Rofo 2019; 191(06): 578-579
DOI: 10.1055/a-0875-1211
Beitrag des BDR
© Georg Thieme Verlag KG Stuttgart · New York

Europa 2019 – auch berufspolitisch ein Top-Thema

Further Information

Publication History

Publication Date:
22 May 2019 (online)

 
    Zoom Image

    Nicht nur in diesen Tagen steht Europa mit seinen Institutionen im Zentrum des politischen Interesses. Neben der Wahl zum Europaparlament mit seinen Auswirkungen auf die Besetzung von Schlüsselpositionen in den europäischen Gremien beschäftigt natürlich weiterhin der Brexit (oder auch nicht?) die Berichterstattung in den Medien. Berufspolitisch zumindest ist das Thema nach Meinung von Experten wenigstens geklärt: Großbritannien kann auch nach einem möglichen Austritt aus der EU Mitglied der UEMS (Union Européenne des Médecins Spécialistes) bleiben, da es bereits vor seinem Eintritt in die EU in der europäischen Vertretung der Fachärzte dabei war. Ein Engagement der deutschen Radiologie in der UEMS ist wegen der nationalen Auswirkungen europäischer Regelungen – erwähnt sei die neue Strahlenschutzgesetzgebung, die aus der Harmonisierung europäischer Vorgaben erwachsen ist – unverzichtbar.

    Anlässlich des diesjährigen ECR in Wien fand am 26.3.2019 erneut eine Sitzung der UEMS Section of Radiology – der fachlichen Vertretung innerhalb der UEMS – statt. Neben der Bestätigung von Prof. Paolo Ricci (Rom) als Vorsitzendem diente die Veranstaltung vor allem auch der Vorbereitung des UEMS Council, des höchsten Entscheidungsgremiums der UEMS am 13.4.2019 in Brüssel. Mit gleicher Intention tagte auch am 3.4.2019 der Europaausschuss des SpiFa (Spitzenverband Fachärzte Deutschlands) als nationale Vertretung der deutschen Fachärzte in der UEMS in Berlin. Aus deutscher Radiologensicht war für das diesjährige Frühjahrs-Council der UEMS insbesondere die Verabschiedung der European Training Requirements (ETRs) für Interventional Neuroradiology von erheblicher Bedeutung. Durch die Vorarbeiten der Section of Radiology und dabei insbesondere der Division of Neuroradiology ist es gelungen die Kompetenz für interventionelle neuroradiologische Eingriffe in der Radiologie zu halten. Auch nach europäischen Trainingskriterien werden diese Eingriffe von Interventionellen Radiologen und Neuroradiologen durchgeführt. Nach einstimmiger Verabschiedung des Textes in der Section of Radiology der UEMS stimmte auch der Europaausschuss des SpiFa nach Erläuterung durch die BDR- und BDNR-Vertreter einstimmig für die Annahme. Dank der länderübergreifenden guten Vorbereitung war damit die ebenfalls einstimmige Annahme im Council möglich.

    Inzwischen bereits traditionell ist der ECR für die UEMS Delegierten eine Gelegenheit mit Vertretern der ESR in den unterschiedlichsten Arbeitsgruppen zusammen zu kommen. Dabei ist das Joint-Meeting von ESR und UEMS eine für alle Kongressteilnehmer offene Veranstaltung. Sie dient vor allem dazu jüngeren Kongressbesuchern die Institutionen und ihre Unterschiede vorzustellen, aber auch gemeinsame Projekte zu präsentieren. Der Fokus liegt dabei einerseits auf der Harmonisierung der europäischen Fort- und Weiterbildung, der Zertifizierung europäischer Weiterbildungsstätten und der zunehmend europaweiten Implementierung europäischer Standards für CME-Zertifizierungen. Zum Anderen werden aber auch politische Interessen der Radiologie gemeinsam von ESR und UEMS vertreten, wie aktuell in der Initiative zur Stärkung des Ultraschalls als primär radiologischem Verfahren.

    Seit diesem ECR ist der BDR auch im Scientific Committee des ETAP 2.0 Programms vertreten. Das Committee organisiert die Assessments im Rahmen des European Training Assessment Programme (ETAP) zur europaweiten Zertifizierung von radiologischen Ausbildungsstätten. Die Auditierung erfolgt dabei seit der Version 2.0 in Form von online geführten Interviews, die mit den Verantwortlichen der Ausbildung ebenso wie mit Weiterbildungsassistenten geführt werden. Ziel dabei ist es nach der Harmonisierung der Anforderungen an die Weiterbildungsassistenten zum Ende ihrer Ausbildungszeit endend mit dem European Diploma in Radiology (EDiR) auch die Ausbildung zu harmonisieren und zu stärken. Völlig unbenommen all dieser Anstrengungen bleiben die nationalen Institutionen für die Vergabe der Facharztanerkennungen ebenso verantwortlich und zuständig, wie für die Benennung von Weiterbildungsstätten, Weiterbildern und den zugehörigen Anforderungen. Die jedes Jahr steigende Nachfrage nach dem EDiR zeigt jedoch die Notwendigkeit einer flächendeckenden Vermittlung der Voraussetzungen zu seinem Bestehen. Trotz fachlich exzellenten und organisatorisch flächendeckend verbreiteten Weiterbildungsmöglichkeiten sollten wir uns auch in Deutschland diesen in Zukunft immer wichtiger werdenden europäischen Anforderungen nicht verschließen.

    Von besonderer Wichtigkeit ist die jährliche gemeinsame Sitzung des ESR Quality, Safety and Standards Committee (QSSC) mit der UEMS Section of Radiology. In den Berichten aus den Subcommittees des QSSC zu Audit and Standards wurde auf die kürzlich erschienenen Artikel der ESR zum Umgang mit mobilen Endgeräten im radiologischen Arbeitsalltag und zur strukturierten Befundung hingewiesen. Aus dem Subcommittee Radiation and Protection ist besonders das white-paper zum Umgang mit bedeutsamen Vorkommnissen i. S. der neuen StrlSchV bemerkenswert. Alle Artikel sind in Insights into Imaging erschienen und über den Springer-Link auf der ESR-webside abrufbar. Lesenswert erscheint auch der Artikel „What the radiologist should know about artificial intelligence“, ebenfalls erschienen in Insights into Imaging im April 2019. Im Rahmen der Sitzung wurde auch über 5 Jahre erfolgreiche Arbeit im Strahlenschutz im Rahmen der EuroSafe Imaging Initiative berichtet. Mit dem Programm „Become a Eurosafe Imaging Star“ kann über die webside www.eurosafeimaging.org eine Selbstevaluation der Qualität des Strahlenschutzes in der eigenen Institution vorgenommen werden.

    Europapolitik ist längst mehr als Subventionen für die Landwirtschaft und Infrastrukturmaßnahmen unterentwickelter Regionen am Rande der Gemeinschaft. Zur Vertretung der Interessen der Radiologie braucht es akzeptierte Ansprechpartner bei den politischen Institutionen in Brüssel und Straßburg einerseits. Aber auch die fachliche Ausarbeitung und Wahrung der Interessen im Rahmen der europäischen Harmonisierungsbemühungen andererseits. ESR und UEMS leisten dazu wichtige Beiträge. Der BDR ist in diesem Konzert eine starke deutsche Stimme.


    #

    Prof. Dr. Hermann Helmberger, München

    Zoom Image


    Zoom Image
    Zoom Image