht. Die Chemotherapie bestand dabei aus einer Kombination von Capecetabine/Cisplatin
oder 5-Fluouoracil/Cisplatin. [228]. Im Vergleich mit der alleinigen Chemotherapie verbesserte die Kombination von Trastuzumab
und Chemotherapie auch die Lebensqualität [230].
7. Ernährungsmedizinische Versorgung
7. Ernährungsmedizinische Versorgung
7.1.
|
Konsensbasierte Empfehlung
|
geprüft 2018
|
EK
|
Die ernährungsmedizinische Versorgung von Patienten/innen mit Ösophaguskarzinom sollte
ein integraler Bestandteil der onkologischen Diagnostik, Therapie und Nachsorge sein
und eine interdisziplinäre Aufgabe sein.
|
Konsensstärke
|
Starker Konsens (95 %)
|
Hintergrund
Patienten mit Ösophaguskarzinom weisen nicht zuletzt aufgrund einer mechanischen Behinderung
der Nahrungspassage sehr frühzeitig einen Gewichtsverlust auf [231].
Hierbei korreliert das Ausmaß der Dysphagie mit dem Ernährungsdefizit [232]. Der Gewichtsverlust kann bereits bei mehr als der Hälfte der Patienten bei der
stationären Aufnahme zur Operation über 5 % des gewohnten Körpergewichts und in 40 %
über 10 % des gewohnten Körpergewichts betragen. Bei 30 % findet sich ein Serumalbumin
< 30 g/l [233].
Trotz krankheitsassoziiertem Gewichtsverlust kann der Körpermassenindex (BMI) bei
Patienten mit vorbestehendem Übergewicht präoperativ deutlich über der von der World
Health Organization (WHO) als kritisch definierten Grenze von 18,5 kg/m2 liegen. Der Gewichtsverlust für sich bedeutet jedoch eine Veränderung der Körperzusammensetzung,
die ein „metabolisches Risiko“ nach sich zieht, welches bei Patienten vor und während
der Behandlung insbesondere auch bei der Operation berücksichtigt werden muss [234].
Metabolisch handelt es sich um Hochrisikopatienten [235]. Dies gilt umso mehr für den Fall einer palliativen Therapie, wo das Aufhalten eines
Gewichtsverlusts die Therapietoleranz erhöhen, Nebenwirkungen und Fatigue reduzieren
und die Lebensqualität erhöhen kann (Leitlinie nicht-chirurgische Onkologie). All
dies legt eine Erfassung und Beobachtung des Ernährungsstatus, beginnend bei der stationären
Aufnahme oder dem ersten Patientenkontakt nahe und erfordert lokale klare Zuständigkeiten
mit transparenten klinische Ablaufstandards (SOP) wie für die Indikation zur perkutanen
Endoskopischen Gastrostomie (PEG) [236] (siehe auch Empfehlungen 8.14.-8.17., 8.21., 8.39.).
8. Kurativ intendierte Therapie
8. Kurativ intendierte Therapie
8.1. Allgemeine Therapieentscheidung
8.1.
|
Konsensbasierte Empfehlung
|
geprüft 2018
|
Empfehlungsgrad
EK
|
Therapieempfehlungen sollen in einer interdisziplinären Tumorkonferenz getroffen werden.
Als Grundlage für die Therapieempfehlung sollen Staging-Informationen, die Patienten-Komorbiditäten,
der Ernährungsstatus und die Patientenpräferenz berücksichtigt werden.
|
Konsensstärke
|
Starker Konsens (100 %)
|
Hintergrund
Bei der Diagnostik und der Therapie des Ösophaguskarzinoms werden hohe Anforderungen
an die beteiligten Fachdisziplinen gestellt. Dies ist einerseits durch die anatomischen
Gegebenheiten zu erklären – Nachbarschaft zur Speiseröhre und zum Bronchialsystem
und der Lunge – andererseits aber auch durch die Besonderheiten des zu behandelnden
Patientenkollektives (insbesondere beim Plattenepithelkarzinom).
Deshalb ist ein hoher Grad an Interdisziplinarität erforderlich, um die Patienten
nach subtiler Diagnostik einer stadiengerechten Therapie zuzuführen. Dies beinhaltet
besonders die Entscheidung, welche Patienten alleine durch eine Operation und welche
Patienten durch eine Kombination einer neoadjuvanten präoperativen Radiochemotherapie
plus Operation oder welche durch eine definitive, alleinige Radiochemotherapie behandelt
werden sollten.
Die auszusprechenden Therapieempfehlungen sollen deshalb in einer interdisziplinären
Tumorkonferenz unter Einschluss der beteiligten Fachdisziplinen getroffen werden.
8.2. Endoskopische Therapie
8.2.1. Endoskopische Resektion (ER) und lokal ablative Verfahren
8.2.
|
Konsensbasierte Empfehlung
|
geprüft 2018
|
EK
alle 4 Teilempfehlungen
|
-
Bei Nachweis einer hochgradigen intraepithelialen Neoplasie oder eines mukosalen Karzinoms
(L0, V0, keine Ulzerationen, Grading G1 / G2) im Barrett-Ösophagus soll eine endoskopische
Resektion durchgeführt werden, da hierdurch neben der Therapie auch ein Staging der
Läsion mit der Frage der Tiefeninfiltration erfolgt.
-
Daher ist eine endoskopisch komplette Resektion mit kurativer Intention anzustreben.
-
Bei Patienten mit oberflächlicher Submukosainfiltration eines Adenokarzinoms und ohne
Risikokriterien (pT1sm1; < 500 µm Tiefeninvasion, L0, V0, G1/2, < 20 mm, keine Ulceration)
kann die endoskopische Resektion eine ausreichende Alternative zur Operation sein.
-
Nach erfolgreicher Resektion von Neoplasien im Barrett-Ösophagus soll die nicht neoplastische
Barrett-Mukosa thermisch abladiert werden, um die Rate an metachronen Neoplasien zu
senken.
|
Konsensstärke
|
Starker Konsens (100 %), jeweils für alle 4 Teilempfehlungen
|
Hintergrund
Der Begriff endoskopische Resektion (ER) beinhaltet sowohl die endoskopische Mukosaresektion
(EMR), die in Saug- und Schneidetechnik durchgeführt wird, sowie die endoskopische
Submukosadissektion (ESD). Die EMR wird hierzulande meistens mittels Ligaturset bzw.
in Kappentechnik eingesetzt.
Mittlerweile ist die endoskopische Resektion (ER) in Form der EMR in vielen westlichen
Ländern als Standardtherapieverfahren für HGIEN und mukosale Adenokarzinome etabliert
[111]
[237]
[238].In zahlreichen Kohortenstudien konnte gezeigt werden, dass die ER sicher und effektiv
ist und bei gleicher Kurationsrate eine geringere Morbidität und Mortalität als die
Ösophagusresektion aufweist [239]
[240]
[241]
[242]
[243]
[244]
[245]
[246]
[247]. Idealerweise sollte mit der ER die neoplastische Läsion R0-en-bloc entfernt werden,
um ein exaktes histologisches Staging zu gewährleisten.
Der Pathologe kann durch sorgfältige Aufarbeitung des Resektats eine genaue Aussage
über die Tiefeninfiltration, den Differenzierungsgrad und das mögliche Vorliegen einer
Lymph- und Veneninvasion treffen. Diese Informationen erlauben eine Risikostratifizierung,
sodass entweder die ER die definitive Therapiemaßnahme darstellt oder die Entscheidung
zu einer chirurgischen Therapie getroffen werden muss.
Eine Ösophagusresektion sollte immer dann in Erwägung gezogen werden, wenn einer der
folgenden Punkte vorliegt:
-
Lymph (L1)- oder Veneninvasion (V1)
-
schlechter Differenzierungsgrad (≥G3)
-
tiefe Submukosainfiltration (≥ 500 µm)
-
Tumorrest am basalen Resektionsrand (R1 basal) [248]
[249]
[250]
[251]
Im Falle einer nicht sicher kompletten ER oder „piecemeal“-ER einer neoplastischen
Läsion mit Nachweis von Tumor am lateralen Resektionsrand (R1 lateral) kann nochmals
ein endoskopischer Therapieversuch unternommen werden. Im Rahmen der nächsten Verlaufskontrolle
ist eine sorgfältige Evaluation der Resektionsstelle und ggf. Nachresektion bei Vorliegen
von Neoplasieresten indiziert [242]. Die Grenze bis zu der neoplastische Läsionen mittels EMR R0-en-bloc reseziert werden
können liegt bei ca. 15 mm. Bei größeren neoplastischen Läsionen erfolgt die Resektion
in „piecemeal“-Technik. Ein Nachteil der „piecemeal“-EMR ist jedoch die höhere Rezidivrate
als bei der Resektion kleinerer Läsionen, die en-bloc reseziert werden können [241].
Zur en bloc-Resektion größerer Läsionen kann neuerdings die endoskopische Submukosadissektion
eingesetzt werden. Mit dieser Technik kann eine vom onkologischen Standpunkt her wünschenswerte
R0-Resektion unabhängig von der Läsionsgröße erfolgen. Für das Plattenepithelkarzinom
konnte in zahlreichen Studien gezeigt werden, dass die ESD der EMR hinsichtlich en-bloc-Resektionsrate,
kurativer Resektionsrate und Lokalrezidivrate überlegen ist [252].
Allerdings existieren für das Barrettkarzinom kaum Daten. In einer prospektiven unizentrischen
Studie bei 30 Patienten mit HGIEN oder fokalem Barrettkarzinom gelang eine komplette
Resektion mit tumorfreien Resektionsrändern trotz ESD in nur 38,5 % der Patienten
[253]. Neue Daten aus Japan zeigen, dass durchaus auch beim Barrett-Ösophagus in 85 %
der Fälle eine R0-Resektion möglich ist [254]. Offensichtlich hängen die besseren Daten aus Japan damit zusammen, dass die Resektate
größer sind und ein höherer Sicherheitsabstand zur Seite gewählt wird. Probst et al
zeigten, dass eine ESD beim Barrettadenokarzinom auch hierzulande mit einer en-bloc-Resektionsrate
von 95,4 % und einer R0-Resektionsrate von 84 % möglich ist [255].
Bei Patienten mit oberflächlicher Submukosainfiltration eines Adenokarzinoms kann
in ausgewählten Fällen die endoskopische Resektion eine ausreichende Alternative zur
Operation sein. Manner et al. behandelten 66 Patienten mit low-risk Läsionen (Infiltration
sm1, L0, V0, G1/2, keine Ulceration). Eine komplette Remission konnte bei 53 Patienten
erzielt werden. Nach einem mittleren follow-up von 47 + 29,1 Monaten lag die geschätzte
5-Jahres-Überlebesrate bei 84 % [248]
[249].
Die Infiltrationstiefe eines Barrettadenokarzinoms ist entscheidend für den Befall
von Lymphknoten [256]. Die Rate an Lymphknotenmetastasen war 0 % bei 70 Patienten mit Mucosakarzinom (m1:
n = 25, m2: n = 10, m3: n = 35) und 34 % bei 101 Patienten mit Submukosakarzinom.
30 Patienten mit sm1 hatten in 13 %, 26 Patienten mit sm2 in 19 % und 45 Patienten
mit sm3 in 56 % einen Lymphknotenbefall. [257]. Eine Analyse von 472 Patienten zeigte, dass bei einem undifferenzierten oberflächlichen
Mukosakarzinom (m1) in 0,8 % ein Lymphknotenbefall vorliegt, bei einem Befall bis
in die tiefe Submukosa (sm3) in 41,4 % positive Lymphknoten nachzuweisen sind [258]. Buskens et al konnten mittels EUS in 93 % das Lymphknotenstadium korrekt voraussagen.
Bei m1-m3 sowie sm1 Tumoren fanden sich im EUS keine positiven Lymphknoten, während
bei sm2 in 23 % und bei sm3 in 69 % positive Lymphknoten nachweisbar waren [259]. Diese Daten konnten von Westerterp et al. an 120 Patienten, die operiert wurden,
bestätigt werden. Von 79 Patienten mit m1-sm1 Tumoren hatte nur 1 Patient (1 %) positive
Lymphknoten, während 18 von 44 Patienten (41 %) mit sm2-sm3 Infiltration einen metastasierten
Befall der Lymphknoten aufwiesen [260]. Ancona et al. fanden ebenfalls keine positiven Lymphknoten im Stadium m1-sm1 [261]. Eine Literaturzusammenstellung (2005 – 2014) hat gezeigt, dass bei insgesamt 183
Patienten mit Ösophagektomie wegen sm1-Adenokarzinomen in 12 % der Fälle Lymphknotenmetastasen
nachweisbar waren [257]
[260]
[262]
[263]
[264]
[265]
[266]
[267]. Hölscher et al. [257] zeigten, dass nach einer radikalen Ösophagektomie Patienten, die eine sm1 oder sm2
Infiltration hatten, die gleiche Prognose hatten wie Patienten mit einem Mukosakarzinom
und ein signifikant besseres Überleben aufwiesen als Patienten mit sm3 Tumoren.
Ein Problem der EMR von Barrettneoplasien ist die hohe Rate an Rezidiven und metachronen
Läsionen, die bis zu 30 % berichtet wird [268]. Gründe dafür sind, dass bei „piecemeal“-Resektionen per definitionem keine R0-Resektion
vorliegt, dass aber auch multifokale Läsionen im Barrett-Ösophagus übersehen werden
können. Ein weiteres Problem sind die bestehenden genetischen Alterationen in der
Barrettschleimhaut, die durch eine fokale Therapie einer HGIEN oder eines Adenokarzinoms
nicht eliminiert werden können und im Verlauf zu metachronen Neoplasien führen.
In einer retrospektiven Analyse konnte die Wiesbadener Arbeitsgruppe zeigen, dass
eine Ablation (PDT oder APC) der restlichen, nicht-neoplastischen Barrett-Schleimhaut
nach vorheriger Therapie einer HGIEN oder eines mukosalen Karzinoms die Rate an metachronen
Neoplasien signifikant senkte [241]. Mittlerweile belegen mehrere Studien, dass ein zweistufiges Konzept bestehend aus
initialer ER gefolgt von einer Ablation der nicht-neoplastischen Barrettschleimhaut
am effektivsten und komplikationsärmsten ist [246]
[247].
Für die Ablation stehen mehrere Verfahren zur Verfügung. Aktuell spielen derzeit nur
die Radiofrequenzablation (RFA) und die Argon-Plasma-Coagulation (APC) eine klinische
Rolle. Die PDT – lange Jahre als Standardverfahren eingesetzt [269]
[270]
[271] – wurde aufgrund der komplexen Handhabung und ihrer Nebenwirkungen (Stenosen und
Phototoxizität) nahezu verdrängt und spielt aktuell keine Rolle mehr [272]
[273]
[274]. Kürzlich publizierte Langzeitergebnisse zur RFA zeigen, dass es in einer relevanten
Anzahl von Patienten zu einem Rezidiv der Barrett-Schleimhaut und einer Neoplasie
kommen kann [275]
[276].
Ein weiteres Ablationsverfahren, das sich etabliert hat, ist die APC-Therapie. Aufgrund
der einfachen Handhabung, der hohen Verfügbarkeit und der niedrigen Kosten im Vergleich
zur RFA wird die APC-Therapie vor allem zur Ablation des Short-Segment-Barrett-Ösophagus
eingesetzt [277]
[278]
[279]. Der Einsatz beim Long-Segment-Barrett-Ösophagus ist sicherlich komplexer und aufwändiger
als die RFA. Allerdings existieren bis heute keine prospektiven randomisierten Studien,
die beide Methoden miteinander vergleichen.
Zur Kryotherapie gibt es bislang nur spärliche Daten aus den USA [280]
[281]. Sie wird deshalb hierzulande nicht eingesetzt.
8.3.
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Konsensbasierte Empfehlung
|
geprüft 2018
|
EK
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-
Bei Nachweis einer hochgradigen intraepithelialen Neoplasie oder eines mukosalen.
Karzinoms (L0, V0, keine Ulzerationen, Grading G1 / G2, Infiltrationstiefe m1 / m2)
im Plattenepithel sollte eine endoskopische en-bloc-Resektion angestrebt werden, da
hierdurch neben der Therapie auch ein Staging der Läsion mit der Frage der Tiefeninfiltration
erfolgt.
-
Daher ist eine Resektion mit kurativer Intention und R0-Resektion anzustreben.
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Konsensstärke
|
Starker Konsens (100 %)
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Hintergrund
In Analogie zum Barrettadenokarzinom stellt die endoskopische Resektion (ER) das Standardverfahren
zur Therapie von Mukosakarzinomen im Plattenepithel dar. Erst durch die exakte Beurteilung
des Pathologen ist es möglich zu klären, ob eine R0-Resektion bzw. eine low-risk-Situation
vorliegt und damit auch, ob die Resektion kurativen Anforderungen genügt.
Anders als beim Barrettadenokarzinom gibt es zur Frage des Resektionsverfahrens zahlreiche
Studien aus Japan. Hier hat die ESD klare Vorteile gegenüber der EMR. Insbesondere
bei Läsionen > 15 mm ist die Rate der en-bloc-Resektionen und der kurativen R0-en-bloc-Resektionen
signifikant besser. Ishihara et al. hatten bei Läsionen > 15 mm mit der ESD eine kurative
Resektionsrate von 95 % (20/21 Patienten), während mit der EMR die kurative Resektionsrate
mit 52 % (16/31) signifikant schlechter war [282]. Cao et al. kommen in ihrer Metaanalyse ebenfalls zu dem Ergebnis, dass die ESD
der EMR hinsichtlich en-bloc-Resektionsrate, R0-en-bloc-Resektionsrate sowie Rezidiven
überlegen ist [283].
8.4.
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Konsensbasierte Empfehlung
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geprüft 2018
|
EK
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-
Bei Nachweis einer endoskopisch nicht lokalisierbaren, niedriggradigen intraepithelialen
Neoplasie im Barrett-Ösophagus, die durch einen Referenzpathologen bestätigt wurde,
sollen Verlaufskontrollen nach 6 Monaten und dann jährlich erfolgen.
-
Eine Radiofrequenzablation des gesamten Barrett Segments zur Verhinderung einer Progression
der niedriggradigen intraepitheliale Neoplasie kann erfolgen.
-
Beim Nachweis einer endoskopisch nicht lokalisierbaren hochgradigen intraepithelialen
Neoplasie sollte ein ablatives Verfahren zum Einsatz kommen.
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Konsensstärke
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a & b = Starker Konsens (100 %) c = Konsens (87 %)
|
Hintergrund
Wie bereits beschrieben, handelt es sich bei der LGIEN um eine Diagnose mit einer
gewissen Progressionsrate [284]. Hvid-Jensen et al. [39] zeigten, dass Patienten mit LGIEN ein 5fach höheres Risiko haben, ein Barrettadenokarzinom
zu entwickeln als Patienten ohne LGIEN. Curvers et al. [80] zeigten, dass bei Bestätigung einer LGIEN durch einen Zweitpathologen die Inzidenz
für die Entwicklung einer HGIEN oder Karzinoms 13,4 % pro Patient und Jahr beträgt.
Wurde die LGIEN nicht bestätigt und zu einem nicht-dysplastischem Barrett-Ösophagus
erklärt, lag die Inzidenzrate bei 0,49 %. Wani et al. [40] fanden jedoch kein erhöhtes Progressionsrisiko bei Patienten mit LGIEN im Vergleich
zu Patienten ohne LGIEN.
Dennoch werden international Kontrollendoskopien nach 6 – 12 Monaten empfohlen, bei
der alle sichtbaren Läsionen erneut biopsiert werden und zusätzlich Quadrantenbiopsien
alle 1 – 2 cm entnommen werden. Bei Bestätigung einer LGIEN sind entweder jährlich
Kontrollendoskopien oder eine RFA angezeigt.
Die Radiofrequenzablation (RFA) von Barrettepithel mit LGIEN ist sicher und effektiv.
In einer prospektiv-randomisierten scheinkontrollierten Studie von Shaheen et al.
2009 [272] konnten mittels RFA 95 % der LGIEN eliminiert werden. Interessanterweise kam es
auch in der Schein-Therapie-Gruppe zu einer Elimination in 26 %. Phoa et al. [285] untersuchten in einer prospektiv randomisierten Studie die Frage, ob Patienten mit
Barrett-Ösophagus und LGIEN überwacht oder mittels RFA behandelt werden sollten. 136
Patienten mit LGIEN wurden 1:1 in den RFA- bzw. Kontrollarm randomisiert. Eine komplette
Remission der LGIEN konnte in 98 % der Patienten im Therapiearm erreicht werden. Bei
37 % der Patienten in der Beobachtungsgruppe konnte im Verlauf keine LGIEN mehr gefunden
werden. Bezüglich der Progression zeigte sich bereits nach einem medianen Nachbeobachtungszeitraum
von 21 Monaten ein hoch signifikanter Unterschied zwischen beiden Gruppen: In der
Therapiegruppe kam es bei 1,5 % der Patienten zu einer Progression und in der Beobachtungsgruppe
bei 25 %. Dieser Unterschied legt nahe, dass die RFA eine gute Alternative zur Verlaufskontrolle
nach 6 Monaten zu sein scheint. Allerdings können anhand der Studie keine Aussagen
zum Langzeitverlauf getroffen werden.
Ablative Verfahren gelten beim Barrettfrühkarzinom als Therapie der 2. Wahl nach der
ER bzw. Operation. Sind jedoch Areale mit HGIEN Veränderungen trotz Wiederholungsuntersuchung
an einem Zentrum makroskopisch nicht sichtbar, kann eine gezielte Resektion des Areals
nicht erfolgen. In diesen Fällen muss man abwägen, ob ein ablatives Verfahren, eine
Resektion des kompletten Barrettareals in „piecemeal“-Technik oder mittels ESD oder
ein chirurgisches Verfahren zu wählen ist. In einem derartigen Fall ist das Risiko
eine fortgeschrittene Neoplasie zu übersehen sehr gering, sodass eine Untertherapie
sehr unwahrscheinlich ist. Hier stellt die RFA eine ausreichende und sichere Therapiemöglichkeit
dar [272]
[273]. Alternativ kann aber auch die ER insbesondere beim Short-Segment-Barrett-Ösophagus
erfolgreich zum Einsatz kommen. Hiermit wäre sowohl eine suffiziente Therapie als
auch die histologische Korrelation mit Staging gewährleistet [243]
[247].
Der Stellenwert der ablativen Verfahren beim Plattenepithelkarzinom ist von untergeordneter
Bedeutung. Die PDT konnte in den 90iger Jahren eine gewisse Bedeutung erlangen, spielt
aber heute so gut wie keine Rolle mehr, allenfalls als Salvage-Therapie, wenn andere
Verfahren kontraindiziert sind [286].
Die Datenlage zur APC und RFA Therapie ist spärlich. Während die Daten zur RFA eher
enttäuschend sind (50 % CR für Dysplasien bei 20 Patienten), schneidet die APC deutlich
besser ab (CR von 95 % bei 19 Patienten) [287]
[288]
[289]. Die Kryotherapie hat bislang keinen Stellenwert.
8.2.2. Vorgehen bei Lokalrezidiven nach endoskopischer Therapie
8.5.
|
Konsensbasierte Empfehlung
|
geprüft 2018
|
EK
|
Ein auf die Mukosa beschränktes Lokalrezidiv (crT1a cN0 cM0) nach früherer endoskopischer
Resektion eines mukosalen Karzinoms im Barrett-Ösophagus kann erneut endoskopisch
behandelt werden.
Wenn damit keine R0-Resektion möglich ist, sollte ein chirurgisches Verfahren gewählt
werden.
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Konsensstärke
|
Konsens (89 %)
|
Hintergrund
Pech et al. 2014 [242] berichten über 1000 mukosale Barrettadenokarzinome, die endoskopisch behandelt wurden.
In 14,5 % kam es im Follow-up von 56,6 ± 33,4 Monaten zu metachronen bzw. Rezidivkarzinomen.
Von diesen 140 Patienten konnten 114 erneut erfolgreich endoskopisch behandelt werden.
Dies betrifft besonders die Fälle, in denen die R1 Situation am lateralen Rand besteht.
In den Fällen, in denen eine endoskopische Therapie letztendlich versagt, ist eine
Operation immer noch unter kurativen Bedingungen möglich. Dies beinhaltet auch die
R1-Situation am basalen Resektionsrand [240]
[241]
[290].
8.2.3. Nachsorge nach endoskopischer Therapie
8.6.
|
Konsensbasierte Empfehlung
|
geprüft 2018
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EK
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Nach erfolgreicher endoskopischer Therapie einer hochgradigen intraepithelialen Neoplasie
oder eines Frühkarzinoms sollen regelmäßige Kontroll-Endoskopien (nach 3 Monaten,
dann für 2 Jahre halbjährlich und danach jährlich) erfolgen.
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Konsensstärke
|
Starker Konsens (100 %)
|
Hintergrund
Das Problem der endoskopischen Therapie von Barrettneoplasien ist das Auftreten von
Rezidiven oder metachronen Läsionen, die bis zu 30 % betragen [239]. Da Rezidive oftmals einer erneuten endoskopischen Therapie zugänglich sind, sollten
die Kontrollen in den ersten 2 Jahren nach Therapie engmaschig erfolgen. Die Evidenz
für dieses Vorgehen ist gering und richtet sich im Wesentlichen nach der in Studien
durchgeführten Praxis.
8.3. Chirurgische Therapie
8.3.1. Hospitalvolumen
8.7.
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Konsensbasierte Empfehlung
|
geprüft 2018
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EK
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Die operative Therapie von Ösophagustumoren sollte in Kliniken mit hoher Fallzahl
durchgeführt werden.
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Konsensstärke
|
Konsens (94 %)
|
Hintergrund
In einem systematischen Review mit Meta-Regressionsanalyse konnte gezeigt werden,
dass eine Mindestanzahl von 20 durchgeführten komplexen Operationen am Ösophagus pro
Jahr nötig ist, um eine deutliche Reduktion der postoperativen Mortalität zu erreichen
[291]
[292]. Aktuelle Literaturdaten bestätigen diese Mindestanzahl und definieren low-volume
Kliniken als solche, die weniger als 20 Ösophagektomien pro Jahr durchführen [293]
[294]. Hierbei spielt auch die Fallzahl pro Chirurg eine wesentliche Rolle [295]. Weiterhin gibt es Hinweise, dass sich sowohl „Hospital-Volume“ als auch „Chirurgen-Volume“
auf die Prognose der Patienten mit Ösophaguskarzinom auswirkt und in Kliniken mit
hoher Fallzahl ein höheres Langzeitüberleben erreicht wird als in Kliniken mit niedriger
Fallzahl [294]
[296].
8.3.2. Präoperative Risikoanalyse
8.8.
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Konsensbasierte Empfehlung
|
geprüft 2018
|
EK
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Vor geplanter Ösophagektomie soll eine Risikoanalyse wichtiger Organfunktionen des
Patienten erfolgen. Bei funktioneller Inoperabilität trotz onkologischer Resektabilität
sollen andere Therapieverfahren eingesetzt werden.
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Konsensstärke
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Starker Konsens (100 %)
|
Hintergrund
Aufgrund des abdomino-thorakalen Zugangs und der notwendigen Einseitenventilation
stellt die Ösophagektomie auch bei minimal invasiven Verfahren eine Belastung für
den Patienten dar. Daher sollte eine präoperative Überprüfung der funktionellen Belastbarkeit
des Patienten erfolgen. Diese sollte die kardiale, respiratorische, hepatische und
metabolische Funktion sowie die Kooperationsfähigkeit des Patienten beurteilen [297]
[298].
In verschiedenen Studien konnte gezeigt werden, dass bei systematischer Erfassung
des Risikos für postoperative Komplikationen eine gute Korrelation zur postoperativen
Mortalität und Morbidität besteht. Hierzu stehen verschiedene Score-Systeme zur Verfügung,
die speziell für die komplexen Ösophaguseingriffe validiert wurden, z. B. Kölner Risikoscore
[297], O-POSSUM (angepasster POSSUM Score für Ösophagektomie, [299]
[300].
8.3.3. Chirurgische Technik
8.3.3.1. Ziel der Resektion
8.9.
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Konsensbasiertes Statement
|
geprüft 2018
|
EK
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Das Ziel der chirurgischen Resektion beim Plattenepithelkarzinom und Adenokarzinom
ist die vollständige Entfernung des Tumors (oral, aboral und in der Zirkumferenz)
und der regionären Lymphknoten.
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Konsensstärke
|
Starker Konsens (100 %)
|
8.3.3.2. Resektionsausmaß
8.10.
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Konsensbasierte Empfehlung
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modifiziert 2018
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EK
|
Bei Lokalisation des Tumors
-
im ösophagogastralen Übergang (AEG Typ III) sollte eine totale Gastrektomie mit distaler
Ösophagusresektion ausgeführt werden.
