Geburtshilfe Frauenheilkd 2019; 79(06): 555-558
DOI: 10.1055/a-0867-3992
GebFra Magazin
Geschichte der Gynäkologie
Georg Thieme Verlag KG Stuttgart · New York

„In neuester Zeit sind die Geburtshelfer speculativer und industriöser geworden“

Zur Erinnerung an Johann Christian Gottfried Jörg (1779 – 1856), die Gründung des Lehrstuhls für Geburtshilfe in Leipzig sowie die dortige Gesellschaft für Geburtshülfe
Andreas D. Ebert
,
Holger Stepan
,
Matthias David
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Publication Date:
14 June 2019 (online)

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Am Anfang des 19. Jahrhunderts stand die Welt vor historischen Veränderungen. Immer neue Koalitionen der europäischen Fürsten, Könige, Kaiser und Zaren versuchten, das revolutionäre Frankreich und seine neuen, bürgerlichen und ökonomischen Ideen militärisch in die Schranken zu weisen [1]. Doch auch auf dem Gebiet der Geburtshilfe wurde etwa zur gleichen Zeit ein heftiger Kampf gegensätzlicher Ideen geführt: Auf der einen Seite standen Friedrich Benjamin Osiander (1759 – 1822) in Göttingen und seine Jünger für eine sehr aktive und operative Geburtshilfe ein, während auf der anderen Seite Johann Lukas Boer (1751 – 1835) in Wien und seine Anhänger für eine „natürliche“, eher abwartende Geburtsführung eintraten [2]. Zu Letzteren gehörte auch Johann Christoph Gottfried Jörg ([Abb. 1]), der durch seine Forschungen, seine Lehren und Lehrbücher die deutsche Geburtshilfe in der ersten Hälfte des 19. Jahrhunderts bereicherte und nachhaltig beeinflusste, jedoch heute nahezu vergessen ist [3], [4], [5], [6].