Pneumologie 2019; 73(04): 209
DOI: 10.1055/a-0842-0383
Pneumo-Fokus
© Georg Thieme Verlag KG Stuttgart · New York

COPD: Weniger Exazerbationen durch Vitamin-D-Substitution?

Jolliffe DA. et al.
Vitamin D to prevent exacerbations of COPD: systematic review and meta-analysis of individual participant data from randomised controlled trials.

Thorax 2019;
DOI: 10.1136/thoraxjnl-2018-212092.
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Publication Date:
04 April 2019 (online)

 

Studien der letzten Jahre weisen darauf hin, dass COPD-Patienten von einer regelmäßigen Einnahme von Vitamin D profitieren könnten. Da die Datenlage aber insgesamt durch widersprüchliche Ergebnisse hinsichtlich der Effekte auf die Häufigkeit akuter Exazerbationen imponiert, haben Jolliffe und Kollegen nun alle wichtigen Arbeiten zusammengetragen und eine Metaanalyse der Individualdaten randomisierter Studien durchgeführt.


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Die chronisch obstruktive Lungenerkrankung (COPD) betrifft heute über 170 Millionen Menschen weltweit und geht mit einer hohen Sterblichkeit einher. Da häufige akute Krankheitsverschlechterungen, sogenannte Exazerbationen, die Prognose deutlich verschlechtern und oftmals durch virale Infekte ausgelöst werden, spielt das Immunsystem in diesem Zusammenhang eine wesentliche Rolle. Metaboliten des Vitamin D unterstützen nach aktuellen Erkenntnissen die antivirale und antimikrobielle Immunabwehr im Rahmen der körpereigenen Entzündungsreaktion und konnten bei Asthma-Patienten die Häufigkeit von Infekten und Exazerbationen verringern.

Vor diesem Hintergrund wurden bereits 4 große randomisierte klinische Studien durchgeführt, die den Einfluss einer Vitamin-D-Supplementation auf die Rate akuter Exazerbation untersucht haben. Da die entsprechenden Resultate jedoch teilweise widersprüchlich waren, haben Jolliffe und Kollegen nun eine systematische Übersichtsarbeit einschließlich Metaanalyse zum Thema vorgelegt. Auf Basis einer Literaturrecherche in internationalen Fachdatenbanken suchten sie nach klinischen Studien, die folgende Kriterien erfüllen sollten:

  • Doppelblinde und Placebo-kontrollierte randomisierte klinische Studien,

  • Supplementation von Vitamin D3 oder Vitamin D2 bei COPD-Patienten,

  • Daten über Inzidenz und Häufigkeit akuter Exazerbationen,

  • Angaben zum Vitamin-D-Status.

In ihrer Metaanalyse verglichen die Forscher die Einzeldaten der Patienten mit und ohne Supplementation von Vitamin D in Hinblick auf die Exazerbationsrate (primärer Endpunkt). Als sekundäre Endpunkte definierten die Studienautoren u. a. die Zeit zwischen Ersteinnahme von Vitamin D und Auftreten der ersten akuten Exazerbation, den Anteil der Patienten mit mindestens einer moderaten oder schweren Exazerbatione, den Anteil von COPD-Patienten, die aufgrund der Exazerbation im Krankenhaus behandelt werden mussten, sowie weitere klinische Parameter einschließlich BMI, FEV1 und Mortalität.

Nur Patienten mit Mangel profitieren

Die Literaturrecherche ergab 187 Studien zum Thema, 4 von ihnen mit insgesamt 560 Patienten erfüllten die Einschlusskriterien. Da für die Metaanalyse die Einzeldaten der Teilnehmer erforderlich waren, gingen schließlich 469 Datensätze von 472 Patienten aus 3 Studien in die finale Auswertung mit ein. Die Patienten waren zwischen 40 und 86 Jahre alt, 66,7 % von ihnen männlich. Der 25-Hydroxyvitamin-D-Spiegel lag zu Studienbeginn im Bereich zwischen nicht nachweisbar und 160 nmol/l. Für alle eingeschlossenen Studien attestierten die Forscher ein niedriges Bias-Risiko.

In der Gesamtanalyse hatte die Supplementation von Vitamin D keinen Einfluss auf die Rate moderater oder schwerer Exazerbationen. Lediglich in der Subgruppenanalyse profitierten Patienten mit einem anfänglichen Vitamin-D-Spiegel von unter 25 nmol/l von einer regelmäßigen Einnahme. Sie erlitten in der Folge seltener eine Krankheitsverschlechterung. Für Patienten mit einem höheren Baseline-Wert konnten die Forscher hingegen keine Effekte feststellen. Da es in allen Studien zu keinen schwerwiegenden Nebenwirkungen durch die Vitamin-D-Einnahme kam und Patienten mit manifestem Vitamin-D-Mangel folglich von der Einnahme profitierten, bewerten die Studienautoren eine regelmäßige Einnahme als sicher und empfehlen in ihrer Diskussion ein regelhaftes Vitamin-D-Screening bei COPD-Patienten mit anschließender Supplementation im Fall eines Mangels.

Fazit

In dieser Metaanalyse von Individualdaten aus 3 randomisierten klinischen Studien konnte die regelmäßige Einnahme von Vitamin D bei Patienten mit 25-Hydroxyvitamin-D-Spiegeln von < 25 mmol/l die Rate akuter Exazerbationen verringern. Obgleich sich bei Patienten mit höheren Ausgangswerten keine vergleichbaren positiven Effekte zeigten, halten die Autorinnen/Autoren ein entsprechendes Screening von COPD-Patienten auf Vitamin-D-Mangel für empfehlenswert.

Dipl.-Psych. Annika Simon, Hannover


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