CC BY-NC-ND 4.0 · Geburtshilfe Frauenheilkd 2019; 79(04): 402-408
DOI: 10.1055/a-0834-8199
GebFra Science
Original Article/Originalarbeit
Georg Thieme Verlag KG Stuttgart · New York

Ist die Geburtseinleitung bei intrauteriner Wachstumsrestriktion und Small-for-gestational-Age-Feten problematisch? Eine historische Kohortenstudie

Artikel in mehreren Sprachen: English | deutsch
Sven Kehl
1   Frauenklinik, Universitätsklinikum Erlangen, Erlangen, Germany
,
Christel Weiss
2   Medizinische Statistik, Biomathematik und Informationsverarbeitung, Universitätsmedizin Mannheim, Mannheim, Germany
,
Ulf Dammer
1   Frauenklinik, Universitätsklinikum Erlangen, Erlangen, Germany
,
Sebastian Berlit
3   Frauenklinik, Universitätsmedizin Mannheim, Mannheim, Germany
,
Thomas Große-Steffen
3   Frauenklinik, Universitätsmedizin Mannheim, Mannheim, Germany
,
Florian Faschingbauer
1   Frauenklinik, Universitätsklinikum Erlangen, Erlangen, Germany
,
Marc Sütterlin
3   Frauenklinik, Universitätsmedizin Mannheim, Mannheim, Germany
,
Matthias W. Beckmann
1   Frauenklinik, Universitätsklinikum Erlangen, Erlangen, Germany
,
Michael O. Schneider
1   Frauenklinik, Universitätsklinikum Erlangen, Erlangen, Germany
› Institutsangaben
Weitere Informationen

Correspondence/Korrespondenzadresse

Prof. Dr. Sven Kehl
Frauenklinik
Universitätsklinikum Erlangen
Universitätsstraße 21 – 23
91054 Erlangen
Germany   

Publikationsverlauf

received 13. Juni 2018

accepted 26. November 2018

Publikationsdatum:
12. April 2019 (online)

 

Zusammenfassung

Ziel Die Datenlage zu Geburtseinleitungen bei einem Small-for-gestational-Age-Fetus (SGA-Fetus) oder einer intrauterinen Wachstumsrestriktion (IUGR) ist limitiert, sodass das Ziel dieser Untersuchung war, Geburtseinleitungen bei SGA-/IUGR-Feten mit Geburtseinleitungen bei Schwangerschaften mit einem fetalen Schätzgewicht oberhalb der 10. Perzentile zu vergleichen.

Material und Methodik In diese multizentrische Kohortenstudie wurden Einlingsschwangerschaften am Termin eingeschlossen. Geburtseinleitungen bei SGA-/IUGR-Feten (IUGR-Gruppe) wurden mit Geburtseinleitungen bei Feten mit einem fetalen Schätzgewicht oberhalb der 10. Perzentile (Kontrollgruppe) verglichen. Der primäre Zielparameter war die Kaiserschnittrate.

Ergebnisse Es gab keinen Unterschied bezüglich der Kaiserschnittrate zwischen den beiden Gruppen (27,0 vs. 26,2%, p = 0,9154). In der IUGR-Gruppe lag jedoch häufiger ein pathologisches CTG (30,8 vs. 21,9%, p = 0,0214) vor, und es wurden mehr Fetalblutanalysen (2,5 vs. 0,5%, p = 0,0261) durchgeführt. Die Rate an kindlichen Verlegungen in die Kinderklinik war ebenfalls in der IUGR-Gruppe höher (40,0 vs. 12,8%, p < 0,0001).

Schlussfolgerung Geburtseinleitungen bei wachstumsrestringierten Feten sind nicht mit einer höheren Rate an Kaiserschnitten assoziiert.