-
im ösophagogastralen Übergang (AEG Typ II) kann eine totale Gastrektomie mit distaler
Ösophagusresektion, eine transthorakale subtotale Ösophagektomie und alternativ eine
transhiatale abdomino-cervicale subtotale Ösophagektomie erfolgen. Eine ausgedehnte
Infiltration der unteren Speiseröhre favorisiert dabei mehr die Ösophagektomie, eine
ausgedehnte Infiltration des subcardialen Magens mehr die Gastrektomie. Bei langstreckigem
Befall beider Organe kann eine totale Ösophagogastrektomie erforderlich sein.
-
im distalen (incl. AEG Typ I) und mittleren thorakalen Ösophagus sollte eine transthorakale
subtotale Ösophagektomie durchgeführt werden.
-
im oberen thorakalen Ösophagus sollte das Resektionsausmaß zur Wahrung des Sicherheitsabstandes
nach oral ausgedehnt werden.
-
im zervikalen Ösophagus soll die Indikation zum chirurgischen Vorgehen im Vergleich
zur definitiven Radiochemotherapie unter eingehender Nutzen/Risikoabwägung diskutiert
werden (siehe hierzu auch Empfehlung 8.32.). Als chirurgisches Verfahren kann entweder
eine totale Ösophagektomie oder in geeigneten Fällen eine zervikale Ösophagusresektion
über einen zervikalen Zugang mit oberer Sternotomie erfolgen.
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Konsensstärke
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Starker Konsens (96 %)
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8.3.3.3. Ausmaß der Lymphadenektomie
8.11.
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Konsensbasiertes Statement
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geprüft 2018
|
EK
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Das Ausmaß der Lymphadenektomie richtet sich nach der Lokalisation des Primärtumors,
wobei drei Felder (abdominal, thorakal und cervikal) unterschieden werden. Die Zweifeld-Lymphadenektomie
stellt den Standard dar.
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Konsensstärke
|
Starker Konsens (100 %)
|
8.3.3.4. Minimal invasive Verfahren (MIC)
8.12.
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Konsensbasiertes Statement
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geprüft 2018
|
EK
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Sowohl die Ösophagektomie als auch die Rekonstruktion des Ösophagus können minimal
invasiv oder in Kombination mit offenen Verfahren (Hybrid-Technik) ausgeführt werden.
Der Stellenwert minimal-invasiver Verfahren kann noch nicht abschließend bewertet
werden.
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Konsensstärke
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Starker Konsens (100 %)
|
Hintergrund
Karzinome des mittleren und distalen Ösophagusdrittels inklusive AEG Typ I
Die chirurgische Resektion stellt eine standardisierte Therapie mit kurativer Intention
für alle potenziell resektablen Ösophaguskarzinome im mittleren und distalen Drittel
dar. Eine Ausnahme bilden die auf die Mukosa begrenzten Karzinome (T1a N0 M0), wenn
sie endoskopisch komplett R0 reseziert werden können [237].
Für die chirurgische Therapie sprechen folgende Argumente:
-
Sie bietet die beste lokale Kontrolle des Tumors.
-
Die lokoregionale Rezidivfreiheit ist sowohl beim Adeno- als auch beim Plattenepithelkarzinom
besser als bei definitiver Radiochemotherapie [301].
-
Eine Radiochemotherapie ist nach der Operation beim Auftreten eines Lokalrezidivs
möglich.
-
Eine Operation nach definitiver Radiochemotherapie ist risikoreich [302]
[303].
Das Ziel der kurativen Resektion ist die vollständige Entfernung des Karzinoms nach
oral, aboral und in der Zirkumferenz. Um tumorfreie Resektionsränder, d. h. eine R0-Resektion
zu erzielen, ist außer beim Mukosakarzinom (T1a M0 N0) in der Regel ein proximaler
und distaler Sicherheitsabstand von 2 – 4 cm einzuhalten [304].
Das Resektionsausmaß wird bestimmt durch Tumorlokalisation, TNM-Kategorie, Histologie
und Ausdehnung des eventuellen Barrett-Ösophagus. Funktionelle Gesichtspunkte des
Rekonstruktionsorgans (Magen/Colon) sind ebenfalls wichtig für die Festlegung des
Resektionsausmaßes. Das Standardverfahren ist die subtotale transthorakale Ösophagektomie
mit Resektion des proximalen Magens und Rekonstruktion mit Magenhochzug und hoch intrathorakaler
Anastomose [305]
[306]
[307]. Aus funktioneller Sicht führt die hoch intrathorakale Anastomose mit weitgehender
Transposition des Mageninterponats in den Brustraum zu einem verringerten postoperativen
Reflux im Vergleich zu einer tiefer liegenden Anastomose. Dabei wäre der Magen halb
im Bauch und halb im Brustkorb, sodass der positive abdominelle Druck den Reflux in
Richtung negativem intrathorakalen Druck provoziert.
Mit dieser subtotalen Ösophagektomie und proximalen Magenresektion wird bei Karzinomen
des mittleren und distalen Drittels nach oral und aboral ein weiter Sicherheitsabstand
zum Tumor erreicht. Ist das Karzinom im oberen thorakalen Ösophagus lokalisiert, so
muss das Resektionsausmaß nach oral erweitert werden, evtl. mit zervikaler Anastomose.
Bei der en-bloc-Resektion kann auch der notwendige zirkuläre Abstand zur Aorta und
zum Tracheobronchialsystem für die angestrebte R0-Resektion eingehalten werden. Für
die prinzipielle Entfernung der Vena azygos und des Ductus thoracicus zusammen mit
dem Ösophagus gibt es keine sichere Evidenz [308]
[309]. Aus Gründen der lokalen Tumorresektion im Gesunden kann dieses aber erforderlich
sein. Auch die Ausdehnung der en-bloc-Resektion auf das Pericard oder einen infiltrierten
Lungenlappen ist sinnvoll, wenn dadurch eine R0-Resektion erreicht werden kann. T4a
Karzinome mit Infiltration der Pleura, des Zwerchfells oder des Pericards gelten als
resektabel, während T4b Karzinome mit Infiltration von Aorta, Wirbelkörper oder Trachea
als nicht resektabel eingestuft werden [196].
Zur Festlegung des Resektionsausmaßes der Adenokarzinome des ösophagogastralen Übergangs
dient die AEG-Klassifikation [310]. AEG Typ I Karzinome, die eindeutig Ösophaguskarzinome sind, werden mit der beschriebenen
subtotalen, transthorakalen Ösophagektomie behandelt. Die Resektion des distalen Typ
I Adenokarzinoms kann alternativ auch durch eine transhiatale (transmediastinale)
stumpfe Ösophagusresektion mit zervikaler Ösophagogastrostomie vorgenommen werden.
Dieses Verfahren hat jedoch zwei Nachteile. Erstens ist die Lymphadenektomie weniger
radikal [311]. Die prospektiv, randomisierte Studie von Omloo et al. [312] hat die dadurch bedingte signifikant schlechtere Prognose der Patienten gegenüber
der transthorakalen Ösophagektomie gezeigt [312]. Dieses ist durch die Studie von Kutup et al. [311] mit nach dem Propensity Score gebildeten Vergleichsgruppen bestätigt worden [311]. Der zweite Nachteil ist, dass bei der transhiatalen Ösophagusresektion immer eine
zervikale Anastomose angelegt werden muss. Diese hat eine höhere Insuffizienzrate
als die intrathorakale Anastomose. Bougierungspflichtige Strikturen treten dadurch
ebenfalls häufiger auf. Bei minimal invasiver Ösophagektomie haben Patienten mit intrathorakaler
Ösophagogastrostomie bessere funtionelle Ergebnisse als diejenigen mit cervicaler
Anastomose [313].
AEG Typ II und III
AEG Typ II Karzinome bis 2 cm unterhalb des ösophagogastralen Übergangs gelten nach
der UICC-Klassifikation von 2017 zwar als Ösophaguskarzinome, das Resektionsausmaß
richtet sich aber nach der genauen Topografie und der Lage der Haupttumormasse. Beim
Typ II Karzinom konkurriert die transhiatal erweiterte Gastrektomie plus distaler
Ösophagusresektion mit der Ösophagektomie und oberen Magenresektion. Letzteres ist
insbesondere dann indiziert, wenn die transhiatal erweiterte Exposition des Ösophagus
nicht ausreicht, um eine sichere R0-Resektion zu erreichen oder der intraoperative
Schnellschnitt am Ösophagusrand eine Infiltration zeigt. In der prospektiv, randomisierten
Studie von Omloo et al. [312] war bei Typ II Karzinomen keine Prognoseverbesserung durch eine transthorakale gegenüber
einer transhiatalen Resektion zu verzeichnen [312]. Eine prospektiv randomisierte Studie bei Typ II/III hat gezeigt, dass bei Typ II
Karzinomen die Ausdehnung des Resektionsausmaßes nach oral über eine Rippenbogen-Inzision
keine Prognoseverbesserung gegenüber der transhiatal erweiterten Resektion erbringt,
wenn mit letzterem Verfahren R0 reseziert werden kann [314]. Die inzwischen vorliegenden 10-Jahres Ergebnisse dieser Studie bestätigen die Resultate
von 2006 [315]. Die 5- und 10-Jahres-Überlebensraten aller randomisierten Patienten mit Typ II
und III Karzinom mit maximal 3 cm langer Invasion in den distalen Ösophagus und cT2 – 4
Kategorie betrugen 51 % und 37 % für den transhiatalen Zugang und 37 % und 24 % für
den Zugang mit Erweiterung durch den linken Rippenbogen. Der log-rank Test zeigte
marginale Differenzen zwischen beiden Gruppen: zweiseitig p = 0,060 und einseitig
p = 0,970 mit einer Hazard-Ratio für links-thorakal versus transhiatal von 1,42.
Beim Typ III Karzinom war die Prognose der Patienten in dieser Studie sogar nach dem
transhiatalen Verfahren besser als nach der Erweiterung über eine Durchtrennung des
linken Rippenbogens. Daher ist bei Typ III Karzinomen, die als Magenkarzinome gelten,
das Verfahren der Wahl die transhiatal erweiterte Gastrektomie mit distaler Ösophagusresektion
[314]
[316].
Bei sehr weit fortgeschrittenen Übergangstumoren mit ausgedehnter Infiltration von
Ösophagus und Magen kann die totale Ösophago-Gastrektomie mit Rekonstruktion durch
Koloninterposition erforderlich sein, um den Tumor zu allen Seiten komplett zu entfernen.
Plattenepithelkarzinome
Bei Plattenepithelkarzinomen muss zwischen intrathorakalen und zervikalen Karzinomen
(s. u.) differenziert werden, insbesondere der Bezug zur Trachea, zur Trachealbifurkation
und zu den Hauptbronchien ist von Bedeutung. Diese enge Lagebeziehung erfordert insbesondere
bei fortgeschrittenen Tumoren eine exakte Präparationstechnik zur Schonung der Pars
membranacea des Tracheobrochialtrakts verbunden mit einer radikalen Ausräumung der
Lymphknoten an der Bifurkation und paratracheal. Diese Anforderungen können nur durch
die transthorakale Ösophagusdissektion erreicht werden. Eine transhiatale Ösophagusdissektion
führt zu einer geringeren Anzahl resezierter Lymphknoten und zu einer signifikant
schlechteren Prognose [311].
Lymphadenektomie
Zweifeld-Lymphadenektomie bedeutet die Lymphknoten-Ausräumung des thorakalen und abdominellen
Feldes. Bei der Dreifeld-Lymphadenektomie werden zusätzlich die Lymphknoten des zervikalen
Feldes ausgeräumt. Die regionalen Lymphknoten im Oberbauch und im Mediastinum werden
bei der Ösophagektomie nicht nur direkt peritumoral, sondern auch im entsprechenden
Lymphabflussgebiet ausgeräumt [317]
[318]
[319]
[320].
Die Entfernung der regionären Lymphknoten, d. h. thorakal und abdominal – D2 und partiell
D1 –, evtl. zervikal, stellt den Standard für die operative Behandlung in kurativer
Intention dar. Die Entfernung der zervikalen Lymphknoten ist bei Tumoren des mittleren
und distalen Ösophagusdrittels nicht ausreichend begründet [319]
[320]
[321]. Der zurzeit akzeptierte Standard ist die sogenannte Zweifeld Lymphadenektomie (LAD),
d. h. des thorakalen und abdominalen Kompartments. Bei zervikalen Ösophaguskarzinomen
sollte das dritte Feld, d. h. die zervikalen Lymphknoten ebenfalls reseziert werden.
Bei der thorakalen und abdominalen Lymphadenektomie werden in der Regel mehr als 20
regionäre Lymphknoten entfernt und histopathologisch untersucht. Es konnte in mehreren
Studien gezeigt werden, dass bei transthorakaler Ösophagektomie und Zweifeld-LAD im
Median 27 Lymphknoten entfernt werden, bei der transhiatalen Resektion im Median nur
17 [201]
[311]. Bei der transthorakalen subtotalen Ösophagektomie nach Ivor-Lewis mit hoch intrathorakaler
Ösophagogastrostomie werden nach einer randomisierten Studie signifikant mehr Lymphknoten
(median 22 versus 18) entfernt als bei der transthorakalen Sweet Ösophagektomie mit
Anastomose im mittleren Mediastinum [307]. Auch in einer Multicenter-Studie mit mehr als 1500 eingeschlossenen Patienten variierte
der Median der entfernten Lymphknoten je nach operativem Zugang zwischen 20 und 33
[318].
In einer weiteren Multicenter-Studie wurde die prognostische Relevanz der Anzahl entfernter
Lymphknoten untersucht. Hier wurde bei einem Cut-off value von 23 entfernten Lymphknoten
ein signifikanter Überlebensvorteil nachgewiesen [317].
Die Zahl der entfernten und histologisch untersuchten Lymphknoten kann als Folge der
neoadjuvanten Radiochemotherapie bei adäquater Lymphadenektomie geringer sein als
ohne Vorbehandlung, nach entsprechenden Studien etwa um 2 untersuchte Lymphknoten
[322]
[323].
Formal ist für die pTNM-Klassifikation des Ösophaguskarzinoms zur Beschreibung von
pN0 die Entfernung und histologische Untersuchung von mindestens 7 regionären Lymphknoten
erforderlich [324]. Für die pTNM-Klassifikation des Magenkarzinoms ist eine Mindestanzahl von 16 Lymphknoten
für die pN0-Kategorie notwendig. Da es insbesondere beim Adenokarzinom des ösophagogastralen
Übergangs starke Überschneidungen zwischen Magen und Ösophagus gibt, erscheint die
Zahl von 16 oder mehr Lymphknoten für diese Festlegung der N-Kategorie deutlich repräsentativer.
Die formalen Anforderungen des TNM-Kommittees, die auf einem internationalen Konsens
beruhen, repräsentieren Mindestzahlen für die Erstellung der N-Klassifikation. In
der chirurgischen Praxis sind die oben genannten Zahlen von 20 – 30 Lymphknoten realistisch
[311]
[317]. Daher erscheint als Orientierung die Mindestanzahl von 20 entfernten Lymphknoten
bei der Zweifeld-Lymphadenektomie plausibel. Diese Aussage ist als Expertenkonsens
zu bewerten.
Limitierte distale Ösophagusresektion
Beim nicht endoskopisch entfernbarem T1 Mukosakarzinom kann statt der subtotalen Ösophagektomie
eine limitierte distale Ösophagusresektion vorgenommen werden.
Diese kann entweder abdomino-transhiatal oder abdomino-thorakal mit gesonderter interkostaler
oder abdomino-thorakaler Inzision durch den linken Rippenbogen erfolgen. Diese limitierte
Resektion sollte wenn möglich Vagus erhaltend, d. h. unter Belassung des vorderen
und hinteren Vagusstamms vorgenommen werden, um die Funktion des Restmagens zu erhalten.
Zwei Formen der Rekonstruktion sind dabei möglich:
-
Die direkte Ösophagogastrostomie im unteren Mediastinum oder
-
die Interposition des isoperistaltischen Jejunumsegmentes mit Ösophagojejunostomie
im unteren Mediastinum und Jejunogastrostomie im oberen Abdomen.
Bei der direkten Ösophagogastrostomie im unteren Mediastinum ist mit einer hohen Rate
an postoperativen Refluxsymptomen zu rechnen (s. o.). Bei Interposition einer isoperistaltischen
Jejunumschlinge sind bei Erhaltung der Vagusfunktion die Entleerung des Magens und
die Pylorusfunktion normal. Bei Resektion des Nervus vagus muss eine eventuelle Pylorusdilatation
oder Pyloroplastik erfolgen [325]
[326]. Es konnte aber gezeigt werden, dass die Lebensqualität nach Merendino-Operation
nicht besser ist im Vergleich zu Patienten mit subtotaler Ösophagektomie [327].
Spezialfall zervikales Ösophaguskarzinom
Beim zervikalen Ösophaguskarzinom kann in geeigneten Fällen eine zervikale Ösophagusresektion
über einen zervikalen Zugang mit oberer Sternotomie ausgeführt werden, die regionären
Lymphknoten werden dabei entfernt. Die Rekonstruktion erfolgt über ein freies Jejunuminterponat
mit microvaskulärem Anschluss an venöse und arterielle Halsgefäße. Alternativ kann
eine totale Ösophagektomie vorgenommen werden, mit Rekonstruktion durch Magenhochzug
oder Koloninterposition.
Die Ösophagusresektionen bis nahe an den oberen Ösophagussphinkter gehen mit einer
hohen Rate an postoperativen Anschluckstörungen und einer Aspirationsneigung einher.
Weiterhin ist die Rate an Recurrensparesen hoch. Die lange Transpositionsstrecke des
Magen- bzw. Koloninterponats führt oft im Spitzenbereich des hochgezogenen Organs
zu Vaskularisationsstörungen und damit zur Anastomoseninsuffizienz mit nachfolgenden
bougierungspflichtigen Strikturen. Bei freier Dünndarminterposition mit mikrovaskulären
Anastomosen sind ähnliche postoperative Probleme zu erwarten, insbesondere bei revisonspflichtigen
Thrombosen der anastomosierten Gefäße. Daher ist die definitive Radiochemotherapie
von Plattenepithelkarzinomen in dieser Lokalisation ein zunehmend präferiertes Behandlungskonzept.
Die Indikation zum chirurgischen Vorgehen bei derart hochsitzenden Tumoren muss aufgrund
der vorher genannten Risiken sehr sorgfältig abgewogen und mit dem Patienten unter
Nennung der weiteren Therapieoptionen eingehend besprochen werden.
Rekonstruktion
Nach totaler Gastrektomie mit distaler Ösophagusresektion wird die Kontinuität am
häufigsten mit einer Roux-Y Jejunumschlinge und End-zu-Seit Ösophagojejunostomie transhiatal
im unteren Mediastinum wiederhergestellt.
Das Verfahren der Wahl zur Rekonstruktion nach subtotaler Ösophagektomie ist der Magenhochzug.
Als Verfahren der zweiten Wahl kommt die Koloninterposition in Betracht, insbesondere
bei Patienten nach Voroperationen am Magen. In Ausnahmefällen, bei sehr günstiger
Gefäßanatomie, kann das Jejunum als Interponat eingesetzt werden. In der Regel ist
der zu gewinnende Gefäßstiel eines Jejunuminterponats jedoch zu kurz. Die beste Route
zur Rekonstruktion ist das hintere Mediastinum. Bei besonderen Bedingungen, z. B.
hohes Risiko für ein Rezidiv im hinteren Mediastinum oder geplanter Bestrahlung des
hinteren Mediastinums, oder beim zweizeitigen Verfahren mit verzögerter Rekonstruktion
kann das vordere Mediastinum retrosternal zum Hochführen des Interponates verwendet
werden.
Die Rekonstruktionsroute durch das vordere Mediastinum ist ca. 5 cm länger als im
hinteren Mediastinum. Es besteht bei der Rekonstruktion im vorderen Mediastinum retrosternal
die Tendenz zur Siphonbildung an der oberen Thoraxapertur. Dieses bringt oft eine
schlechtere Schluckfunktion mit sich. Die Rekonstruktion ante-sternal subcutan bleibt
wenigen Ausnahmefällen vorbehalten.
Das häufigste Verfahren ist die einzeitige Resektion und Rekonstruktion. Bei Patienten
mit eingeschränkter funktioneller Belastbarkeit oder fraglicher Vaskularisation des
vorbereiteten Mageninterponates kann eine zweizeitige Rekonstruktion sinnvoll sein
[306]
[328].
Pyloroplastik
Die Bildung des Mageninterponats kann mit und ohne Pyloroplastik ausgeführt werden.
Es gibt jedoch weder in einer Metaanalyse noch in systematischen Reviews eine eindeutige
Evidenz für die Durchführung der Pyloroplastik beim Magenhochzug [329]
[330].
Die Metaanalyse von Urschel [329] basiert auf 9 randomisierten Studien und zeigte für den Vergleich „mit Pyloromyotomie/Pyloroplastik
versus ohne“ keine statistisch signifikanten Unterschiede hinsichtlich:
-
operativer Mortalität: 0,92 (95 % KI, 0,34 – 2,44)
-
Anastomoseninsuffizienz: 0,90 (95 % KI, 0,47 – 1,76)
-
pulmonaler Komplikationen: 0,69 (95 % KI, 0,42 – 1,14)
-
Komplikationen der Pyloromyotomie/Pyloroplastik: 2,55 (95 % KI, 0,34 – 18,98)
-
fatale pulmonale Aspirationen: 0,25 (95 % KI, 0,04 – 1,60)
Nur bzgl. früh-postoperativer funktioneller Schlauchmagenentleerungsstörungen zeigte
die Metaanalyse einen statistisch signifikanten Vorteil der Pylorusdrainage (RR 0,18;
95 % KI, 0,03 – 0,97).
Ein systematischer Review [330] ergab keinen signifikanten Trend pro Pylorusdrainage im Hinblick auf:
-
Langzeitergebnisse der Schlauchmagenentleerung,
-
Nahrungsmittelaufnahme und des nutritiven Status,
-
obstruktive Symptome des oberen Gastrointestinaltrakts
Bezüglich des Langzeitergebnisses „Gallereflux“ bestand ein nicht-signifikanter Trend
pro „keine Pylorusdrainage“.
Hiatoplastik
Wegen der möglichen Ausbildung paragastraler Hiatushernien und der Gefahr der Inkarzeration
von Dünndarm oder Kolon sollte nach Magenhochzug oder Koloninterposition bei zu weitem
Zwerchfelldurchtritt eine Hiatoplastik vorgenommen werden [331]
[332]
[333].
Minimal invasive Ösophagektomie (MIC)
Die Ösophagusresektion und Rekonstruktion mit Magenhochzug kann minimal invasiv erfolgen.
Folgende Varianten sind möglich:
-
Total minimal invasiv mit laparoskopischer Gastrolyse und thorakoskopischer Ösophagektomie,
entweder mit intrathorakaler oder zervikaler Ösophagogastrostomie.
-
Hybridverfahren:
-
laparoskopische Gastrolyse und transthorakale offene Ösophagektomie, entweder mit
intrathorakaler oder zervikaler Anastomose
-
offene Gastrolyse und thorakoskopische Ösophagektomie, entweder mit intrathorakaler
oder zervikaler Anastomose.
-
laparoskopische Gastrolyse und transhiatale Ösophagektomie mit zervikaler Ösophagogastrostomie
Es gibt ein publiziertes Studienprotokoll eines laufenden prospektiv randomisierten
Projektes und eine abgeschlossene prospektiv randomisierte Studie zum Vergleich minimalinvasiver
versus offener Verfahren [334]
[335]. Die randomisierte Multicenter-Studie (TIME-trial, Netherlands Trial Register, NTR
TC 2,452] mit relativ kleinen Patientenzahlen in den beiden Gruppen beinhaltete sowohl
intrathorakale als auch cervicale Anastomosen und unterschiedliche Techniken der seitengetrennten
Lungenbelüftung in den Vergleichsgruppen [335]. Folgende Ergebnisse wurden erzielt:
Die 1-Jahres und 3-Jahres Resultate des TIME-trial zur Lebensqualität und Prognose
sind inzwischen publiziert worden [336]
[337]. Die 1-Jahres-Lebensqualität hinsichtlich physischer Aktivität, globaler Gesundheit
und Schmerzen war in der MIC-Gruppe signifikant besser [336]. Auffallend ist jedoch, dass in beiden Gruppen 44 % nach MIC und 39 % nach offener
Operation wegen symptomatischen Anastomosen-Stenosen endoskopisch z. T. mehrfach gedehnt
werden mussten. Damit hatte fast die Hälfte der Patienten nach der Operation wieder
das gleiche Symptom wie vorher: Dysphagie. Dieses sehr ungünstige Ergebnis wirft Fragen
auf zur angewandten Operationstechnik.
Das 3-Jahres-Langzeit-Überleben war in den beiden Gruppen des TIME-trial ohne signifikanten
Unterschied [337]. Langzeitergebnisse nicht randomisierter Studien zur MIC-Ösophagektomie lassen keine
genaue Beurteilung der Prognose im Vergleich zu offenen Verfahren zu [338]
[339]
[340].
Der sog. MIRO-Trial – bislang allerdings nur als Abstract publiziert – [341] mit dem Vergleich offene Ösophagektomie und Magenhochzug versus laparoskopische
Gastrolyse und Ösophagektomie per Thorakotomie (Hybrid-Verfahren) ergab signifikant
geringere Raten bezüglich:
-
postoperativer Morbidität,
-
postoperativer pulmonaler Komplikationen und
-
des postoperativen DINDO-Scores II-IV zugunsten der Hybrid-Technik
Der einzige Vergleich zwischen der genannten Hybrid-Technik und der total MIC ist
von Bonavina beschrieben [342]. In einem propensity-score matching bezüglich Alter, Geschlecht, Body-Mass-Index
(BMI), forciertes Expirationsvolumen in 1 Sekunde (FEV1), Charlson-Comorbidity Index
(CCI), American Society of Anesthesiology (ASA) Score, Histologie, Tumorlokalisation,
pTNM-Stadium und neoadjuvante Therapie gab es zwischen beiden Gruppen keine signifikanten
Unterschiede von postoperativer Morbidität/Mortalität, Zahl der resezierten Lymphknoten,
R0-Resektionsrate und 1-Jahres-Überleben. Nur die Zeitdauer der Operation war bei
MIC signifikant länger.
Aufgrund dieser wenigen Daten kann die minimal invasive Chirurgie noch nicht als Standardverfahren
empfohlen werden, zumal diese in einzelnen Serien auch erhöhte Komplikationsraten
bezüglich Anastomoseninsuffizienzen und Recurrensparesen aufwies [339]
[343]
[344]
[345].
In retrospektiven Studien zeigte sich auch eine erhöhte Rate an paragastralen Hiatushernien
[346]
[347], Die Lymphknotenzahl ist in vielen Serien mit minimal invasiver Ösophagektomie geringer
als in den Vergleichsgruppen mit offener Chirurgie.
Perioperative Komplikationen
Aufgrund der hohen Koinzidenz von Begleiterkrankungen und dem häufigen Vorhandensein
diverser Risikofaktoren bei Patienten mit Ösophaguskarzinom einerseits und der Invasivität
der radikal-chirurgischen Therapie andererseits können perioperative Komplikationen
nicht komplett vermieden werden. Die Prävention, die Früherkennung und das entsprechende
konsequente Management von Komplikationen nach Ösophagektomie stellen die wichtigsten
Ansatzpunkte für die erfolgreiche Behandlung des Ösophaguskarzinoms dar.
Die internationale Esophagectomy Complications Consensus Group (ECCG) hat eine Standardisierung
der exakten Dokumentation von Komplikationen bei Ösophagektomie vorgenommen, um Daten
aus verschiedenen Zentren vergleichbar zu machen [348]. Die ersten über 2700 dokumentierten Fälle zeigen eine gute Reproduzierbarkeit dieses
Dokumentationssystems zur Erfassung von Komplikationen und verläßliche Daten aus großen
Zentren [349]. Dieses von Experten erstellte Dokumentationssystem mit genauer Definition und Graduierung
von Komplikationen ist zu empfehlen. Es dient der Überprüfung der eigenen Ergebnisse
in Morbiditäts- und Mortalitätskonferenzen und der Qualitätssicherung (siehe Kapitel
12. Qualitätsindikatoren).
8.3.4. Vorgehen bei Oligometastasierung
8.13.
|
Konsensbasierte Empfehlung
|
geprüft 2018
|
EK
|
Bei präoperativem Nachweis einer Fernmetastasierung soll keine Operation erfolgen.
Bei intraoperativem Befund vorher nicht bekannter, sehr limitierter Fernmetastasen
können diese zusammen mit dem Primärtumor entfernt werden.
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Konsensstärke
|
Starker Konsens (100 %)
|
Hintergrund
Die Ösophagektomie und gleichzeitige Resektion von Fernmetastasen bringt nach kleinen
retrospektiven Serien keinen prognostischen Vorteil. Daher sollte bei präoperativer
M1-Situation die Ösophagektomie vermieden werden. Wird jedoch intraoperativ eine kleine
gut resektable Metastase z. B. an Lunge oder Leber entdeckt, kann die Metastasenresektion
zum einen zur histologischen Sicherung und zum anderen zur vollständigen Tumorresektion
im Rahmen der Ösophagektomie ausgeführt werden [350]
[351].
8.3.5. Perioperative Ernährung
8.14.
|
Konsensbasierte Empfehlung
|
geprüft 2018
|
EK
|
Im Rahmen der präoperativen Risikostratifizierung soll ein Screening auf Mangelernährung
erfolgen
|
Konsensstärke
|
Starker Konsens (100 %)
|
Hintergrund
Der Einfluss des Ernährungsstatus auf die postoperative Komplikationsrate nach großen
Eingriffen ist vielfach gezeigt worden [352]
[353]. Trotz krankheitsassoziiertem Gewichtsverlust kann der Körpermassenindex (BMI) bei
Patienten mit Übergewicht präoperativ deutlich über der von der World Health Organization
(WHO) als kritisch definierten Grenze von 18,5 kg/m2 liegen. Der Gewichtsverlust für
sich bedeutet eine Veränderung der Körperzusammensetzung, die ein „metabolisches Risiko“
nach sich zieht, welches bei Patienten bei der Planung einer großen Tumoroperation
berücksichtigt werden muss [234].
Das krankheitsassoziierte metabolische Risiko kann sehr leicht mit dem „Nutritional
Risk Score“ (NRS) [354] erfasst werden. Dieses Screening-Instrument ist auch für chirurgische Patienten
in aktuellen Studien validiert worden [355]
[356]. In einer großen Kohortenstudie hat sich bei abdominalchirurgischen Patienten die
im NRS erfasste verminderte Nahrungsaufnahme in der Woche vor der Krankenhausaufnahme
sogar als alleiniger Risikoprädiktor gezeigt [357]). Für ältere chirurgische Patienten (> 65 Jahre) konnten in einer systematischen
Übersicht von 15 Studien aus den Jahren 1998 bis 2008 nur der Gewichtsverlust und
die mit einem schlechten Ernährungsstatus assoziierte Verminderung des Serumalbumins
als prädiktive Parameter der postoperativen Morbidität gefunden werden [234].
Von der Europäischen Gesellschaft für Klinische Ernährung und Stoffwechsel (ESPEN)
[352] wird das hohe metabolische Risiko bei Vorliegen eines der folgenden Kriterien definiert:
Ein präoperativ niedriger Serum-Albuminspiegel ist ein prognostischer Faktor für postoperative
Komplikationen und Letalität, was auch durch neuere Daten bestätigt wird [358]
[359].
8.15.
|
Konsensbasierte Empfehlung
|
geprüft 2018
|
EK
|
Unabhängig vom Ernährungsstatus sollte während einer neoadjuvanten Therapie begleitend
eine Ernährungsberatung angeboten werden.
|
Konsensstärke
|
Starker Konsens (95 %)
|
Hintergrund
Während in Deutschland eine Diätberatung, wenn überhaupt, zumeist postoperativ vor
der Entlassung oder während einer Rehabilitationsbehandlung erfolgt, werden in vielen
europäischen Ländern die Diätassistentinnen („dietitians“) in der Chirurgie bereits
sehr früh präoperativ eingebunden.
So ist ganz aktuell von einer niederländischen Arbeitsgruppe [360] der Einfluss einer intensiven perioperativen Ernährungstherapie (INS) bei Patienten
mit Ösophaguskarzinom über ein Jahr prospektiv untersucht worden. Hierbei wurden 37
Patienten (35 mit neoadjuvanter Therapie) in der Interventionsgruppe mit 28 in den
drei Jahren zuvor nach Standard, wenn auch mit einem geringeren Anteil neoadjuvant
behandelter Patienten verglichen.
Die intensive Ernährungstherapie beinhaltete eine durch eine onkologisch spezialisierte
Diätassistentin durchgeführte Beratung mit dem Ziel einer Gewichtserhöhung durch Energieaufnahme
von 1,3 – 1,5-mal dem geschätzten Energiebedarf. Die Patienten wurden zu häufigen
Mahlzeiten unter Supplementierung mit Trinknahrung angehalten.
Während der neoadjuvanten Phase bestanden ein-zweiwöchentliche telefonische Kontakte
zur Frage von Ernährungsproblemen und zur Gewichtskontrolle. Bei inadäquater oraler
Gewichtsaufnahme wurde eine ergänzende Sondenernährung begonnen. Während der Operation
erhielten die Patienten eine Feinnadelkatheterjejunostomie, die während des stationären
Aufenthalts und auch nach der Entlassung zur Supplementierung bis zum Erreichen einer
energiebedarfsdeckenden oralen Nahrungsaufnahme genutzt wurde. Während der stationären
Phase wurden die Patienten zweimal wöchentlich von der Diätassistentin visitiert,
nach der Entlassung oder während einer adjuvanten Chemo- oder Radiotherapie alle 1 – 2
Wochen für 3 Monate, danach monatlich bei Bedarf ggf. häufiger bis zum Ende des ersten
Jahres. Die Patienten der Kontrollgruppe erhielten nicht regelhaft präoperativ noch
eine Diätberatung, jedoch bei der ersten stationären Aufnahme. Intraoperativ wurde
auch bei diesen Patienten eine FKJ angelegt. Die Betreuung nach der Entlassung erfolgte
nicht strukturiert, sondern vor allem telefonisch.
In der Interventionsgruppe stieg das Körpergewicht zwischen dem ersten Kontakt und
der Operation relativ zur Kontrollgruppe um + 4,7 ± 1,7 % adjustiert für die möglichen
Confounder neodadjuvante Vorbehandlung, ASA Score, Rauchen und Alkohol signifikant
an (p = 0,009).
Die postoperative Rate schwerer Komplikationen (≥IIIb) nach Dindo war signifikant
niedriger in der Interventionssgruppe (9/28 = 32 % vs. 22/37 = 60 %; p = 0,045). Keine
Komplikation trat bei 7/28 = 25 % vs. 3/37 = 8 %; p = 0,037 auf. Sowohl die Länge
des Intensivaufenthalts als auch die Krankenhausverweildauer (25 vs. 19,5 Tage) waren
signifikant kürzer (p = 0,039). Die Krankenhausletalität (3/28 = 11 % vs. 1/37 = 3 %)
war ohne signifikanten Unterschied. Auch diese Ergebnisse sprechen für eine intensive
perioperative ernährungsmedizinische Mitbehandlung gerade bei den großen Tumoroperationen.
Die Indikation zur perkutanen endoskopischen Gastrostomie während einer neoadjuvanten
Therapie sollte insbesondere bei geplanter Ösophagusresektion und Magenhochzug äußerst
kritisch und nur in Rücksprache mit dem verantwortlichen Chirurgen gestellt werden.
Dann ist eine Direktpunktion zur Vermeidung einer Verschleppung von Tumorzellen bei
Durchzugstechnik anzustreben [361]. Günstiger ist die Anlage einer Feinnadelkatheterjejunostomie z. B. laparoskopisch,
die auch bei der Resektion belassen werden kann.
8.16.
|
Evidenzbasierte Empfehlung
|
geprüft 2018
|
Empfehlungsgrad
A
|
Patienten mit schwerer Mangelernährung d. h. hohem metabolischen Risiko sollen vor
der Operation eine Ernährungstherapie erhalten, selbst wenn die Operation verschoben
werden muss.
|
Level of Evidence
1a
|
Literatur: [18]
[235]
[362]
[363]
[364]
[365]
[366]
[367]
|
Konsensstärke
|
Starker Konsens (95 %)
|
Hintergrund
Hierbei handelt es sich um eine Leitlinienadaptation [235]. Da sehr viele Patienten ihren Energiebedarf präoperativ durch die normale Ernährung
nicht decken, sollten diese Patienten unabhängig vom Ernährungsstatus zur Einnahme
einer oralen Trinknahrung motiviert werden.
Obwohl die Vorteile einer immunmodulierenden Trinklösung in vielen Studien für Patienten
mit Tumoren im Gastrointestinaltrakt gezeigt worden sind, ist die Datenlage für Patienten
mit Ösophaguskarzinom nicht eindeutig. Eine Metaanalyse von sechs prospektiven randomisierten
kontrollierten Studien mit Einschluss von 628 Patienten mit Operationen von Ösophagus
und Magen konnte keine Konsistenz in den klinischen Outcome-Parametern bei enteraler
Immunonutrition zeigen [362]. So ist auch das geeignete „Timing“ der Immunnutrition prä- oder perioperativ derzeit
offen [363].
Die Verschiebung einer Operation mit dem Ziel der ernährungsmedizinischen Konditionierung
ist nur bei Patienten mit hohem metabolischem Risiko, d. h. schwerer Mangelernährung
gerechtfertigt. Primär sollte immer einer enteralen Ernährung der Vorzug gegeben werden
– möglichst prästationär zur Vermeidung einer noskomialen Infektion (Leitlinienadaptation
Magenkarzinomm und Klinische Ernährung) [18]
[235].
Jie et al. [364] haben in einer kontrollierten Studie die Indikation zur präoperativen Ernährung
nach dem NRS gestellt. 512 Patienten waren nach dem NRS Risikopatienten (NRS> 3).
Diese erhielten aufgrund der Erfahrung des Chirurgen ohne Kenntnisse über den NRS
enterale oder parenterale Ernährung für sieben Tage präoperativ. Unterschiede der
Infektionsrate und der Krankenhausverweildauer wurden bei Patienten mit einem NRS
von drei und vier im Fall einer präoperativen Ernährung nicht gefunden.
Von 120 Patienten mit einem NRS von mehr als fünf profitierten diejenigen, welche
eine präoperative Ernährung erhielten mit signifikant niedrigerer Komplikationsrate
(25,6 vs. 50,6 %, p = 0,008) und kürzerer Krankenhausverweildauer (13,7 ± 7,9 vs.
17,9 ± 11,3 Tage, p = 0,018).
Durch parenterale Ernährung kann eine Erholung der physiologischen Funktion und des
Körpergesamtproteins innerhalb von 7 Tagen erwartet werden. Zu einer weiteren signifikanten
Verbesserung kommt es jedoch auch noch in der zweiten Woche [365] Eine aktuelle Cochrane Analyse zur präoperativen parenteralen Ernährung bei Patienten
mit gastrointestinalen Operationen zeigte eine signifikante Reduktion der Komplikationen
von 45 auf 28 % [366]. Diese Autoren diskutierten einen Bias, da drei der eingeschlossenen Studien mehr
als 20 Jahre alt waren. Zwei wichtige Studien [367]
[368] mit positivem Ergebnis waren jedoch nicht eingeschlossen wurden. Wenn eine parenterale
Ernährung bei Patienten mit einem Gewichtsverlust > 10 % für 10 Tage präoperativ durchgeführt
und postoperativ neun Tage fortgeführt wurde, war die Komplikationsrate signifikant
um 30 % niedriger mit Tendenz zur Reduktion der Letalität [367].
8.17.
|
Konsensbasierte Empfehlung
|
geprüft 2018
|
EK
|
Nach Ösophagusresektion sollte aufgrund des metabolischen Risikos innerhalb von 24 h
mit einer enteralen Ernährung begonnen werden. Eine parenterale Supplementierung kann
empfohlen werden, wenn weniger als 60 – 75 % der Energiemenge auf enteralem Weg zugeführt
werden können.
|
Konsensstärke
|
Konsens (86 %)
|
Hintergrund
Eine postoperative künstliche Ernährung ist bei Patienten mit Mangelernährung und
solchen ohne manifeste Mangelernährung indiziert, wenn vorherzusehen ist, dass der
Patient für mehr als sieben Tage unfähig zur oralen Kostzufuhr sein wird. Die Indikation
besteht ebenfalls für Patienten, die für mehr als 10 Tage nicht in der Lage sind,
mehr als 60 – 75 % der empfohlenen Energiemenge oral oder enteral aufzunehmen (Leitlinienadaptation
Klinische Ernährung Chirurgie) [235]
Die Vorteile einer postoperativ frühzeitigen enteralen Ernährung beginnend innerhalb
von 24 Stunden sind in mehreren Metaanalysen im Hinblick auf eine Verminderung der
Infektionsrate, der Krankenhausverweildauer und sogar der Letalität gezeigt worden
[369]
[370]
[371]. Da nach Ösophagusresektion eine frühe orale, am Kalorienbedarf orientierte Ernährung
nicht möglich ist, empfiehlt es sich, bereits intraoperativ eine Ernährungssonde entweder
duodenal/jejunal zu platzieren oder als Feinnadelkatheterjejunostomie (FKJ) anzulegen
[235].
Für Patienten nach Ösophagusresektion zeigte eine Beobachtungsstudie signifikante
Vorteile der sicheren längerfristigen enteralen Ernährung über die FKJ, insbesondere
beim Vorliegen von Anastomosenproblemen [353]. Die Komplikationsrate der FKJ war niedrig (1,5 %) [372]. Für die frühzeitige enterale Ernährung nach Ösophagusresektion und die katheterassoziierten
Komplikationen fand sich in einer prospektiven randomisierten kontrollierten Studie
kein signifikanter Unterschied zwischen dem Einsatz einer nasoduodenalen Sonde oder
einer FKJ [373].
Da nasojejunale und nasoduodenale Sonden signifikant häufiger und früher dislozieren
[374]
[375] ist die FKJ der nasojejunalen oder -duodenalen Sonde zur längerfristigen enteralen
Ernährung überlegen [375].
Eine parenterale Supplementierung der enteralen Zufuhr sollte erfolgen, wenn weniger
als 60 – 75 % der Energiemenge auf dem enteralen Weg zugeführt werden können (Leitlinienadaptation
Klinische Ernährung Chirurgie) [235].
8.3.6. Vorgehen bei R1 / R2-Resektion
8.18.
|
Konsensbasierte Empfehlung
|
geprüft 2018
|
EK
|
Im Falle einer intraoperativ nachgewiesenen R1-Resektion sollte unabhängig von einer
präoperativen Therapie zunächst die Möglichkeit einer kurativen Nachresektion geprüft
werden. Wenn diese nicht möglich ist, sollte nach Diskussion in der interdisziplinären
Tumorkonferenz eine postoperative Radiochemotherapie erfolgen.
Bei einer postoperativ erkannten R1-Resektion sollte eine Radiochemotherapie erfolgen,
da die Bedingungen für eine Nachresektion ungünstig sind. In Einzelfällen kann eine
„wait and see“ Strategie empfohlen werden.
|
Konsensstärke
|
Starker Konsens (100 %)
|
8.19.
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Konsensbasierte Empfehlung
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geprüft 2018
|
EK
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Im Falle einer lokoregionären R2-Resektion kann nach Diskussion in der interdisziplinären
Tumorkonferenz eine postoperative Radiochemotherapie durchgeführt werden.
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Konsensstärke
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Starker Konsens (100 %)
|
Hintergrund
Es gilt als gesichert, dass eine inkomplette Entfernung des Primärtumors einen Tumorrückfall
nach sich ziehen wird, also als palliativ anzusehen ist. Dies ist für die R2-Resektion
unbestritten (makroskopischer Tumorrest verbleibt bei der OP). Jüngere retrospektive
Daten aus Großbritannien ziehen jedoch in Zweifel, dass eine R1-Resektion mit mikroskopischem
Tumorrest im sog. zirkumferentiellen Resektionsrand unzweifelhaft mit einer schlechten
Prognose verbunden ist [376]
[377]. Dennoch wird jeder Chirurg ggf. durch Schnellschnittdiagnostik anstreben, eine
R0-Resektion nicht nur longitudinal, sondern auch zirkumferentiell zu erzielen.
Falls dies primär nicht gelungen ist, wird bei einer longitudinalen R1-Resektion üblicherweise
im Behandlungsteam eine Nachresektion diskutiert, obwohl dies beim Ösophaguskarzinom
meist mit einem (zu) großen Aufwand bzw. (zu) hohem Risiko verbunden ist. Darüber
hinaus ist das optimale Vorgehen nach einer inkompletten Resektion beim Ösophaguskarzinom
nicht gut durch Daten belegt. Prospektive Studien aus den 80iger Jahren legen nahe,
dass eine additive Radiotherapie die Lokalrezidivrate, jedoch nicht das rückfallfreie
oder gar das Gesamtüberleben verbessern kann [378]
[379]. Zur additiven Chemotherapie gibt es keine belastbaren Daten ([Abb. 3], [4]).
Abb. 3 Therapiealgorithmus bei funktionell operablen und onkologisch resektablen Adenokarzinomen
des Ösophagus und des gastroösophagealen Übergangs. [rerif]
Abb. 4 Therapiealgorithmus bei funktionell operablen und onkologisch resektablen Plattenepithelkarzinomen
des Ösophagus. Zur Therapie mittels definitiver Radiochemotherapie bei lokalisierten
Plattenepithelkarzinomen des zervikalen Ösophagus siehe Empfehlung 8.32. [rerif]
8.3.7. Vorgehen bei Lokalrezidiv nach Operation
8.20.
|
Konsensbasierte Empfehlung
|
geprüft 2018
|
EK
|
Bei einem isolierten Lokalrezidiv nach kurativ intendierter Operation kann nach Diskussion
in einer interdisziplinären Tumorkonferenz erneut eine Operation durchgeführt werden.
Die sorgfältige Evaluation der Operabilität und der Resektabilität sollte durch ein
in der Ösophaguschirurgie erfahrenes Behandlungsteam vorgenommen werden.
Alternativ soll eine Radiochemotherapie angeboten werden, sofern keine Vorbestrahlung
im Rezidivgebiet erfolgt ist bzw. wenn eine ausreichende Normalgewebetoleranz vorhanden
ist.
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Konsensstärke
|
Starker Konsens (100 %)
|
Hintergrund
Prospektive und retrospektive Studien haben gezeigt, dass isolierte Lokalrezidive
oder Lymphknotenmetastasen von Plattenepithelkarzinomen des Ösophagus nach Operation
ohne eine prä- oder postoperative Radiochemotherapie mit einer definitiven Strahlentherapie
oder Radiochemotherapie im Rezidiv eine kurative Chance haben [380]
[381]
[382].
Dabei stellte sich auch in dieser Situation die simultane Radiochemotherapie als effektiver
heraus. Die 5-Jahre-Überlebensraten nach Salvage-Radiochemotherapie lagen in den genannten
Studien zwischen 14 % und 45 %, sie unterscheiden sich also nicht wesentlich von denen
in der Primärtherapie. Anastomosenrezidive hatten in zwei der Studien eine schlechtere
Prognose als regionale Lymphknotenmetastasen. Mit zunehmender Zahl befallener regionaler
Lymphknotenmetastasen im Rezidiv nimmt die Prognose ab. Das Zeitintervall zwischen
Primärtherapie und Rezidivtherapie war in keiner der Studien von Bedeutung.
Bei isolierten Lokalrezidiven eines Adenokarzinoms des Ösophagus kommt ebenfalls eine
Radiochemotherapie in Frage. Langzeitüberlebende wurden auch hier beobachtet [383]
[384]. Teilweise erhielten Patienten nach vorausgegangener neoadjuvanter Radiochemotherapie
im Rezidiv eine Salvage-Radiochemotherapie. Isolierte Lokalrezidive sind nach neoadjuvanter
Therapie und Resektion mit unter 15 % selten [384]
[385]. In der Studie von Sudo et al. [384] hatten 5,4 % von 518 Patienten mit lokal fortgeschrittenen Adenokarzinomen des ösophagogastralen
Übergangs ein isoliertes Lokalrezidiv nach neoadjuvanter Radiochemotherapie und Operation.
Die Rezidivbehandlung war stark von den individuellen Risikofaktoren des einzelnen
Patienten und der Rezidivlokalisation abhängig. 44 % der Patienten mit isoliertem
lokoregionalen Rezidiv erhielten eine Radiochemotherapie bei Rezidiven außerhalb der
initial bestrahlten Volumina. Die 3-Jahre-Überlebensrate dieser Patienten betrug 25 %
nach der Rezidivtherapie. Die Mehrzahl der Patienten entwickelten im Verlauf Fernmetastasen.
8.4. Multimodale Therapiekonzepte
8.21.
|
Konsensbasierte Empfehlung
|
geprüft 2018
|
EK
|
Wenn eine neoadjuvante Therapie vorgesehen ist, soll vor Beginn der Therapie bei den
Patienten eine Risikoanalyse wichtiger Organfunktionen und ein Screening auf Mangelernährung
durchgeführt werden.
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Konsensstärke
|
Konsens (91 %)
|
Hintergrund
Vor jeder potenziell belastenden Therapie ist der zu erwartende Nutzen gegenüber dem
möglichen Risiko abzuwägen, daher sollte das Risiko einer Therapie zuvor durch Untersuchung
der Organfunktionen abgeschätzt werden. Ebenso ist eine Mangelernährung mit erhöhter
OP-Morbidität assoziiert (vgl. Empfehlung 8.14.).
8.4.1. Präoperative Radiotherapie
8.22.
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Evidenzbasierte Empfehlung
|
geprüft 2018
|
Empfehlungsgrad
0
|
Eine alleinige präoperative Strahlentherapie kann beim operablen Patienten mit einem
resektablen Ösophaguskarzinom nicht empfohlen werden.
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Level of Evidence
2a
|
Literatur: [386]
[387]
[388]
|
Konsensstärke
|
Starker Konsens (95 %)
|
Hintergrund
Malthaner et al. [386] analysierten für das Cancer Care Ontario’s Program die randomisierten Studien zur
präoperativen Strahlentherapie im Vergleich zur alleinigen Operation beim Ösophaguskarzinom.
In dieser Metaanalyse wurden die Überlebensraten nach einem Jahr von 5 randomisierten
Studien für beide Therapiearme verglichen. Alle randomisierten Studien wurden vor
1988 beendet. Insgesamt gingen in diese Analyse Daten von 716 Patienten ein. Eine
identifizierte Studie wurde ausgeschlossen, da hier keine Überlebensdaten nach einem
Jahr verfügbar waren. Das relative Risiko im ersten Jahr zu versterben betrug nach
präoperativer Strahlentherapie 1,01 (95 % KI 0,88 – 1,16) im Vergleich zur alleinigen
Operation. Somit wurde kein Vorteil für eine neoadjuvante Strahlentherapie im Vergleich
zur alleinigen Operation bei Patienten mit operablem Ösophaguskarzinom gefunden. In
einer zweiten Metaanalyse wurden individuelle Überlebensdaten von 1038 Patienten aus
5 randomisierten Studien mit bis zu 10 Jahre Nachbeobachtungszeit ausgewertet [387]. Die beiden Metaanalysen stimmten im Einschluss von 4 Studien überein, unterschieden
sich aber bei der fünften Studie. Plattenepithelkarzinome waren die vorherrschende
histologische Gruppe in den eingeschlossenen Studien und wurden bei 86 % diagnostiziert.
Jedoch zeigte keine der Studien eine nach heutigen Standards adäquate Dosierung der
Strahlentherapie. In drei der Studien wurden Strahlendosen von über 3,0 Gy pro Tag
verwendet. In zwei Studien wurden sehr geringe Gesamtdosen von 20 Gy mit 2,0 Gy pro
Fraktion oder von 35 Gy mit 1,75 Gy pro Fraktion appliziert.
In dieser Metaanalyse wurde eine Hazard-Ratio von 0,91 (95 % KI 0,80 – 1,04) zugunsten
der präoperativen Strahlentherapie errechnet. Da das Konfidenzintervall die 1 schneidet,
konnte auch hier ein Überlebensvorteil durch eine präoperative Radiotherapie nicht
nachgewiesen werden.
Neben den randomisierten Studien wurde eine größere vergleichende retrospektive Analyse
zur präoperativen Strahlentherapie beim Ösophaguskarzinom mit Daten der Surveillance,
Epidemiology, and End Results (SEER) Datenbank des Nationalen Krebsregisters der USA
durchgeführt [388]. In dieser Datenbank wurden 441 Patienten mit einem Ösophaguskarzinom der Kategorien
cT2-cT4 ohne Fernmetastasen gefunden, die mit präoperativer Strahlentherapie behandelt
wurden. Im gleichen Zeitraum wurden 592 Patienten mit alleiniger Operation identifiziert.
Adenokarzinome waren der vorherrschende histologische Tumortyp (bei 67 % der Patienten).
Patienten mit präoperativer Strahlentherapie zeigten hier in der multivariaten Analyse
einen signifikanten Überlebensvorteil mit einem Hazard Ratio von 0,67 (0,57 – 0,75).
Daten zur begleitenden Chemotherapie waren aber nicht in der SEER Datenbank verzeichnet,
sodass eine simultane Chemotherapie bei einer Vielzahl der Patienten nicht ausgeschlossen
werden konnte. Auch kann ein Selektionsbias innerhalb einer derartigen retrospektiven
Studie nicht ausgeschlossen werden. Insgesamt ist die Evidenz für einen Überlebensvorteil
mit einer präoperativen Radiochemotherapie beim Plattenepithelkarzinom deutlich besser
als mit einer alleinigen präoperativen Strahlentherapie. Beim Adenokarzinom gilt dies
für die perioperative Chemotherapie und die präoperative Radiochemotherapie.
In eine unizentrische Phase II-Studie eines Zentrums in China wurden zwischen 2002
und 2003 insgesamt 98 operable Patienten mit lokalisiertem Plattenepithelkarzinom
des Ösophagus randomisiert [382]. Offenbar war auch die Aufnahme von Patienten mit einem isolierten Rezidiv im Bereich
der Anastomose erlaubt (n = 24). Die Patienten erhielten eine dreidimensional geplante
konformale Radiotherapie von 46 – 50 Gy mit anschließendem Boost bis 62 – 70 Gy. Da
alle Patienten letztlich eine kurative Resektion erhielten, spricht vieles dafür,
dass Patienten ausgeschlossen wurden, die nicht zur OP kamen oder bei denen keine
R0-Resektion möglich war (nicht berichtet). Die Studie untersuchte, ob eine gleichzeitige
wöchentliche Chemotherapie mit 30 mg/m2 Cisplatin (Arm B, n = 49) gegenüber einer alleinigen präoperativen Radiotherapie
(Arm A, n = 49) das Überleben der Patienten verbessert. Der Statistikplan ist nicht
dargestellt.
Die kombinierte Chemoradiotherapie verbesserte im Trend die mediane Überlebenszeit
(19 vs. 35 Monate, p = 0,051) und das Langzeitüberleben nach 5 Jahren (p = 0,051).
Die zusätzliche Chemotherapie mit Cisplatin erwies sich in einer multivariaten Analyse
als unabhängiger Prognosefaktor. Die Studie weist erhebliche methodische Schwächen
auf (unizentrisch, geringe Patientenzahl, Patienten mit Rezidiv zugelassen, unklare
Stadienverteilung vor Therapie, unklare Dosisverteilung der präoperativen Bestrahlung
zwischen den Behandlungsarmen) [382].
Die Ergebnisse dieser Studie haben nach Meinung der Arbeitsgruppe keinen Einfluss
auf die Empfehlung 8.22, welche eine präoperative Radiotherapie beim resektablen SCC
des Ösophagus nicht empfiehlt.
8.4.2. Präoperative Radiochemotherapie und perioperative Chemotherapie
8.23.
|
Evidenzbasierte Empfehlung
|
geprüft 2018
|
Empfehlungsgrad
0
|
Bei lokalisierten Adenokarzinomen des Ösophagus und des ösophagogastralen Übergangs
der Kategorie cT2 kann eine präoperative Chemotherapie durchgeführt und postoperativ
fortgesetzt werden.
|
Level of Evidence
1b
|
Literatur: [18]
[389]
[390]
[391]
[392]
[393]
[394]
[395]
|
Konsensstärke
|
Konsens (91 %)
|
Hintergrund
Hierbei handelt es sich um eine Leitlinienadaptation [18]. In den vorliegenden randomisierten Studien zur prä- oder perioperativen Chemotherapie
bei Ösophaguskarzinomen ist der Anteil an Patienten mit einer initialen T1/2 Kategorie
entweder nicht angegeben [391]
[392]
[393]
[394] oder, soweit aus der primär operierten Patientengruppe extrapolierbar, sehr klein
(32 % Ychou 2011, 36,8 % Cunningham 2006, 9 % Law 1997) [395]. Es gibt keine separaten Daten über den Nutzen einer prä- oder perioperativen Therapie
bei dieser kleinen Subgruppe der Patienten. Aufgrund einer geringeren Rate an Lymphknotenmetastasierung
und occulten Fernmetastasen ist die T2 Kategorie prognostisch günstiger als T3/4 und
ein zu erwartender Effekt einer neoadjuvanten Therapie wahrscheinlich geringer. Dennoch
waren auch Patienten mit T2 Tumoren Teil der Studienpopulation, bei der durch eine
perioperative Chemotherapie ein Überlebensgewinn erzielt werden konnte [389]
[390].