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Einleitung

Reduziertes fetales Wachstum erfordert eine besondere Überwachung der Schwangerschaft. Dabei werden konstitutionell kleine Feten (small for gestational age; SGA) von wachstumsrestringierten Feten (intrauterine growth restriction, IUGR) unterschieden, wobei international keine einheitliche Definition existiert. Nach dem Royal College of Obstetricians and Gynaecologists (RCOG) wird von einem SGA-Fetus ab einem fetalen Abdomenumfang kleiner der 10. Perzentile respektive einem fetalen Schätzgewicht kleiner der 10. Perzentile gesprochen [1]. Ein Schätzgewicht kleiner der 10. Perzentile wird dahingegen vom American College of Obstetricians and Gynecologists als fetale Wachstumsrestriktion bezeichnet [2]. In einer Umfrage stimmten verschiedene Experten ab, welche Parameter zur Diagnose einer fetalen Wachstumsrestriktion herangezogen werden sollten. Sowohl bei einer frühen als auch bei einer späten IUGR waren der fetale Abdomenumfang und das fetale Schätzgewicht unterhalb der 3. Perzentile die dominierenden Parameter. Bei der frühen IUGR galt noch die pathologische Doppler-Sonografie der A. umbilicalis als relevantes Merkmal [3]. Sowohl für SGA- als auch für IUGR-Feten ist eine erhöhte Rate an intrauterinen Fruchttoden [4], [5] sowie eine erhöhte perinatale Morbidität und Mortalität [6] beschrieben, sodass während des Schwangerschaftsverlaufes oftmals eine frühzeitige Schwangerschaftsbeendigung erforderlich wird [6]. Wurde die Indikation zur Schwangerschaftsbeendigung gestellt, muss grundsätzlich zwischen einer primären Sectio caesarea und dem Versuch einer Vaginalgeburt mittels Geburtseinleitung abgewogen werden. Während eine Geburtseinleitung in sehr frühen Schwangerschaftswochen nicht möglich ist, ist dies in Terminnähe oder direkt am Termin eine Option. So zeigte bspw. die DIGITAT-Studie, dass eine Einleitung bei IUGR-Feten ohne eine Erhöhung der Rate an operativen Entbindungen und ohne kurzfristiges negatives neonatales Outcome möglich ist [7]. Prostaglandine sind effektive Medikamente zur Geburtseinleitung und bei unreifer Zervix der Weheninduktion durch Oxytocin überlegen, jedoch ist eine uterine Überstimulation eine bekannte Nebenwirkung [8]. Insbesondere bereits zuvor chronisch mangelversorgte Feten könnten hierdurch gefährdet werden; die Datenlage zu Geburtseinleitungen bei SGA-/IUGR-Feten ist aber eingeschränkt. Ziel dieser Studie war daher der Vergleich von Geburtseinleitungen zwischen wachstumsrestringierten und nicht wachstumsrestringierten Feten am Termin.


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Material und Methodik

In diese historische Kohortenstudie wurden Einlingsschwangerschaften am Termin an der Frauenklinik des Universitätsklinikum Erlangen (2011 – 2015) und der Universitätsmedizin Mannheim (2010 – 2013) eingeschlossen. Ausschlusskriterien waren ein Kaiserschnitt in der Anamnese, eine Beckenendlage, ein vorzeitiger Blasensprung, ein intrauteriner Fruchttod und strukturelle oder chromosomale Anomalien. Das Schwangerschaftsalter wurde mittels der letzten Periodenblutung bestimmt und anhand der Scheitelsteißlänge im 1. Trimenon überprüft und ggf. korrigiert [9]. Geburtseinleitungen bei Schwangerschaften mit einem SGA-/IUGR-Fetus (IUGR-Gruppe) wurden mit Geburtseinleitungen bei eutrophen Feten (Kontrollgruppe) verglichen. Ein SGA-/IUGR-Fetus wurde entsprechend der Kriterien der DIGITAT-Studie definiert [7]: Hierunter wurden Feten mit einem fetalen Abdomenumfang und/oder einem fetalen Schätzgewicht kleiner dem 10. Perzentil und/oder ein Abflachen des Perzentilenwachstums („Kreuzen der Perzentilen“) mit oder ohne pathologische Doppler-Sonografie respektive Oligohydramnion subsumiert. Vor Einleitung wurde der Bishop-Score erhoben. Die Geburtseinleitung erfolgte medikamentös (Dinoproston, Misoprostol), mechanisch (Doppelballonkatheter) oder in einer mechanisch-medikamentösen Sequenz (Doppelballonkatheter und Misoprostol/Dinoproston).