Die Empfehlungsstärke zur perioperativen Chemotherapie ist jedoch aufgrund der geringen
Patientenzahl schwächer („kann“-Empfehlung). Da die beste Evidenz für den Nutzen einer
Chemotherapie aus Studien mit perioperativer Applikation der Chemotherapie herrührt
[389]
[390], wird die postoperative Fortsetzung der Chemotherapie empfohlen.
Vor Einleitung einer postoperativen Chemotherapie im Rahmen eines perioperativen Therapiekonzeptes
sollte mit einfachen Mitteln (Röntgen-Thorax, Sonografie Abdomen) eine Metastasierung
ausgeschlossen werden. Im Falle des Nachweises einer Metastasierung ist es nicht sinnvoll,
das in kurativer Intention präoperativ begonnene Chemotherapiekonzept fortzusetzen.
In den veröffentlichten Phase III-Studien zur perioperativen Chemotherapie bei Adenokarzinomen
wurde die Chemotherapie bei Metastasennachweis beendet [389]
[390].
Folgende Überlegungen sollten bei der Entscheidungsfindung bzgl einer präoperativen
Therapie von T2 Ösophaguskarzinomen berücksichtigt werden.
-
In den positiven Studien zur präoperativen Therapie waren jeweils auch T2 Tumoren
eingeschlossen und zeigten in Subgruppenanalysen ebenfalls einen positiven Effekt
[389]
[396]
[397]
-
Aufgrund eines Stagingfehlers ist davon auszugehen, dass knapp 50 % der präoperativ
als T2N0 eingeschätzten Tumoren im Resektat tatsächlich ein höheres Stadium haben.
Markar et al. [398] konnte zeigen, dass 34,7 % im T Stadium und 48,1 % im N Stadium präoperativ einem
zu niedrigen Stadium zugerechnet wurden. Bei Speicher et al. [399] waren 41,6 % präoperativ in ein zu niedriges Stadium eingeteilt, bei Crabtree et al.
[400], waren von 482 Patienten, die präoperativ als T2N0 eingeschätz worden waren 27,4 %
im Vergleich zum pathologischen Staging korrekt gestaged, 29,9 % wurden in ein niedrigeres
Stadium eingeteilt und 46,7 % wurden höher gestaged, sodass sie eigentlich für eine
präoperative Therapie sicher qualifiziert hätten.
Aufgrund dieser Ungenauigkeit im präoperativen Staging, die Patienten eine Chemotherapie
vorenthält, die eigentlich, wären sie korrekt diagnostiziert, wie das pathologische
Staging am Resektat zeigt, für eine präoperative Therapie qualifiziert hätten, gibt
es ein klinisches Dilemma. Theoretisch bestehen 4 mögliche Vorgehensweisen [401]:
-
Der fatalistische Ansatz hält sich an das präoperative Staging und akzeptiert, dass
auch im Stadium cT2N0 das 5-Jahres-Überleben nur 40 % ist.
-
Der pragmatische Ansatz empfiehlt für die Patienten, die am Resektat ein höheres Stadium
als initial vermutet diagnostiziert bekommen eine postoperative Therapie. Diese ist
allerdings für Plattenepithelkarziome nicht belegt und bei Adenokarzinomen in caucasischen
Patienten nur bei weniger als der Hälfte durchführbar [390]
[396]
-
Der agressive Ansatz behandelt auch T2 N0 Patienten mit einer präoperativen Therapie
und baut darauf, dass bei den Patienten, die dadurch eventuell eine Überbehandlung
bekommen, eine präoperative Therapie in Studien zumindest nicht schadet.
-
Der wissenschaftliche Ansatz versucht mittels elaborierter Staginguntersuchungen (PET-CT,
Feinnadelpunktion) und Biomarkerm (MSI) die aktuell noch nicht validiert sind, Hinweise
zu finden, welche Patienten von einer präoperativen Therapie profitieren.
8.24.
|
Evidenzbasierte Empfehlung
|
geprüft 2018
|
Empfehlungsgrad
A
|
Beim operablen Patienten mit Adenokarzinom des Ösophagus oder des ösophagogastralen
Übergangs der Kategorie cT3 und bei resektablen cT4 Tumoren soll eine perioperative
Chemotherapie oder eine präoperative Radiochemotherapie durchgeführt werden.
|
Level of Evidence
1a
|
[388]
[389]
[391]
[392]
[393]
[402]
[403]
[404]
|
Konsensstärke
|
Starker Konsens (100 %)
|
8.25.
|
Evidenzbasierte Empfehlung
|
geprüft 2018
|
Empfehlungsgrad
B
|
Die Durchführung einer alleinigen neoadjuvanten Chemotherapie ohne simultane Radiotherapie
beim Plattenepithelkarzinom des Ösophagus kann nicht empfohlen werden.
|
Level of Evidence
1a
|
[397]
[405]
|
Konsensstärke
|
Starker Konsens (95 %)
|
8.26.
|
Konsensbasierte Empfehlung
|
geprüft 2018
|
EK
|
Bei operablen Patienten mit einem Plattenepithelkarzinom des Ösophagus der Kategorie
cT2 kann eine präoperative Radiochemotherapie mit anschließender kompletter Resektion
durchgeführt werden.
|
Konsensstärke
|
Starker Konsens (100 %)
|
8.27.
|
Evidenzbasierte Empfehlung
|
geprüft 2018
|
Empfehlungsgrad
A
|
Bei operablen Patienten mit einem Plattenepithelkarzinom des Ösophagus der Kategorie
cT3 und bei resektablen cT4 Tumoren soll eine präoperative Radiochemotherapie mit
anschließender kompletter Resektion durchgeführt werden.
|
Level of Evidence
1a
|
Literatur: [406]
[407]
[408]
[409]
|
Konsensstärke
|
Starker Konsens (96 %)
|
Hintergrund
Zur prognostischen Bedeutung der präoperativen Therapie wurde vom Ärztlichen Zentrum
für Qualität in der Medizin (ÄZQ) ein Evidenzbericht erstellt, der Publikationen bis
Februar 2013 einschloss. Hinsichtlich einer präoperativen Radiochemotherapie konnten
17 systematische Reviews/Metaanalysen und 13 randomisierten klinische Studien (RCT)
beurteilt werden. 7 RCTs wurde eine hohe Qualität bescheinigt (3 RCTs Evidenzlevel
1b mit engem Konfidenzintervall: [406]
[407]
[408] und 4 RCTs Evidenzlevel 1b(-) mit weitem Konfidenzintervall [409]
[410]
[411]
[412]. Zur präoperativen Chemotherapie lagen Vollpublikationen aus 15 systematischen Reviews/Metaanalysen
und 6 RCTs vor (davon 3 von hoher Qualität mit engem Konfidenzintervall, Evidenzlevel
1b: [389]
[391]
[392].
Präoperative Radiochemotherapie
Insgesamt ergeben sich statistisch signifikante Vorteile mit kombinierter präoperativer
Radiochemotherapie aus Cisplatin/5-FU teilweise plus dritter Substanz oder Carboplatin/Paclitaxel
und Radiotherapie mit einer Dosis bei 40 – 50,4 Gy in konventioneller Fraktionierung
mit 1,8 Gy bis 2,0 Gy pro Fraktion gegenüber alleiniger Operation. Analog zur Chemotherapie
bei ösophagogastralen Adenokarzinomen kann offenbar auch in der kombinierten Radiochemotherapie
Cisplatin durch Oxaliplatin ersetzt werden. Jedenfalls konnte eine randomisierte Phase
II/III Studie unter Einschluss von Adenokarzinomen (14 %) und Plattenepithelkarzinomen
(86 %) die Gleichwertigkeit von FOLFOX gegenüber Cisplatin/5-FU im Rahmen einer definitiven
Radiochemotherapie (ohne OP) belegen. Die Toxizität war ebenfalls nicht unterschiedlich
[413].
Tab. 12
Mögliche Chemotherapieregime bei neoadjuvanter präoperativer Radiochemotherapie [413]
[414]
[415].
Substanzen
|
Dosierung
|
Applikation
|
Tage
|
1. 5-Fluorouracil (5-FU)/Cisplatin
|
5-FU
Cisplatin
|
1000 mg/m2
75 mg/m2
|
24h-Infusion
i. v. (60 min)
|
d1 – 4, 29 – 32
d1, 29
|
2. Carboplatin/Paclitaxel
|
Carboplatin Paclitaxel
|
AUC 2
50 mg/m2
|
i. v. (60 min)
i. v. (60 min)
|
d 1, 8,15, 22, 29
d 1, 8,15, 22, 29
|
3. FOLFOX
|
Oxaliplatin Folinsäure
5-FU
5-FU
|
85 mg/m2
200 mg/m2
400 mg/m2
1600 mg/m2
|
i. v. 2 h
i. v. 2 h
i. v. 10 min
i. v. 46 h
|
Tag 1
Tag 1
Tag 1
Tag 1 – 2
Wiederholung alle 2 Wo., 3 Zyklen während der neoadjuvanten Radiochemotherapie
|
Im Einzelnen konnten statistisch signifikante Ergebnisse zugunsten der neoadjuvanten
Radiochemotherapie in 6/13 RCTs erreicht werden [406]
[409]
[411]
[412]
[414]
[416]
[417]
[418].
Bezogen auf den priorisierten Endpunkt „Überleben“ (Überlebensrate nach 3 oder 5 Jahren
bzw. medianes Überleben) wiesen 5 Studien einen signifikanten Vorteil für die präoperative
Radiochemotherapie gegenüber alleiniger Operation nach [409]
[414]
[416]
[419].
Die „negativen“ Studien verglichen die präoperative Radiochemotherapie entweder nicht
mit alleiniger Operation [410] und/oder die Zahl der eingeschlossenen Patienten war (zu) gering, um einen Vorteil
statistisch nachzuweisen [407]
[408]
[410]
[412]
[420]
[421]. Wo dies angegeben wurde, führte die präoperative Radiochemotherapie zu einer Reduktion
der Lokalrezidivrate; in 2 Studien [408]
[412] war dies statistisch signifikant. Schwere oder lebensbedrohliche Nebenwirkungen
traten durch die Radiochemotherapie bei 13 % bis 57 % der Patienten auf. Todesfälle
waren jedoch sehr selten (in der Regel unter 1 %, bei Tepper 2008 [409] (4 %). Die perioperative Letalität war in einer randomisierten Studie nach Radiochemotherapie
+ OP signifikant höher als nach primärer Resektion [408]. Dies betrifft aber ausschließlich Patienten mit Plattenepithelkarzinomen (entsprechend
der Lokalisation im oberen und mittleren Thoraxdrittel) und ist insbesondere auf heute
nicht mehr verwendete hypofraktionierte Schemata der Strahlentherapie zurückzuführen.
Nur wenn man Studien mit solch veralteten Fraktionierungs-Schemata berücksichtigt,
ergibt sich nach einer jüngsten Metaanalyse [422] eine signifikant erhöhte postoperative Letalität nach präoperativer Radiochemotherapie
für Plattenepithelkarzinome (HR 1,95, 95 %KI 1,06 – 3,60), nicht aber für Studien
mit Adenokarzinomen (HR 0,79, 95 %KI 0,39 – 1,61). Insbesondere wird auch die Rate
an Anastomoseninsuffizienzen durch die präoperative Radiochemotherapie nicht erhöht
(HR 1,00).
Radiochemotherapieeffekt bei unterschiedlichen histologischen Subtypen
In Metaanalysen scheint der Effekt einer präoperativen Radiochemotherapie bei Plattenepithelkarzinomen
des Ösophagus im Vergleich zu Adenokarzinomen des Ösophagus ähnlich zu sein (Plattenepithelkarzinom
HR 0,80, 95 % KI 0,68 – 0,93; Adenokarzinom HR 0,75, 95 % KI 0,59 – 0,95, [397]. In dieser Metaanalyse ist allerdings die Studie von van Hagen 2012 [414] für den Subgruppenvergleich von Adenokarzinom und Plattenepithelkarzinom nicht berücksichtigt,
bei der der Effekt für Plattenepithelkarzinome deutlich höher war.
Klinische Bewertung zum Einsatz einer präoperativen Radiochemotherapie bei Adeno-
und Plattenepithelkarzinomen
Eine präoperative Radiochemotherapie verbessert konsistent das Überleben sowohl bei
Plattenepithelkarzinomen als auch bei Adenokarzinomen und soll daher durchgeführt
werden. Bei Adenokarzinomen stellt die alleinige Chemotherapie eine ebenso wirksame
Alternative dar (siehe unten).
Fazit präoperative Radiochemotherapie
Die Mehrzahl der systematischen Übersichtsarbeiten weist einen signifikanten Überlebensvorteil
unter präoperativer Radiochemotherapie plus Operation gegenüber alleiniger Operation
nach. Gleichzeitig werden erhöhte R0-Resektionsraten und geringere lokoregionale Rezidivneigung
berichtet. Die postoperative Letalität kann bei Verwendung hypofraktionierter Strahlentherapieschemata
erhöht sein. Die Ergebnisse der Publikationen mit aggregierter Evidenz basieren auf
sehr heterogenen Einzelstudien, was aus methodischer Sicht kritisch zu bewerten ist.
Deshalb lassen sich die Aussagen nicht durchgängig auf einen histologischen Typ, bestimmte
TNM-Stadien, bestimmte Höhenlokalisationen des Tumors und bestimmte Regime der Chemotherapie
oder der Radiotherapie eingrenzen. Eine Cochrane-Analyse bezüglich des Effektes einer
Chemo- oder Radiochemotherapie bei Adenokarzinomen [423], die erst nach Erstellung des Evidenzberichts publiziert wurde, weist die Überlebensvorteile
für die präoperative Therapie von Adenokarzinomen vor allem bei einer Lokalisation
im ösophagogastralen Übergang nach (HR 0,69 gegenüber Adenokarzinomen des Ösophagus
HR 0,78 und des Magens HR 0,94). Ferner scheint der prognostische Vorteil durch eine
präoperative Radiochemotherapie höher (HR 0,70, 95 %KI 0,50 – 0,99, basierend auf
389 Patienten) als nach präoperativer Chemotherapie (HR 0,83, 95 %KI 0,75 – 0,91,
basierend auf 2033 Patienten). Die Qualität dieser Evidenz wurde von den Autoren aufgrund
der unterschiedlichen Patientenzahlen für die Radiochemotherapie bei Adenokarzinomen
allerdings als moderat, für die Chemotherapie als hoch eingeschätzt.
Die Mehrheit der eingeschlossenen Einzelstudien erhielt eine aufgrund methodischer
Limitationen herabgestufte Bewertung. Aus 13 RCTs berichten fünf statistisch signifikante
Überlebensraten zugunsten der Radiochemotherapie. Nur eine dieser Studien ist von
guter methodischer Qualität [411] und ihr Ergebnis daher als valide einzuschätzen. In dieser Studie war der Überlebensvorteil
durch die präoperative Radiochemotherapie bei Plattenepithelkarzinomen höher (HR 0,45:
0,23 – 0,84) als bei Adenokarzinomen (HR 0,73: 0,52 – 0,998).
Präoperative Chemotherapie
Insgesamt weisen 5 Studien mit einer präoperativen Chemotherapie aus Cisplatin und
5-FU einen signifikanten Vorteil gegenüber alleiniger Operation aus [18]
[389]
[392]
[393]
[394]
[395]
[424]. Bezüglich des priorisierten Endpunkts „Überleben“ belegen die britische Studie
(Allum 2009 [393]: 0,84; 95 % KI 0,72 – 0,98, p = 0,03), die holländische Studie (Boonstra 2011 [392]: HR = 0,71, 95 % KI 0,51 – 0,98, p = 0,03) und die französische Studie [389]: HR 0,69, 95 % KI 0,50 – 0,95, p = 0,02) einen signifikanten Vorteil durch die präoperative
Chemotherapie (+ postoperativ bei Ychou 2011 [389]). Der Anteil an Patienten mit einem Adenokarzinom lag in diesen positiven Studien
bei 66,5 % [393], 100 % [389] und 0 % [392]. Die Rate an R0-Resektionen war in 4 Studien signifikant erhöht [389]
[394]
[395]
[424]. Schwere oder lebensbedrohliche Nebenwirkungen traten durch die präoperative Chemotherapie
bei 29 % bis 40 % der Patienten auf. Therapiebedingte Todesfälle waren sehr selten,
lediglich in der MRC Studie waren präoperative Todesfälle im Chemotherapiearm signifikant
erhöht (MRC 2002). Die postoperative Letalität wurde durch die präoperative Therapie
nicht erhöht. Ebenso gibt es keinen Unterschied in der therapiebedingten Letalität
(prä- und postoperativ) wenn eine Chemotherapie der Operation vorausgegangen ist [422] (HR 1,20, 95 %KI 0,71 – 2,03). In den Evidenzbericht ist die Magic-Studie [390] nicht eingeflossen, da vornehmlich Magenkarzinome eingeschlossen waren. In dieser
Studie wiesen jedoch von den 501 eingeschlossenen Patienten 131 Patienten Tumoren
des Ösophagus und ösophagogastralen Übergangs auf, bei denen sich ein ähnlich positiver
Effekt zeigte wie in der Gesamtpopulation der Studie.
In eine unizentrische Phase III-Studie eines universitären Zentrums in China wurden
zwischen 2005 und 2007 insgesamt 346 operable Patienten mit resektablem Plattenepithelkarzinom
des Ösophagus randomisiert [425]. Die Studie untersuchte, ob eine zusätzliche postoperative Chemotherapie (Arm A,
n = 173) gegenüber einer alleinigen präoperativen Chemotherapie (Arm B, n = 170) das
Langzeitüberleben verbessert. Ziel war es, die Überlebensrate nach 5 Jahren von 20 %
auf 35 % zu erhöhen. Die Publikation gibt keine Information darüber, wie die Verteilung
der Tumorstadien zwischen den Therapiearmen ausfiel (EUS nicht durchgeführt). Lediglich
eine Gleichverteilung hinsichtlich des Tumordurchmessers wird dokumentiert. Die Chemotherapie
bestand aus einer Dreifachkombination aus Cisplatin, 5-FU und Paclitaxel. Trotz dieser
intensiven Kombination konnten im Arm A 69 % der Patienten die komplette postoperative
Chemotherapie (2 Kurse) erhalten. In beiden Armen kamen über 90 % der Patienten zur
Operation (92 % vs. 93 %). Bei 83 % der Patienten gelang eine kurative Resektion nach
präoperativer Chemotherapie, mit einer Rate an komplettem histologischem Ansprechen
von 24 % aller operierten Patienten. Das Gesamtüberleben war nach perioperativer Chemotherapie
(Arm A) signifikant höher (nach 5 Jahren 38 % vs. 22 %; HR 0,79 (0,59 – 0,95), p < 0,001).
Die Überlegenheit wurde auch für das Rezidiv-freie Überleben nachgewiesen (HR 0,62)
[425].
Die Ergebnisse dieser Studie haben nach Meinung der Arbeitsgruppe keinen Einfluss
auf die Empfehlung 8.25, die sich gegen eine präoperative Chemotherapie beim SCC des
Ösophagus ausspricht. In erster Linie bleibt die Empfehlung unverändert bestehen,
weil die genannte Publikation die Fragestellung einer präoperativen Chemotherapie
im Vergleich zur alleinigen Operation nicht geprüft hat. Allerdings deuten die Daten
darauf hin, dass eine alleinige präoperative Chemotherapie beim lokalisierten SCC
nicht optimal ist. Die Studie weist zudem einige relevante Schwächen auf, die zur
Vorsicht bei der Interpretation raten lassen. Insbesondere das offensichtlich ungenaue,
jedenfalls in der Publikation nicht dargestellte Tumorstadium der Patienten (CT als
Basis, keine EUS) eröffnet ein hohes Risiko für einen Bias, der das Gesamtergebnis
in Frage stellt. Ob eine perioperative Chemotherapie das Langzeitüberleben von Patienten
mit resektablem SCC des Ösophagus verbessern kann, sollte im Rahmen einer prospektiven
Studie gegenüber präoperativer Chemoradiotherapie untersucht werden.
Die FLOT4-Studie der AIO untersuchte an 716 Patienten mit resektablem Magenkarzinom
oder Adenokarzinom des gastroösophagealen Übergangs, ob die Hinzunahme von Docetaxel
(FLOT, 5-FU/Oxaliplatin/Docetaxel) in die perioperative Therapie zu einer Verbesserung
gegenüber ECF führt [396]
[426]. Die 2016 im Lancet Oncology publizierte Zwischenanalyse der Phase II zeigte bereits
deutlich bessere histopathologisch komplette Remissionsraten im FLOT-Arm mit 16 %
im Vergleich zum ECF (ECX)-Arm mit 6 % (p = 0,015), wobei die Verbesserung insbesondere
bei Patienten mit einem intestinalen Tumortyp nach Lauren zu verzeichnen war (23 %
vs. 10 %) [426]. Die Überlebensdaten des Phase-III-Teils wurden 2017 vorgestellt. Das mediane Gesamtüberleben
fiel mit 50 gegenüber 35 Monaten und einer Hazard Ratio von 0,77 (p = 0,012) ebenso
deutlich zugunsten des neuen Regimes aus wie das progressionsfreie Überleben (30 vs.
18 Monate, HR 0,75; p = 0,004) [396]. Der Nutzen des FLOT-Regimes war in allen untersuchten Subgruppen gleichermaßen
zu sehen, ebenso bei Patienten mit Siegelringzellkarzinomen. Die Rate an operativer
Morbidität und Mortalität waren ebenfalls nicht erhöht [396]. Das FLOT-Protokoll definierte damit einen neuen Standard in der kurativen Therapie
des Adenokarzinoms des Magens und des gastroösophagealen Übergangs. Diese Studie hat
auch für Ösophaguskarzinome Relevanz, da 393 der Patienten Adenokarzinome des gastroösophagealen
Übergangs hatten, davon 160 AEG I. Im Forrest Plot war die Hazard Radio für AEG 1
Tumoren 0,60 mit einem signifikanten Konfidenzintervall. Daher stellt FLOT auch für
Adenokarzinome des distalen Ösophagus bei Entscheid für eine perioperative Chemotherapie
den Therapiestandard dar.
Chemotherapieeffekt bei unterschiedlichen histologischen Subtypen
Die Evidenz für den Effekt einer präoperativen/perioperativen Chemotherapie ist bei
Plattenepithelkarzinomen unterschiedlich zu Adenokarzinomen. Während in Metaanalysen
bei Adenokarzinomen ein signifikanter Überlebensgewinn durch präoperative Chemotherapie
erreicht werden kann (HR 0,83, 95 % KI 0,71 – 0,95, [427], ist dieser für Plattenepithelkarzinome nicht signifikant nachzuweisen (HR 0,92;
95 % KI 0,81 – 1,04, [397]; HR 0,93, 95 %KI 0,81 – 1,08, [428]. Bei Adenokarzinomen ist der Effekt einer präoperativen Chemotherapie unstrittig.
Bei Plattenepithelkarzinomen lässt sich ein konsistenter Überlebenszugewinn trotz
der positiven Studie von Boonstra [392] in Metaanalysen nicht belegen. In den Metaanalysen nicht enthalten war eine japanische
Multicenterstudie mit 330 Patienten, welche die Chemotherapie prä- versus postoperativ
bei resektablen Plattenepithelkarzinomen vergleicht [429] und einen signifikanten Überlebensvorteil für die präoperative Therapie (HR 0,73,
p = 0,04) bei geringerer Toxizität aufweist.
Klinische Bewertung
Bei Adenokarzinomen wird konsistent durch eine präoperative Chemotherapie ein Überlebensvorteil
nachgewiesen. Die überzeugendste Arbeit hoher Qualität [389] sowie die britische Magic-Studie [390] und die deutsche FLOT 4 Studie [396] haben die Chemotherapie prä- und postoperativ verabreicht. Aus diesem Grund soll
bei Adenokarzinomen des Ösophagus und gastroösophagealen Übergangs eine Chemotherapie
präoperativ begonnen und postoperativ fortgesetzt werden.
Bei Plattenepithelkarzinomen sind trotz günstiger Effekte auf die R0-Resektionsrate
keine konsistenten signifikanten Überlebensverbesserungen durch eine Chemotherapie
zu erzielen. Daher gibt es keine überzeugende Evidenz die ihren Einsatz insbesondere
im Vergleich zur präoperativen Radiochemotherapie empfehlenswert erscheinen lässt.
Fazit präoperative Chemotherapie
Die Ergebnisse der systematischen Übersichtsarbeiten basieren auf sehr heterogenen
Einzelstudien. Aus methodischer Sicht sind diese daher kritisch zu bewerten [18]
[404]. Wie bei der neoadjuvanten Radiochemotherapie lassen sich diese Aussagen nicht durchgängig
auf einen histologischen Typ, bestimmte TNM-Stadien, bestimmte Höhenlokalisationen
des Tumors oder bestimmte Chemotherapieregime eingrenzen. Dort wo entsprechende Subgruppenanalysen
erfolgt sind, weist die präoperative Chemotherapie einen signifikanten Überlebensvorteil
für Patienten mit Adenokarzinom, nicht aber mit Plattenepithelkarzinom auf [397]
[405]. Die Mehrheit der eingeschlossenen Einzelstudien erhielt eine herabgestufte methodische
Bewertung. Aus 6 randomisierten Studien berichten drei statistisch signifikante Überlebensraten
zugunsten der präoperativen Therapie. Nur zwei dieser Studien sind von guter methodischer
Qualität [389]
[392] und ihre Ergebnisse daher als valide einzuschätzen. Es wurden vor allem neoadjuvante
Chemotherapieregime mit Cisplatin und 5-FU verwendet. Andererseits berichtet eine
Studie mit guter methodischer Qualität keine Effekte im Vergleich von präoperativer
Chemotherapie plus OP versus alleinige OP [391]. Etwa die Hälfte der Patienten in dieser Studie hatte ein Plattenepithelkarzinom.
Weiterhin werden statistisch signifikant erhöhte Raten an R0-Resektionen in vier randomisierten
Studien berichtet. Eine davon wird als methodisch gut bewertet. Es werden keine statistisch
signifikant unterschiedlichen Raten an Fernrezidiven berichtet.
8.4.3. Restaging nach präoperativer multimodaler Therapie
8.28.
|
Konsensbasierte Empfehlung
|
geprüft 2018
|
EK
|
Nach Abschluss einer präoperativen Therapie soll ein erneuter Ausschluss von Fernmetastasen
erfolgen. Ein Restaging des Lokalbefundes kann zur Planung der OP erfolgen.
|
Konsensstärke
|
Starker Konsens (100 %)
|
8.29.
|
Konsensbasierte Empfehlung
|
geprüft 2018
|
EK
|
Falls es unter einer präoperativen Therapie zu klinischen Zeichen der Tumorprogression
kommt, soll eine symptombezogene Diagnostik erfolgen. Wenn endoskopisch oder bildgebend
eine lokale Tumorprogression nachgewiesen ist, sollte frühzeitig eine OP durchgeführt
werden.
|
Level of Evidence
|
Adaptation Deutsche Leitlinie Magenkarzinom 2012 [18]
|
Konsensstärke
|
Starker Konsens (100 %)
|
Hintergrund
In den Phase III-Studien zur perioperativen Therapie erfolgte bei fehlendem Hinweis
auf Tumorprogress die neoadjuvante Therapie planmäßig und führte in dieser Form für
die gesamte Patientengruppe zu einer Verbesserung des Überlebens [389]
[390]
[410].
Falls im Verlauf der neoadjuvanten Therapie jedoch klinische Hinweise auf einen Tumorprogress
bestehen (Verschlechterung tumorbedingter Symptome oder des Allgemeinzustandes) erscheint
es sinnvoll, eine symptomorientierte Diagnostik mit erneutem Computertomogramm und
Endoskopie durchzuführen. Im Falle eines lokalen Tumorprogresses unter neoadjuvanter
Therapie sollte eine frühzeitige Operation durchgeführt werden, da Patienten mit einer
lokalen Tumorprogression unter Therapie wahrscheinlich nicht von einem Fortsetzen
dieser Therapie profitieren. Bisher gibt es keine validen Daten, die eine Therapieumstellung
oder Therapieintensivierung rechtfertigen würden. Die präoperative Therapie sollte
jedoch nicht abgebrochen werden, wenn keine Tumorprogression vorliegt (Leitlinienadaptation
S3-Leitlinie Magenkarzinom) [18]
[404].
8.4.4. Responseprädiktion
8.30.
|
Konsensbasierte Empfehlung
|
geprüft 2018
|
EK
|
Der klinische Nutzen der FDG-PET zur Response-Beurteilung einer Chemotherapie oder
Radiochemotherapie vor Operation wird kontrovers beurteilt, weshalb die FDG-PET/CT
bei dieser Fragestellung nicht routinemäßig durchgeführt werden soll.
|
Konsensstärke
|
Starker Konsens (96 %)
|
Hintergrund
Der Stellenwert der Fluordeoxyglucose-Positronen-Emissions-Tomografie (FDG-PET) zur
Vorhersage des Ansprechens auf eine neoadjuvante Chemotherapie wurde von mehreren
Arbeitsgruppen untersucht.
Etliche Studien untersuchten die FDG-PET nach neoadjuvanter Radiochemotherapie und
vor Tumorresektion mit der Frage der histopathologischen Responseprädiktion und Prognoseabschätzung
[430]. In Zusammenschau zeigen die meisten Studien eine mehr oder weniger starke Korrelation
zwischen metabolischer Response (FDG-PET) und klinischem oder histopathologischem
Ansprechen. Die Prognose metabolischer Responder war in fast allen Studien statistisch
signifikant besser als die Prognose metabolischer Non-Responder. Allerdings wurden
die entsprechenden Cut-off-Werte bisher nicht in prospektiven Studien validiert und
multizentrische Studien fehlen. Schlussendlich erscheint der positive prädiktive Wert
des Tests (d. h. die Fähigkeit mittels FDG-PET eine histopathologische Komplettremission
vorherzusagen) nicht hoch genug, um daraus Entscheidungen für oder gegen eine chirurgische
Resektion abzuleiten.
Andere Autoren untersuchten sequenziell mittels FDG-PET die Veränderung der Tumor-Glukoseaufnahme
während neoadjuvanter Chemotherapie oder Radiochemotherapie. Es wurde beobachtet,
dass eine Abnahme des sog. Standard Uptake Value (SUV) um ≥ 35 % in Relation zu Baseline
innerhalb 2 Wochen nach Start einer neoadjuvanten Chemotherapie eine hohe Genauigkeit
zur Vorhersage des histopathologischen Ansprechens nach neoadjuvanter Chemotherapie
hat [431]
[432]
[433]. Insbesondere die richtige Erkennung von Nicht-Ansprechern (negativer prädiktiver
Wert) war in bis zu 95 % der untersuchten Patienten bemerkenswert hoch [431]. Die metabolische Response während neoadjuvanter Chemotherapie fand sich darüber
hinaus mit der Gesamtprognose bei Patienten mit Adenokarzinomen des Ösophagus und
des ösophagogastralen Übergangs assoziiert. Frühe metabolische Response (PET-Response)
erwies sich als genauer zur Vorhersage von histologischer Regression als das morphologische
Ansprechen mittels hochauflösender Mehrschicht-CT [434]. Basierend auf diesen Beobachtungen führte die Münchner Arbeitsgruppe interventionelle
Studien durch und konnte erstmals darstellen, dass die frühe PET-Response Grundlage
eines individualisierten Behandlungsplans beim Adenokarzinom des Ösophagus und des
ösophagogastralen Übergangs sein kann [435]
[436]. Bislang konnte aber noch nicht überzeugend dargestellt werden, dass sich durch
frühe PET-basierte Therapiealgorithmen die Gesamtprognose der Patienten mit Ösophaguskarzinom
verbessern lässt. Auch das Postulat aus den vorausgehenden Studien, dass sich durch
PET-Response-basierte Behandlungsalgorithmen unwirksame Chemotherapie einsparen oder
zum Wohle des Patienten modifizieren lässt, bedarf einer prospektiv-multizentrischen
Validierung.
Darüber hinaus zeigt sich in jüngeren Studien, dass die Aussagefähigkeit der frühen
PET-basierten Response während neoadjuvanter Chemotherapie nicht ohne Abstriche auf
eine simultane Radiochemotherapie übertragen werden können. Die positive und negative
Vorhersagekraft hinsichtlich histopathologischer Regression erwies sich in mehreren
Studien als deutlich schwächer [437]
[438]
[439]
[440]. Dies wird unter anderem auf radiogen induzierte inflammatorische Reaktionen zurückgeführt,
welche zu schwierig interpretierbaren Signalalterationen in der FDG-PET führen können.
8.4.5. Indikation zur definitiven Radiochemotherapie
8.31.
|
Evidenzbasierte Empfehlung
|
geprüft 2018
|
Empfehlungsgrad
A
|
Eine definitive Radiochemotherapie soll unabhängig von der histologischen Entität
des Ösophaguskarzinoms erfolgen, wenn der Tumor im Rahmen einer interdisziplinären
Tumorkonferenz als chirurgisch/endoskopisch nicht resektabel erachtet wird oder wenn
ein Patient funktionell nicht operabel ist bzw. die Operation nach ausführlicher Aufklärung
ablehnt.
|
Level of Evidence
1b
|
Literatur: [415]
[441]
[442]
[443]
[444]
[445]
[446]
[447]
[448]
[449]
|
Konsensstärke
|
Starker Konsens (100 %)
|
Hintergrund
Für Patienten, die medizinisch nicht operabel sind oder deren Ösophaguskarzinom als
nicht resektabel eingeschätzt wird, besteht, sofern keine Fernmetastasen vorliegen,
eine kurative Chance mit definitiver Radiochemotherapie. Sowohl beim Plattenepithelkarzinom
als auch beim Adenokarzinom im Stadium II-III wurden in prospektiven Studien [441]
[442] als auch in großen Registerstudien [441]
[442] Langzeitüberlebensraten um 10 – 35 % nach 5 Jahren beobachtet. Dabei hängt das Langzeitüberleben
von der T-Kategorie nach endoskopischem Ultraschall oder Computertomogramm, der N-Kategorie
nach endoskopischen Ultraschall, sowie dem Allgemeinzustand der Patienten ab [442]
[443]
[444]
[445].
Die definitive Radiochemotherapie ist effektiver als die Strahlentherapie alleine,
weshalb bei Patienten ohne Kontraindikationen gegen eine Cisplatin-, Carboplatin-,
oder Oxaliplatin-haltige Chemotherapie immer die Kombination zu bevorzugen ist [415]
[446]. Zu den Behandlungsschemata wird auf [Tab. 12] verwiesen.
Im klinischen Stadium I sind die Langzeitergebnisse nach definitiver Radiochemotherapie
bei T1-Tumoren mit 5-Jahres-Überlebensraten um 60 – 70 % besser, als in den höheren
Stadien [447]
[448]. Auch gibt es bei T1 N0 M0 Tumoren ausreichend Daten zur lokalen Kontrolle und zum
Langzeitüberleben nach alleiniger perkutaner Strahlentherapie +/– Brachytherapie.
Bei diesen Tumoren wurden lokale Tumorkontrollraten von 45–> 90 % und 5-Jahres-Überlebensraten
von 38 – 76 % in mehreren Studien erzielt, sodass bei Kontraindikationen gegen eine
begleitende Chemotherapie, die definitive Strahlentherapie bei nicht operablen Patienten
eingesetzt werden kann [445]
[449].
8.32.
|
Konsensbasierte Empfehlung
|
geprüft 2018
|
EK
|
Bei Patienten mit lokalisiertem Plattenepithelkarzinom des zervikalen Ösophagus sollte
die definitive Radiochemotherapie gegenüber der primären chirurgischen Resektion bevorzugt
durchgeführt werden.
|
Konsensstärke
|
Starker Konsens (100 %)
|
Hintergrund
Mit der definitiven Radiochemotherapie werden beim Plattenepithelkarzinom des zervikalen
Ösophagus Langzeitüberlebensraten von 17 – 55 % erreicht [450]
[451]. Die besten Ergebnisse wurden in Serien mit einem hohen Anteil an Patienten im Stadium
I und IIA beobachtet [452]. Die simultane Chemotherapie der definitiven Radiochemotherapie wird bei Plattenepithelkarzinomen
des zervikalen Ösophagus wie bei Karzinomen des thorakalen Ösophagus durchgeführt.
Die Gesamtstrahlendosis liegt in den größeren retrospektiven Fallserien meist oberhalb
von 50 Gy bei 60 – 66 Gy in konventioneller Fraktionierung [450]
[451] und damit höher als beim thorakalen Ösophagus. Bezüglich der Zielvolumina wird der
makroskopische Primärtumor mit cranio-caudalen Sicherheitssäumen von 3,0 – 4,0 cm
und radialen Sicherheitssäumen von 1,0 – 1,5 cm, nicht jedoch über intakte anatomische
Grenzen hinaus, ins klinische Zielvolumen bis zu einer Basisdosis von 50 Gy einbezogen.
Makroskopisch befallene Lymphknoten werden mit einem Saum von 1,5 cm ins klinische
Zielvolumen einbezogen [449]
[453]
[454]. Zur Berücksichtigung von set-up Abweichungen bei der täglichen Einstellung wird
um das klinische Zielvolumen (CTV) noch ein Saum von 1,0 – 1,5 cm in alle Raumrichtungen
addiert. Das resultierende Planungszielvolumen umfasst dann den makroskopischen Tumor
in der Regel mit einem Saum von 4 – 5 cm kranio-caudal und 1,5 – 2,0 cm radial. Bei
Karzinomen des zervikalen Ösophagus werden meist auch Lymphknotenstationen mit hohem
Befallsrisiko, die zervikalen parajugulären Lymphknoten der Level III–IV, die paratrachealen
und paraösophagealen Lymphknoten des Halses und im oberen Mediastinum und die medialen
supraklavikulären Lymphknoten elektiv bis zu einer Basisdosis von 50 Gy ins Zielvolumen
einbezogen [455]
[456]. Jedoch ist die Evidenz für eine elektive Mitbestrahlung von klinisch nicht befallenen
Lymphknotenstationen gering [457]. Oberhalb von 50 Gy werden die klinischen Zielvolumina auf ca.1,0 cm um den makroskopischen
Tumor reduziert [458].
Vergleichende Untersuchungen zwischen operativem Vorgehen mit neoadjuvanter Radiochemotherapie
und der definitiven Radiochemotherapie gibt es nur bei Plattenepithelkarzinomen des
thorakalen Ösophagus. Sie zeigten dort keinen Unterschied im Überleben [301]. Beim zervikalen Ösophagus ist die Morbidität der Operation mit und ohne Pharyngolaryngektomie
höher als im thorakalen Ösophagus [451]
[459]
[460]. Daher sollte die Operation nur in spezialisierten Zentren durchgeführt werden.
Die 5-Jahres-Überlebensraten nach Operation mit oder ohne neoadjuvanter oder adjuvanter
Radiochemotherapie betragen in den größeren Serien 14 – 47 %, ein Bereich der auch
durch die Studien zur definitiven Radiochemotherapie abgedeckt wird [451].
8.33.
|
Evidenzbasierte Empfehlung
|
geprüft 2018
|
Empfehlungsgrad
A
|
Bei Patienten mit resektablen Plattenepithelkarzinomen des intrathorakalen Ösophagus
der Kategorie cT3 / cT4 kann alternativ zur chirurgischen Resektion eine definitive
Radiochemotherapie durchgeführt werden.
|
Level of Evidence
1b
|
Literatur: [111]
[301]
[428]
[442]
[444]
[449]
[454]
[461]
[462]
[463]
[464]
|
Konsensstärke
|
Starker Konsens (100 %)
|
Hintergrund
Abweichend von der in [Tab. 4] dargestellten Systematik entspricht die Formulierung mit „kann“ in dieser Empfehlung
nicht dem Empfehlungsgrad 0 (Option).
Bei Patienten mit resektablen Plattenepithelkarzinomen des thorakalen Ösophagus der
Kategorie cT3 / cT4 ohne hämatogene Fernmetastasen wurden randomisierte Studien zum
Vergleich von definitiver Radiochemotherapie mit einer Operation durchgeführt, wobei
in der Mehrzahl der Studien eine neoadjuvante Radiochemotherapie in den chirurgischen
Armen durchgeführt wurde [301]
[428]. Keine der Studien zeigte einen signifikanten Überlebensvorteil im Arm mit Chirurgie.
Auch zeigten die Metaanalysen keine Unterschiede bezüglich des Überlebens [301]
[428]. Loko-regionale Rezidive waren hingegen nach definitiver Radiochemotherapie häufiger
als nach neoadjuvanter Radiochemotherapie und Operation. Die Notwendigkeit zur Bougierung
ist nach definitiver Radiochemotherapie häufiger als nach neoadjuvanter Radiochemotherapie
und Operation. Häufigste Erstrezidive nach neoadjuvanter Radiochemotherapie und Operation
waren Fernmetastasen [462]. Die therapiebedingte Letalität war in den chirurgischen Armen höher als nach definitiver
Radiochemotherapie. Somit bestehen Unterschiede in der loko-regionalen Effektivität
und in der Häufigkeit schwerer Nebenwirkungen, die bei ähnlicher Überlebenschance
für die Therapieempfehlung bei dem einzelnen Patienten von Bedeutung sind. Die Ergebnisse
der Metaanalysen randomisierter Studien zum Vergleich zwischen definitiver Radiochemotherapie
und Operation wurden durch eine große retrospektive Registerstudie mit ähnlicher Fallzahl
bestätigt [442].
Bei der definitiven Radiochemotherapie sind als Chemotherapieschemata simultan zur
Strahlentherapie Cisplatin und ein Fluoropyrimidin [462]
[463]
[465], Carboplatin und Paclitaxel [411]
[466], Cisplatin und Paclitaxel [467], oder das FOLFOX4 Schema [413] effektiv und tolerabel. Bezüglich der zu applizierenden Gesamtdosis der Strahlentherapie
bei der definitiven Radio-Chemotherapie zeigte die Nordamerikanische Intergroup-Studie
keinen Überlebensvorteil nach der höheren Gesamtstrahlendosis von 64,8 Gy im Vergleich
zur niedrigeren Gesamtdosis von 50,4 Gy bei konventioneller Fraktionierung [463]. Allerdings kann diese eine Studie wegen gehäufter Protokollverstöße und einer höheren
Sterblichkeit im Hochdosisarm in einem Zeitraum, in dem die Therapie in beiden Armen
gleich ist, als Hinweis auf ein Ungleichgewicht von Prognosefaktoren kritisiert werden.
Seit dieser Studie ist eine Gesamtstrahlendosis von 50 Gy bei simultaner Chemotherapie
die Standarddosis für eine definitive Radiochemotherapie in Nordamerika [464]. Die randomisierten Studien zum Vergleich der neoadjuvanten Radiochemotherapie und
Operation mit einer definitiven Radiochemotherapie beim Plattenepithelkarzinom des
Ösophagus verwendeten jedoch alle Gesamtstrahlendosen von ≥ 60 Gy [301]
[462]
[468]. Diese Studien zeigen, dass höhere Gesamtdosen bei definitiver Radiochemotherapie
sicher applizierbar sind. Für die Existenz einer Dosis-Effekt-Beziehung für die lokale
Tumorkontrolle durch eine definitive Radiochemotherapie sprechen retrospektive Analysen
[444]. Eine Gesamtdosis von 50 – 60 Gy wird auch in den Japanischen und Chinesischen Leitlinien
für die definitive Radiochemotherapie empfohlen [449]
[454]. Insgesamt spricht die vorhandene Evidenz für eine Gesamtdosis von 50 – 60 Gy in
konventioneller Fraktionierung bei der definitiven Radiochemotherapie lokal fortgeschrittener
Ösophaguskarzinome, falls die Grenzwerte der Normalgewebetoleranz bei der Strahlentherapie
nicht überschritten werden. Bezüglich der Zielvolumina wird der makroskopisch befallene
Primärtumor mit cranio-caudalen Sicherheitssäumen von 2,0 – 4,0 cm und radialen Sicherheitssäumen
von 1,0 – 1,5 cm, nicht jedoch über intakte anatomische Grenzen hinaus, ins klinische
Zielvolumen bis zu einer Basisdosis von 50 Gy einbezogen. Makroskopisch befallene
Lymphknoten werden mit einem Saum 1,0 – 1,5 cm ins klinische Zielvolumen einbezogen
[449]
[454]
[464]. Oberhalb von 50 Gy werden die klinischen Zielvolumina auf ca.1,0 cm um den makroskopischen
Tumor reduziert. Die Dosis-Volumen-Grenzwerte für die Lunge werden in einigen Institutionen
bei der Strahlentherapie des Ösophaguskarzinoms niedriger als beim Lungenkarzinom
gewählt [469]
[470]. Mit der intensitätsmodulierten Strahlentherapie lässt sich die Belastung des Herzens
im Vergleich zur dreidimensional konformalen Strahlentherapie reduzieren [469]. Für die elektive Bestrahlung klinisch nicht befallener Lymphknotenstationen gibt
es keine höhergradige Evidenz und daher wird deren Notwendigkeit kontrovers eingeschätzt
[390]
[442].
8.4.6. Vorgehen bei Tumorpersistenz/Lokalrezidiv nach Radiochemotherapie
8.34.
|
Konsensbasierte Empfehlung
|
geprüft 2018
|
EK
|
Bei Tumorpersistenz oder einem Lokalrezidiv ohne Fernmetastasen nach Radiochemotherapie
kann der Versuch einer Salvage-Operation in kurativer Intention unternommen werden.
Die sorgfältige Evaluation der Operabilität und der Resektabilität sollte durch ein
in der Ösophaguschirurgie erfahrenes Behandlungsteam vorgenommen werden.
|
Konsensstärke
|
Starker Konsens (100 %)
|
Hintergrund
Es galt lange als ungeschriebenes Gesetz, dass eine Ösophagusresektion möglichst nicht
später als 6 Wochen nach Abschluss einer Radio(chemo)therapie durchgeführt werden
sollte, weil durch einsetzende Fibrosierungsvorgänge nicht nur die OP technisch aufwändiger,
sondern die postoperative Letalität deutlich ansteigen würde.
Retrospektive Daten großer Zentren aus Italien und den USA haben allerdings gezeigt,
dass relevante postoperative Komplikationen und die Letalität nicht signifikant ansteigen,
wenn später als 8 Wochen nach Therapie operiert wird [471]
[472]. Dies gilt für Plattenpithel- und Adenokarzinome, vorausgesetzt es besteht große
Erfahrung des Behandlungsteams.
Diese Erkenntnisse sind Grundlage dafür, das Konzept der Salvage-OP (OP nur für ausgewählte
Patienten) zu verfolgen und den Ergebnissen der geplanten OP (OP in der Regel) gegenüberzustellen.
Bei der Salvage-OP müssen dabei zwei unterschiedliche Szenarien unterschieden werden:
die Ösophagektomie direkt im Anschluss an eine nicht ausreichend wirksame Radiochemotherapie
(histologisch nachgewiesene Tumorpersistenz) und die Operation bei histologisch nachgewiesenem,
isoliertem Lokalrezidiv nach primär klinisch kompletter Remission durch Radiochemotherapie
(Tumorrezidiv).
Zahlreiche Gruppen insbesondere aus Asien haben dazu retrospektive Daten ihrer meist
unizentrischen Erfahrungen publiziert [473]. Aus diesen Publikationen kann man ablesen, dass die postoperativen Komplikationen
und die Prognose sich deutlich unterscheiden, je nachdem ob es sich um Patienten mit
Tumorpersistenz oder Tumorrediziv nach CR handelt. Darüber hinaus ist die R0-Resektion
der wichtigste Prognosefaktor [474] und eine Salvage-OP ist nur dann sinnvoll, wenn eine komplette Resektion gelingt.
Die Hospital Letalität liegt zwischen 6 und 22 %.
Einzelne große Zentren haben mittels sog. „matched pair Analysen“ die regelhafte mit
der Salvage OP nach Radiochemotherapie verglichen [475]
[476]. Forscher aus dem MD Anderson Cancer Center (USA) [475] haben 65 Patienten mit einem Adenokarzinom des Ösophagus nach trimodaler Therapie
(Chemoradiotherapie + 50 Gy gefolgt von OP) mit 65 Patienten verglichen, die ähnliche
Risikofaktoren hatten, aber nach der gleichen Chemoradiotherapie (definitive CRT mit
50 Gy) nur dann eine OP erhielten, wenn eine lokale Tumorpersistenz oder ein lokales
Tumorrezidiv auftraten. Das Intervall zwischen Ende der CRT und Salvage-OP betrug
median 31 Wochen. Die Rate an R0-Resektionen war nach geplanter OP signifikant höher
(99 % vs. 91 %). Die Komplikationsrate (z. B. Anastomoseninsuffizienz 16,9 % vs. 18,5 %),
die Hospital-Letalität (7,7 % vs. 4,6 %) und die Überlebensrate nach 3 Jahren (55 %
vs. 48 %) unterschieden sich nicht signifikant.
Eine prospektive Studie aus Japan [477] behandelte Patienten mit lokalisiertem Plattenepithelkarzinom des Ösophagus auf
dem Boden einer sog. informed decision. Patienten wählten entweder eine Chemoradiotherapie
(Cisplatin/5-FU + 60 Gy) gefolgt von OP (n = 48) oder die gleiche Chemoradiotherapie
gefolgt von einer Salvage-OP nur bei isoliert lokalem Tumorrest/Tumorprogression (n = 51).
Aus der ersten Gruppe wurden 46/48 Patienten operiert, aus der 2. Gruppe erhielten
nur 13/51 Patienten (26 %) eine OP. Die mediane Überlebenszeit (41,2 vs. 52,9 Monate)
und die Überlebensrate nach 5 Jahren (51 % vs. 76 %) waren in der Gruppe mit Salvage-OP
signifikant höher.
Eine Metaanalyse liegt inzwischen zum Vergleich geplante versus selektive OP nach
Chemoradiotherapie vor [302]. Die Metaanalyse schloss 8 vergleichende Studien (in der Regel retrospektiv) mit
954 Patienten unterschiedlicher histologischer Typen des Ösophaguskarzinoms ein. In
dieser Analyse war die Salvage-OP mit signifikant mehr Komplikationen (z. B. Anastomoseninsuffizienz
14,5 % vs. 24 %, p = 0,005) und höherer postoperativer Letalität (4 % vs. 9,5 %, p < 0,001)
verbunden. Die Rate inkompletter Resektionen war nicht unterschiedlich.
Zusammenfassend ist das Konzept der selektiven Salvage-OP nach Chemoradiotherapie
durchführbar. Das Vorgehen bietet sich insbesondere für Patienten mit erhöhtem OP-Risiko
und/oder hohem Tumorsitz (suprabifurkal) an. Die Gleichwertigkeit mit einer trimodalen
Therapie hinsichtlich der Prognose ist bisher nicht belegt.
8.4.7. Stellenwert von gezielten Therapien (targeted therapy)
8.35.
|
Konsensbasierte Empfehlung
|
geprüft 2018
|
EK
|
Antikörper und „small molecules“ sollen in der präoperativen Therapie nicht eingesetzt
werden.
|
Konsensstärke
|
Konsens (90 %)
|
Hintergrund
In der palliativen Behandlung fortgeschrittener Adenokarzinome des Magens oder gastroösophagogastralen
Übergangs wurden Phase-III-Daten publiziert, die einen signifikanten Überlebensvorteil
für Patienten mit HER2-positiven Tumoren nachweisen, wenn sie zur Chemotherapie aus
Cisplatin und einem Fluoropyrimid den HER2 Antikörper Trastuzumab erhielten [228]. Es ist aber trotz erster kleiner Phase-II-Studien unklar, ob dieser Antikörper
auch die Ergebnisse einer präoperativen Therapie bei lokalisierten, HER2-positiven
Karzinomen verbessert [18]
[404].
Bei Plattenepithelkarzinomen des Ösopahgus gibt es keine klaren positiven Ergebnisse
von zielgerichteten Antikörpern. Der Einsatz zielgerichteter Substanzen ist daher
außerhalb klinischer Studien nicht indiziert. Die Ergebnisse laufender randomisierter
Studien müssen abgewartet werden.
8.4.8. Stellenwert der postoperativen adjuvanten Radiotherapie oder Radiochemotherapie
8.36.
|
Evidenzbasierte Empfehlung
|
geprüft 2018
|
Empfehlungsgrad
A
|
Nach R0-Resektion eines Plattenepithelkarzinoms soll eine adjuvante Radiotherapie
oder Radiochemotherapie nicht durchgeführt werden.
|
Level of Evidence
4 (CRT)
1a (RT)
|
Literatur: [478]
[479]
|
Konsensstärke
|
Starker Konsens (96 %)
|
Hintergrund
Die randomisierten Studien zur Effektivität der adjuvanten postoperativen alleinigen
Strahlentherapie beim Plattenepithelkarzinom des Ösophagus nach kompletter Resektion
fassten Malthaner et al. [386] in ihrer Metaanalyse zusammen. Die postoperative Strahlentherapie war mit keinem
signifikanten Überlebensvorteil verknüpft und es bestand auch kein Trend zu einem
besseren Überleben mit postoperativer Strahlentherapie. Alle Studien wurden vor mehr
als 15 Jahren abgeschlossen. Aus diesen Studien gibt es Hinweise, dass durch die Strahlentherapie
das loko-regionäre Rezidivrisiko gesenkt wird, dass die Strahlentherapie zumindest
mit den damaligen Methoden aber auch mit einer zusätzlichen Morbidität verknüpft sein
kann [379]. In neueren Übersichten wurden keine weiteren randomisierten Studien zur adjuvanten
Strahlentherapie beim Plattenepithelkarzinom des Ösophagus identifiziert [479]
[480].
Zur Effektivität der adjuvanten Radiochemotherapie beim Plattenepithelkarzinom gibt
es zwei randomisierte Studien. Die Studie von Thallinger mit 45 randomisierten Patienten
[479] verglich eine postoperative Radiotherapie mit 50 Gy in konventioneller Fraktionierung
und simultanem Cisplatin/5-FU mit einer alleinigen postoperativen Chemotherapie. Ein
Trend zu einem Überlebensvorteil mit der postoperativen Radiochemotherapie wurde nicht
gefunden. In der dreiarmigen Studie aus Nanjing wurden insgesamt 238 Patienten mit
Plattenepithelkarzinom des Ösophagus randomisiert in die Arme neoadjuvante Radiochemotherapie
und Operation, alleinige Operation und Operation mit postoperativer Radiochemotherapie
[481]
[482]. Da die Patienten präoperativ randomisiert wurden, handelt es sich hier nicht um
eine reine Überprüfung der adjuvanten Therapie nach kompletter Resektion. Die Arme
mit prä- oder postoperativer Radiochemotherapie zeigten vergleichbare Überlebensdaten,
die signifikant besser war als im Arm mit alleiniger Chirurgie [481]. Zheng [478] analysierten in ihrer Metaanalyse noch 5 weitere vergleichende Studien zur postoperativen
Radiochemotherapie, die aber alle nicht randomisiert waren. Diese wiesen ebenfalls
auf eine Aktivität der postoperativen Radiochemotherapie hin. Insgesamt wird die Evidenzlage
für eine Empfehlung einer adjuvanten postoperativen Radiochemotherapie als Standardoption
nicht als ausreichend erachtet. Die größere Evidenz spricht für den Einsatz der präoperativen
Radiochemotherapie bei T2-T4 Tumoren ohne Fernmetastasen.
8.37.
|
Evidenzbasierte Empfehlung
|
geprüft 2018
|
Empfehlungsgrad
0
|
Nach R0-Resektion eines Adenokarzinoms des ösophagogastralen Übergangs kann bei erhöhtem
Lokalrezidivrisiko eine adjuvante Radiochemotherapie bei nicht neoadjuvant behandelten
Patienten durchgeführt werden.
|
Level of Evidence
1b
|
Literatur: [18]
[483]
[484]
[485]
|
Konsensstärke
|
Starker Konsens (100 %)
|
Hintergrund
Die Evidenz für einen Nutzen einer präoperativen Radiochemotherapie oder perioperativen
Chemotherapie ist höher als der für eine postoperative Radiochemotherapie, sodass
eine präoperative Behandlung eindeutig präferiert werden soll (siehe 8.4.2). Falls
aufgrund eines präoperativen Unterstagings keine präoperative Therapie erfolgt ist,
kann eine postoperative Radiochemotherapie durchgeführt werden. Vor Beginn einer adjuvanten
Radiochemotherapie ist das Fortbestehen der kurativen Therapieintention zu überprüfen
und Fernmetastasen sind auszuschließen. Im Falle von Fernmetastasen ist ein Radiochemotherapiekonzept
nicht mehr sinnvoll. Im Falle der Fernmetastasierung ist die Umstellung auf eine palliative
Therapie sinnvoll (siehe Kapitel 9).