Der primäre Zielparameter war die Kaiserschnittrate. Sekundäre Zielparameter waren unter anderem das Einleitung-Geburt-Intervall der vaginalen Entbindungen, die Anzahl der Vaginalgeburten innerhalb von 24 oder 48 Stunden, die Anzahl an frustranen Geburtseinleitungen (definiert als keine Geburt innerhalb von 72 Stunden), der arterielle Nabelschnurblut-pH-Wert und -Basendefizit (Base Excess, BE), Apgar-Wert nach 5 Minuten, das Vorliegen eines pathologischen CTGs und die Rate an Verlegungen in die Kinderklinik.

Statistische Analyse

Alle statistischen Analyen wurden mit dem Statistikprogrammpaket SAS (Release 9.4, SAS Institute Inc., Cary, North Carolina, USA) durchgeführt.

Für qualitative Faktoren werden absolute und relative Häufigkeiten angegeben. Für quantitative, annähernd normalverteilte Merkmale wurden jeweils der Mittelwert und die Standardabweichung berechnet. Für quantitativ diskrete oder ordinal skalierte Daten werden der Median zusammen mit der Spannweite präsentiert.

Zum Vergleich zweier Mittelwerte wurde (bei annähernd normalverteilten Daten) der t-Test verwendet. Falls eine andere Verteilungsform gegeben war, kam der U-Test von Mann und Whitney zum Einsatz. Relative Häufigkeiten wurden mit dem Chi2-Test verglichen. Falls dessen Voraussetzungen nicht erfüllt waren, wurde Fishers exakter Test angewandt.

Das Ergebnis eines statistischen Tests galt als signifikant, falls der p-Wert unter 0,05 lag.


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Ergebnisse

In dem Studienzeitraum erfolgten 17 649 Geburten, wovon 4381 Geburten (24,8%) eingeleitet wurden. Unter Berücksichtigung der Ein- und Ausschlusskriterien wurden 2330 Fälle in diese Untersuchung eingeschlossen: 120 Frauen mit einem SGA-/IUGR-Feten und 2210 Frauen mit einem eutrophen Feten ohne Hinweis auf eine eingeschränkte Versorgung ([Abb. 1]).

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Abb. 1 Flowchart.

Die demografischen Charakteristika sind in der [Tab. 1] dargestellt. Die Schwangerschaften unterschieden sich in den meisten der Parameter signifikant: Patientinnen mit einem SGA-/IUGR-Feten waren jünger (30,5 ± 5,4 vs. 28,7 ± 5,7, p = 0,0005), kleiner (166 ± 6,6 vs. 163,9 ± 6,7, p < 0,0001), leichter (85,8 ± 17,0 vs. 75,3 ± 14,0, p < 0,0001) und hatten einen geringeren Body-Mass-Index (30,8 ± 5,6 vs. 28,0 ± 5,0, p < 0,0001). Zudem waren das Gestationsalter bei Entbindung geringer (283,5 ± 7,7 vs. 272,7 ± 8,6, p < 0,0001), das Geburtsgewicht kleiner (3534,6 ± 445,0 vs. 2519,8 ± 324,2, p < 0,0001) und der Bishop-Score geringfügig niedriger (2 [0 – 6] vs. 1 [0 – 6], p = 0,0021). Während es mehr Schwangere mit einem Gestationsdiabetes in der Kontrollgruppe (17,3 vs. 7,5%, p = 0,0052) gab, waren es mehr Fälle mit einem An-/Oligohydramnion in der IUGR-Gruppe (5,8 vs. 15,8%, p < 0,0001). In der Kontrollgruppe wurde häufiger mit Misoprostol eingeleitet (43,1 vs. 21,7%, p < 0,0001), in der IUGR-Gruppe kam Dinoproston in der Relation mehr zum Einsatz (6,7 vs. 11,7%).