Der Effekt einer postoperativen Radiochemotherapie wurde beim Adenokarzinom des Magens
in 8 randomisierten Studien im Vergleich zur alleinigen Operation oder Operation mit
postoperativer Chemotherapie untersucht [483]. Die Metaanalyse dieser Studien zeigt ein verbessertes progressionsfreies Überleben
(HR 0,66: 95 % KI 0,55 – 0,78) und Gesamtüberleben (HR 0,75; 95 % KI 0,63 – 0,89)
[483] mit postoperativer Radiochemotherapie im Vergleich zur alleinigen Operation und
ein verbessertes progressionsfreies Überleben (HR 0,77; 95 % KI 0,65 – 0,91) im Vergleich
zur Operation mit postoperativer Chemotherapie. Der Anteil von Karzinomen des ösophagogastralen
Übergangs und der Kardia lag in den Studien bei 6 – 23 % [484]
[485]
[486]
[487]. Daher kann, wie beim Magenkarzinom, auch für Adenokarzinome des ösophago-gastralen
Übergangs eine postoperative Radiochemotherapie durchgeführt werden, wenn ein erhöhtes
Lokalrezidivrisiko angenommen wird. Dies kann bei multiplen befallenen Lymphknoten
oder bei eingeschränkter Lymphadenektomie der Fall sein [485]
[486]. Bei der adjuvanten postoperativen Radiochemotherapie wird eine Gesamtdosis von
45 – 50,4 Gy in konventioneller Fraktionierung mit 1,8 – 2,0 Gy pro Fraktion, 5 Fraktionen
pro Woche, appliziert. Die simultane Chemotherapie kann z. B. mit Capecetabine wie
in der Artist Studie [485] durchgeführt werden. Bezüglich des originalen Intergroup 0116-Schemas wurden von
den Verfassern der NCCN-Leitlinie zum Ösophaguskarzinom Sicherheitsbedenken geäußert.
Die Empfehlungen bezüglich einer alleinigen adjuvanten Chemotherapie bei Adenokarzinomen
des gastro-ösophagealen Übergangs orientieren sich an der S3-Leitlinie zum Magenkarzinom
[18]. Die beim Magenkarzinom durchgeführten Metaanalysen unterscheiden nicht zwischen
dem eigentlichen Magenkarzinom und dem Adenokarzinom des gastroösophagealen Übergangs.
Nach primärer R0-Resektion (ohne präoperative Chemotherapie) sollte keine adjuvante
Chemotherapie durchgeführt werden.
Diese relative Negativempfehlung beruht auf dem Wunsch, bei Adenokarzinomen des ösophagogastralen
Übergangs eine positive Präferenz der perioperativen Chemotherapie bzw. präoperativen
Radiochemotherapie als primäre Behandlungsstrategie zu etablieren. Eine alleinige
adjuvante Chemotherapie wird nicht als primäres Therapiekonzept empfohlen, da 1) eine
alleinige adjuvante Therapie aufgrund des postoperativen Allgemeinzustandes bei viel
weniger Patienten durchführbar ist [390] und 2) der Nutzen eines perioperativen Therapiekonzeptes durch positive Einzelstudien
besser belegt ist (siehe 8.4.2) und 3) die Überlebensverbesserung durch eine perioperative
Therapie größer zu sein scheint, als durch eine alleinige adjuvante Therapie (13,8 %
vs. 5,8 %; [488].
Sollte jedoch bei Patienten durch ein unzureichendes Staging oder Notoperation kein
präoperatives Therapieverfahren eingeleitet worden sein, kann bei Patienten mit primär
lokal fortgeschrittenem Tumorstadium, v. a. mit positiven Lymphknoten, die adjuvante
Chemotherapie nach der vorliegenden Evidenz erwogen und angeboten werden [18].
Im Jahr 2010 veröffentlichte die GASTRIC Group [488] eine Metaanalyse auf dem Boden individueller Patientendaten aus insgesamt 3838 Patienten
aus 17 Studien. Diese Studie weist einen Vorteil für die adjuvante Chemotherapie gegenüber
der alleinigen Operation auf. Die Hazard Ratio für das Gesamtüberleben beträgt 0,82
(95 % KI 0,76 – 0,90, p < 0,001, absolut 5,8 % nach 5 Jahren). In dieser Analyse zeigt
sich auch bei europäischen Patienten ein Vorteil durch eine adjuvante Therapie [404].
8.38.
|
Konsensbasiertes Statement
|
geprüft 2018
|
EK
|
Die Nachsorge bei operativ oder radiochemotherapeutisch behandelten Patienten mit
Ösophaguskarzinom erfolgt symptomorientiert, um die Lebensqualität beeinflussende
Funktionsstörungen zu erfassen. Eine symptomorientierte Anamneseerhebung und körperliche
Untersuchung sind grundsätzlicher Bestandteil der Nachsorge.
|
Konsensstärke
|
Starker Konsens (100 %)
|
Hintergrund
Es gibt Gründe für eine symptomorientierte Nachsorge bei Patienten mit einem ösophagogastralen
Karzinom:
-
um Funktionsstörungen zu entdecken in Verbindung mit einem Rezidiv oder als benigne
Komplikationen der Behandlung
-
um den Ernährungszustand zu beurteilen und ggf. Ernährungsprobleme zu handhaben
-
um für den Patienten und die Familie psychische Unterstützung anzubieten, mit angemessenen
medizinischen Maßnahmen in Verbindung mit der Palliativmedizin
Im Rahmen der symptomorientierten Nachsorge ist eine Anamnese, eine körperliche Untersuchung
einschließlich Gewicht und eine Blutbild-Bestimmung (ggf. ergänzt um Eisen, Ferritin,
Transferrin-Sättigung) durchzuführen. Diese Untersuchungen erfolgen zu Beginn kurzfristiger,
um Komplikationen schneller zu entdecken und eine Balance des Nahrungshaushaltes zu
sichern [489]
[490]
8.39.
|
Konsensbasierte Empfehlung
|
geprüft 2018
|
EK
|
In den ersten 6 Monaten sollten regelmäßige Verlaufskontrollen des Ernährungsstatus
einschließlich Diätberatung erfolgen. Die Supplementierung der oralen Energiezufuhr
mit Trinklösung oder sogar Sondenernährung über eine zunächst belassene Feinnadelkatheterjejunostomie
kann empfohlen werden.
|
Konsensstärke
|
Starker Konsens (100 %)
|
Hintergrund
Selbst bei völlig unkompliziertem postoperativem Verlauf wird bei den meisten Patienten
die orale Kalorienzufuhr für eine längere Periode oftmals erheblich unter dem tatsächlichen
Energiebedarf liegen. So kann nach Ösophagusresektion bei 30 % der Patienten ein Gewichtsverlust
von mehr als 15 % innerhalb von 6 Monaten erwartet werden [491].
Eine prospektive Kohortenstudie hat nur bei 10 % der Patienten mit Ösophagusresektion
(n = 96), die eine Rekonstruktion als Magenhochzug erhielten, eine den allgemeinen
Empfehlungen folgende ausreichende Zufuhr an Mikronährstoffen gezeigt [492]. Die Ursachen entsprechen denen der bariatrisch durchgeführten Magenschlauchbildung
als „Sleeve“ Gastrektomie: Verlust an Appetit, verminderte enterale Toleranz, evtl.
mit Dumping-Syndrom, Meteorismus und Diarrhoe.
Im Rahmen der der Leitlinie entsprechenden früh postoperativen Ernährungstherapie
[235] wird eine Ernährungsberatung dringend empfohlen und von den meisten Patienten sehr
gerne angenommen.
Sofern bei der Operation eine Feinnadelkatheterjejunostomie (FKJ) implantiert wurde,
kann es von Vorteil sein, diese nicht bereits bei der Entlassung aus dem Krankenhaus
zu entfernen. Wenn notwendig, kann eine supplementierende enterale Ernährung über
die FKJ z. B. mit 500 – 1000 kcal/Tag über Nacht über mehrere Monate erfolgen. Eine
entsprechende Unterweisung des Patienten und seiner Familie ermöglicht in den meisten
Fällen die Versorgung ohne Einbindung eines Pflegedienstes. Auch wenn ein weiterer
Gewichtsverlust häufig unvermeidlich ist, kann doch zumindest eine Abschwächung erwartet
werden [233]
[493].
Eine Verlaufskontrolle des Ernährungsstatus kann mit der Beobachtung des BMI leicht
durchgeführt werden. Jedoch ist der BMI nicht sensitiv für Unterschiede in der Körperzusammensetzung.
Die Bioelektrische Impedanz Analyse (BIA) ist eine leicht durchführbare nicht-invasive
Methode, welche auch bei ambulanten Patienten ohne Belastung durchgeführt werden kann.
Der intraindividuelle Verlauf kann in einem Drei-Kompartiment-Model (Extrazellulärmasse,
Körperzellmasse und Fettmasse) dargestellt und beobachtet werden. Von der Körperimpedanz
sind das Verhältnis der Extrazellulärmasse zur Körperzellmasse und der Phasenwinkel
einfach verfügbare Werte, welche zuverlässige und valide Informationen über den Zellgehalt
des Körpers ermöglichen. Idealerweise wird die erste Untersuchung bereits bei Diagnosestellung
durchgeführt.
8.40.
|
Konsensbasierte Empfehlung
|
geprüft 2018
|
EK
|
Patienten mit Ösophaguskarzinom sollten – im Rahmen ihrer Möglichkeiten – zu körperlicher
Aktivität motiviert werden.
Nach Abschluss der Primärtherapie sollte allen rehabilitationsfähigen Patienten eine
Anschlussheilbehandlung angeboten werden. Die rehabilitative Therapie soll medizinische,
pflegerische, edukative, trainierende und psychosoziale Maßnahmen umfassen, die dem
individuellen Rehabilitationsbedarf angepasst werden.
Zur Reduzierung des durch die Tumorerkrankung oder die Tumortherapie bedingten Fatigue-Syndroms
sollte ein sich an der individuellen Belastungsfähigkeit orientierendes Ausdauertraining
durchgeführt werden.
|
Konsensstärke
|
Konsens (86 %)
|
Hintergrund
Um die Muskelmasse der Patienten mit Ösophaguskarzinom zu erhalten, sollten ein leichtes
Ausdauer- und ein spezielles Muskelaufbautraining empfohlen werden. Es gibt keine
spezifischen Studien zu Patienten mit Ösophaguskarzinom. In einer Cochrane Übersichtsarbeit
[494] haben die Autoren insgesamt 56 Studien mit 4826 Krebspatienten eingeschlossen. In
36 Studien wurden Teilnehmer während einer laufenden Therapie untersucht, in 10 Studien
während der Therapie und danach und in 10 Studien vor Beginn der Therapie. Die Übungsgruppe
wies eine signifikante Reduktion von Angst, Depression, Fatigue und Schlafstörungen
nach der Bewegungstherapie auf. Ebenso war die körperliche Leistungsfähigkeit verbessert,
die soziale Befähigung und Teilhabe wie auch die Lebensqualität. Darüber hinaus untermauern
auch neuere Übersichtsarbeiten und Studien [495] bei Patienten mit Lungenkarzinomen, dass eine Bewegungstherapie zur Verbesserung
von Ausdauer und Erhalt der Muskelmasse beitragen können.
Patienten mit Ösophaguskarzinom leiden häufig unter einem Gewichtsverlust und einem
Erschöpfungssyndrom mit körperlich eingeschränkter Leistungsfähigkeit. Daher sollte
ein spezielles Rehabilitationsprogramm zur Verbesserung der Ernährungssituation und
der kardio-respiratorischen Ausdauer angeboten werden [496]. Auftrag der Rehabilitation ist die möglichst weitgehende Beseitigung – zumindest
aber Kompensation – Tumor- oder therapiebedingter Folgen sowie die Hilfestellung bei
der Akzeptanz verbleibender Behinderungen mit dem Ziel einer selbstbestimmten Teilhabe
am gesellschaftlichen Leben. Für die rehabilitative Maßnahme sind ausgewiesene Reha-Zentren
bzw. Kliniken mit gastrointestinaler und onkologischer Expertise zu bevorzugen, die
den Standards des Qualitätssicherungsverfahrens der Deutschen Rentenversicherung entsprechen
und somit auch Elemente zur Motivation zu mehr Sport und Bewegung beinhalten [497].
Ziel jeder Rehabilitation sind Sicherung und erforderlichenfalls Verbesserung der
Lebensqualität des Betroffenen, wobei die Notwendigkeit dieser Maßnahmen individuell
einzuschätzen ist. Rehabilitation ist vom Gesetzgeber als sozialer Anspruch definiert
(SGB I, § 19). Art und Umfang der erforderlichen Leistungen werden im SGB I (§ 29),
SGB V (Krankenversicherung), SGB VI (Rentenversicherung), SGB III (Arbeitsforderung),
ferner im RehAnglG und im SGB IX konkretisiert. Der Rehabilitationsbedarf nach Behandlung
von Ösophaguskarzinomen ist äußerst variabel und im Wesentlichen abhängig von Art
und Ausmaß des operativen Vorgehens sowie der Therapiefolgen. Rehabilitationsverfahren
sollten bei definiertem Rehabilitationsbedarf und individueller Rehabilitationsfähigkeit
möglichst im Anschluss an die Primärtherapie stattfinden.
Zum Stellenwert rehabilitativer Maßnahmen bei Patienten mit Ösophaguskarzinom liegt
keine auswertbare Literatur vor. In einer Cochrane Übersichtsarbeit [497] haben die Autoren insgesamt 40 randomisierte und kontrollierte klinische Studien
mit 3694 Patienten und unterschiedlichen Krebsarten nach abgeschlossener Primärtherapie
eingeschlossen. Im Vergleich zu den Kontrollgruppen zeigte sich ein positiver Effekt
nach Abschluss des Bewegungsprogramms bezüglich Angst, Müdigkeit, Depression, Sexualität,
Schlafstörungen, Schmerzen, Lebensqualität und der sozialen Rolle. Zur Reduzierung
des durch die Tumorerkrankung oder therapiebedingten Fatigue-Syndroms sollte ein sich
an der individuellen Belastungsfähigkeit orientierendes Ausdauertraining durchgeführt
werden.
9. Palliativtherapie
bearbeitet durch Pech/Vanhoefer
9.1. Palliative Chemotherapie: Erstlinientherapie
9.1.
|
Evidenzbasierte Empfehlung
|
geprüft 2018
|
Empfehlungsgrad
A
|
Patienten mit einem metastasierten oder lokal fortgeschrittenen, nicht kurativ behandelbaren
Adenokarzinom des Ösophagus soll eine systemische Chemotherapie angeboten werden.
Therapieziel ist die Verlängerung der Überlebenszeit und der Erhalt der Lebensqualität.
|
Level of Evidence
1a
|
Literatur: [111]
[316]
[498]
[499]
[500]
[501]
|
Konsensstärke
|
Starker Konsens (100 %)
|
9.2.
|
Evidenzbasierte Empfehlung
|
geprüft 2018
|
Empfehlungsgrad
A
|
Bei negativem HER2-Status soll hierbei eine Platin (Oxaliplatin oder Cisplatin)- und
Fluoropyrimidin-haltige Zwei- oder Dreifachkombination eingesetzt werden.
|
Level of Evidence
1a
|
Literatur: [316]
[498]
[499]
[500]
[501]
[502]
[503]
[504]
[505]
|
Konsensstärke
|
Starker Konsens (100 %)
|
9.3.
|
Konsensbasierte Empfehlung
|
geprüft 2018
|
EK
|
Vor Einleitung einer systemischen palliativen Chemotherapie soll der HER2-Status als
prädiktiver Faktor für eine Therapie mit Trastuzumab bestimmt werden.
|
Konsensstärke
|
Starker Konsens (95 %)
|
Hintergrund
In mehreren randomisierten Phase-III-Studien für das Magenkarzinom stellte die Subgruppe
der Adenokarzinome des gastroösophagealen Überganges und der distalen Adenokarzinome
des Ösophagus einen erheblichen Anteil der Studienpopulation dar [498]
[499]
[500]
[501]
[502]
[506]. So konnte mit einer Platin- und Fluoropyrimidin-basierten Kombinationschemotherapie
mit Docetaxel oder Epirubicin eine signifikante Verbesserung hinsichtlich des Überlebens,
der Zeit bis zur Tumorprogression und ein Vorteil in der Lebensqualität gegenüber
älteren Chemotherapie-Protokollen (FUP, FAMTX) nachgewiesen werden (DCF vs. FUP: Mediane
Überlebenszeit 9,2 Monate vs. 8,6 Monate [p = 0,02] und progressionsfreies Überleben
5,6 Monate vs. 3,7 Monate [p < 0,001] sowie ECF vs. FAMTX: Mediane Überlebenszeit
8,9 Monate vs. 5,7 Monate [p = 0,0009] und FFS 7,4 Monate vs. 3,4 Monate [p = 0,00 006])
[499]
[501].
Patienten mit negativem HER2-Status soll daher eine Platin- und Fluoropyrimidin-haltige
Zwei- oder Dreifachkombination angeboten werden. Hierbei kommen u. a. folgende Kombinationen
in Betracht: S-1/Cisplatin oder Capecitabin/Cisplatin [XP], infusionales 5-Fluorouracil,
Folinsäure und Cisliplatin [PLF], Epirubicin, Cisplatin, Capecitabin [ECX], Epirubicin,
Oxaliplatin, Capecitabin [EOX], Epirubicin, Cisplatin, infusionales 5-Fluorouracil
[ECF], Docetaxel, Cisplatin, infusionales 5-Fluorouracil [DCF], infusionales 5-Fluorouracil/Folinsäure
und Oxaliplatin (FLO) oder die Kombination aus 5-Fluorouracil (infusional), Folinsäure,
Oxaliplatin und Docetaxel (FLOT-Regime) [53]
[111]
[404]
[498]
[499]
[500]
[501]
[502]
[503]
[504]
[505]
[506]
[507]
[508].
Bei der Auswahl der Therapieregime sind Allgemeinzustand, Alter, Begleiterkrankungen,
Toxizitäten der Therapie und die individuelle Situation des Patienten zu berücksichtigen.
Ist eine Docetaxel-basierte Dreifachkombination indiziert, sollten modifizierte Schemata
dem klassischen DCF-Regime vorgezogen werden, da das DCF-Regime mit einer erhöhten
Toxizität assoziiert ist. In mehreren zum Teil randomisierten Phase-II-Studien konnte
gezeigt werden, dass u. a. die Kombination aus 5-Fluorouracil (infusional), Folinsäure,
Oxaliplatin und Docetaxel (FLOT-Regime) eine dem DCF-Regime vergleichbare Aktivität
bei günstigerem Nebenwirkungsprofil aufweist [507].
Für ältere Patienten konnte in mehreren klinischen Studien gezeigt werden, dass die
Kombination aus Oxaliplatin mit einem Fluoropyrimidin (5-Fluorouracil oder Capecitabin)
hinsichtlich der Nebenwirkungen durchgeführt werden kann. Das mediane Alter der Patienten
lag in diesen Studien zwischen 70 – 77 Jahren. Das mediane Überleben betrug 9,5 bis
11,7 Monate [509]
[510]
[511]
[512].
Patienten mit positivem HER2-Status soll eine Therapie mit Trastuzumab und einer Platin-basierten
Kombination mit einem Fluoropyrimidin [Capecitabin oder infusionales 5-Fluorouracil)
angeboten werden (siehe Empfehlung 6.24.).
Eine palliative Chemotherapie sollte zum frühestmöglichen Zeitpunkt der Diagnosestellung
der fortgeschrittenen Erkrankung eingeleitet werden.
9.4.
|
Konsensbasierte Empfehlung
|
geprüft 2018
|
EK
|
Patienten mit einem metastasierten oder lokal fortgeschrittenen, nicht kurativ behandelbaren
Plattenepithelkarzinom des Ösophagus kann eine palliative systemische Chemotherapie
angeboten werden. Therapieziel ist der Erhalt der Lebensqualität.
Hierbei kann eine Kombinationstherapie aus Cisplatin und einem Fluoropyrimidin eingesetzt
werden. Ein lebensverlängernder Effekt der systemischen palliativen Chemotherapie
ist für das Plattenepithelkarzinom des Ösophagus nicht gesichert.
|
Konsensstärke
|
Starker Konsens (100 %)
|
Hintergrund
Patienten mit einem metastasierten oder lokal fortgeschrittenem (nicht kurativ behandelbarem
Plattenepithelkarzinom des Ösophagus) kann eine systemische palliative Chemotherapie
mit dem Ziel einer Erhaltung der Lebensqualität angeboten werden. Ein klinisch relevanter
lebensverlängernder Effekt der systemischen palliativen Chemotherapie ist für das
Plattenepithelkarzinom des Ösophagus nicht gesichert. Die Datenlage ist hinsichtlich
randomisierter klinischer Studien sehr begrenzt und bezieht sich oft nur auf eine
Subpopulation von Patienten [53]
[111]
[127]
[498]
[513]
[514].
In den publizierten klinischen Studien wurde häufig eine Kombinationstherapie von
Cisplatin mit einem Fluoropyrimidin (infusionales 5-Fluorouracil oder Capecitabin)
eingesetzt. In anderen Studien wurden Platin-basierte Kombinationen u. a. mit Taxanen
untersucht.
In der aktuellen Literatur gibt es nur wenige Publikationen, die sich mit der chirurgischen
Therapie des metastasierten bzw. lokal rezidivierten Ösophaguskarzinoms beschäftigen.
Während randomisierte Studien bzw. Kohortenstudien nicht vorliegen, liegen einige
Fallserien bzw. Case-Reports vor, die die Wertigkeit einer chirurgischen Therapie
in diesem onkologischen Setting evaluiert haben [53]
[302]
[475]
[515]
[516]
[517]
[518]
[519]
[520]
[521]. Im Rahmen der chirurgischen Therapie des metastasierten Ösophaguskarzinoms beschäftigen
sich die bisher vorliegenden Publikationen vor allem mit der Versorgung von metachronen
Lungen- bzw. Lebermetastasen [499]
[500]
[501]
[506]. Dabei lassen die Studien vermuten, dass die operative Versorgung einer metachronen,
solitären Lungenmetastase im Rahmen einer individuellen Therapieplanung durchgeführt
werden kann, jedoch bei vorliegenden metachronen Lebermetastasen bzw. multilokolären
Lungenmetastasen eine chirurgische Versorgung eher nicht durchgeführt werden sollte.
So zeigten Ichida et al. [518] erst kürzlich in 26 Patienten mit metachronen Leber- bzw. 27 Patienten mit Lungenmetastasen,
die sich zuvor einer Ösophagektomie unterzogen, dass zwar Patienten mit solitären
pulmonalen Metastasen einen Prognosevorteil haben können, aber vor allem für Patienten
mit Lebermetastasen eher kein relevanter Benefit besteht.
Bei Patienten mit einem lokal rezidivierten Ösophaguskarzinom haben die bisherigen
Analysen fast ausschließlich Patienten nach definitiver Radiochemotherapie analysiert,
die sich einer sogenannten Salvage-Ösophagektomie unterzogen [53]
[302]
[475]
[519]
[520]
[521].
Dabei kann man zusammenfassen, dass die meisten Studien eine relevante Erhöhung der
Morbidität bzw. Mortalität für diese Patientengruppe aufweist und somit nur im Rahmen
einer individuellen Therapieplanung eine solche operative Versorgung durchgeführt
werden sollte.
Die von der British Association of Surgical Oncology aus dem Jahre 2011 vorliegenden
Leitlinien empfehlen ein individuelles therapeutisches Vorgehen bei Lokalrezidiv nach
definitiver Radiochemotherapie, jedoch wird ein chirurgisches Vorgehen bei solitären
Fernmetastasen von Lunge bzw. Leber nicht diskutiert [53].
9.2. Palliative Chemotherapie: Zweitlinientherapie
9.5.
|
Konsensbasierte Empfehlung
|
geprüft 2018
|
EK
|
Bei Patienten mit einem metastasierten oder lokal fortgeschrittenen, nicht kurativ
behandelbaren Adenokarzinom des Ösophagus und ausreichendem Allgemeinzustand sollte
eine systemische Zweitlinientherapie durchgeführt werden.
|
Konsensstärke
|
Starker Konsens (100 %)
|
Hintergrund
Das Behandlungsschema richtet sich nach der jeweiligen Vortherapie. Therapieziel ist
die Verlängerung der Überlebenszeit, der Zeit bis zur Tumorprogression und der Erhalt
der Lebensqualität.
Es gibt inzwischen mehrere Phase-III-Studien, die eine Verlängerung des Gesamtüberlebens
und zum Teil Erhalt der Lebensqualität unter Zweitlinientherapie zeigen. Dies gilt
für die folgenden zytotoxischen Einzelsubstanzen Irinotecan, Paclitaxel, und Docetaxel
[522]
[523]
[524] sowie neuerdings für den VEGFR2-Antikörper Ramucirumab alleine (kaum Nebenwirkungen)
oder in Kombination mit Paclitaxel [525]
[526] (siehe auch Hintergrundtext zu Empfehlung 9.7.).
Durch die gute Datenlage ist die Empfehlung mit „sollte“ gerechtfertigt. Die Wortwahl
„systemische Zweitlinientherapie“ wird anstelle von „Zweit-Chemotherapie“ angewandt
weil Ramucirumab keine Chemotherapie ist. Irinotecan, Paclitaxel, und Docetaxel sind
als Zweit-Chemotherapie des Ösophaguskarzinoms nicht zugelassen.
9.6.
|
Konsensbasierte Empfehlung
|
geprüft 2018
|
EK
|
Bei Patienten mit einem metastasierten oder lokal fortgeschrittenen, nicht kurativ
behandelbaren Plattenepithelkarzinom des Ösophagus und ausreichenden Allgemeinzustand
kann eine Zweitlinientherapie erwogen werden
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Konsensstärke
|
Starker Konsens (100 %)
|
Hintergrund
Es gibt keine belastbaren Daten, die eine Wirksamkeit einer Zweit-Chemotherapie beim
Plattenepithelkarzinom des Ösophagus zeigen. Es existieren kleine Phase-II-Studien
mit Substanzen wie Taxane, Platinderivate und Irinotecan, aber auch solche mit älteren
Substanzen wie Mitomycin C [527]. Daher wurde hier nur eine „kann“-Empfehlung ausgesprochen. Valide Therapieziele
können auch nicht formuliert werden, da es sich hierbei stets um individuelles Vorgehen
handelt. „Symptom-Kontrolle wäre ein theoretisches Ziel, da weder OS-Verlängerung
noch Erhalt der Lebensqualität nachgewiesen sind. Das Behandlungsschema sollte sich
jedoch nach der jeweiligen Vortherapie richten.
9.3. Stellenwert der „Targeted Therapy“
9.7.
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Evidenzbasiertes Statement
|
geprüft 2018
|
Level of Evidence
1b
|
Aufgrund eines nachgewiesenen Überlebensvorteils besteht bei HER2-überexprimierenden
Tumoren (IHC3 + oder IHC2 + und FISH+) eine Indikation für den Einsatz von Trastuzumab
in Kombination mit Cisplatin und Fluoropyrimidinen (5-FU oder Capecitabin).
|
|
Leitlinienadaptation S3-LL Magenkarzinom [18]
|
Konsensstärke
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Starker Konsens (100 %)
|
Hintergrund
Hierbei handelt es sich um eine Leitlinienadaptation für Patienten mit einem metastasierten
oder lokal fortgeschrittenen, nicht kurativ behandelbaren Adenokarzinom des Ösophagus
und des ösophagogastralen Übergangs.
In einer Phase-III-Studie (ToGA-Studie) verbesserte der HER2-Antikörper Trastuzumab
das OS und PFS von Patienten mit HER2-positiven, fortgeschrittenen Magenkarzinomen
und Adenokarzinomen des ösophagogastralen Überganges, deren Tumoren entweder immunhistochemisch
HER2-positiv (IHC 3 +) waren oder eine Amplifikation des HER2-Gens in der Fluoreszenz-in-situ-Hybridisierung
aufwiesen (FISH+). Zugelassen in Europa ist der Antikörper allerding nur, wenn die
Tumoren IHC3 + oder IHC2 + und FISH+. Interessanterweise scheinen die AEG I Tumoren,
d. h. die distalen Adenokarzinome des Ösophagus (Barrettkarzinome) besonders häufig
HER2 positiv zu sein [18]
[228] (siehe auch Empfehlung 6.24.).
In einer Phase-3-Studie mit 780 Patienten wurde der Stellenwert von Pertuzumab in
der Erstlinientherapie für Patienten mit HER2-positiven, fortgeschrittenen Magenkarzinomen
und Adenokarzinomen des ösophagogastralen Überganges geprüft (Jacob-Studie, https://clinicaltrials.gov/ct2/show/NCT01 774 786). Der primäre Endpunkt einer signifikanten Überlebenszeitverlängerung wurde nicht
erreicht. Das mediane Überleben lag für die Pertuzumab-basierte Kombination bei 17,5
Monaten gegenüber 14,2 Monaten für die Standardtherapie mit Trastuzumab, Cisplatin,
Fluoropyrimidin (Capecitabin oder 5-Fluorouracil) (HR 0,84 p = 0,0565). Damit ergibt
sich derzeit keine Indikation für den zusätzlichen Einsatz von Pertuzumab in der Therapie
des HER2-positiven, fortgeschrittenen Magenkarzinoms und des Adenokarzinoms des ösophagogastralen
Überganges (https://clinicaltrials.gov/ct2/show/NCT01 774 786).
In einer Phase-3-Studie mit 345 Patienten wurde der Stellenwert von Trastuzumab-Emtansin
(T-DM1) in der Zweitlinientherapie für Patienten mit HER2-positiven, fortgeschrittenen
Magenkarzinomen und Adenokarzinomen des ösophagogastralen Überganges geprüft (Gatsby-Studie).
Es zeigte sich für Trastuzumab-Emtansin kein Überlebensvorteil gegenüber einer Therapie
mit einem Taxan (Docetaxel, Paclitaxel). Das mediane Überleben betrug 7,9 Monate für
Trastuzumab-Emtansin und 8,6 Monate für die Taxan-behandelten Patienten (HR 1,15,
p = 0,86) [528].
Nach Progression unter Erstlinienchemotherapie wurde der VEGFR2-Antikörper Ramucirumab
als Monotherapie (REGARD Studie) im Vergleich zu best supportive care [525] oder in Kombination mit Paclitaxel (RAINBOW Studie) [526] im Vergleich zu einer Paclitaxel Monotherapie eingesetzt. Das Gesamtüberleben wurde
sowohl in der REGARD Studie (5,2 Monate vs. 3,8 Monate, HR 0,776) als auch in der
Rainbow Studie (9,6 Monate vs. 7,4 Monate/HR 0,807) signifikant verbessert. Die Patienten
schienen auch in Bezug auf die Lebensqualität zu profitieren. Beide Studien schlossen
Patienten mit Magenkarzinom oder Adenokarzinomen des ösophagogastralen Übergangs ein.
In der RAINBOW Studie zeigte sich auch eine höhere Ansprechrate in der Kombinationsgruppe.
9.4. Palliative Radio(chemo)therapie
9.8.
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Konsensbasierte Empfehlung
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geprüft 2018
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EK
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Die perkutane Radiotherapie des Ösophaguskarzinoms – ggfs. in Kombination mit einer
simultanen Chemotherapie – kann bei lokalen Symptomen (z. B. Blutung, Stenose, Kompression)
im Rahmen der multidisziplinären Betreuung eingesetzt werden.
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Konsensstärke
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Konsens (90 %)
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Hintergrund
Das Ziel der palliativen Behandlung des Ösophaguskarzinoms ist die Linderung typischer
Symptome der fortgeschrittenen Erkrankung wie Dysphagie, Schmerzen oder Blutungen.
Eine Verlängerung des Überlebens ist durch eine palliative Therapie nicht zu erwarten
[529]. Insofern ist für die Beurteilung palliativer Therapieverfahren die subjektive Beschwerdelinderung
aus Sicht der Patienten von entscheidender Bedeutung.
Durch diese Betrachtung werden Therapieeffekt und Toxizität einer Therapie gleichermaßen
erfasst.
Die verfügbare Literatur zur Beurteilung von Palliativtherapien anhand von Patientenbefragungen
wurde von Amdal et al. in einer Übersichtsarbeit zusammengestellt [529].
Insgesamt 28 Studien, die Patientenbeurteilungen ausgewertet hatten, konnten identifiziert
und ausgewertet werden. Der Vergleich der Ergebnisse nach Polychemotherapie, alleiniger
Radiotherapie und einer Radiochemotherapie zeigte die Überlegenheit der Radiochemotherapie.
Als Radiosensitizer wurden 5-FU oder Mitomycin C verwendet.
Während eine akzelerierte Radiochemotherapie mit hoher Akuttoxizität vergesellschaftet
war, zeigte eine normofraktionierte Radiotherapie mit simultaner Gabe von 5-FU ein
gutes Ansprechen bei geringer Toxizität [529]
[530].
Die Entscheidung für eine lokale Palliativtherapie (perkutane Radiochemotherapie,
Brachytherapie oder Stentimplantation) sollte in einem multidisziplinären Team abgestimmt
werden [127].
Eine perkutane Radiotherapie 4 – 6 Wochen nach Stentimplantation verlängert das Dysphagie
freie Intervall [531].
9.5. Palliative Brachytherapie
9.9.
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Evidenzbasierte Empfehlung
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geprüft 2018
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Empfehlungsgrad
B
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Die palliative Brachytherapie sollte im Rahmen der multidisziplinären Betreuung von
Patienten mit Ösophaguskarzinom zur Linderung der Dysphagie gegebenenfalls in Kombination
mit einer Stentimplantation oder einer perkutanen Radiochemotherapie angeboten werden
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Level of Evidence
1a
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Literatur: [530]
[531]
[532]
[533]
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Konsensstärke
|
Starker Konsens (100 %)
|
Hintergrund
Wie in zwei randomisierten Studien gezeigt wurde, kann die palliative Brachytherapie
die Dysphagie und die Lebensqualität von Patienten mit inoperablen Ösophaguskarzinomen
verbessern [529]
[533]. Im Vergleich zur Stentimplantation tritt die Wirkung der Brachytherapie später
ein, hält jedoch länger an. Eine Kombination von Stentimplantation mit der Brachytherapie
ist möglich und sollte besonders bei Patienten zum Einsatz kommen, die eine längere
projektierte Lebenserwartung haben. In dieser Situation kann die Brachytherapie die
Dauer der Wirkung des Stents auf die Dysphagie verlängern [529]
[532].
Bei einer ausgeprägten Dysphagie sollte zunächst eine Stentimplantation erfolgen,
die 1 – 4 Wochen später durch eine Brachytherapie ergänzt wird [531]
[532].
Bei einer geringen Dysphagie erzeugt die alleinige Brachytherapie einen anhaltenden
palliativen Effekt [532]und ist wegen der geringeren Komplikationsrate im Vergleich zur Stentimplantation
als Therapie der Wahl anzusehen [533].
Die Wirkung der Brachytherapie kann durch eine zusätzliche perkutane Radiotherapie
oder eine Radiochemotherapie verbessert werden [534].
Die Entscheidung für eine palliative Brachytherapie und deren Kombination mit einer
Stentimplantation oder einer perkutanen Radiochemotherapie sollte in einem multidisziplinären
Behandlungsteam abgestimmt werden.
9.6. Endoskopische Stentapplikation
9.10.
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Evidenzbasierte Empfehlung
|
geprüft 2018
|
Empfehlungsgrad
B
|
Zur raschen Linderung einer Dysphagie bei Patienten mit Ösophaguskarzinom sollte ein
selbstexpandierender Metallstent eingesetzt werden.
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Level of Evidence
1a
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Literatur: [535]
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Konsensstärke
|
Konsens (90 %)
|
Hintergrund
Der Einsatz selbstexpandierender Metallstents (SEMS) zur schnellen Linderung der Dysphagie
hat sich in den letzten Jahren als Standardtherapie etabliert [53]
[535]. Dies wurde auch durch eine Metaanalyse von 16 randomisierten Studien mit insgesamt
1027 Patienten belegt [535]. Nach Implantation eines SEMS können etwa 2/3 der Patienten mit stenosierendem Ösophaguskarzinom
initial wieder feste Nahrung zu sich nehmen [536].
Allerdings war bei 10 % der Patienten bereits 6 Wochen nach Stentimplantation die
Dysphagie schlechter als initial [537]. Stents mit kleinem Durchmesser (18 mm) scheinen ähnlich effektiv zu sein wie breitere
Stents (24 mm), aber induzieren weniger Schmerzen nach Implantation [537].
Es stehen eine Vielzahl von SEMS zur Verfügung. Nicht gecoverte SEMS sind initial
gleich effektiv wie gecoverte Stents, jedoch besteht eine erhöhte Gefahr, dass Tumorgewebe
durch die Maschen einwächst, sodass es bald wieder zu einer Tumorstenose kommen kann
[538].
Ein Vorteil von ungecoverten SEMS ist allerdings eine niedrigere Migrationsrate. Der
Einsatz von teilgecoverten SEMS scheint die Vorteile beider Typen zu vereinen, jedoch
existieren hierzu kaum belastbare Daten. Bei Ösophaguskarzinomen mit Fisteln sind
gecoverte Metallstents die Therapie der Wahl und haben eine Verschlussrate von 77
bis 92 % [539]
[540].
Selbstexpandierbare Plastikstents scheinen bezüglich der Linderung der Dysphagie ähnlich
effektiv zu sein wie SEMS, aber die Migrationsrate ist deutlich erhöht [541]. Patienten mit einem Tumor im distalen Ösophagus leiden nach Stentimplantation häufig
an massivem gastroösophagealen Reflux. Ob der Einsatz von SEMS mit Anti-Refluxventil
eine Besserung des Reflux mit sich bringt, ist angesichts der Datenlage nicht sicher
zu sagen. Drei prospektiv-randomisierte Studien liefern hier widersprüchliche Ergebnisse
[542]
[544].
Die Einlage eines SEMS bei gleichzeitiger Radiatio soll aufgrund der erhöhten Komplikationsrate
vermieden werden. Auch die präoperative SEMS-Einlage als „Bridge-to-surgery“ oder
vor einer geplanten perioperativen Radiochemotherapie wird nicht empfohlen, da sie
mit einer erhöhten Inzidenz von Komplikationen einhergeht und mit der Einlage von
Ernährungssonden valide Alternativen bestehen. In einer systematischen Meta-Analsyse
von 9 Studien mit 180 Patienten zeigte sich, dass es zu einer hohen Rate an schweren
Komplikationen kam (Stentmigration in 32 % und Schmerzen in 51,4 %).[545]. Eine Europäische Kohortenstudie mit 2944 Patienten erbrachte ähnliche negative
Ergebnisse [546]. Die präoperative Mortalität lag in der Stentgruppe bei 13,2 % versus 8,6 % in der
Kontrollgruppe und die Morbidität bei 63,2 % versus 59,2 %. Auch die R0-Resektionsrate,
die mediane Zeit bis zum Rezidiv und das 3-Jahres-Überleben war in der SEMS-Gruppe
deutlich schlechter als in der Gruppe ohne Stent.
Eine Alternative zur Palliation der Dysphagie bei Ösophaguskarzinomen ist die Brachytherapie.
Im Vergleich zu Stents tritt hier die Linderung der Dysphagie verzögert ein, allerdings
war die Brachytherapie der SEMS-Implantation nach 3 Monaten überlegen [533]
[547].
Die Stentimplantation ist kosteneffektiver als die Brachytherapie [548]. Eine Kombination beider Methoden scheint effektiv und sicher zu sein, allerdings
gibt es dafür kaum prospektive Daten [549].
9.7. Stellenwert der intraluminalen lokalen Therapie
9.11.
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Konsensbasierte Empfehlung
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geprüft 2018
|
EK
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Eine intraluminale thermoablative Therapie bei Patienten mit exophytischem Ösophaguskarzinom
in der palliativen Situation kann erwogen werden.
Eine additive Brachytherapie oder Radiatio nach lokaler Tumorablation kann das dysphagiefreie
Intervall verlängern.
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Konsensstärke
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Starker Konsens (100 %)
|
Hintergrund
Zur intraluminalen Tumortherapie stehen mehrere Methoden zur Verfügung. Eine palliative
Therapie mittels photodynamischer Therapie (PDT) und intratumoraler Alkoholinjektion
ist vor allem aufgrund der hohen Komplikationsrate und der Verfügbarkeit effektiverer
Alternativmethoden obsolet [537]
[550].
Für die Lasertherapie existieren die meisten Daten, welche die Effektivität belegen
[550]
[551]
[552]
[553]
[554]
[555], allerdings steht heutzutage in den wenigsten Endoskopie-Abteilungen ein Laser zur
Verfügung.
Die heute in Deutschland am häufigsten eingesetzte Methode zur thermoablativen Therapie
ist die Argon-Plasma-Coagulation (APC) [556]
[557]
[558].
Sie scheint ähnlich effektiv zu sein wie die Lasertherapie, allerdings gibt es dafür
kaum vergleichende Studien [556]
[558]. Zur Tumorablation sind im Mittel 2,3 Sitzungen notwendig. Die Rate an schweren
Komplikationen, wie Perforationen, lag in einer Serie unter 1 % [556]
[558].
Eine prospektive randomisierte Studie mit 93 Patienten verglich die alleinige APC-Therapie
mit einer Kombinationstherapie von APC plus Hochdosis-Brachytherapie sowie APC plus
PDT [559]. Die effektivste Therapie mit der geringsten Komplikationsrate war eine Kombination
von APC mit Brachytherapie. Ein Rezidiv der Dysphagie trat erst nach 88 Tagen auf.
Somit war das Dysphagie-freie Intervall signifikant länger als in den beiden Vergleichsgruppen
(59 und 35 Tage).
Zur Frage, ob eine lokale Ablation von Metastasen bei Patienten mit Ösophaguskarzinom
hinsichtlich Lebensqualität und Überleben gegenüber anderen therapeutischen Verfahren
wie palliative Chemotherapie und BSC einen nachweisbaren Vorteil erbringt, gibt es
aktuell keine Studien. In der Literatur finden sich lediglich Fallberichte oder Sammelkasuistiken.
Dies gilt für Verfahren wie transarterielle Chemoembolisation (TACE), selektive interne
Radiotherapie (SIRT), Radiofrequenzablation (RFA), Laser-induzierte Thermotherapie
(LITT), Mikrowellenablation und stereotaktische Radiotherapie. Diese Verfahren sollten
daher im Rahmen von kontrollierten, prospektiven Studien in dieser Indikation evaluiert
werden.
10. Psychoonkologie
10.1.
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Konsensbasierte Empfehlung
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geprüft 2018
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EK
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Die psychoonkologische Versorgung von Patienten/innen mit Ösophaguskarzinom sollte
ein integraler Bestandteil der onkologischen Diagnostik, Therapie und Nachsorge sein
und eine interdisziplinäre Aufgabe aller in der Onkologie beteiligten Berufsgruppen
darstellen (vgl. S3-Leitlinie Psychoonkologie).
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Konsensstärke
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Starker Konsens (100 %)
|
Hintergrund
Patienten/innen mit einem Ösophaguskarzinom weisen eine Reihe von psychosozialen Belastungen
auf [560]. Neben Beeinträchtigungen der psychischen Befindlichkeit, konnten Beeinträchtigungen
der globalen Lebensqualität nachgewiesen werden, welche als Prädiktoren für eine erhöhte
Mortalität angesehen werden können [561]. Insbesondere Beeinträchtigungen der sozialen Funktionsfähigkeit, Schmerz und ein
vermindertes Aktivitätslevel postoperativ sind mit der Überlebenswahrscheinlichkeit
verbunden [562]. Die soziale Funktionsfähigkeit und die Rollenfunktion zeigen auch bei Langzeitüberlebenden
Beeinträchtigungen [563].
Für die Durchführung der psychoonkologischen Diagnostik, Beratung und Behandlung soll
eine entsprechend qualifizierte Fachkraft zur Verfügung stehen. Die Feststellung des
individuellen Bedarfs soll entsprechend der S3-Leitlinie Psychoonkologie (https://www.leitlinienprogramm-onkologie.de/leitlinien/psychoonkologie/) über ein gestuftes Verfahren (standardisiertes Screeningverfahren plus ggf. diagnostisches
Gespräch bei im Screening auffälligen Patienten) erfolgen [514]
[564]
[565]
[566]. Der Einsatz eines psychoonkologischen Screeninginstrumentes sollte frühestmöglich
erfolgen und in angemessenen Abständen, wenn klinisch indiziert oder bei Veränderung
des Erkrankungsstatus der Patientin/des Patienten (z. B. bei Wiederauftreten oder
Fortschreiten der Erkrankung) wiederholt durchgeführt werden. In der S3-Leitlinie
Psychoonkologie wird vor allem die Verwendung des Distress Thermometers oder der Hospital
Anxiety and Depression Scale (HADS) empfohlen [567]
[568]
[569]. Im Falle eines positiven Ergebnisses eines Screenings soll ein diagnostisches Gespräch
zur weiteren diagnostischen Abklärung erfolgen.
Je nach Ausmaß der durch das Screening festgestellten psychosozialen Belastungen sollten
gestuft psychosoziale Hilfen entsprechend der S3-Leitlinie Psychoonkologie in allen
Krankheitsphasen den Patienten/innen und ihren Angehörigen angeboten werden. Dies
beinhaltet, dass die/der Patient/in frühzeitig nach Diagnosestellung oder im Behandlungsverlauf
über die Möglichkeiten psychoonkologischer Hilfestellungen informiert werden sollte.
Hierbei sollte eine enge Absprache mit allen in die Versorgung des/r Patienten/in
involvierten Personen (z. B. Hausarzt, ambulanter Pflegedienst) angestrebt und ein
kontinuierlicher Informationsfluss sichergestellt werden.
Psychosoziale Hilfen beinhalten Maßnahmen zur Unterstützung der Krankheitsverarbeitung,
des Umganges mit fortbestehenden Funktionsstörungen und weiteren krankheits- oder
behandlungsassoziierten Einschränkungen wie wirtschaftlichen Schwierigkeiten und Fragen
zur Rückkehr ins Erwerbsleben. Somit betreffen diese Hilfen die gesamte Krankheitsphase
von Diagnose, Aufklärung, Therapie, supportiver Behandlung, Rehabilitation, Nachsorge
und ggf. palliativmedizinischer Versorgung.
Die Psychoonkologische Versorgung wird auf der Basis eines interdisziplinären Ansatzes
zwischen allen an der Behandlung beteiligten Berufsgruppen realisiert [570]. Die psychoonkologischen Maßnahmen sollen in das Gesamtkonzept der onkologischen
Behandlung integriert werden und durch regelhafte Rückmeldung mit den an der onkologischen
Behandlung beteiligten Berufsgruppen optimiert werden. Hierfür sollte der behandelnde
Arzt über psychoonkologische Basiskompetenzen verfügen. Darüber hinaus sollte eine
psychoonkologische Fachkraft in das Behandlungsteam integriert sein, um die psychoonkologische
Beratung und Behandlung durchführen zu können.
Die psychoonkologische Betreuung umfasst eine patientengerechte Information und Beratung,
eine qualifizierte psychosoziale Diagnostik, sowie eine gezielte psychoonkologische
Unterstützung bei der Bewältigung der Erkrankung, der Behandlung und der auftretenden
Nebenwirkungen und Folgeprobleme.
Psychoonkologische Interventionen sind sowohl bei schweren psychischen Belastungen,
Paarkonflikten sowie bei psychischen Störungen (insbesondere depressiven, Anpassungs-
und Angststörungen) indiziert. Neben psychoedukativen und supportiven Interventionen
wie Entspannungsverfahren etc. werden insbesondere die Einzelpsychotherapie sowie
die Paartherapie eingesetzt [571]. Die psychoonkologischen Interventionen sollten am individuellen Bedarf des/r Patienten/in
ausgerichtet werden. Ebenso sollte der Wunsch des/r Patienten/in berücksichtigt sowie
der/die Partner/in und die Angehörigen in die psychosoziale Beratung und Behandlung
des/r Patienten/in eingebunden werden.
11. Palliativversorgung
Palliativversorgung ist definiert als ein Ansatz zur Verbesserung der Lebensqualität
von Patienten und ihren Familien, die mit Problemen konfrontiert sind, welche mit
einer lebensbedrohlichen Erkrankung einhergehen. Dies geschieht durch Vorbeugen und
Lindern von Leiden durch frühzeitige Erkennung, sorgfältige Einschätzung und Behandlung
von Schmerzen sowie anderen Problemen körperlicher, psychosozialer und spiritueller
Art. Die Palliativversorgung von Patienten mit einem Ösophaguskarzinom umfasst beispielsweise
eine Reihe von Maßnahmen zur Linderung von Dysphagie, Übelkeit, Dyspnoe und/oder Schmerzen.
An dieser Stelle sei auf die allgemeinen Empfehlungen hingewiesen, wie sie in der
im Mai 2015 erschienenen „S3-Leitlinie Palliativmedizin für Patienten mit einer nicht
heilbaren Krebserkrankung“ (AWMF-Registernummer: 128/001OL) ausführlich beschrieben
werden (https://www.leitlinienprogramm-onkologie.de/leitlinien/palliativmedizin/).
Dort finden sich auch wichtige Empfehlungen zu Versorgungsstrukturen in der Palliativmedizin,
inklusive eines Behandlungspfades für Patienten und Angehörige, da den Angehörigen
bei der Betreuung dieser Patientengruppe eine wichtige Rolle zukommt.
12. Qualitätsindikatoren
Qualitätsindikatoren (QI) sind Messgrößen, deren Erhebung der Beurteilung der Qualität
der zugrunde liegenden Strukturen, Prozesse bzw. Ergebnisse dient [572]
[573].
Qualitätsindikatoren sind ein wichtiges Instrument des Qualitätsmanagements zur Verbesserung
der Versorgung. Dabei beleuchten Qualitätsindikatoren jeweils einen bestimmten Versorgungsaspekt.
Die Erfüllung der in Qualitätsindikatoren beschriebenen Anforderungen kann deshalb
nicht unbesehen mit der Qualität der Gesamtversorgung gleichgesetzt werden.
Die Methodik der Ableitung der vorliegenden Qualitätsindikatoren orientiert sich an
der Methodik der Nationalen Versorgungsleitlinien [574]. Als Grundlage für die Qualitätsindikatoren dienten alle starken Empfehlungen (Empfehlungsgrad
A), unabhängig von der Qualität der zugrundeliegenden Evidenz, d. h. inklusive Empfehlungen,
die aufgrund eines Expertenkonsenses verabschiedet wurden. Die Empfehlungen wurden
durch einen Methodiker in potenzielle ratenbasierte Indikatoren mit Nenner und Zähler
überführt. Zudem wurden bestehende nationale und internationale Indikatoren recherchiert.
Die potenziellen Indikatoren aus den Leitlinienempfehlungen und die bestehenden Indikatoren
wurden von den Experten der AG Qualitätsindikatoren in einem zweistufigen Verfahren
gesichtet und bewertet. In einem Präsenztreffen wurde eine erste Auswahl der potenziellen
Qualitätsindikatoren im Hinblick auf ihre Relevanz für die Versorgung und ihre grundsätzliche
Messbarkeit getroffen. Potenzielle Qualitätsindikatoren aus Empfehlungen mit inhaltlichen
Doppelungen wurden nicht berücksichtigt. Es wurde auch geprüft, welche Anteile von
Empfehlungen in bestehenden Tumordokumentationssystemen abbildbar sind (Basisdatensatz
der Arbeitsgemeinschaft Deutscher Tumorzentren, zertifizierte onkologische/viszeralonkologische
Zentren der DKG). Die als relevant und grundsätzlich messbar eingestuften potenziellen
QI (n = 15, 2 aus bestehenden QI) wurden im zweiten Schritt mit den in [Tab. 13] abgebildeten Kriterien schriftlich bewertet. Dazu wurden auch die Kodierungserfordernisse
abgebildet. Zur korrekten Kodierung ist beim Ösophaguskarzinom neben der ICD eine
Kodierung mithilfe der ICD-O (Internationale Klassifikation der Krankheiten für die
Onkologie) erforderlich.
Tab. 13
Bewertungskriterien für potenzielle Qualitätsindikatoren.
Bitte bewerten Sie!
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Nein
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Ja
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1. Kriterium:
Der Qualitätsindikator erfasst für den Patienten relevante Verbesserungspotenziale.
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2. Kriterium:
Der Indikator ist klar und eindeutig definiert.
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3. Kriterium:
Der Qualitätsindikator bezieht sich auf einen Versorgungsaspekt, der von den Leistungserbringer
beeinflusst werden kann.
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4. Kriterium:
Gibt es Risiken zur Fehlsteuerung durch den Indikator, die nicht korrigierbar sind?
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5. Kriterium:
Die Daten werden beim Leistungserbringer routinemäßig dokumentiert oder eine zusätzliche
Erhebung erfordert einen vertretbaren Aufwand
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Als vorläufig angenommen galten Indikatoren mit mind. 75 % Zustimmung bei jedem schriftlich
bewerteten Kriterium (n = 9/15). Nach der schriftlichen Bewertung erfolgte eine methodisch
moderierte Telefonkonferenz, in denen sowohl die angenommenen als auch die nicht angenommenen
Indikatoren diskutiert wurden. Aufgrund der Klärung durch die Diskussion wurden ein
schriftlich angenommener Indikator abgelehnt und zwei zunächst abgelehnte Indikatoren
angenommen. Es wurde somit ein finales Set von elf Indikatoren verabschiedet, davon
neun aus Empfehlungen der Leitlinie und 2 aus bestehenden Qualitätsindikatoren ([Tab. 14]).
Nicht als zu erhebender Qualitätsindikator (da als ratenbasierter Indikator nicht
zielführend abbildbar), jedoch als künftige Zertifizierungs-Anforderung für ein viszeralonkologisches
Zentrum der DKG wurde aufgenommen, dass Pathologen an Ringversuchen zur HER2-Bestimmung
von Magen/Ösophagus-Adenokarzinomen teilnehmen sollen. Damit soll der 2. Teil der
Empfehlung umgesetzt werden, die histopathologische Bestimmung des HER2-Status am
Tumorgewebe qualitätsgesichert vorzunehmen.
Ebenso wurde das Einholen einer Zweitmeinung bei einem externen Pathologen (Referenzpathologie)
bei Diagnose einer intraepithelialen Neoplasie im Barrett-Ösophagus als Zentrumsanforderung
vorgeschlagen.
Die benannten Indikatoren sind als vorläufige Vorschläge zu verstehen. Eine ex ante
Festlegung von Referenzbereichen (Bereichen, in denen eine unauffällige Qualität attestiert
wird) ist nicht sicher möglich. Eine abschließende Bewertung kann erst nach einer
Validierung der Indikatoren (u. a. im Hinblick auf Reliabilität und Validität) aufgrund
erhobener Daten erfolgen.
Tab. 14
Vorschläge für Qualitätsindikatoren zur Versorgung von Patienten mit einem Plattenepithel-
oder Adenokarzinom des Ösophagus.
Qualitätsindikator
|
Zugrundeliegende Empfehlung
|
Evidenzgrundlage
|
QI 1: Vollständige histopathologische Befundung von Biopsiematerial
(Vorschlag der Erfassung für 1 Jahr in DKG-zertifizierten viszeralonkologischen Zentren,
danach Prüfung der weiteren Erfordernis)
Anmerkung: „becherzellhaltige Barrettmukosa“ wird im ADT-Datensatz nicht erfasst.
|
Zähler:
Anzahl Patienten mit Angabe der Art der neo-plastischen Läsion (Low Grade Dysplasie/Low
Grade Intra Epitheliale Neoplasie, High Grade Dysplasie/High Grade Intraepitheliale
Neoplasie = C15x + 8077/0, 8077/2., C16x, + 8148/0, 8148/2, Tis Klassifikation nach
UICC, invasives Karzinom), WHO-hist. Typ, bei invasiven Karzinomen Grading nach aktueller
WHO-Klassifikation, Angabe, ob Biopsie aus dem distalen Ösophagus (C 15.5) mit becherzellhaltiger
Barrettmukosa
Nenner:
Alle Patienten mit V. a. Neoplasie des Ösophagus (D.00.1, C.15x., C16x) und Biopsie
(1.440.9 und 1.440.a)
|
6.19
Der histopathologische Befund am Biopsiematerial soll die folgenden Angaben enthalten:
-
Art der neoplastischen Läsion (LGD/LGIEN, HGD/HGIEN, Karzinom), insbesondere ob ein
invasives Karzinom vorliegt (bei HGD/HGIEN: Klassifikation am Biopsat als Tis nach
UICC)
-
Histologischer Typ nach WHO (insbesondere Unterscheidung Plattenepithel- versus Adenokarzinom)
-
Bei invasiven Adenokarzinomen: Differenzierungsgrad (Grading) nach aktueller WHO-Klassifikation
-
Bei Läsionen im distalen Ösophagus: ist eine Becherzell-haltige Barrett-Mukosa vorhanden?
|
Expertenkonsens Konsensstärke: 100 %
Im begründenden Hintergrundtext keine Literaturzitate angegeben.
|
QI 2: Vollständige histopathologische Befundung von lokalen Exzidaten
(Für die Erhebung dieses Indikators sollen Datenfelder für die Angabe des zirkulären
und basalen Resektionsrandes und der Invasionstiefe in das spezifische Modul des allgemeinen
Basisdatensatzes der ADT aufgenommen werden. Die Größe in drei Dimensionen und die
zusammenfassende Einschätzung des LK-Metastasierungsrisikos sind nicht dokumentierbar.)
|
Zähler:
Anzahl Patienten mit Angabe der Art der neo-plastischen Läsion (C15x + 8077/0, 8077/2.,
C16x, + 8148/0, 8148/2), WHO-Klass., Grading, Lymphgefäß- und/oder Veneninvasion,
Tiefe (Invasionstiefe) + Angabe von zirkulärem und basaler Resektionsrand
Nenner:
Alle Patienten mit Neoplasie des Ösophagus (D.00.1, C.15x, C16x) und endoskopischer
Resektion (5.422.2, 5.422.0, 5.422.2,5.422.3)
|
6.21.