Tab. 1 Demografische Angaben der Kontroll- und IUGR-Gruppe.

Parameter

Kontrollgruppe (n = 2210)

IUGR-Gruppe (n = 120)

p-Wert

Die Daten werden als Median (Spannbreite) oder als Durchschnittswert mit Standardabweichung angegeben, ein p-Wert < 0,05 gilt als signifikant. PI: Pulsatilitätsindex; ARED: Absent or reversed enddiastolic; ACM: A. cerebri media; CPR: zerebroplazentare Ratio

Alter (Jahre)

30,5 ± 5,4

28,7 ± 5,7

0,0005

Größe (cm)

166,8 ± 6,6

163,9 ± 6,7

< 0,0001

Gewicht (kg)

85,8 ± 17,0

75,3 ± 14,0

< 0,0001

Body-Mass-Index

30,8 ± 5,6

28,0 ± 5,0

< 0,0001

Gravidität

1 (1 – 14)

1 (1 – 9)

0,0834

Parität

0 (0 – 9)

0 (0 – 4)

0,0237

Gestationsalter (Tage)

283,5 ± 7,7

272,7 ± 8,6

< 0,0001

Geburtsgewicht (Gramm)

3534,6 ± 445,0 (n = 2196)

2519,8 ± 324,2

< 0,0001

Bishop Score

2 (0 – 6)

1 (0 – 6)

0,0021

hypertensive Schwangerschaftserkrankungen (HES; n, %)

209 (9,5%)

15 (12,5%)

0,2708

Gestationsdiabetes (n, %)

382 (17,3%)

9 (7,5%)

0,0052

Schwangerschaftscholestase (n, %)

37 (1,7%)

2 (1,7%)

1,0000

IUGR

  • Schätzgewicht < 3. Perzentile

45 (37,5%)

  • A. umbilicalis (PI > 95. Perzentile) (n, %)

8 (6,7%)

  • ARED Flow (n, %)

1 (0,8%)

  • ACM (PI < 5. Perzentile (n, %)

2 (1,7%)

  • CPR < 1,0 (n, %)

12 (10,0%)

  • Anhydramnion, Oligohydramnion (n, %)

129 (5,8%)

19 (15,8%)

< 0,0001

Methode der Geburtseinleitung

  • Ballonkatheter

197 (8,9%)

14 (11,7%)

0,3062

  • Ballonkatheter – Dinoproston

14 (0,6%)

4 (3,3%)

0,0117

  • Ballonkatheter – Misoprostol

796 (36,0%)

58 (48,3%)

0,0064

  • Ballonkatheter – Misoprostol – Dinoproston

14 (0,6%)

2 (1,7%)

0,1978

  • Dinoproston

149 (6,7%)

14 (11,7%)

0,0394

  • Dinoproston – Misoprostol

87 (3,9%)

2 (1,7%)

0,3228

  • Misoprostol

953 (43,1%)

26 (21,7%)

< 0,0001

In der [Tab. 2] sind die Indikationen zur Geburtseinleitung dargestellt. In der Kontrollgruppe wurde häufiger wegen einer Terminüberschreitung ≥ 41 + 0 SSW (53,6 vs. 4,2%, p < 0,0001), einem Gestationsdiabetes (11,1 vs. 0%, p = 0,0001) und auf Wunsch (9,4 vs. 2,5%, p = 0,0106) eingeleitet. In der IUGR-Gruppe kam die Geburtseinleitung wegen einer IUGR, einer Plazentainsuffizienz oder einer pathologischen Doppler-Sonografie mehr zum Einsatz (1,6 vs. 75%, p < 0,0001).

Tab. 2 Indikationen zur Geburtseinleitung.

Indikationen

Kontrollgruppe (n = 2210)

IUGR-Gruppe (n = 120)

p-Wert

Die Daten werden als absolute oder relative Häufigkeiten angegeben, p-Werte < 0,05 gelten als signifikant. CTG: Kardiotokografie

Terminüberschreitung ≥ 41 + 0 SSW

1173 (53,6%)

5 (4,2%)

< 0,0001

Gestationsdiabetes

244 (11,1%)

0

0,0001

Wunsch

205 (9,4%)

3 (2,5%)

0,0106

Anhydramnion, Oligohydramnion

129 (5,9%)

2 (1,7%)

0,0514

Verdacht auf Makrosomie

61 (2,8%)

0

0,0732

nachlassende Kindsbewegungen

26 (1,2%)

2 (1,7%)

0,6543

IUGR, Plazentainsuffizienz, pathologische Doppler-Sonografie

36 (1,6%)

90 (75,0%)

< 0,0001

Präeklampsie, hypertensive Schwangerschaftserkrankung, HELLP-Syndrom

158 (7,2%)

12 (10,0%)

0,2552

pathologisches CTG

56 (2,6%)

1 (0,8%)

0,3647

Schwangerschaftscholestase

36 (1,6%)

2 (1,7%)

1,0000

sonstige

66 (3,0%)

3 (2,5%)

1,0000

Die Outcome-Parameter des Gesamtkollektivs sind in [Tab. 3] dargestellt. Der Geburtsmodus unterschied sich nicht zwischen den beiden Gruppen (p = 0,9154). Ein Kaiserschnitt war in ca. einem Viertel der Fälle erforderlich (26,2 vs. 27%). Ebenso waren das Einleitung-Geburt-Intervall (1580 vs. 1676 Minuten, p = 0,4317), die Rate an vaginalen Geburten innerhalb 24 Stunden (44 vs. 39%, p = 0,3242), die Rate an vaginalen Geburten innerhalb 48 Stunden (83 vs. 85%, p = 0,6178) und die Rate an frustranen Geburtseinleitungen (5 vs. 2%, p = 0,3177) nicht verschieden.

Tab. 3 Outcome-Parameter.

Outcome-Parameter

Kontrollgruppe (n = 2210)

IUGR-Gruppe (n = 120)

p-Wert

BE: Basendefizit; p-Werte < 0,05 wurden als signifikant betrachtet; * Kaiserschnitte und frustrane Geburtseinleitungen wurden ausgeschlossen; ** Kaiserschnitte wurden ausgeschlossen.

Geburtsmodus (n, %)

0,9154

  • Spontangeburt

1402 (63,4%)

77 (64%)

  • vaginal-operative Entbindung

229 (10,4%)

11 (9%)

  • Kaiserschnitt

579 (26,2%)

32 (27%)

Einleitung-Geburt-Intervall (min)*

1580,0 (97 – 13,975)

1676,5 (371 – 6306)

0,4317

vaginale Geburt innerhalb von 24 Stunden (n, %)**

717 (44,0)

34 (38,6%)

0,3242

vaginale Geburt innerhalb von 48 Stunden (n, %)**

1356 (83,2%)

75 (85,2%)

0,6178

frustrane Geburtseinleitung (keine Geburt innerhalb von 72 Stunden; n, %)**

86 (5,3%)

2 (2,3%)

0,3177

arterieller Nabelschnurblut-pH-Wert < 7,05 (n, %)

13 (0,6%)

1 (0,8%)

0,5247

arterieller Nabelschnurblut-pH-Wert < 7,10 (n, %)

43 (1,9%)

2 (1,7%)

1,0000

BE ≤ 12 (n, %)

23 (1,1%)

4 (3,4%)

0,0462

Apgar-Wert nach 5 min < 7 (n, %)

23 (1,0%)

2 (1,7%)

0,3692

BE ≤ 12 und Apgar-Wert nach 5 min < 7 (n, %)

5 (0,2%)

0

1,0000

pathologisches CTG (n, %)

483 (21,9%)

37 (30,8%)