Der histopathologische Befund an lokalen Exzidaten (endoskopische Resektion; ER) soll
folgende Angaben enthalten:
-
Größe der neoplastischen Läsion in 3 Dimensionen, wenn möglich
-
Art der neoplastischen Läsion (LGD/LGIEN, HGD/HGIEN, Karzinom) – insbesondere, ob
ein invasives Karzinom vorliegt (bei HGD/HGIEN: Klassifikation am Resektat als pTis
nach UICC)
-
Bei Karzinomnachweis: Histologischer Typ nach WHO (insbesondere Unterscheidung Plattenepithel-
versus Adenokarzinom, andere seltene Typen)
-
Bei invasiven Adenokarzinomen: Differenzierungsgrad (Grading) nach aktueller WHO-Klassifikation
-
Maximale Tiefe der Infiltration: pT1a (m1, m2, m3, m4)/pT1b (sm1, sm2, sm3) plus Infiltrationstiefe
in μm (oder höhere pT-Kategorie)
-
Lymphgefäß- und/oder Veneninvasion (L0 vs. L1, V0 vs. V1)
-
Zusammenfassende Einschätzung des LK-Metastasierungsrisikos: Low risk vs. High risk-Resektionsränder
bzgl. der Neoplasie (bei ER in toto zirkulärer und basaler RR; bei „piecemeal“-ER
basaler RR, da hier der zirkuläre RR in der Regel histo-pathologisch als RX gewertet
werden muss)
|
Expertenkonsens Konsensstärke: 100 %
Literatur: [200]
[201]
[202]
|
QI 3: Vollständige histopathologische Befundung des Operationsresektates
Anmerkung: Die Lokalisation des Tumorzentrums in Beziehung zur ÖGJ (Ösophagogastraler
Junktion) und Angabe, ob der Tumor die ÖGJ kreuzt ist nicht dokumentierbar.
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Zähler:
Anzahl Patienten mit Angabe von Größe der neoplastischen Läsion, Art der Läsion (C15x
+ 8077/0, 8077/2., C16x, + 8148/0, 8148/2, Tis), WHO-Klass. Grading, pT, pN, Ratio
LK, L, V, R-Status (TNM)
Nenner:
Alle Patienten mit Neoplasie des Ösophagus und chirurgischer Resektion (D.00.1, C.15x,
C16x) und chirurgischer Resektion (OPS 5.422.0, alle 5.423, 5.424, 5.425, 5.426)
|
6.22.
Der histopathologische Befund an Operationsresektaten soll folgende Angaben enthalten:
-
Größe der neoplastischen Läsion Lokalisation des Tumorzentrums in Beziehung zur ÖGJ
und Angabe, ob der Tumor die ÖGJ kreuzt
-
Art der neoplastischen Läsion (LGD/LGIEN, HGD/HGIEN, Karzinom) – insbesondere, ob
ein invasives Karzinom vorliegt (bei HGD/HGIEN: Klassifikation als pTis nach UICC)
-
Bei Karzinomnachweis: Histologischer Typ nach WHO (insbesondere Unterscheidung Plattenepithel-
versus A-denokarzinom, andere seltene Typen) Differenzierungsgrad (Grading)
-
Lymph- oder Hämangio-Invasion: L0 vs. L1, V0 vs. V1)
-
Resektionsränder (oral, aboral und zirkumferenziell): R0 / R1
|
Expertenkonsens Konsensstärke: 100 %
Literatur:
[200]
[201]
[202]
[204]
[206]
[207]
[208]
[209]
[211]
[212]
[213]
[214]
[215]
[216]
[217]
[218]
[219]
[220]
[221]
[222]
[223]
[224]
[225]
[226]
[227]
|
QI 4: Therapieempfehlung aus interdisziplinärer Tumorkonferenz
(Anmerkung: Es wurde nur der erste Teil der Empfehlung für operationalisierbar eingeschätzt.
Die Leitlinienautoren sprachen sich für eine Festlegung der Teilnehmer der Tumorkonferenz
durch die Zertifizierungskommission der DKG für viszeralonkologische Zentren aus.
Erfasst werden soll der Primärfall)
|
Zähler:
Anzahl Patienten mit Therapieempfehlung aus interdisziplinärer Tumorkonferenz vor
Therapie (Staging abgeschlossen)
Nenner:
Alle Patienten mit Neoplasie des Ösophagus (D.00.1, C.15x, C16x)
|
8.1.
1. Therapieempfehlungen sollen in einer interdisziplinären Tumorkonferenz getroffen
werden.
2 Als Grundlage für die Therapieempfehlung sollen Staging-Informationen, die Patienten-Komorbiditäten,
der Ernährungsstatus und die Patientenpräferenz berücksichtigt werden.
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Expertenkonsens Konsensstärke 100 %
kein Literaturzitat angegeben
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QI 5: Vollständige endoskopische Resektion einer intraepithelialen Neoplasie oder
eines mukosalen Frühkarzinoms im Barrett-Ösophagus
(Anmerkung: nur die Teile a+b der Empfehlung wurden umgesetzt. „keine Ulzerationen“
nicht in Dokumentationssystemen abgebildet)
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Zähler:
Anzahl Patienten mit R0
Nenner:
Alle Patienten mit Diagnose einer hochgradigen intraepithelialen Neoplasie (C16x,
8148/2) oder eines mukosalen Karzinoms (= 8140/3) L0, V0, G1 / G2, keine Ulzerationen,
Infiltrationstiefe ≤ m3 im Barrett-Ösophagus (K22.7) und endoskopischer Resektion
(5.422.2, 5.422.20., 5.422.3, 5.422.4)
|
8.2.
a. Bei Nachweis einer hochgradigen intraepithelialen Neoplasie oder eines mukosalen
Karzinoms (L0, V0, keine Ulzerationen, Grading G1/G2, Infiltrationstiefe ≤ m3) im
Barrett-Ösophagus soll eine endoskopische Resektion durchgeführt werden, da hierdurch
neben der Therapie auch ein Staging der Läsion mit der Frage der Tiefeninfiltration
erfolgt.
Daher ist eine endoskopisch komplette Resektion mit kurativer Intention anzustreben.
Nach erfolgreicher Resektion von Neoplasien im Barrett-Ösophagus soll die nicht neoplastische
Barrett-Mucosa thermisch abladiert werden, um die Rate an metachronen Neoplasien zu
senken.
|
Expertenkonsens Konsensstärke 100 %
Literatur: [111]
[237]
[238]
[239]
[240]
[241]
[242]
[243]
[244]
[245]
[246]
[247]
[248]
[249]
[250]
[251]
[253]
[254]
[255]
|
QI 6: Vollständige chirurgische Resektion
|
Zähler:
Anzahl Patienten mit R0
Nenner:
Alle Patienten mit Neoplasie des Ösophagus (D.00.1, C.15x, C16x) und Operation (chirurgische
Resektion OPS 5.422.0, alle 5.423, 5.424, 5.425, 5.426)
|
8.9.
Das Ziel der chirurgischen Resektion beim Plattenepithelkarzinom und Adenokarzinom
ist die vollständige Entfernung des Tumors (oral, aboral und in der Zirkumferenz)
und der regionären Lymphknoten.
|
Expertenkonsens Konsensstärke 100 %
|
QI 7: präoperative Radiotherapie bei Patienten mit einem Plattenepithelkarzinom des
Ösophagus T3 / T4
Anmerkung: Nur der erste Teil der Empfehlung wurde umgesetzt
|
Zähler:
Anzahl Patienten mit präoperativer Radiochemotherapie
Nenner:
Alle Patienten mit Plattenepithelkarzinom des Ösophagus (C15x) und cT3 / cT4
|
8.27.
Bei operablen Patienten mit einem Plattenepithelkarzinom des Ösophagus der Kategorie
cT3 und bei resektablen cT4 Tumoren soll eine präoperative Radiochemotherapie mit
anschließender kompletter Resektion durchgeführt werden.
|
Evidenzgrad 1a, Konsensstärke 100 %
Literatur: [406]
[407]
[408]
[409]
|
QI 8: perioperative Chemotherapie oder präoperative Radiochemotherapie bei operablen
Patienten mit Adenokarzinom des Ösophagus
|
Zähler:
Anzahl Patienten mit prä- und postoperativer Chemotherapie oder präoperativer Radiochemotherapie
Nenner:
Alle Patienten mit Adenokarzinom des Ösophagus (C.16x, 8140/3) und Operation (OPS
5.422.0, alle 5.423, 5.424, 5.425, 5.426) und cT3 oder cT4
|
8.24.
Beim operablen Patienten mit Adenokarzinom des Ösophagus oder des ösophagogastralen
Übergangs der Kategorie cT3 und bei resektablen cT4 Tumoren soll eine perioperative
Chemotherapie oder eine präoperative Radiochemotherapie durchgeführt werden.
|
Evidenzgrad 1a Konsensstärke 100 %
Literatur:
[389]
[391]
[392]
[393]
[402]
[403]
|
QI 9: Systemtherapie des metastasierten Ösophaguskarzinoms
|
Zähler:
Anzahl Patienten mit systemischer Chemotherapie (Erstlinie)
Nenner:
Alle Patienten mit einem metastasierten Adenokarzinom des Ösophagus (C16.x, 8140/3,
M1)
|
9.1.
Patienten mit einem metastasierten oder lokal fortgeschrittenen, nicht kurativ behandelbaren
Adenokarzinom des Ösophagus soll eine systemische Chemotherapie angeboten werden.
Therapieziel ist die Verlängerung der Überlebenszeit und der Erhalt der Lebensqualität.
|
Evidenzgrad 1a Literatur:
[111]
[498]
[502]
|
QI 10: Anastomoseninsuffizienz nach chirurgischer Resektion
|
Zähler:
Anzahl Patienten mit Anastomoseninsuffizienz (ICD: K91.83 „Insuffizienzen von Anastomosen
und Nähten nach OP an: Anus, Darm, Magen, Ösophagus, Rektum), die endoskopisch, interventionell
oder operativ behandelt wurden
Nenner:
Alle Patienten mit Neoplasie des Ösophagus (D.00.1, C.15x, C16x) und Operation (chirurgische
Resektion OPS 5.422.0, alle 5.423, 5.424, 5.425, 5.426)
|
Ergebnisindikator basierend auf einem entsprechenden QI aus Belgien:
„OC9: Proportion of patients experiencing anastomotic leakage after oesophagectomy”
Vorschlag Prof. Hölscher:
Einteilung der Anastomoseninsuffizienz in I–III.
I = locally defect, no change in therapy, only medicaments or diet modification
II: Localized defect requiring intervention, but no surgery, e. g. IR drain, stent
or bedside opening
III: Localized defect requiring surgical therapy – Soll erfasst werden
|
Definition as in Low et al, International Consensus on Standardization of Data Collection
for Complications Associated With Esophagectomy: Esophagectomy Complications Consensus
Group (ECCG)., 2015 [348]
|
QI 11.1 und 11.2: Mortalität nach Operation
|
Zähler 11.1:
Anzahl postoperativ verstorbene Patienten nach 30 Tagen
Zähler 11.2
Anzahl postoperativ verstorbene Patienten nach 90 Tagen
Nenner 11. 1 + 11.2:
Alle Patienten mit Neoplasie des Ösophagus (D.00.1, C.15x, C16x) und Operation (chirurgische
Resektion OPS 5.422.0, alle 5.423, 5.424, 5.425, 5.426)
|
Ergebnisindikator basierend auf einem entsprechenden QI aus Belgien:
OC6: Oesophageal resection mortality rate within 30 days [575]
|
Geht als Vorschlag auf folgende Publikationen zurück:
[576]
[577]:
Mortality Rate: 90 days better than 30 days to measure.
|
13. Anhänge
13.1. Übersicht der Änderungen in Version 2.0 (2018)
Tab. 15
geänderte Empfehlung und Statement in Version 2.0.
Version 1.0 (2015)
|
Version 2.0 (2018)
|
Level of Evidence: 3a
Alkohol erhöht das Risiko für Plattenepithelkarzinome des Ösophagu
|
Level of Evidence: 2b
Alkohol erhöht das Risiko für Plattenepithelkarzinome des Ösophagu
|
Level of Evidence: 3a
Gastroösophagealer Reflux erhöht das Risiko für Adenokarzinome des Ösophagus.
|
Level of Evidence: 2b
Gastroösophagealer Reflux erhöht das Risiko für Adenokarzinome des Ösophagus.
|
Die Chromoendoskopie des ganzen Ösophagus mit Lugol’scher Lösung scheint für „Hoch-Risiko-Patienten“
(= Plattenepithelkarzinom des Mundes/Nase/Rachens/Bronchial-Systems; ggf. erhöhter
Nikotin- und Alkoholkonsum) sinnvoll zur Detektion früher Plattenepithel-Neoplasien
zu sein und kann in dieser Situation eingesetzt werden.
|
Die Chromoendoskopie (Lugol’sche Lösung) oder die computergestützten digitalen (Filter-)
Verfahren sollten bei Risiko-Patienten für ein Ösophaguskarzinom (= anamnestisch Plattenepithelkarzinom
des Mundes/Nase/Rachens/Bronchial-Systems, Ösophagus) eingesetzt werden.
|
Die Chromoendoskopie sowie die computergestützte Chromoendoskopie können zur Verbesserung
der Detektionsrate von Dysplasien/Frühkarzinomen eingesetzt werden.
|
Die Chromoendoskopie oder die computergestützten digitalen (Filter-) Verfahren sollten
zur Verbesserung der Detektion von Dysplasien/Frühkarzinomen eingesetzt werden.
|
Level of Evidence: 2a
Der endoskopische Ultraschall (EUS) sollte Bestandteil des Stagings bei Patienten
mit kurativer Therapieintention sein.
|
Level of Evidence: 1b
Der endoskopische Ultraschall (EUS) sollte Bestandteil des Stagings bei Patienten
mit kurativer Therapieintention sein.
|
Level of Evidence: 4
Bei lokal fortgeschrittenen Tumoren (cT 2 – 4 und cN+) kann zusätzlich eine PET/CT-Untersuchung
zum M-Staging erwogen werden, falls der Patient potenziell kurativ behandelbar ist
bzw. das Ergebnis klinische Konsequenzen hat
|
Level of Evidence: 1b
Bei lokal fortgeschrittenen Tumoren (cT 2 – 4 und cN+) kann zusätzlich eine PET/CT-Untersuchung
zum M-Staging eingesetzt werden, falls der Patient potenziell kurativ behandelbar
ist bzw. das Ergebnis klinische Konsequenzen hat.
|
EK
Eine diagnostische Laparoskopie kann bei Adenokarzinomen des distalen Ösophagus und
des ösophagogastralen Überganges zum Ausschluss von Metastasen der Leber und/oder
des
|
Level of Evidence: 1b
Eine diagnostische Laparoskopie kann bei Adenokarzinomen des ösophagogastralen Überganges
zum Ausschluss von Metastasen der Leber und/oder des Peritoneums in fortgeschrittenen
Stadien durchgeführt werden (insbesondere im Falle einer cT3-, cT4-Kategorie).
|
Peritoneums in fortgeschrittenen Stadien durchgeführt werden (insbesondere im Falle
einer cT3-, cT4-Kategorie).
|
|
EK
Bei Diagnose einer intraepithelialen Neoplasie (Dysplasie) im Barrett-Ösophagus soll
eine Referenzpathologie durch einen externen Pathologen eingeholt werden.
|
EK
Bei histologischer Diagnose einer IEN/Dysplasie im Barrett-Ösophagus soll der Prozess
einer kompetenten (dokumentierten) pathologischen Zweitmeinung im Sinne eines Vier-Augen-Prinzips
durchgeführt werden. Bei Dissens oder Unsicherheit bezüglich der Dysplasiediagnose
soll eine externe Begutachtung erfolgen.
|
EK
Der histopathologische Befund an Resektaten sollte nach präoperativer Therapie (neoadjuvanter
Therapie) zusätzlich Aussagen zum Regressions-Score enthalten.
|
Level of Evidence: 2b
Der histopathologische Befund an Resektaten sollte nach präoperativer Therapie (neoadjuvanter
Therapie) zusätzlich Aussagen zum Regressions-Score enthalten.
|
EK
Bei Lokalisation des Tumors
-
Im ösophagogastralen Übergang (AEG Typ II) mit ausgedehnter Infiltration der unteren
Speiseröhre kann eine transthorakale subtotale Ösophagektomie durchgeführt werden,
alternativ kann eine transhiatale abdomino-cervicale subtotale Ösophagektomie erfolgen.
Bei zusätzlich ausgedehntem Magenbefall kann eine Ösophago-Gastrektomie erforderlich
sein.
-
im distalen (incl. AEG Typ I) und mittleren thorakalen Ösophagus sollte eine transthorakale
subtotale Ösophagektomie durchgeführt werden.
-
im oberen thorakalen Ösophagus sollte das Resektionsausmaß zur Wahrung des Sicherheitsabstandes
nach oral ausgedehnt werden.
-
Im zervikalen Ösophagus soll die Indikation zum chirurgischen Vorgehen im Vergleich
zur definitiven Radiochemotherapie unter eingehender Nutzen/Risikoabwägung diskutiert
werden. Als chirurgisches Verfahren kann entweder
-
eine totale Ösophagektomie oder in geeigneten Fällen eine zervikale Ösophagusresektion
über einen zervikalen Zugang mit oberer Sternotomie erfolgen.
|
EK
Bei Lokalisation des Tumors
-
im ösophagogastralen Übergang (AEG Typ III) sollte eine totale Gastrektomie mit distaler
Ösophagusresektion ausgeführt werden.
-
im ösophagogastralen Übergang (AEG Typ II) kann eine totale Gastrektomie mit distaler
Ösophagusresektion, eine transthorakale subtotale Ösophagektomie und alternativ eine
transhiatale abdomino-cervicale subtotale Ösophagektomie erfolgen. Eine ausgedehnte
Infiltration der unteren Speiseröhre favorisiert dabei mehr die Ösophagektomie, eine
ausgedehnte Infiltration des subcardialen Magens mehr die Gastrektomie. Bei langstreckigem
Befall beider Organe kann eine totale Ösophagogastrektomie erforderlich sein.
-
im distalen (incl. AEG Typ I) und mittleren thorakalen Ösophagus sollte eine transthorakale
subtotale Ösophagektomie durchgeführt werden.
-
im oberen thorakalen Ösophagus sollte das Resektionsausmaß zur Wahrung des Sicherheitsabstandes
nach oral ausgedehnt werden.
-
im zervikalen Ösophagus soll die Indikation zum chirurgischen Vorgehen im Vergleich
zur definitiven Radiochemotherapie unter eingehender Nutzen/Risikoabwägung diskutiert
werden (siehe hierzu auch Empfehlung 8.32.). Als chirurgisches Verfahren kann entweder
eine totale Ösophagektomie oder in geeigneten Fällen eine zervikale Ösophagusresektion
über einen zervikalen Zugang mit oberer Sternotomie erfolgen.
|
14. Abbildungsverzeichnis
14. Abbildungsverzeichnis
[Abb. 1]: Bekannte Risikofaktoren für die Entstehung eines Ösophaguskarzinoms
|
346
|
[Abb. 2]: Algorithmus zum Staging des Ösophaguskarzinoms
|
356
|
[Abb. 3]: Therapiealgorithmus bei funktionell operablen und onkologisch resektablen Adenokarzinomen
des Ösophagus und des gastroösophagealen Übergangs
|
379
|
[Abb. 4]: Therapiealgorithmus bei funktionell operablen und onkologisch resektablen Plattenepithelkarzinomen
des Ösophagus. Zur Therapie mittels definitiver Radiochemotherapie bei lokalisierten
Plattenepithelkarzinomen des zervikalen Ösophagus siehe Empfehlung 8.32.
|
380
|
15. Tabellenverzeichnis
[Tab. 1]: Beteiligte Fachgesellschaften und Organisationen
|
339
|
[Tab. 2]: Steuergruppe und Arbeitsgruppen und deren Mitglieder
|
340
|
[Tab. 3]: Schema der Evidenzgraduierung nach Oxford (Version März 2009)
|
343
|
[Tab. 4]: Schema der Empfehlungsgraduierung
|
343
|
[Tab. 5]: Konsensusstärke
|
344
|
[Tab. 6]: Übersicht über die Staging-Ergebnisse des endoskopischen Ultraschalls (EUS) für
die T- und N-Kategorien von Ösophaguskarzinomen (Sensitivität/Spezifität durch EUS/EUS-FNP)
|
355
|
[Tab. 7]: Direkter Vergleich der eingesetzten Stagingverfahren bei der Aufdeckung von Lymphknoten-Metastasen
[92]
[93]
[94]
[95].
|
356
|
[Tab. 8]: Klinische Klassifikation der Ösophaguskarzinome, eingeschlossen Karzinome des ösophagogastralen
Übergangs nach der TNM-Klassifikation [196]
|
364
|
[Tab. 9]: Stadiengruppierung der TNM-Klassifikation der Ösophaguskarzinome, eingeschlossen
Karzinome des ösophagogastralen Übergangs [196] – Plattenepithelkarzinome
|
364
|
[Tab. 10]: Stadiengruppierung der TNM-Klassifikation der Ösophaguskarzinome, eingeschlossen
Karzinome des ösophagogastralen Übergangs [196] – Adenokarzinome
|
365
|
[Tab. 11]: Tumorregressions-Score für Adenokarzinome nach Becker et al. [216]
[217]
[218]
[219]
|
366
|
[Tab. 12]: Mögliche Chemotherapieregime bei neoadjuvanter präoperativer Radiochemotherapie
[413]
[414]
[415]
|
387
|
[Tab. 13]: Bewertungskriterien für potenzielle Qualitätsindikatoren
|
398
|
[Tab. 14]: Vorschläge für Qualitätsindikatoren zur Versorgung von Patienten mit einem Plattenepithel-
oder Adenokarzinom des Ösophagus
|
399
|
[Tab. 15]: geänderte Empfehlung und Statement in Version 2.0
|
402
|
Inhaltsverzeichnis
|
Seite
|
Wesentliche Neuerungen durch die Aktualisierung der Leitlinie (Version 2.0, 2018)
|
336
|
1.
|
Informationen zu dieser Leitlinie
|
338
|
1.1
|
Herausgeber
|
338
|
1.2.
|
Federführende Fachgesellschaft
|
338
|
1.3.
|
Finanzierung der Leitlinie
|
338
|
1.4.
|
Kontakt
|
338
|
1.5.
|
Zitierweise
|
338
|
1.6.
|
Besonderer Hinweis
|
338
|
1.7.
|
Ziele des Leitlinienprogramms Onkologie
|
338
|
1.8.
|
Weitere Dokumente zu dieser Leitlinie
|
339
|
1.9.
|
Zusammensetzung der Leitliniengruppe
|
339
|
1.9.1.
|
Leitlinienkoordination
|
339
|
1.9.2.
|
Autoren der Leitlinie
|
339
|
1.9.3.
|
Beteiligte Fachgesellschaften und Organisationen
|
340
|
1.9.4.
|
Arbeitsgruppen und Steuergruppe
|
340
|
1.9.5.
|
Patientenbeteiligung
|
340
|
1.9.6.
|
Methodische Begleitung
|
340
|
1.10.
|
Verwendete Abkürzungen
|
340
|
2.
|
Einführung
|
342
|
2.1.
|
Geltungsbereich und Zweck
|
342
|
2.1.1.
|
Zielsetzung und Fragestellung
|
342
|
2.1.2.
|
Adressaten
|
342
|
2.1.3.
|
Gültigkeitsdauer und Aktualisierungsverfahren
|
342
|
2.2.
|
Grundlagen der Methodik
|
342
|
2.2.1.
|
Schema der Evidenzgraduierung nach Oxford (Version 2009)
|
342
|
2.2.2.
|
Schema der Empfehlungsgraduierung
|
342
|
2.2.3.
|
Statements
|
343
|
2.2.4.
|
Expertenkonsens (EK)
|
343
|
2.2.5.
|
Unabhängigkeit und Darlegung möglicher Interessenkonflikte
|
344
|
3.
|
Patienteninformation und Aufklärung
|
344
|
3.1.
|
Informationsmaterial
|
344
|
3.2.
|
Grundprinzipien einer patientenzentrierten Kommunikation
|
345
|
3.3.
|
Therapieaufklärungsgespräch
|
345
|
4.
|
Risikofaktoren
|
346
|
4.1.
|
Rauchen
|
346
|
4.2.
|
Alkohol
|
347
|
4.3.
|
Übergewicht
|
347
|
4.4.
|
Weitere Risikofaktoren
|
348
|
5.
|
Prävention
|
351
|
6.
|
Primärdiagnostik und Staging inklusive Pathologie
|
352
|
6.1.
|
Primärdiagnostik
|
352
|
6.2.
|
Erweiterte Diagnostik
|
352
|
6.3.
|
Staging des Ösophaguskarzinoms
|
354
|
6.4.
|
Diagnostische Laparoskopie und Thorakoskopie (Staging)
|
361
|
6.5.
|
Pathologie
|
362
|
7.
|
Ernährungsmedizinische Versorgung
|
367
|
8.
|
Kurativ intendierte Therapie
|
367
|
8.1.
|
Allgemeine Therapieentscheidung
|
367
|
8.2.
|
Endoskopische Therapie
|
368
|
8.2.1.
|
Endoskopische Resektion (ER) und lokal ablative Verfahren
|
368
|
8.2.2.
|
Vorgehen bei Lokalrezidiven nach endoskopischer Therapie
|
370
|
8.2.3.
|
Nachsorge nach endoskopischer Therapie
|
370
|
8.3.
|
Chirurgische Therapie
|
371
|
8.3.1.
|
Hospitalvolumen
|
371
|
8.3.2.
|
Präoperative Risikoanalyse
|
371
|
8.3.3.
|
Chirurgische Technik
|
371
|
8.3.4.
|
Vorgehen bei Oligometastasierung
|
375
|
8.3.5.
|
Perioperative Ernährung
|
376
|
8.3.6.
|
Vorgehen bei R1 / R2-Resektion
|
378
|
8.3.7.
|
Vorgehen bei Lokalrezidiv nach Operation
|
378
|
8.4.
|
Multimodale Therapiekonzepte
|
379
|
8.4.1.
|
Präoperative Radiotherapie
|
380
|
8.4.2.
|
Präoperative Radiochemotherapie und perioperative Chemotherapie
|
381
|
8.4.3.
|
Restaging nach präoperativer multimodaler Therapie
|
385
|
8.4.4.
|
Responseprädiktion
|
385
|
8.4.5.
|
Indikation zur definitiven Radiochemotherapie
|
386
|
8.4.6.
|
Vorgehen bei Tumorpersistenz/Lokalrezidiv nach Radiochemotherapie
|
388
|
8.4.7.
|
Stellenwert von gezielten Therapien (targeted therapy)
|
389
|
8.4.8.
|
Stellenwert der postoperativen adjuvanten Radiotherapie oder Radiochemotherapie
|
389
|
9.
|
Palliativtherapie
|
392
|
9.1.
|
Palliative Chemotherapie: Erstlinientherapie
|
392
|
9.2.
|
Palliative Chemotherapie: Zweitlinientherapie
|
393
|
9.3.
|
Stellenwert der „Targeted Therapy“
|
394
|
9.4.
|
Palliative Radio(chemo)therapie
|
395
|
9.5.
|
Palliative Brachytherapie
|
395
|
9.6.
|
Endoskopische Stentapplikation
|
395
|
9.7.
|
Stellenwert der intraluminalen lokalen Therapie
|
396
|
10.
|
Psychoonkologie
|
397
|
11.
|
Palliativversorgung
|
397
|
12.
|
Qualitätsindikatoren
|
398
|
13.
|
Anhänge
|
402
|
13.1.
|
Übersicht der Änderungen in Version 2.0 (2018)
|
402
|
14.
|
Abbildungsverzeichnis
|
403
|
15.
|
Tabellenverzeichnis
|
403
|
Literaturverzeichnis
|
403
|
S3-Leitlinie – Diagnostik und Therapie der Plattenepithelkarzinome und Adenokarzinome
des Ösophagus
Porschen R, Fischbach W, Gockel I et al. S3-Leitlinie – Diagnostik und Therapie der
Plattenepithelkarzinome und Adenokarzinome des Ösophagus. Z Gastroenterol 2019; 57:
336–418. DOI 10.1055/a-0833-5712
In der oben genannten Leitlinie wurden die Kollaboratoren wie folgt ergänzt:
Gustavo Baretton, Christian Ell, Ute Goerling, Lars Grenacher, Stephan Hollerbach,
Barbara Kade, Wolfram Trudo Knoefel, Jürgen Körber, Philipp Lenz, Florian Lordick,
Dietmar Lorenz, Sylvie Lorenzen, Alexander Meining, Josef Menzel, Helmut Messmann,
Hans-Joachim Meyer, Stefan Paul Mönig, Ute Nöthlings, Heinz Schmidberger, Matthias
Schmidt, Thomas Seufferlein, Maria Steingräber, Martin Stuschke, Reina Tholen, Jörg
Trojan, Christoph Wagener, Arved Weimann, Frederick Wenz, Martin Werner