0,0214

Fetalblutanalyse (n, %)

10 (0,5%)

3 (2,5%)

0,0261

Periduralanästhesie (n, %)

906 (41,3%)

38 (31,9%)

0,0438

Oxytocin (n, %)

959 (43,9%)

47 (39,5%)

0,3509

grünes Fruchtwasser (n, %)

407 (18,4%)

17 (14,2%)

0,2400

Amnioninfektionssyndrom (n, %)

3 (0,1%)

0

1,0000

postnataler Transfer in die Kinderklinik (n, %)

282 (12,8%)

48 (40,0%)

< 0,0001

respiratorische Anpassungsstörung (n, %)

84 (30,1%)

11 (23,4%)

0,3311

Hyperbilirubinämie (n, %)

6 (2,2%)

0

0,5983

Hypoglykämie (n, %)

61 (21,9%)

19 (49,4%)

0,0062

SGA (n, %)

0

9 (19,1%)

< 0,0001

Verdacht auf Infektion (n, %)

89 (31,9%)

1 (2,1%)

< 0,0001

sonstige (n, %)

39 (14,0%)

7 (14,9%)

0,8676

Infektion des Neugeborenen (n, %)

81 (3,7%)

2 (1,7%)

0,4413

puerperale Endometritis (n, %)

4 (0,2%)

0

1,0000

In der IUGR-Gruppe war die Rate an pathologischen CTGs höher (22 vs. 31%, p = 0,0214), und es wurden häufiger Fetalblutanalysen durchgeführt (0,5 vs. 2,5%, p = 0,0261). Die NabelschnurblutpH- und Apgar-Werte waren zwischen den Gruppen gleich, lediglich die Rate an Nabelschnurblut-BE-Werten ≤ 12 war in der IUGR-Gruppe höher (1,1 vs. 3,4%, p = 0,0462). In der IUGR-Gruppe erfolgte postnatal häufiger eine Verlegung in die Kinderklinik (13 vs. 40%, p < 0,0001). Periduralanästhesien kamen in der IUGR-Gruppe seltener zum Einsatz (41 vs. 32%, p = 0,0438).

Die Outcome-Parameter nach Stratifizierung hinsichtlich der Parität finden sich in [Tab. 4]. Die zuvor dargestellten signifikanten Unterschiede hinsichtlich der Rate an pathologischen CTGs, Fetalblutanalysen, postnatale Verlegungen in die Kinderklinik, Nabelschnurblut-BE-Werten ≤ 12 und Periduralanästhesien sind nur bei Erstgebärenden und nicht bei Mehrgebärenden vorzufinden.

Tab. 4 Outcome-Parameter stratifiziert nach der Parität.

Outcome-Parameter

Erstgebärende

Mehrgebärende

Kontrollgruppe (n = 1372)

IUGR (n = 89)

p-Wert

Kontrollgruppe (n = 838)

IUGR (n = 31)

p-Wert

p-Werte < 0,05 wurden als signifikant betrachtet; * Kaiserschnitte und frustrane Geburtseinleitungen wurden ausgeschlossen; ** Kaiserschnitte wurden ausgeschlossen; n. a. = nicht auswertbar

Geburtsmodus (n, %)

0,3803

0,2211

  • Spontangeburt

672 (49,0%)

49 (55%)

730 (87,1%)

28 (90%)

  • vaginal-operative Entbindung

203 (14,8%)

9 (10%)

26 (3,1%)

2 (6%)

  • Kaiserschnitt

497 (36,2%)

31 (35%)

82 (9,8%)

1 (3%)

Einleitung-Geburt-Intervall (min)*

1818,0 (288 – 9723)

1735,0 (407 – 6306)

0,8816

1285,0 (97 – 13,975)

1541,5 (371 – 4209)

0,5158

vaginale Geburt innerhalb von 24 Stunden (n, %)**

304 (34,7%)

21 (36%)

0,8207

413 (54,7%)

13 (43%)

0,2203

vaginale Geburt innerhalb von 48 Stunden (n, %)**

693 (79,2%)

47 (81%)

0,7384

663 (87,8%)

28 (93%)

0,5654

frustrane Geburtseinleitung (keine Geburt innerhalb von 72 Stunden; n, %)**

59 (6,7%)

2 (3,4%)

0,5784

27 (3,6%)

0

0,6190

arterieller Nabelschnurblut-pH-Wert < 7,05 (n, %)

10 (0,7%)

1 (1,1%)

0,5011

3 (0,4%)

0

1,0000

arterieller Nabelschnurblut-pH-Wert < 7,10 (n, %)

35 (2,6%)

2 (2%)

1,0000

8 (1,0%)

0

1,0000

BE ≤ 12 (n, %)

17 (1,3%)

4 (5%)

0,0334

6 (0,7%)

0

1,0000

Apgar-Wert nach 5 min < 7 (n, %)

22 (1,6%)

2 (2%)

0,6526

1 (0,1%)

0

1,0000

BE ≤ 12 und Apgar-Wert nach 5 min < 7 (n, %)

5 (0,4%)

0

1,0000

0

0

n. a.

pathologisches CTG (n, %)

384 (28,0%)

34 (38%)

0,0388

99 (11,8%)

3 (10%)

1,0000

Fetalblutanalyse (n, %)

10 (0,7%)

3 (3,4%)

0,0400

0

0

n. a.

Periduralanästhesie (n, %)

737 (54,2%)

34 (38%)

0,0035

169 (20,2%)

4 (13%)

0,3528

Oxytocin (n, %)

772 (57,1%)

45 (51%)

0,2773

187 (22,4%)

2 (6%)

0,0346

grünes Fruchtwasser (n, %)

311 (22,7%)

14 (16%)

0,1273

96 (11,5%)

3 (10%)

1,0000

Amnioninfektionssyndrom (n, %)

3 (0,2%)

0

1,0000

0

0

n. a.

postnataler Transfer in die Kinderklinik (n, %)

203 (14,8%)

42 (47%)

< 0,0001

79 (9,4%)

6 (19%)

0,1118

respiratorische Anpassungsstörung (n, %)

68 (33,7%)

10 (24%)

0,2462

16 (21%)

1 (17%)

1,0000

Hyperbilirubinämie (n, %)

2 (1,0%)

0

1,0000

4 (5%)

0

1,0000

Hypoglykämie (n, %)

36 (17,8%)

18 (44%)

0,0002

25 (32%)

1 (17%)

0,6599

IUGR (n, %)

0

6 (14%)

< 0,0001

0

3 (50%)

< 0,0001

Verdacht auf Infektion (n, %)

72 (35,6%)

1 (2%)

< 0,0001

17 (22%)

0

0,3378

sonstige (n, %)

24 (11,9%)

6 (15%)

0,6252

15 (19%)

1 (17%)

1,0000

Infektion des Neugeborenen (n, %)

64 (4,7%)

2 (2%)

0,4385

17 (2,0%)

0

1,0000

puerperale Endometritis (n, %)

2 (0,15%)

0

1,0000

2 (0,2%)

0

1,0000


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Diskussion

In dieser Untersuchung wurden Geburtseinleitungen bei wachstumsrestringierten Feten am Termin mit Geburtseinleitungen bei nicht wachstumsrestringierten Feten verglichen, da oftmals kolportiert wird, dass eine Geburtseinleitung bei SGA-/IUGR-Feten mit einer erhöhten Komplikationsrate assoziiert ist [10]. Die Ergebnisse dieser Untersuchung können eine erhöhte operative Entbindungsrate in diesem Hochrisikokollektiv nicht bestätigen. Die Kaiserschnittraten der beiden Gruppen unterschieden sich nicht (p = 0,9154). Dies ist insbesondere deshalb bemerkenswert, da in der IUGR-Gruppe ein ungünstigerer Bishop-Score vorlag und häufiger mit Dinoproston als mit Misoprostol eingeleitet wurde. Geburtseinleitungen mit Misoprostol sind mit geringeren Kaiserschnittraten als mit Dinoproston assoziiert [11].

Zu berücksichtigen ist dabei, dass Schwangerschaften mit schwerer fetaler Wachstumsrestriktion bereits in früheren Schwangerschaftswochen beendet wurden. Dennoch bedürfen Geburtseinleitungen bei IUGR-Feten am Termin besonderer Überwachung: Die Rate an pathologischen CTGs und Fetalblutanalysen waren bei Erstgebärenden höher als bei nicht wachstumsrestringierten Feten. Dies war jedoch nicht mit einem schlechteren Nabelschnurblut-pH- oder Apgar-Wert verbunden. Bei Mehrgebärenden waren keine signifikanten Unterschiede zwischen den beiden Gruppen vorhanden, weshalb Prostaglandine auch bei IUGR-Feten mit einem guten Sicherheitsprofil angewendet werden können [12].

Diese Ergebnisse decken sich mit der DIGITAT-Studie. In der DIGITAT-Studie wurden 321 Einleitungen von IUGR-Feten am Termin mit 329 IUGR-Schwangerschaften und exspektativem Vorgehen verglichen. Dabei zeigte sich sowohl kurz- als auch langfristig kein schlechteres Outcome in der Einleitungskohorte [7], [13]. Auch in einer weiteren kleinen randomisiert-kontrollierten Studie war nur bei einer von 46 Geburtseinleitungen bei IUGR-Feten eine Überstimulation mit CTG-Abnormitäten dokumentiert worden [14].

Dennoch sollten Geburtseinleitungen bei wachstumsrestringierten Feten an Zentren mit angeschlossener Neonatologie erfolgen, so wie es die Leitlinie „Intrauterine Wachstumsrestriktion“ empfiehlt [15]. In der IUGR-Gruppe mussten signifikant häufiger Kinder postpartal in die Kinderklinik verlegt werden. Diese Verlegungen erfolgten insbesondere aufgrund einer Hypoglykämie, was in dieser Risikgruppe zu erwarten war. Postnatale Verlegungen aus diesem Grund sind unabhängig vom Geburtsmodus bei SGA-/IUGR-Feten bekannt und im Fall von Kaiserschnitten im Vergleich zur Vaginalgeburt je nach Publikation auch erhöht [16].

Diese Untersuchung ist durch ihr retrospektives Design zwar limitiert, jedoch sind einige Vorteile zu anderen Arbeiten vorhanden. Die Gruppen in dieser Studie weisen ein klares Profil auf, und Fälle mit einem vorzeitigen Blasensprung oder einem Kaiserschnitt in der Anamnese wurden ausgeschlossen, da diese Faktoren den Erfolg einer Geburtseinleitung wesentlich beeinflussen [17]. Des Weiteren wird nochmals deutlich, dass die Parität einen wesentlichen Einfluss auf verschiedene Faktoren hat [18]. Bei Mehrgebärenden konnten viele signifikante Unterschiede, die bei Erstgebärenden vorlagen, nicht gefunden werden. Daher ist eine Auswertung der Zielparameter nach der Parität essenziell.

Fazit für die Praxis

Geburtseinleitungen bei wachstumsrestringierten Feten sind nicht mit einer höheren Rate an Kaiserschnitten assoziiert. Dennoch sollte dies an Zentren mit angeschlossener Neonatologie erfolgen, da mit einer höheren postnatalen Verlegung in die Kinderklinik gerechnet werden muss.

Erstveröffentlichung

Dieser Beitrag wurde erstveröffentlicht in: Z Geburtsh Neonatol 2019; 223: 40 – 47. doi:10.1055/a-0809-6110


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  • References/Literatur

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Correspondence/Korrespondenzadresse

Prof. Dr. Sven Kehl
Frauenklinik
Universitätsklinikum Erlangen
Universitätsstraße 21 – 23
91054 Erlangen
Germany   

  • References/Literatur

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Fig. 1 Flow chart.
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